stine hat geschrieben:Die Frage ist also nicht: Gibt es Gott? sondern: Wer oder was ist ein Gott?
Dazu ein Text aus der Gottespest von Johannes Most, der diese Frage klärt !
"Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde." Er befand sich mithin zunächst im allgemeinen Nichts, wo es allerdings nüchtern genug ausgesehen haben mag, um sich als Gott darin zu langweilen. Und da es für einen Gott eine Kleinigkeit ist, aus Nichts Welten hervor zu zaubern, wie ungefähr ein Taschenspieler Hühnereier oder Silbertaler aus dem ärmeln schüttelt, so "schuf" er "Himmel und Erde". Später drechselte er "Sonne, Mond und Sterne" zurecht. Gewisse Ketzer, so man Astronomen nennt, haben zwar längst festgestellt, daß die Erde weder Mittelpunkt des Universums ist, noch je gewesen sein kann, noch überhaupt zu existieren vermochte, bevor die Sonne, um welche sie sich dreht, da war. Diese Leute haben nachgewiesen, daá es ein reiner Blödsinn ist, von "Sonne Mond und Sternen" und daneben von der Erde zu reden, als ob dieselbe, verglichen mit Ersteren, etwas ganz Spezielles und übergewichtiges wäre. Sie haben es längst jedem Schulbuben eingepaukt, daß die Sonne auch nur ein Stern, die Erde aber ein Trabant der Sonne, der Mond sozusagen ein Untertrabant der Erde ist, nicht minder, daß die Erde, verglichen mit dem Weltganzen, weit entfernt, eine hervorragende Rolle zu spielen, umgekehrt kaum wie ein Sonnenstäubchen sich ausnimmt.
Was hat sich ein Gott um Astronomie zu kümmern? Er macht, was er will und pfeift auf Wissenschaft und Logik. Aus diesem Grunde hat er auch nach seiner Erdenfabrikation zuerst das Licht und hernach die Sonne gemacht. Selbst ein "Hottentotte" kann heutzutage einsehen, daß ohne Sonne auf der Erde kein Licht sein kann; aber Gott - hm! der ist ja kein "Hottentott". Aber hören wir weiter! Die "Schöpfung" war so weit ganz gelungen, aber es war immer noch kein rechtes "Leben in der Bude". Der Schöpfer wollte sich amüsieren. Daher machte er endlich Menschen. Er wich dabei merkwürdigerweise ganz von seiner zuvor angewandten Praxis ab. Statt diese "Schöpfung" durch ein einfaches "Es werde!" zu bewerkstelligen, machte er ungemein viel Umstände beim "Schaffen". Er nahm eine ganz prosaischen Lehmkloß zur Hand, modellierte daraus "nach seinem Ebenbilde" eine Mannesfigur und "blies derselben eine Seele ein." Da aber Gott allweise, gütig, gerecht, kurzum die Liebenswürdigkeit selber ist, so leuchtete ihm ein, daß dieser Adam, wie er sein Fabrikat nannte, sich allein ungemein langweilen dürfte.
(Vielleicht erinnerte er sich dabei an sein vormaliges langweiliges Dasein im Nichts.) Und so erzeugte er denn eine ganz nette, reizende Eva. Hier hatte ihn indessen offenbar die Erfahrung gelehrt, daá die Bearbeitung von Lehmklössen eben doch für einen Gott ein gar zu unreinliches Geschäft sei, weshalb er eine neue Fabrikationsmethode in Anwendung brachte. Er riß dem Adam eine Rippe aus und verwandelte dieselbe - Geschwindigkeit ist keine Hexerei, am allerwenigsten für eine Gott - in ein niedliches Frauenzimmer. Ob die herausgenommene Rippe Adam später wieder ersetzt wurde, oder ob nach der stattgefundenen Operation Adam als einseitiger Mensch herum laufen mußte, davon schweigt des Sängers Höflichkeit.
Die moderne Naturwissenschaft hat festgestellt, daß sich Tiere und Pflanzen im Laufe von Millionen von Jahren aus einfachen Urschleimgebilden in den mannigfaltigsten Abzweigungen bis zu ihren jetzigen Formen entwickelt haben. Sie hat ferner festgestellt, daß der Mensch nichts weiter ist, als das Produkt dieser Entwicklung, und daß er nicht nur vor so und so vielen Jahrtausenden auch im engeren Sinne des Wortes ein sehr tierisches Aussehen hatte und keine Sprache besaß, sondern auch, daß er - jede andere Annahme schließt sich von selbst aus - aus niedrigen Tierarten hervorgegangen sein muß.
Die Naturwissenschaft läßt mithin Gott mit seiner selbst verkündeten Menschenmacherei als einen ganz albernen Aufschneider erscheinen. Aber was nützt das alles! Gott läßt mit sich nicht spaßen. Ob seine Erzählungen wissenschaftlich klingen, oder sich wie alberner Quatsch anhören, er befiehlt, daß man daran glaube, widrigenfalls er es geschehen läßt, daß einen der Teufel (sein Konkurrent) holt, was sehr unangenehm sein soll. In der Hölle herrscht ja nicht nur beständiges Heulen und Zähneklappern, sonder es brennt auch ein ewiges Feuer, es nagt ein unermüdlicher Wurm und es stinkt ganz heillos nach Pech und Schwefel. Alledem soll ein Mensch ohne Leib ausgesetzt werden. Es schmort sein Fleisch, das er nicht bei sich hat; er klappert mit den längst ausgefallenen Zähnen; er heult ohne Hals und Lunge; seine in Staub zerfallenen Knochen benagt der Wurm; er riecht ohne Nase - und das alles ewiglich. Eine verteufelte Geschichte!
Gott ist überhaupt, wie er in seiner selbstverfassten Chronik, der Bibel, ganz offen kundig mitteilt, ungemein launig und rachgierig - geradezu ein Musterdespot. Kaum waren Adam und Eva gemacht, so verstand es sich für ihn von selbst, daá dieses Pack regiert werden müsse; deshalb erließ er ein Strafgesetzbuch. Dasselbe lautete Kategorisch: Ihr sollt nicht essen vom Baume der Erkenntnis! Seitdem hat auch noch nie irgendwo ein gekrönter oder ungekrönter Tyrann existiert, welcher nicht den Völkern dieses Diktat zugeschleudert hätte.
Adam und Eva respektierten dieses Verbot nicht. Dafür wurden sie ausgewiesen und zu lebenslänglicher und auch auf ihre Nachkommen für alle Zeiten zu übertragender harte Arbeit verdonnert. Der Eva wurden außerdem noch die "bürgerlichen Ehrenrechte" aberkannt, indem sie als Magd Adam`s deklariert wurde, dem sie zu gehorchen habe. Unter göttlicher Polizeiaufsicht standen sie ohnehin schon. Wahrhaftig, so weit hat es selbst Fatzke ihm Schuhriegeln der Menschen noch nicht gebracht.
Die Strenge Gottes gegen die Menschen nützte indessen gar nichts, vielmehr ärgerten ihn dieselben, je mehr sie sich vermehrten, desto schmählicher. Und wie diese Vermehrung von Statten ging, das konnte man schon bei der Geschichte von Kain und Abel merken. Als der letztere von seinem Bruder totgeschlagen worden, ging Kain "in ein fremdes Land" und nahm sich ein Weib. Woher das "fremde Land" mit den dort zu findenden Weibern plötzlich kam, hat der liebe Gott freilich nicht notiert, was bei seiner damaligen Arbeitsausübung nicht zu verwundern ist.
Endlich war das Maß voll. Gott beschloß, die ganze Menschheit durch Wasser zu vertilgen. Nur ein paar Leute nahm er aus, um es nochmals zu probieren; unglüklicher Weise hatte er sich, aller Weisheit ungeachtet, aber schon wieder einmal vergriffen, denn Noah, der Chef der Geretteten, entpuppte sich bald als ein großer Söffel, mit dem seine Söhne Allotria trieben. Was konnte aus solch einer verlotterten Familie Gutes entstehen?
Wieder breitete sich die Menschheit aus; wieder entwickelte sich dieselbe zu jenen "Rabenäsern" und "Sündenlümmeln", von denen das bekannte Mecklenburger Gesangbuch soviel Böses zu berichten weiß. Gott hätte bersten mögen vor himmlischem Zorne, zumal alle seine exemplarischen Lokalzüchtigungen, wie Austilgung ganzer Städte, durch Pech und Schwefel, "rein für die Katz" waren. So entschloß er sich , das ganze Gesindel mit Stumpf uns Stiel auszurotten, als ein höchst sonderbares Ereignis ihn wieder milder stimmte. Andernfalls wäre es längst um die Menschheit geschehen gewesen.
Eines Tages tauchte nämlich ein gewisser "heiliger Geist" auf. Es ging demselben, wie dem "Mädchen aus der Fremde" - Niemand wußte, woher er kam. Der Bibelschreiber (nämlich Gott) sagt nur, er selber sei der heilige Geist. Man hat es also vorläufig mit einer zweieinigen Gottheit zu tun. Jener "heilige Geist" kam auf den Einfall, in der Gestalt eines Täuberichs mit einem Frauenzimmer Namens Maria eine Bekanntschaft anzuknüpfen. Er "überschattete" in einer süßen Stunde die Auserwählte seines Herzens, und siehe da, sie gebar ein Knäblein, was indessen, wie Gott in der Bibel ausdrücklich betont, ihrer Jungfräulichkeit durchaus keinen Abbruch tat. Der früher bemerkte Gott nannte sich nun Gott Vater, versicherte jedoch gleichzeitig, daá er nicht nur mit dem "heiligen Geist", sondern auch mit Gottes Sohn vollständig identisch sei. Man denke! Der Vater war sein eigener Sohn, der Sohn sein eigener Vater, Beide zusammen auáerdem noch "heiliger Geist". So gestaltete sich die "heilige Dreifaltigkeit".
Und nun armes Menschenhirn, halte Stand, denn was jetzt folgt, könnte ein Pferd umbringen! Wir wissen, daß Gott Vater beschlossen hatte, das Menschenpack zu frikassieren. Das tat dem Gott Sohn ungemein leid. Er (bekanntlich gleichzeitig Gott Vater) nahm die ganze Schuld der Menschen auf sich und ließ sich, um seinen Vater (bekanntlich gleichzeitig Gott Sohn) in seiner Raserei zu beschwichtigen, von jenem zu erlösenden Gesindel zu Tode schinden - natürlich nicht ohne nachträglich wieder frisch und froh in den Himmel zu fahren. Diese Aufopferung des Sohnes (der Eins ist mit dem Vater) machte dem Vater (der Eins ist mit dem Sohn) einen solchen Höllenspaß, daß er sofort eine allgemeine Amnestie erließ, welche zum Teil noch heute in Kraft ist.