Was steckt hinter dem Piercen?

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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon Vollbreit » Fr 21. Dez 2012, 16:11

Lumen hat geschrieben:Mit etwas Aufmerksamkeit fällt auf, dass das blasse Mädel mit pechschwarzen Haaren wahrscheinlich irgendwo gepierct ist und wahrscheinlich auch ein Tattoo trägt. Wenn du kein Piercing siehst, kannst du wetten, dass es irgendwo weiter unten angebracht ist. Wenn sie Haustiere hat, wird es viel eher eine Frettchen oder eine Ratte sein. Bei einem Mann vielleicht ein Reptil oder eine Spinne. Du kannst auf ihre Musikgeschmack schließen und ehrlich gesagt auch auf ihre sexuellen Vorlieben, zu einem gewissen Grad (jedenfalls wird es kein züchtiges Sex im Dunkeln sein). Dazu gehört eine expressive Persönlichkeit — jemand muss all das ausdrücken wollen.


Ziemlich genau das würden Astrologen das Pluto-/Skorpion-Prinzip nennen, zumindest eine Ausdrucksform davon.
Für die anderen 11 Stücke ließe sich eine ebenso (proto-/arche-)typische Skizze darstellen.
Woher kommt es, dass manche eine starke Affinität zu diesem Typus haben, manche aber eher den Typus der (merkurial-jungfrauenhaften) biederen, unauffälligen Sekretärin im mittellangen Kostüm mit sorgsam gebändigten Haaren und etwas zu stark umrandeter Brille (und wahrscheinlicher sexueller Verklemmtheit :blush2: ) leben?

Nur typische Auflistungen von Eigenschaften ohne kausalen Zusammenhang? Wie rutscht man in diesen Dresscode? Allmähliches Vortasten und suchen, wo man ankommt? Angeborener oder erworbener Typus?
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon Lumen » Fr 21. Dez 2012, 23:38

Ich glaube es ist Ästhetik und das "Abfärben" von Ästhetik in andere Bereiche. Kurzum, wenn jemand lange Haare bei Männern gut findet, sieht er sie in Kontext mit Rockmusik. Das färbt positiv ab, und derjenige entwickelt dann sozusagen eine positive Haltung zu Rockmusik. Wobei ich es eher als ein Wechselseitiges pendeln sehe, weil solche Merkmale immer im Kontext zu finden sind. Jemand findet Rockmusik oder lange Haare gut, sieht beides immer zusammen und identifiziert sich vielleicht damit und so verstärkt sich beides. Ein Merkmal ist nie ohne Kontext, und wenn etwas neues entsteht, dann ist der Kontext wie ein Medium, wo es sich leichter verbreiten kann. Ich könnte dir sehr viele Beispiele nennen, aber das würde in einem riesigen Vortrag ausarten.

Schau dir mal die Geschichte von Musik und Subkulturen an. Ein kleines Beispiel: Die Band "Earth" machte einfach nur ihren Blues Rock, lebten aber in einer Zeit, wo die Jugend lange Haare trug. Als sie gerade eine Platte aufnahmen, merkten sie, dass ihr Bandname nicht sehr originell war. Im Kino gegenüber lief ein Horrorfilm names "Black Sabbath". Sie fanden, dass das irgendwie gut zum Sound passt. Als Black Sabbath haben sie dann den Heavy Metal mitbegründet und die ganze Ästhetik gleich mitgeschleppt. Seit jeher ist Metal Musik voller Horrorfilm-Kitsch und es ist ein Wunder, dass manche Leute (innerhalb wie außerhalb) das Image jemals ernst nehmen konnten. Danach hast du eine Tradition, und dann ist es möglich, mit der Tradition selbst zu spielen. Konkret: Später, als Metal als Genre heran gereift war, gab es wieder welche die "besannen sich" des Ursprungs, können aber ihren Kontext auch nicht ganz verlassen. Zack, neues Genre: Doom Metal. Das wimmelt voller "Black Sabbath" Ästhetik dem Wortsinne nach, Hexen und 1970er (S)Exploitation. Die Leute kleiden sich dann natürlich auch so.

Ob nun Punk, schwarze Szene ("Grufties"), Rocker, Hip Hopper, überall sind die gleichen Muster erkennbar. Piercings sind also in keinster Weise etwas besonderes. Sie sind Merkmale oder Zeichen wie gefärbte Haare, Krawatten, Springerstiefel und so weiter.
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon Vollbreit » Sa 22. Dez 2012, 13:48

Lumen hat geschrieben:Ein Merkmal ist nie ohne Kontext, und wenn etwas neues entsteht, dann ist der Kontext wie ein Medium, wo es sich leichter verbreiten kann. Ich könnte dir sehr viele Beispiele nennen, aber das würde in einem riesigen Vortrag ausarten.


Brauchst Du nicht, wir sind hier ziemlich einer Auffassung, man isst den Kontext immer mit, sehe ich auch so, mal bewusster, mal unbewusster. Das verstärkt sich dann, oft wechselseitig, bis man an gewisse Grenzen gerät.

Lumen hat geschrieben:Ob nun Punk, schwarze Szene ("Grufties"), Rocker, Hip Hopper, überall sind die gleichen Muster erkennbar. Piercings sind also in keinster Weise etwas besonderes. Sie sind Merkmale oder Zeichen wie gefärbte Haare, Krawatten, Springerstiefel und so weiter.


Ja, aber dahinter steckt eine andere Botschaft.
Die Metalszene, hat die Botschaft, dass man nicht konform ist, mit der Gesellschaft. Wild, düster, laut wie Du es beschrieben hast. Mit Überlappungen einerseits zu den Grufties und dann vielleicht zum Punk und zur Nazi-Musik. Anders wollen die alle sein, aber die Metaller sind oft nicht rechts. Das sind manchmal Feierabendmetaller, die im Alltags Programmierer, Ingenieure sind und gerne Fantasyspiele spielen. Die echte Fraktion saufen, poppen, hauen, Bike fahren, findet man da eher selten. Die Punks wollen noch ein bisschen schräger sein, Heavy Metal ist oft technisch brillant, immer etwas narzisstisch und maskulin, aber gerade dadurch auch gut an den Instrumenten.
Bei dem Punks ist es eher verpönt sein Instrument zu beherrschen, im Notfall tauscht man es. Nie darf es zu kommerziell sein und oft hat es einen starken politisch linken Anstrich, gegen die Bonzen dieser Welt und Bonze ist schon jeder, der sein Auto selbst bezahlt.
Die Grufties sind ja eher lieb, spielen mit dem Horrorimage, finden schwarze Messen toll, sind manchmal etwas depri, gerne aber auch Veganer und nett zu allen (so weit ich das kenne, gibt sicher auch ein paar ganz düstere).
Diese ganze Fraktion der ernsthaften Satanisten sind schon wieder anders gestrickt, nehmen das Ganze und sich viel ernster, stehen vor allem auf das Geheime in alle Variationen, sind tendeziell rechtslastiger.

Hip Hop, dass ist glaube ich eher so aggro und sexbetont, war glaube ich mal echter Protest, ist dann schnell so in Richtung dicker Neger mit breitgliedriger Goldkette und 10 Frauen vermarktet worden und irgendwie schnell zu eigenen Karikatur verkommen, ohne dass das den Fans auffallen muss.
Alles in allem, etwas eindimensional, aber mit Power, deckt aber noch längst nicht alle Typen ab.

Der geschniegelte Ölprinz mit der Managerattitüde, ist auch gerne narzisstisch angehaucht, aber zu den Heavys hat es ihn nicht gezogen. Der gefällt sich darin gerissener zu sein, den Markt zu durchschauen und die anderen übers Ohr zu hauen, schneller, mutiger, radikaler, gewissenloser. So ein Optimierungs- und Effiziensfreak mit immer vollen Terminplan, wer schläft, verliert, Leben auf der Überholspur, gerne auf Speed oder Koks, die Karriere fest im Blick. Triumph statt Freude. Der hört vielleicht auch Heavy, um sich zu pushen, aber er ist selbst keiner geworden, warum nicht?
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon stine » Sa 22. Dez 2012, 17:52

Mal ehrlich: SInd die alle noch psychisch gesund?
Oder sind sie überhaupt als einzige psychisch gesund, weil sie die Sau auch mal so richtig rauslassen können?

:cough: stine
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon mat-in » So 23. Dez 2012, 10:53

Ich denke die meisten sind noch psychisch gesund... und amüsieren sich köstlich drüber was die Leute so über ihr Piercing reden ;)
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon Julia » Mo 24. Dez 2012, 16:33

In jeder Abweichung vom eigenen Lebensstil eine psychische Krankheit zu sehen ist sicher auch nicht gesund... :hust:

Sind eigentlich Stöckelschuhträger_innen noch psychisch gesund?
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon Zappa » Mo 24. Dez 2012, 17:26

Julia hat geschrieben: Sind eigentlich Stöckelschuhträger_innen noch psychisch gesund?

Ja, allerdings liegt die Betonung auf <noch> :santagrin:
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon Vollbreit » Di 25. Dez 2012, 09:25

@ stine:

Um das zu entscheiden, müsste man definieren, was psychische Gesundheit ist und aufpassen, dass man nicht in eine zirkuläre Defintion kommt, nach dem Motto: Wer gepiercet ist, kann nicht gesund sein, denn ein gesunder Mensch, lässt sich nicht piercen.

Und zur Unterschicht zu gehören, bedeutet ja nicht, dass man krank ist, sondern es ist eine soziale Einstufung.
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon Julia » Di 25. Dez 2012, 11:14

Was hat es hier eigentlich mit der Unterschicht auf sich? Meine gepiercten Freunde kommen aus gut bürgerlichen Familien und haben mehr Geld auf dem Konto als ich...
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Re: Was steckt hinter dem Piercen?

Beitragvon Vollbreit » Di 25. Dez 2012, 11:22

War ein Artikel im Stern:
viewtopic.php?f=3&t=4333&p=93718#p93718
Beim Klick auf die Quelle, kannst Du den ganzen Artikel lesen.
Es geht dabei wohl eher nicht um Tattoo oder Piercing an sich, sondern wie dezent oder krass.
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