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Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Sa 21. Feb 2009, 12:09
von ganimed
Ich habe bisher noch nicht viele Threads gestartet. Manche schon. Und prompt weist mir AgentProvocateur ein Schema nach. Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen?

Meine Frage dazu: welche Schemata gibt es (neben meinem eigenen) hier im Forum?
Ich komme auf folgende Liste, wie Threads gestartet werden:

1) Ich sehe eine scheinbar dumme andere Meinung in der Welt, die ich nicht ganz verstehe. Ich frage hier in die Runde, ob die scheinbar dumme Meinung wirklich so dumm ist wie ich glaube.

2) Ich habe eine eigene Meinung, stelle sie dar (evtl. als Hypothese) und stelle sie somit zur Diskussion.

3) Ich sehe/lese/höre irgendwas und stelle das zur Diskussion ohne meine eigene Meinung kenntlich zu machen (evtl. habe ich mir noch keine eigene Meinung gebildet).

4) Ich frage einfach nur etwas in die Runde.

Mir scheint, als würde man bei (1), (2) und (3) vor allem nach Argumenten fragen. Bei (4) vor allem nach Informationen.
Diesen Thread hier würde ich unter (4) verbuchen.
Fallen jemandem noch weitere ein?

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Sa 21. Feb 2009, 12:23
von 1von6,5Milliarden
Bisher habe ich mir noch keine so großen Gedanken darüber gemacht, auch wenn es mir teilweise auch schon arg aufgefallen ist, da auch(?) mich das übliche Non-2-Verhalten ärgert, vor allem die Varianten 3 oder 4. Wobei man ja als dritte Person selten wirklich erkennt, was tatsächlich dahintersteht.

Bei 3 würde ich es als fair und "einzig" zulässig ansehen, wenn man sich noch keine Meinung gebildet hat, dass man dies anmerkt und aber auch schon seine bisherigen Gedanken äußert. Einige machen dies, andere nicht.

Eine Frage kommentarlos in den Raum schmeißen und dann verschwinden erachte ich als unfair, feige und unseriös, zumindest wenn dies der übliche Weg ist, was bei manchen der Fall ist oder war.
Diese meine Aussage muss nicht oder nicht nur auf Forenteilnehmer hier gemünzt sein.

Ob das Erkennen eines Schemas aber schon ein "Durchschauen" der Person ist, möchte ich bezweifeln. Ich kann mir zwar Vermutungen zurechtlegen, warum die Person dieses Schema benutzt, aber der Weg zum "Durchblick" ist da m.E. noch weit.

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Sa 21. Feb 2009, 13:48
von Twilight
Ich würde noch ein Schema 5) einführen:
Darunter fallen
5.a) Das Geben von wissenswerten Informationen ohne den Bedarf einer Kommentierung. Zum Beispiel der Bulletin-Threat.
5.b) Das Geben von unterhaltsamen Informationen, in dem Links auf themenrelevante Spaß-Seiten gesetzt werden. Auch hier wird kein Feedback benötigt.

Aber was ist prinzipiell schlimm an Schemata? Selbst bei "Live-Kommunikation", also von Angesicht zu Angesicht gibt es so etwas. Prinzipiell habe ich zwei Parameter zur Verfügung, die zusammen vier verschiedene Zustände (= Basisschemata) annehmen können:

Ich gebe Information und möchte Information zurück.
Ich gebe Information und möchte keine Information zurück.
Ich gebe keine Information und möchte aber welche erhalten.
Weder gebe, noch möchte ich Informationen.

Live-Kommunikation hat noch den Nachteil, dass der vierte Fall als negative Kommunikation interpretiert werden kann.
In anderen Medien (wie hier) bedeutet es einfach das Nichtvorhandensein von Kommunikation.

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Sa 21. Feb 2009, 14:29
von stine
Ich finde, es kommt immer darauf an, was man von so einem Forum erwartet.

Vielleicht sollte man die Schemata nach persönlichen Erwartungen aufteilen?

1. Ich erwarte einen kurzweiligen Feierabend und stelle daher mal eine ganz provokante These ins Netz und hoffe, dass viele anbeissen und ich meine Behauptungen selbst hinterfragen und bestens verteidigen kann :aufsmaul: ,

2. ich möchte einfach mal meine Meinung sagen dürfen und es ist mir ganz egal, wie andere das sehen :klugscheisser: ,

3.ich möchte viele Gleichgesinnte treffen und in unserer gemeinsamen Wohlfühlmeinung baden gehen :liebhab: .

Ich bevorzuge 1 und 3!
LG stine

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Sa 21. Feb 2009, 14:35
von Peter Janotta
Thread-Schemata die leider viel zu kurz kommen:

-Aufrufe zu Aktionen
-Ankündigungen von Stammtischen
-Ankündigungen von Veranstaltungen

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Sa 21. Feb 2009, 18:57
von JustFrank
@Ganimed: Ich denke, dass die Beteiligung an deinen Threads nicht darauf schließen lassen, dass du hier schematisch irgendwas wiederkäust. Natürlich lässt sich bei jedem von uns eine Wiederholung gewisser Argumentationswege und -weisen erkennen. Natürlich bevorzugt auch jeder hier seinen gewissen Themenkreis. Das aber als Schema zu bezeichnen, wäre mir zu einfach.

Zudem müsste etwas Schematisches ja auch irgendwie statistisch nachprüfbar sein und da Zahlen hier ja nicht so sehr beliebt sind, bleibt uns Agent Dingenskirchen diesen Nachweis wohl auch schuldig.

Mach mal weiter, wie gehabt. Passt schon.

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: So 22. Feb 2009, 10:18
von ganimed
Ich finde das mit den Schemata auch gar nicht negativ. Im Grunde begrüße ich es, wenn Dinge sich auf ein einfache Formel bringen lassen, damit selbst ich nicht durcheinander komme. Eure Ergänzungen (5) + Aufrufe + Ankündigungen packe ich noch dazu, und freu mich, dass es damit immer noch recht übersichtlich bleibt.

Twilight hat geschrieben:Ich gebe Information und möchte Information zurück.
Ich gebe Information und möchte keine Information zurück.
Ich gebe keine Information und möchte aber welche erhalten.
Weder gebe, noch möchte ich Informationen.

Das könnten die vier Basistypen für Kommunikation sein. Schön einfach und einleuchtend. Wäre vielleicht auch ganz spannend, was ein Kommunikationswissenschaftler so über ein Forum wie unseres sagt.

Leider bin ich bei Google-Book gerade an eine bedenkliche Textstelle geraten. Ich als Antialkoholiker und Menschenhasser trage schwer an dem Gedanken, im Grunde hier wie in einem virtuellen Wirtshaus an Stammtischen teilzunehmen. Bin ich also, ohne es bisher zu merken, doch nichts weiter als ein gemeiner Schluckspecht in einer verqualmten Stammkneipe, lauthals billige Parolen brüllend und immer auf der Suche nach der ganz einfachen Lösung für alles?

http://books.google.com/books?id=zEHcz259BnUC&pg=PA131&dq=Internetforum+Diskussion+Kommunikation&lr=&hl=de
    "Es geht zu wie in einem großen Wirtshaus: Es gibt kein Thema, das es nicht gibt; an jedem Tisch wird über etwas anderes gesprochen; man könnte überall lauschen und sich fast überall einmischen; und ebenso wie am Stammtisch verfügt so manches Internetforum über Mechanismen des 'Mundtotmachens', sollte eine Person ungeliebte Äußerungen von sich geben. In diesem Fall kann man sich dann immer noch an einen anderen Tisch setzen - und sei es alleine."

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: So 22. Feb 2009, 10:47
von 1von6,5Milliarden
Wo steht geschrieben, dass man sich am Stammtisch immer die Birne vollknallen muss? :mg:

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: So 22. Feb 2009, 15:31
von Pia Hut
Hallo ganimed, konnte auf die Schnelle gar nicht finden, wo dir AgentProvocateur ein Schema nachweist. Der Inhalt hätte mich schon interessiert. Allzu lang bin ich ja auch noch nicht in diesem Forum, aber du weißt vermutlich schon, dass ich AgentProvocateurs Denken etwas näher stehe als deinem und trotzdem weißt du vermutlich auch, dass ich deine Überlegungen keineswegs als unwillkommen abtue. Ich halte es für sehr wichtig, den Inhalt dessen, was einer sagt zu überprüfen, gleichgültig von wem es kommt und niemanden in eine Ecke zu stellen. Will sagen Mechanismen des 'Mundtotmachens' sind mir ein Gräuel. Und in diesem Sinne scheint mir dieses Forum auch wesentlich weiter als andere zu sein. Obwohl mich an einzelnen Stellen auch das Gefühl beschlich, das jemand allzu leichtfertig abgetan wurde, aber letztlich waren die etwas genervten Einwände meist gegen das allzu freie Assoziieren gerichtet und das finde ich o. K. Wenn man Kommentare liest, bei denen man einfach nicht nachvollziehen kann auf wen oder was geantwortet wird, dann geht mir auch kurz der Hut hoch. So nach dem Motto „mir ist da gerade etwas eingefallen“, aber die Mühe zu erklären, warum das zum Thema gehört, sollte man sich schon selbst machen und nicht anderen überlassen, denn dass lässt eine Debatten völlig zerfransen. Aber das war jetzt keine Kritik an dir, denn du gehst so nicht vor. Auch wenn du dich an einer Stelle schon mal fürs „Assoziieren“ stark gemacht hast, vermute ich dennoch, dass du meine Bedenken verstehst.

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Di 24. Feb 2009, 18:42
von Pia Hut
Ich denke jetzt habe ich´s gefunden http://www.forum.brights-deutschland.de/viewtopic.php?f=29&t=2675
An euren beiden Aussagen ist in meinen Augen etwas dran. Also ich sehe nicht, dass AgentProvocateur dir da direkt ein Denkschema vorwirft, sondern ihm ist, wie dir vermutlich auch am Fortschritt der Debatte gelegen und manchmal geht einem auch der Hut hoch, wenn man den Eindruck hat andere könnten nicht richtig lesen. Aber zu meiner Beruhigung konnte ich schon an verschiedenen Stellen im Forum feststellen, dass hier viele Leute drin sind, die es beherrschen sich den Hut wieder aufzusetzen und mit einem Schmunzeln über vermutliche Missverständnisse hinwegzusehen. Du gehörst gewiss nicht zu solchen, die nicht verstehen wollen, aber ich finde es mitunter auch sehr anstrengend dir zu folgen. Du hängst für mein Empfinden sehr dem Empirismus an. So wahnsinnig erhellend kann ich diese Statistikerei einfach nicht finden, auch mathematische Formeln finde ich zur Erklärung von Themen wie Mensch und Gesellschaft reichlich unproduktiv. Das erscheint mir irgendwie nach der Suche eines einfachen Schemas, das einem das Denken abnehmen könnte.

Und ich meine mit 1von6,5Milliarden, „dass ein u. U. richtiger Gedanke durch die Wahl schlechter Beispiele sich ins Gegenteil verkehren kann.“

Wenn ich AgentProvocateur richtig verstehe, stellt er den Vorwurf des „Pauschalisierens“ in den Raum, aber den können wir uns vermutlich alle wechselseitig machen. Wenn man den Gedanken eines anderen wiedergeben will, dann kommt man nicht umhin (will man ihn nicht Wort für Wort wiederholen) den Gedanken, so wie man ihn erfasst hat, zu verallgemeinern. Und ich tue es auch oft, dass ich diesen Gedanken in seine logischen Extreme weiterführe. Natürlich kann man da von Verzerren oder Pauschalisieren sprechen. Warum ich dieses Tun dennoch sinnvoll finde, fällt mir schwer zu erklären. Ich versuche es mal mit MSS: „Wie Epikur … einen Weg jenseits der Extreme zu etablieren. …die epikureische Philosophie zielte nicht auf ein hemmungsloses Ausleben wilder Triebe, wie man später von christlicher Seite den Epikureern gegenüber gerne unterstellte, sondern auf einen bewussten "Weg der Mitte" - und das bedeute für Epikur vor allem die Überwindung von Leidenschaften, die Leiden schaffen.“ die Formulierung gefällt mir nicht so ganz, aber ich wüsste es jetzt auch nicht besser zu sagen.

Ich habe auch ein gewisses Unbehagen mich in „Metadebatten“ herumzutreiben. Also die Voraussetzungen des Denkens zu thematisieren (geht das überhaupt, was wir da gerade tun). Das ist eine verdammt zirkuläre Angelegenheit und führt mitunter dahin, dass es ja eigentlich nichts bringt, etwas wissen zu wollen. Aber ich komme wohl dennoch nicht umhin, eine Metadebatte zu führen. Wenn es nicht gelingt da eine gewisse Einigkeit herzustellen, werden wir durch diesen „Grundlagenzweifel“ in Debatten immer wieder zum Ausgangspunkten zurückgeworfen. Wir landen damit beim philosophischen Letztbegründungsproblem, das meines Erachtens durch Hans Albert (einem bright) noch die rationellste Antwort erhalten hat. Diese lautet ungefähr so „Ohne Logik kann man weder für noch gegen etwas argumentieren. Sie ist schon immer dabei, wenn man etwas kritisch prüft. Wie soll man sie da selber kritisch prüfen können?“ (sehr verkürzt dargestellt.)

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Di 24. Feb 2009, 22:48
von ganimed
Pia Hut hat geschrieben:Du hängst für mein Empfinden sehr dem Empirismus an.

Wieder einen Begriff dazu gelernt. Empirismus. Könnte schon sein, dass mir Zahlen und nüchterne Quantifizierungen bei manchen Wischiwaschi-Themen als letzter Anker vorkommen. Wenn der weg ist, dann bleibt nur noch mehr oder weniger wortreich seinen Empfindungen Ausdruck zu verleihen, ohne zwingende Logik und dafür mit viel Willkür. Und da kann ich dann eher wenig mit anfangen.

Pia Hut hat geschrieben:Also ich sehe nicht, dass AgentProvocateur dir da direkt ein Denkschema vorwirft, sondern ihm ist, wie dir vermutlich auch am Fortschritt der Debatte gelegen

Stimmt. AgentProvocateur wirkt auf mich immer sehr konstruktiv. Wie einige andere auch. Dies Forum ist, so gesehen, schon wirklich angenehm.

Pia Hut hat geschrieben:Ich habe auch ein gewisses Unbehagen mich in „Metadebatten“ herumzutreiben. Also die Voraussetzungen des Denkens zu thematisieren (geht das überhaupt, was wir da gerade tun).

Thread-Schemata und Denk-Schemata würde ich schon noch auseinander halten wollen. Ersteres erscheint mir im Kontext von Kommunikationswissenschaft schon interessant. Wie funktioniert ein Forum überhaupt? Welche Eigenschaften der Technik beeinflussen möglicherweise mein Verhalten hier? Ist eine einigermaßen unverfälschte Darstellung der eigenen Meinung und Position überhaupt möglich? Oder fördert die Art der Kommunikation in Threads vielleicht einseitig nur ganz bestimmte Tendenzen der Teilnehmer. Kehrt es den Empiristen in mir heraus? Leider habe ich beim googeln kaum sachdienliche Texte dazu gefunden.

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Di 24. Feb 2009, 23:35
von LinuxBug
ganimed hat geschrieben:Leider bin ich bei Google-Book gerade an eine bedenkliche Textstelle geraten. Ich als Antialkoholiker und Menschenhasser trage schwer an dem Gedanken, im Grunde hier wie in einem virtuellen Wirtshaus an Stammtischen teilzunehmen. Bin ich also, ohne es bisher zu merken, doch nichts weiter als ein gemeiner Schluckspecht in einer verqualmten Stammkneipe, lauthals billige Parolen brüllend und immer auf der Suche nach der ganz einfachen Lösung für alles?

Stammtischargumentation ist doch keine Frage des Alkoholwertes. Mit (vermeintlich) Gleichgesinnten ist es halt einfacher auf leere Phrasen zurückzufallen, als wenn man sich und seine Anschauungen vor Andersdenkenden beweisen muss. Wer sich anpasst, dem wird das auch nicht so auffallen (mir fällt's meistens auf, wenn ich die "billigen Parolen" dann woanders als ernst gemeinte Argumente lesen muss...)

ganimed hat geschrieben:
    "Es geht zu wie in einem großen Wirtshaus: Es gibt kein Thema, das es nicht gibt; an jedem Tisch wird über etwas anderes gesprochen; man könnte überall lauschen und sich fast überall einmischen; und ebenso wie am Stammtisch verfügt so manches Internetforum über Mechanismen des 'Mundtotmachens', sollte eine Person ungeliebte Äußerungen von sich geben. In diesem Fall kann man sich dann immer noch an einen anderen Tisch setzen - und sei es alleine."

Jop, konnte ich schon oft beobachten und ich verachte diese Praxis des "Mundtotmachens" meistens, genauso wie die Tatsache, dass ich dagegen nichts tun kann, außer den Mob zu beschwichtigen und ein höheres Diskussionsniveau zu forden, wobei das in manchen Fällen auch eher schwer ist (z.B. wenn ein Rechtsradikaler das "Opfer" dieser Mechanismen ist...)

ganimed hat geschrieben:Ist eine einigermaßen unverfälschte Darstellung der eigenen Meinung und Position überhaupt möglich?

Soweit du sie in Worte fassen kannst. Natürlich bleibt die Frage, ob du das überhaupt willst. :^^:

ganimed hat geschrieben:Oder fördert die Art der Kommunikation in Threads vielleicht einseitig nur ganz bestimmte Tendenzen der Teilnehmer. Kehrt es den Empiristen in mir heraus?

Nunja, um das beurteilen zu können, müsste ich dich wohl besser kennen. Allgemein denke ich schon, dass man in Foren andere Umgangsformen pflegt, da man ja jede Behauptung belegen könnte, weil man (theoretisch) ewig Zeit zum Antworten und damit auch Recherchieren hat. Natürlich hat ein Forum auch seine Eigendynamik, so dass man ein totdiskutiertes Thema nicht so einfach wiederbeleben kann.

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Mi 25. Feb 2009, 08:22
von Twilight
ganimed hat geschrieben:Wie funktioniert ein Forum überhaupt? Welche Eigenschaften der Technik beeinflussen möglicherweise mein Verhalten hier? Ist eine einigermaßen unverfälschte Darstellung der eigenen Meinung und Position überhaupt möglich?

Weiter oben habe ich noch zwischen Live-Kommunikation und der durch ein Medium, wie dieses Forum unterschieden. Nach deinen Fragen hier und ein wenig überlegen, kam ich zu dem Schluss, dass diese Unterscheidung sehr willkürlich, wenn nicht sogar grundlegend falsch ist. Denn sie suggeriert einen direkten, unverfälschten Informationsaustausch. Das Problem ist nur, sobald eine Information dein Gehirn "verlässt" um in Form von Worten, Intonation, Mimik, Gestik, Geruch und/oder taktiler Wahrnehmung dein Gegenüber erreichen, ist sie bereits verfälscht, denn all das sind nur Interpretationen des Gehirns deines Gegenübers, darüber, was in deinem Gehirn vor sich geht.
Technisch vergleichbar ist der Prozess mit der Kopie eines Videos, welches von der analogen Filmrolle digitalisiert wird, dann in ein DVD-Video Format recodiert, von dort aus wird es dann in ein avi-Format gerippt, etliche Male kopiert (was auch nicht fehlerfrei geht) und letztendlich wird daraus irgendwo von irgendwem eine DVD-R erstellt, um es auf dem heimischen Stand-Alone-Player zu sehen. Bei jedem einzelnen dieser Schritte geht ein bisschen Information verloren. Und selbst die originale Filmrolle zeigt nur einen Abklatsch von dem, was die Schauspieler alles taten und kaum etwas von dem, was sich in deren Gehirnen abspielte.

Die Antwort auf deine letzte Frage lautet also ganz eindeutig NEIN. Das ist physikalisch unmöglich, es sei denn, du überträgst eine Quantenkopie der entsprechenden Information direkt, was allerdings zur Folge hätte, dass du das, was du "gesagt" hast, in diesem Moment schon vergessen hast. :p

Re: Wiedermal typisch: Thread-Schemata im Forum

BeitragVerfasst: Fr 27. Feb 2009, 18:37
von Pia Hut
Hallo ganimed, ich wollte dich mit dem Empirismusbegriff nicht in eine Sackgasse führen. Mir ist völlig klar, dass du genau wie ich mit deiner Zeit haushalten musst und übrigens bedarf auch ich meiner Computerspiele um mal gedanklich abschalten zu können.

In der Philosophie hat man sich in der Erkenntnistheorie schon seit Ewigkeiten darüber gestritten, was die beste Art sei zu Erkenntnissen zu gelangen. Denn Kreisel wollen wir vermutlich beide nicht unbedingt aufs Neue drehen. Die vernünftigsten Einsichten habe ich bislang bei Dialektikern gelesen. Und was ich für vernünftig halte, ist das was mir logisch einleuchtet, da habe ich keinen Maßstab außerhalb von mir und du vermutlich auch nicht. Ich höre dennoch immer unbedingt zu, wenn man mir sagt so einleuchtend, wie es mir scheint, sei das gar nicht, als eine Art notwendiger Kontrollinstanz für mich.
Auch MSS hängt z.B. dem dialektischen Denken an. Was das genau ist, darüber streiten sich die Philos leider auch schon lange. Deshalb ein sehr sehr ungenaue Kurzversion von mir: Einerseits denkt man in die Extreme hinein, aber diese werden nicht als Gegensätze aufgefasst z.B. Zufall und Notwendigkeit, schwarz oder weiß, es gilt ihr Verhältnis zueinander differenzierte zu bestimmen (das mit den Graustufen ist natürlich arg schlicht) Alle Aufsätze, die ich zum Empirismus fand waren ewig lang. Vielleicht kann dir der alte Engels etwas dazu sagen, den ich häufig leserlicher fand als Marx. Er war sicher nicht derselbe Geistesriese, dafür ist er aber auch weniger schnell verächtlich in seinem Vokabular geworden, obschon Marx auch ein wenig auf ihn abfärbte. Hier ein kurzer Auszug:

„Man verachtet in der Tat die Dialektik nicht ungestraft. Man mag noch so viel Geringschätzung hegen für alles theoretische Denken, so kann man doch nicht zwei Naturtatsachen in Zusammenhang bringen oder ihren bestehenden Zusammenhang einsehn ohne theoretisches Denken. Es fragt sich dabei nur, ob man dabei richtig denkt oder nicht, und die Geringschätzung der Theorie ist selbstredend der sicherste Weg, naturalistisch und damit falsch zu denken. Falsches Denken, zur vollen Konsequenz durchgeführt, kommt aber nach einem altbekannten dialektischen Gesetz regelmäßig an beim Gegenteil seines Ausgangspunkts. Und so straft sich die empirische Verachtung der Dialektik dadurch, daß sie einzelne der nüchternsten Empiriker in den ödesten aller Aberglauben, in den modernen Spiritismus führt.
Ebenso geht es mit der Mathematik. Die gewöhnlichen metaphysischen Mathematiker pochen mit gewaltigem Stolz auf die absolute Unumstößlichkeit der Resultate ihrer Wissenschaft. Zu diesen Resultaten gehören aber auch die imaginären Größen, denen damit auch eine gewisse Realität zukommt. Hat man sich aber erst daran gewöhnt, der oder der vierten Dimension irgendwelche Realität außerhalb unsres Kopfes zuzuschreiben, so kommt es nicht darauf an, ob man noch einen Schritt weiter geht und auch die Geisterwelt der Medien akzeptiert.“
ausführlich hier:
http://www.mlwerke.de/me/me20/me20_337.htm
auch zur Dialektik ist da Weiteres zu finden http://www.mlwerke.de/me/me20/me20_305.htm