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Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 09:48
von Sinuhé
Hallo, guten Morgen.

Ich möchte mich kurz vorstellen: Ich bin 74 Jahre alt. Mit 25 bin ich der Sekte der Zeugen Jehovas auf dem Leim gegangen, zusammen mit meiner damaligen Verlobten, meiner heutigen Frau. Mit 35 bin ich 1969 ausgestiegen, weil ich die Irrtümer und Lügen, die hinter diesem Glaubensgebäude stehen, erkannt habe und außerdem nach intensiver Bibellese einen Gott verachten gelernt habe, der Völkermord, Kindesmord und andere Gräuel angeordnet hat.

Danach tat sich für mich ein Loch auf, aus dem ich nur durch das Lesen von Aufklärungsliteratur herauskam. Heute bin ich ein begeisterter Leser der Bücher von Dawkins. Hab alle, die in deutscher Sprache verfügbar sind. Michael-Schmidt Salomons Beiträge lese ich auf seiner Homepage. Sein "Stollbergs Inferno" hab ich mit Vergnügen gelesen. Auf der Seite der Gesellschaft für Kritische Philosophie bin ich oft.

Ich schreibe auch Beiträge im Forum für Sektenauklärung, wo sich im wesentlichen ehemalige ZJ austauschen. Dort schreibe ich unter dem Nickname "Sinuhe", weshalb ich auch hier diesen Namen gewählt habe, mußte aber hier auf den letzten Buchstaben ein Apostroph setzen, weil der mit einfachem e schon besetzt war, bitte daher meinen Namensverwandten, der vor mir war, um Nachsicht.

Mit dem hohen Niveau, auf dem hier diskutiert und argumentiert wird, kann ich sicher nicht immer mithalten. Ich habe aber erkannt, daß ich zu einigen Themen sicherlich was beizutragen inderlage bin. Ich werde mich aber nicht getrauen, meinen Senf zu etwas zu geben, von dem ich keine Ahnung habe.

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 10:22
von ostfriese
Herzlich Willkommen, Sinuhé!

Sinuhé hat geschrieben:Ich werde mich aber nicht getrauen, meinen Senf zu etwas zu geben, von dem ich keine Ahnung habe.

Das wäre aber schade. Eine der Qualitäten des Brights-Forums liegt doch gerade darin, dass hier jeder von jedem lernen kann. Hier darf sich das 'Prinzip Zweifel' richtig austoben, wir irren uns empor (um ein Bonmot meines Lieblingsphilosophen Gerhard Vollmer zu zitieren).

Wer sich dann und wann mal zu weit aus dem Fenster lehnt, den lassen wir nicht gleich abstürzen. Es sei denn, er tut dies in voller Rüstung (--> Ritter Fips und sein anderes Ende), sprich: selbstherrlich. Die freundliche Bescheidenheit, mit der Du Dich hier vorgestellt hast, lässt mich vermuten, dass Dir ein solch massiver Ton nicht oft passieren wird.

Viel Spaß also und rege Beteiligung!

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 12:00
von stine
Hallo Sinuhé,
du kannst sicherlich aus einem reichen Erlebnisschatz plaudern, deswegen denke ich nicht, dass es vieles geben wird, wovon du keine Ahnung hast. Nichts lehrt uns mehr, als das Leben selbst!:wink:

Es grüßt dich stine

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 12:28
von russellsteapot
Guten Tag und herzlich Willkommen! Deine Vorstellung klingt ja schon mal sehr interessant! :respekt:

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 13:32
von Myron
Herzlich willkommen!
:brights:

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 14:18
von xander1
@Sinuhé:

Gleich mal eine Frage: Braucht man einen Ersatz für das was Religion bietet, wenn man keine hat? Ich meine, ob es so einen Ersatz geben sollte oder ob man so einen Ersatz lieber nicht bieten sollte - wie auch immer so ein Ersatz aussehen könnte.

Frage 2: Könnte es etwas geben, was das subjektiv positive des Glaubens beinhaltet ohne das subjektiv gesehen negative?

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 17:10
von Sinuhé
Zuerst bedanke ich mich bei allen für das herzliche Willkomm.

Hallo, xander 1

Nach dem Willkomm gleich so schwierige Fragen! Sie haben mich zunächst mal nachdenken lassen, warum du die Fragen wohl stellst. Ich habe dann deinen Beitrag "Ersatz für christliche Gemeinden gesucht" gelesen und verstanden, was du wohl im wesentlichen meinst: eine Gemeinschaft, in der du gute und intelligente Gespräche führen kannst mit Freunden und Gleich- oder auch nicht -gesinnten. In einer Gruppe von Menschen, die dich gernhaben. Das ist aber sehr schwer zu finden, vor allem kaum im religiösen Bereich.

Ich selbst bin katholisch erzogen worden. Es gab aber weder in meiner Familie noch im Verwandten- und Bekanntenkreis Gespräche über Religion, obwohl das doch das Wichtigste gewesen wäre, wenn man mal Kierkegaard enstnimmt. Die Sonntagsmesse und das wars. Die Predigt des Pastors hörte man und hielt sie für tiefsinnig, weil man sie nicht verstand. Ich hätte damals, als junger Mann, gerne Gespräche über ernsthafte Themen gehabt, das gab es aber ein meinem Umfeld nicht. Das war auch einer der Gründe, die mich zu den Zeugen Jehovas brachten, weil dort über Gott geredet wurde.

Ich habe eine Schwägerin, die bei der evangelischen Kirche angestellt ist und dort auch Telefonseelsorge gemacht hat. Das ist die einzige Person, die gerne mit mir und ich mit ihr über Gott oder Nichtgott redet. Und über das ganze Zeugs drumrum und so, also das Universum und der ganze Rest und wie man per Anhalter durch die Galaxis kommt und was man sich im Restaurant am Ende der Galaxis bestellen soll.

Aber nun kurze Antwort auf die erste Frage: Nein. Eine religiöse oder esoterische Gemeinschaft, die will ich nicht. Ich bin aber im Schachclub, Vorsitzender, und dort gefällt es mir gut. Wir spielen nicht nur Schach, sondern quatschen auch viel, nicht allzuviel Tiefernstes. Wenn du nun sagst, siehste, haste doch einen Ersatz, dann mag ich nicht widersprechen. Dieser Club kann aber definitionsgemäß nicht der Ersatz für eine christliche Gemeinde sein, weil die meisten der Mitglieder auch Mitglieder der katholischen Kirchengemeinde sind.

Zur Frage 2: Die positive Seite des Glaubens ist für viele sicher die Hoffnung, es später einmal besser zu haben. Diese Hoffnung erleichtert ihnen die Bewältigung ihrer Lebensprobleme. Die negative Seite des Glaubens ist die Verarmung und Infantilisierung des menschlichen Denkens. Sie bewahrt die Gläubigen davor, auf die Barrikaden zu gehen und eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu verlangen von denen, die ganz gut leben von ihrem Glauben, dem König und dem Bischof, die untereinander ausgemacht haben: " Halt du sie dumm, ich halt sie arm.".

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 17:49
von stine
Sinuhé hat geschrieben:Sie bewahrt die Gläubigen davor, auf die Barrikaden zu gehen und eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu verlangen von denen, die ganz gut leben von ihrem Glauben, dem König und dem Bischof, die untereinander ausgemacht haben: " Halt du sie dumm, ich halt sie arm.".
Sowas in dieser Richtung tut sich mir leider auch auf.
Die Gremien, welche die Amtskirchen ins Leben gerufen haben, wie Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen, sind zwar notwendige Einrichtungen, im Sinne der Vorschriften, haben aber im Endeffekt nichts auszurichten.
So ein Pfarrer macht, was er will! Und er wird mE seitens seiner Vorgesetzten darin auch noch bestärkt. Das Wichtigste ist dem Gesamtverein Kirche, dass die Kasse stimmt. Wer nicht wirklich eine Ware zu vertreiben hat, der muss durch Geschick an seine Einnahmen kommen.
Inzwischen weiß ich eigentlich gar nicht mehr, ob überhaupt irgendein Verantwortlicher der großen Amtskirchen von seinem Glaubensinhalt noch überzeugt ist. Das beste wäre noch, wenn Religion in der Lage wäre die Welt menschlicher zu machen.
Ich denke, das zu versichern, lenken sie gerade ein.
LG stine

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 17:55
von russellsteapot
Sinuhé hat geschrieben:Zur Frage 2: Die positive Seite des Glaubens ist für viele sicher die Hoffnung, es später einmal besser zu haben. Diese Hoffnung erleichtert ihnen die Bewältigung ihrer Lebensprobleme.


Ist Hoffnung für dich wirklich positiv besetzt? Ich weiss nicht - es gab einen Punkt in meinem Leben an dem ich die Hoffnungslosigkeit und eine unausweichliche, fürchterliche Situation als Chance erkannt habe SELBST etwas zu tun. Hoffnung ist eine Bremse, ein "Sich verlassen auf andere" (oder ein Verlassen auf einen Gott, Schicksal, Vorbestimmung etc.), ein Grund zu warten, müssig zu sein bis sich alles zum Besseren wendet! Das Prinzip Hoffnung ist das Prinzip der Passivität, des Aufgebens von Selbstständigkeit und meines Erachtens nach eines der ersten Dinge das man aufgeben muss um selbstbestimmt zu leben...

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 19:25
von Sinuhé
@ russelsteepot

Ja, Hoffnung ist für viele gläubige Menschen was Positives. Ich denke da an meine Frau, die tiefgläubige praktizierende Zeugin Jehovas ist. Bei meinem Absprung vor 40 Jahren gelang es mir nicht, sie mitzunehmen. Sie hofft auf ein ewiges Leben in einem irdischen Paradies. Würde sie heute, in hohem Alter, dieser zugegebenermaßen skurilen Hoffnung beraubt, ihr Leben käme ihr unnütz vor. Das weiß ich und deshalb habe ich schon lange die Versuche aufgegeben, sie von ihrer törichten Hoffnung abzubringen.

Zum anderen denke ich diesbezüglich an eine frühere "Glaubensschwester", zu der meine Frau und ich immer noch guten Kontakt haben. Sie hatte 2 Töchter. Die eine Tochter wurde vor etwa 20 Jahren von ihrem, der Tochter, Ehemann ermordet und in einer Tonne im Garten einbetoniert. Der Fall ging damals durch die Zeitungen. Wir haben diese "Glaubensschwester" vor einigen Tagen in einer Reha-Klinik besucht. Sie hofft, die ermordete Tochter im Paradies wiederzusehen. Es erschiene mir unmenschlich, zu versuchen, ihr diese skurile Hoffnung zu nehmen.

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 21:31
von Sinuhé
Hallo, russelsteapot

Verzeihung, daß ich deinen Namen falsch geschrieben habe. Trotzdem finde ich, daß dein Name eher einer Irrlehre zur Ehre gereichen soll. Es ist nämlich mittlerweile im aktuellen Obskurantismus klar erwiesen, daß es diese Teetasse, erlaube mir die deutsche Schreibweise, nicht geben kann. In Wirklichkeit ist es nämlich so, daß nicht die Teetasse, sondern das Spaghettimonster alles gemacht hat. Dies hat Es seinem einzigen Propheten Bobby Henderson offenbart.

Soviel ich weiß, finden derzeit Verhandlungen statt zwischen Vertretern deiner Religion und der meinen, die möglicherweise in einer Vereinigung aller abstrusen Ideen ihren Höhepunkt finden werden. Ich hoffe sehr darauf, daß es uns gelingen wird, diesen sogenannten kritischen Verstand endlich zu besiegen.

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 23:08
von Sinuhé
Hallo, stine.

Ich lebe in einem kleinen Dorf, in dem der Pastor immer noch als der intellektuell höchststehende geachtet ist. Wie in meinem Alter nicht so verwunderlich, bin ich oft bei Beerdigungen von Freunden und Bekannten aus unserem Dorf. Der absolut unpersönliche Beerdingungsritus der katholischen Kirche ist an und für sich schon eine Geringachtung der Person, die beerdigt wird. Die Evangelischen machen es da besser, indem sie auf den Lebenslauf des zu bestattenden Bezug nehmen. Was mich aber am meisten stört ist, daß der katholische Pastor die Trauergemeinde, zu der ja nun vielleicht nicht nur Katholiken gehören mögen, auffordert, das katholische Glaubensbekenntnis aufzusagen. Das heißt für mich sowas wie "Nichtkatholiken raus". Ob er sich dieser Wirkung bewußt ist, weiß ich nicht, dieweil ich ihn eher unter die Unterbelichteten einordnen möchte, möglicherweise nur ein Abwehrgedanke von mir, um mit dieser unangenehmen Person fertig zu werden.

Ich bin auch schon mal von Trauergästen rigoros weggeschubst worden, weil ich den Weihwasserschwengel unbenutzt ins Naß zurückgelegt habe und stattdessen mir eine persönliche Abschiedsandacht erlauben wollte.

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2009, 23:10
von russellsteapot
Sehr gut - wenn wir dann noch die Anhänger vom Invisible Pink Unicorn auch noch an Bord kriegen ist uns die Weltherrschaft sicher :up: Wobei die sich ja momentan im Ernährungsstreit (IPU isst Pizza mit oder ohne Schinken bzw. isst nur blaue Sachen wie Blaubeeren und Schlumpfeis) einem Schisma nähern...

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Mi 29. Jul 2009, 06:53
von stine
Sinuhé hat geschrieben:Der absolut unpersönliche Beerdingungsritus der katholischen Kirche ist an und für sich schon eine Geringachtung der Person, die beerdigt wird.
Das hängt aber wirklich vom Priester ab. Wir hatten eine Gemeindereferentin, die sich extra aus dem Leben erzählen ließ, um einen Umriss der Person zu erstellen, der nicht hätte treffender sein können.
Sinuhé hat geschrieben:...daß der katholische Pastor die Trauergemeinde, zu der ja nun vielleicht nicht nur Katholiken gehören mögen, auffordert, das katholische Glaubensbekenntnis aufzusagen.
Ich selbst klinke mich bei allen rituellen Gebeten stets aus. Ich denke, die wenigsten Gläubigen wissen überhaupt, was sie da von sich geben. Die Texte sind zum Teil haarsträubend und dienen einzig der regelmäßigen Gehirnwäsche.
Sinuhé hat geschrieben:Ich bin auch schon mal von Trauergästen rigoros weggeschubst worden, weil ich den Weihwasserschwengel unbenutzt ins Naß zurückgelegt habe und stattdessen mir eine persönliche Abschiedsandacht erlauben wollte.
Das ist menschlich unmöglich und zeugt von Missachtung. Solche Leute möchte ich nicht in meinem Bekanntenkreis haben.

Ansonsten haben Priester in der Großstadt es schwerer, sich zu behaupten. Deine Generation dürfte die Letzte sein, die sie noch in den Griff bekommen. (Tschuldigung :mg: )

LG stine

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Mi 29. Jul 2009, 23:21
von Sinuhé
Hallo, stiene, ich danke dir für dein Mitgefühl zu meiner Situation. Du hast gemerkt, daß ich in einer Krise bin, selbst in meinem offenbarten hohen Alter. Hört denn der Mensch nie auf, sich und sein Selbst zu hinterfragen? Ich sage mal nein, man muß immer darüber nachdenken, ob man sozusgen "richtig liegt"

Re: Ich bin neu hier.

BeitragVerfasst: Do 30. Jul 2009, 07:30
von stine
Sinuhé hat geschrieben: Hört denn der Mensch nie auf, sich und sein Selbst zu hinterfragen?
Ich glaube sogar, es wird mit zunehmendem Alter immer schlimmer! :verzweifelt:
Alles Gute!

LG stine