Gruß aus Norddeutschland

Alles, was sonst nirgendwo hinpasst, findet hier seinen Platz.
Neue Mitglieder sind herzlich eingeladen, sich hier vorzustellen.

Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » Sa 3. Apr 2010, 11:01

Hallo,

seit dem Erkennen meiner eigenen Irrelevanz während der Pubertät irrte ich mit naturwissenschaftlich-revisionistischem Weltbild durch Schule, Studium und dergleichen. Das daraus resultierende omnipräsente Ohnmachtsgefühl wurde mal von hier und mal von dort angegriffen, aber nie ganz beseitigt.
Durch die Lektüre des "Manifest des Evolutionären Humanismus" und die Erkenntnis, dass die meisten darin erörterten Sachverhalte für mich schon länger von Bedeutung waren, bin ich vor einigen Jahren auf die Brights gestoßen. Mit viel Skepsis und trübem Optimismus im Bauch hab ich mich jetzt hier registriert.
Ich diskutiere gern provokativ bzw. provoziere gern durch Diskussion.

Schönen Gruß
Erwin Rhodeberg
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Myron » Sa 3. Apr 2010, 17:24

Herzlich willkommen!
:brights:
Benutzeravatar
Myron
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 4808
Registriert: So 1. Jul 2007, 17:04

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Nanna » Mo 5. Apr 2010, 22:41

Auch von mir ein herzliches Willkommen! :up:

Ich habe eine Frage: Mich würde interessieren, worauf du dein Gefühl der eigenen Irrelevanz zurückführst. Relevanz ist ja keine absolute Größe, sondern immer von etwas abhängig. Letztlich können nur intelligente Wesen Relevanz zuweisen, weil Relevanz eine Zielbestimmung voraussetzt (z.B. etwas neues zu schaffen, etwas zu zerstören, oder ein System aufrechtzuerhalten).
Das Gefühl, irrelevant zu sein, habe ich oft bei Leuten beobachtet, die in irgendeiner Form supernaturalistisch erzogen wurden, denen also als Kind beigebracht wurde, dass Gott oder irgendwelche kosmischen Kräfte es wertschätzen. Wenn dann, oft in der Pubertät, die Erkenntnis erwacht, dass diese Kräfte nicht existieren, folgern manche daraus, dass sie nun irrelevant wären, was für mich keinen Sinn macht, da man ja keine Relevanz verlieren kann, die nicht da war. Stattdessen sollte man sich klar darüber werden, dass man im Grunde nur anderen Lebewesen wichtig sein kann, in erster Linie Freunden, Verwandten und dem Haustier. ;-) Wer sich angesichts der überbordenden Größe und Unbeeinflussbarkeit des Universums ohnmächtig fühlt, der lässt sich in meinen Augen noch zu sehr von religiösen Allmachtsfantasien leiten - kein Wunder, diese sind in unserer Gesellschaft ja nach wie vor überall anzutreffen und werden auch selten als überzogen und selbstschädigend erkannt und benannt. Davon kann man sich in meinen Augen aber getrost verabschieden und die Dinge etwas gelassener betrachten. Klar, worauf ich hinauswill?
Benutzeravatar
Nanna
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 3338
Registriert: Mi 8. Jul 2009, 19:06

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » Mo 5. Apr 2010, 23:15

Ich denke mir ist klar worauf du hinaus willst. Allerdings wurde ich sehr religionskritisch erzogen und habe daher die empfundene Ohnmacht nicht im Sinne eines Verlustes wahrgenommen. Es war vielmehr so, dass ich mir bis zu meinem 12. Lebensjahr meiner Rolle in meiner Umwelt nur bedingt bewusst war. Daher kam das Gefühl der Irrelevanz durch diese erstmalige Bewertung meines Lebens (und vielleicht dessen Sinns) zustande.
Dass die "Relevanz" sich hierbei kaum in absoluten Größen messen lässt, sondern immer nur im relativen Bezugssystems des Miteinanders entsteht war also keine Abwertung, sondern die erste Wertung die ich in diesem Zusammenhang überhaupt vornahm.
Jedoch betrachte ich die Menschheit nicht als Sperspitze der Evolution, sondern eher als gammelige Plombe in einer höchst kariösen evolutionären Nische. Wenn mein Leben auch innerhalb dieses Systems eine gewisse Relevanz erlangen mag...
Die Ohnmacht hat aber auch eine Dimension jenseits der Irrelevanz: Ich habe oft das Gefühl auch innerhalb unserer Gesellschaft nur geringe Möglichkeiten der Partizipation zur Verfügung zu haben. Diese zu erkennen und zu nutzen fiel und fällt mir aus verschiedenen Gründen schwer.
Halbwegs verständlich gemacht? Ist für mich persönlich ein sehr weites Feld das Ganze. :-)
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon xander1 » Di 6. Apr 2010, 08:46

Herzlich willkommen!
:brights:

Irrelavanz und Relevanz muss sich auf etwas beziehen. Man selbst ist für das Universum irrelvant, wie auch die Menschheit für das Universum irrelvant ist. Man selbst ist aber nicht für die Gesellschaft und für seine Umwelt irrelvant. Für Deutschland und die Welt ist man aber nahezu irrelvant. Naja es gibt den Wehrdienst, es gibt Steuern die man zahlt, also so irrelevant ist man dann für Deutschland auch wieder nicht.

Außerdem, in einer Betrachtungsweise der eigenen Irrelevanz geht man immer davon aus, was man nach außen für etwas etwas tun kann. Das ist also eine sehr unegomanische Sichtweise, wenn man sich dessen ständig bewusst ist. Anders herum ist es, wenn man gar nicht an die Irrelevanz oder Relevanz denkt. Wenn man sich gar nicht um den Sinn des Lebens scherrt, zumindest gedanklich, arbeiten geht, vielleicht Kinder zeugt. Dann denkt man eher an seine materielle Existenz und kaum an eine Relevanz die man in diesem Universum hat. Denn dann hat man Verantwortung. Viele Verantwortungsaufgaben verdrängen auch den Gedanken der eigenen Irrelevanz.

Und ich finde es wesentlich gesünder, sich um sich und sein Umfeld zu kümmern, anstelle sich um seine Relevanz in der Welt zu scheren. Sollte die Relevanz in der eigenen Gruppe gemeint sein, so muss ich sagen, dass diese in islamischen Ländern wesentlich höher ist, denn da es dort kaum oder keine Versicherungen gibt und mit Sozialhilfe sieht auch schlecht aus, lehr der Koran, dass der einzelne den Armen geben soll: Eine andere Form der Solidargemeinschaft. In islamischen Ländern ist der Status einer Familie besonders wichtig und anders definiert. Aus so einem Blickwinkel dieser Relevanz wird die Relevanz für die Welt oder das Universum irrelevant. Es hängt vielleicht davon ab, wie sehr man in ein soziales Netz eingebunden ist, wie man Relevanz betrachtet.

Nanna hat geschrieben:Letztlich können nur intelligente Wesen Relevanz zuweisen, weil Relevanz eine Zielbestimmung voraussetzt

Ich würde mich aber dagegen wehren, wenn besonders intelligente Menschen eine höhere Relevanz zugeschrieben werden soll, auch wenn da etwas wahres dran ist, aber in einem speziellen Sachverhalt und nur als eine Grundlage.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » Mi 7. Apr 2010, 01:29

Nanna hat geschrieben:Letztlich können nur intelligente Wesen Relevanz zuweisen, weil Relevanz eine Zielbestimmung voraussetzt (z.B. etwas neues zu schaffen, etwas zu zerstören, oder ein System aufrechtzuerhalten).

Eine Zuordnung von Relevanz ist sicherlich erst ab einem gewissen Grad von Intelligenz möglich. Allerdings ist es für einen Stein durchaus relevant ob er auf einer horizontalen oder schiefen Ebene liegt - nur dass er sich dessen eben nicht bewusst ist.

xander1 hat geschrieben:Man selbst ist aber nicht für die Gesellschaft und für seine Umwelt irrelvant.
[...]
Es hängt vielleicht davon ab, wie sehr man in ein soziales Netz eingebunden ist, wie man Relevanz betrachtet.


Sicherlich hängt die Relevanz der eigenen Handlungen für die Gesellschaft von der eigenen Position in dieser ab. D.h. Barack Obamas Handlungen haben einen größeren gesellschaftlichen Einfluss als die von Lieschen Müller. Falls du Recht hast und man mit enger, familiärer, emotionaler Einbindung in die Gesellschaft den Drang nach eigenem Einfluss verliert, würde der Umkehrschluss bedeuten, dass maximaler gesellschaftlicher Einfluss nur dann erreicht wird wenn man einen Großteil seiner sozialen Bindungen auf Einfluss-Maximierung auslegt. Das führt dann zu "Social Networking" - ein Verhalten das in hohem Maße bestehende soziale Hierarchien festigt und Elitenbildung fördert!
Im Universum, oder sonstewo bin ich gern bereit meine Irrelevanz hinzunehmen, wenn ich aber sehe dass ich für echte Mitbestimmung in dieser Gesellschaft mich zunächst mal selbst verraten muss dann deprimiert mich das. Irrelevant (/unwichtig/machtlos) und etwas niedergeschlagen... Erwin.

P.S.: Übrigens finde ich in diesem Zusammenhang einen Teil von Michael S.-S. Darlegungen unrichtig. Ich denke nicht, dass sich aus einem evolutionär-humanistischen Weltbild eine positive Grundstimmung ableiten lässt. Aufgrund von Sozialisation und genetischer Disposition reagieren unterschiedliche Individuuen auf die gleichen Informationen mit unterschiedlichen Emotionen... pluralistisch - wenn man so will. Ich denke daher nicht, dass es angebracht ist den Menschen im Zuge einer humanistischen Aufklärung eine positive Grundstimmung auf zu oktroyieren. Unglückliche Menschen sind eine starke Quelle für Veränderung. :-)
...Hoppla ist das spät. Gute Nacht.
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Mark » Mi 7. Apr 2010, 13:57

Im Mittel sollte man versuchen einen leicht positiven "Schnitt" zu erreichen ;-)

Herzlich willkommen !
Benutzeravatar
Mark
 
Beiträge: 1683
Registriert: Do 30. Nov 2006, 18:19
Wohnort: München

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon xander1 » Mi 7. Apr 2010, 14:36

Erwin hat geschrieben:Falls du Recht hast und man mit enger, familiärer, emotionaler Einbindung in die Gesellschaft den Drang nach eigenem Einfluss verliert,

Nein man gewinnt Bedeutung durch die Einbindung, nach ganz einfacher Logik. Über den Einfluss auf andere will ich nichts ausgesagt haben. Irrelvanz bezieht sich nicht nur auf die Auswirkung eines selbst auf andere. Sondern man hat eine nicht zu verachtende Bedeutung in dieser Gesellschaft ohne Einfluss ausüben zu können. Man ist nur irrelavant wenn es um Einfluss geht

Erwin hat geschrieben:"Social Networking" - ein Verhalten das in hohem Maße bestehende soziale Hierarchien festigt und Elitenbildung fördert!

Ja da ist was dran. Hierarchien werden dabei gefestigt, aber ich glaube wohl kaum, dass die wahren Eliten dabei gefördert werden. Es entstehen eher falsche Eliten, ungeignete Eliten, die sich durch andere Dinge qualifizieren

Erwin hat geschrieben:wenn ich aber sehe dass ich für echte Mitbestimmung in dieser Gesellschaft mich zunächst mal selbst verraten muss dann deprimiert mich das. Irrelevant (/unwichtig/machtlos) und etwas niedergeschlagen... Erwin.

Ich habe gar nicht die Lust darauf möglichst viel Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben. Nimms mir nicht übel, aber ist das nicht etwa sehr hochmütig, auch von einigen hier im Forum Einfluss auf die Gesellschaft ausüben zu wollen? Man stellt sich damit schließlich über andere Menschen. Ist das nicht auch eine Form der kontrollierenden Moral., naja vielleicht nicht? Wenn nun jeder das Bedürfnis hätte Einfluss auszuüben, dann würden alle nichts erreichen sofern sie keinen Konsens finden. Es wäre ein wildes Durcheinander. Der Anspruch Einfluss auszuüben ist ein Machtanspruch. Dessen muss man sich erst mal bewusst werden. Und wenn es um Macht geht, dann wird, dann muss gekämpft werden um die Macht. Man kann sich doch nicht etwa einbilden, dass einem genau dabei etwas geschenkt wird. Ich finde es eine träumerische Vorstellung sich zu wünschen, dass jemand einem freiwillig die Macht überreicht Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben. Man muss schon ein großes Ego haben, wenn man denkt dass man besser Einfluss auf ANDERE haben soll. Wie ist es denn für dich, wenn jemand Einfluss auf dich ausüben will? Also wenn ich zu Besuch bei meinem Vater bin und er will mich immer noch wie ein Kind erziehen raste ich aus. Aber ich denke, dass deine Wünsche auf Einfluss weniger aus einem Kontrollwahn entspringen, sondern viel mehr dem Wunsch zuzuordnen sind, möglichst Autark zu sein, sich selbst besser zu verwalten, wenn man merkt, dass andere Einfluss auf einen haben und sich dann wünscht erst aus diesem Grund sie beeinflussen zu wollen um die Selbstständigkeit zu wahren. Du willst also erst Einfluss weil Verantwortung für diese Welt fühlst und weil du Mitgefühl hast. Dann werd der nächste Dalai Lama. ;)

Ich würde dir dringend raten mal Parteien wie die junge Union oder die Julis oder jusos aufzusuchen, um dich da mal zu beteiligen. Ich denke das würde dir gefallen. Vielleicht irre ich mich auch. Jedenfalls müsstest du das länger mitmachen, um wirklich DRIN zu sein und ein Gefühl zu entwickeln. So böse ist Politik auch wieder nicht.

Und danach würde ich mich erst beschweren keinen Einfluss gehabt zu haben. Du kannst aber nicht behaupten, dass die Türen nicht offen gestanden hätten. Du kannst Karriere machen. Das ist alles eine Frage des Trainings. Was hindert dich daran?
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » Do 8. Apr 2010, 09:05

xander1 hat geschrieben:
Erwin hat geschrieben:"Social Networking" - ein Verhalten das in hohem Maße bestehende soziale Hierarchien festigt und Elitenbildung fördert!

Ja da ist was dran. Hierarchien werden dabei gefestigt, aber ich glaube wohl kaum, dass die wahren Eliten dabei gefördert werden. Es entstehen eher falsche Eliten, ungeignete Eliten, die sich durch andere Dinge qualifizieren.

Was sind "die wahren Eliten"? Ich halte es für utopisch die Hierarchieebenen unserer Gesellschaft den individuellen Kompetenzen entsprechend besetzen zu wollen. Das wird wohl nie gelingen - erst recht nicht mit einem kapitalistischen Konditionierungssystem. Ähnlich wie in einem verhaltensbiologischen Experiment ist die menschliche Gesellschaft einem Belohnungssystem ausgesetzt. Heute belohnt dieses System (unser Wirtschaftssystem) vor allem kurzfristiges egoistisches Denken.
Was für Eliten daraus hervor gehen kann man sich an drei Fingern abzählen. Die Leute die nicht kurzfristig und egoistisch denken können in unserem Gesellschaftssystem nur schwer an Machtpositionen kommen. Dass durch jedes derartige System immer genau die Eliten gefördert werden die die durch das System belohnten Werte vertreten liegt auf der Hand. Es resultiert ein halbwegs stabiler Zustand in dem die Eliten die Werte des System aufrecht erhalten wollen.
Innerhalb dieses (Denk-)Rahmens fühle ich mich mit meinen politschen Ansichten weit jenseits der großen Parteien verortet.
xander1 hat geschrieben:Der Anspruch Einfluss auszuüben ist ein Machtanspruch. Dessen muss man sich erst mal bewusst werden.

Das klingt zunächst ganz schön, ist aber sicherlich nicht zutreffend. (Übrigens bin ich großer Gegner von den Wörtern "man" und "muss" in einem Satz und ohne Relativierung bzw. Fragezeichen. Die Kombination tritt bei dir recht häufig auf.)
Musiker, Philosophen, Künstler, Wissenschaftler, uvm. haben großen Einfluss auf Individuen und mitunter auch auf die ganze Gesellschaft - ganz ohne Machtanspruch. Damit habe ich dann hoffentlich auch dargelegt, dass es mir nicht um Macht über andere geht sondern um gesellschaftlichen Einfluss, um Austausch. Wenn Kunst, Wissenschaft und auch Philosophie aber auf dem kapitalistischen Markt dargeboten werden (was zusehends auch an Universitäten der Fall ist) führt dies zu den gleichen Anforderungen (Egoismus, kurzfristiger Erfolg) an die hier wetteifernden Individuen, wie oben beschrieben. Daher sehe ich mich mittlerweile auf breiter Front einer Gruppe von kurzfristig denkenden Egoisten gegenüber - die dann womöglich auch noch Macht über und Einfluss auf mich haben.
Es tut mir Leid wenn ich hier oft in der ersten Person schreibe. Aber mir erscheint diese Wahrnehmung doch recht individuell.

In diesem Zusammenhang ein gutes Modell (wenn auch historisch vor dem Hintergrund des kalten Krieges zu betrachten):
http://plato.stanford.edu/entries/liber ... -negative/
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon xander1 » Do 8. Apr 2010, 12:37

Erwin hat geschrieben:Was sind "die wahren Eliten"? Ich halte es für utopisch die Hierarchieebenen unserer Gesellschaft den individuellen Kompetenzen entsprechend besetzen zu wollen.

Teilweise ist das aber der Fall. Man kann einen Universitätsabschluss nur mit entsprechenden Leistungen abschließen, wenn man oder Frau nicht gerade eine Affaire mit dem Prof. hat. Warum hast du etwas dagegen, dass ich das Wort man verwende? Warum ist das ein Problem? Weil ich damit allgemein etwas aussagen will? Ich meine damit einfach eine Beliebige Person in einer Situation, wie sollte ich das anders beschreiben? Ich kenne andere Menschen, die haben ein Problem damit, wenn man immer "ich" schreibt. Ich muss sagen, dass mir das völlig wurscht ist wie man bzw das Gegenüber sich ausdrückt. Es wäre möglich andere Ausdrucksformen außer "man" zu verwenden, aber wieso sollte ich das? Du bist der erste, dem das stört.

Erwin hat geschrieben:Musiker, Philosophen, Künstler, Wissenschaftler, uvm. haben großen Einfluss auf Individuen und mitunter auch auf die ganze Gesellschaft - ganz ohne Machtanspruch.

Ich stimme zwar zu, dass diese Menschen keinen Machtanspruch hatten, aber sie haben auch nicht das Verlangen danach gehabt Einfluss auszuüben, und wenn sie das Verlangen danach hatten Einfluss auszuüben, dann ist das ein Machtanspruch und dann gilt auch der Rest den ich geschrieben habe. Jede Art von Einfluss ist eine Form der Macht und wer Einfluss will, der braucht dazu die Macht Einfluss ausüben zu können. Wenn es auch die Macht ist, Bekanntheit zu erlangen oder die Macht ist als Wissenschaftler tätig sein zu können. Und als Wissenschaftler hat man eher die Absicht zu forschen, anstelle Einfluss auszuüben, weshalb da auch kein Machtanspruch dahinter steht.

Erwin hat geschrieben:Damit habe ich dann hoffentlich auch dargelegt, dass es mir nicht um Macht über andere geht sondern um gesellschaftlichen Einfluss, um Austausch.

Wer Einfluss ausüben will, der hat immer einen Anspruch auf eine gewisse Macht. Wer sich Austauschen will, braucht zumindest die Macht über sich selbst und die Macht auf die Art des Austausches. Du willst dich sicher nicht unterwürfig austauschen müssen.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » Do 8. Apr 2010, 12:43

Dann haben wir eine unterschiedliche Definition von Macht. Für mich ist diese immer auch gekoppelt an eine Hierarchie. Bei Einfluss ist dies nicht der Fall. Auch gleichberechtigte Individueen können sich gegenseitig beeinflussen.

Das Wort "man" ist übrigens völlig in Ordnung. Nur "man muss" legt der Allgemeinheit unumstößliche Pflichten (Dogmen) auf.
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Julia » Do 8. Apr 2010, 13:00

Hi,
ich glaube das beste Mittel gegen Ohnmachtsgefühle ist tatsächlich aktiv zu werden. Ich denke durchaus, dass man als Teil der Zivilgesellschaft Einfluss ausüben kann ohne sich selbst zu verraten, eher zwingen einen doch die eigenen Ideale aktiv zu werden. Ich weiß allerdings nicht welche Art von Einfluss du ausüben möchtest, was du bewegen möchtest, was dir wichtig ist. Vielleicht rührt dein Problem aber auch daher, dass du das selbst nicht weißt?

Gruß aus Süddeutschland,
Julia

P.S.: Da sich hier radikale Tierrechtsterroristen rumtreiben würde ich den Avatar noch mal überdenken oder in der Signatur erwähnen, dass es sich selbstverständlich um ein Seitan-Würstchen oder dein Eigenes handelt.
Benutzeravatar
Julia
 
Beiträge: 860
Registriert: Di 24. Feb 2009, 10:57

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » Do 8. Apr 2010, 14:23

Julia hat geschrieben: Vielleicht rührt dein Problem aber auch daher, dass du das selbst nicht weißt?

Sicherlich auch, ja. Darüber hinaus habe ich in der Vergangenheit aber vor allem das Problem gehabt mich im Kreis politisch aktiver Menschen nicht wohl zu fühlen. Weitverbreiter Hang zur Selbstdarstellung, Dogmatismus, Networking sind ein paar der Phänomene die mich nach wiederholten Versuchen immer wieder aufgeben ließen.

P.S.: Würstchen = Totes Tier von Menschen in Form gebracht. Die Gabel wird dann meist auch noch von einem Menschen reingepiekst. "Man muss" :wink: ja nicht seinen eigenen Avatar schön finden, sondern kann auch durch Bilder kritische Fragen stellen. Falls mein Avatar jedoch Menschen verletzen sollte bin ich gern bereit ihn zu ändern.

Ich selbst esse übrigens nur noch recht selten Fleisch. Durch den Konsum von Käse und anderen Milchprodukten bin ich allerdings immernoch an viel tierischem Leid schuld.
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Julia » Do 8. Apr 2010, 16:43

Erwin hat geschrieben:Darüber hinaus habe ich in der Vergangenheit aber vor allem das Problem gehabt mich im Kreis politisch aktiver Menschen nicht wohl zu fühlen. Weitverbreiter Hang zur Selbstdarstellung, Dogmatismus, Networking sind ein paar der Phänomene die mich nach wiederholten Versuchen immer wieder aufgeben ließen.

Ja, Menschen sind halt nicht perfekt, aber wenn es um die Sache geht, kann man ruhig mal ein Auge zudrücken, finde ich. Was ich bei unserer Tierrechtsgruppe zum Beispiel ganz lustig finde ist, dass das sehr engagierte Leute sind, die kein Problem damit haben ihre Freizeit und ihren Schlaf zu opfern, wenn es darum geht stundenlang Transparente zu malen, an Infoständen zu stehen oder vegane Schnitzel anzubraten, aber wenn dann eine Rede gehalten werden soll oder ein Interview gegeben werden muss, dann findet sich kaum jemand, der das freiwillig macht. Also Selbstdarsteller sind das jedenfalls eher nicht.
Was du mit Networking meinst und was daran schlecht sein soll, verstehe ich auch nicht ganz.

Erwin hat geschrieben:Falls mein Avatar jedoch Menschen verletzen sollte bin ich gern bereit ihn zu ändern.

Ich glaube dein Avatar verletzt eher nichtmenschliche Tiere. ;)
Benutzeravatar
Julia
 
Beiträge: 860
Registriert: Di 24. Feb 2009, 10:57

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » Fr 9. Apr 2010, 08:34

Vielleicht sind mir auch aus Neid immer nur sich profilierende Gruppen politisch aktiver Menschen ins Auge gefallen. Ich wollte nicht pauschalisieren.

Networking bedeutet für mich das zweckbezogene Eingehen und Verwalten zwischenmenschlicher Bindungen. Wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind ist das sicherlich ein akzeptables Arrangement. Mir macht das einfach keinen Spaß. Außerdem festigt es (jedenfalls nach meiner derzeitigen Überzeugung) soziale Hierarchien.

Zum Avatar nochmal: Ich denke die meisten Tiere besitzen nicht das Abstraktionsvermögen um in der Wurst auf dem Computerbildschirm die etwaigen Überreste eines Artgenossen zu erkennen. Daher werden Tiere wohl auch nicht direkt verletzt sein. Vielmehr könnten Fürsprecher eben dieser Tiere provoziert sehen. Wobei Provokation sicherlich noch akzeptabel wäre - nur kränken, verletzen o.ä. will ich damit nicht.
Die Wurst ist für mich subtile Selbstkritik. Alternativ (wenn auch weniger subtil) hätte ich z.B. ein KZ-Krematorium oder ein Huhn in einer Legebatterie nehmen können.
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon xander1 » Fr 9. Apr 2010, 09:11

Wenn du auf eine andere Art Einfluss nehmen möchtest, dann brauchst du Tugenden, wie z.B. Mut zur Wagnis, wenn du ein großer Künstler werden möchtest, wenn du Unternehmer werden möchtest.

Wenn du Forscher werden möchtest brauchst du vor allem Intelligenz und ein Studium, das gleiche gilt dafür Philsosoph zu werden.

Von nichts kommt nichts. Auch um Musiker zu werden, brauchst du viel Übung und Geschick und du musst dich vermarkten können.

Da gibt es noch eine Variante, die du wirklich mal probieren kannst: VLogger zu werden auf youtube, wenn du wirklich interessante Themen hast und dich gut repräsentieren kannst mit einigem Aufwand, dann bekommst du auch Zuschauer.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » Fr 9. Apr 2010, 10:24

Die Fähigkeit der eigenen Vermarktung scheint notwendig zu sein um Einfluss erlangen zu können - als Unternehmer, Künstler und auch in der Wissenschaft. Ich erachte es aber als äußerst schwierig in meinem seit Jahren andauernden Prozess der "Wegfindung" überhaupt eine Konstante festzustellen (persönlich, inhaltlich und auch ganz formal), die man vermarkten könnte. Ich denke so weit bin ich einfach noch nicht. Aber vielen Dank für deine Vorschläge!

Intelligenz und die Rolle des universitären Studiums in unserer Gesellschaft sind zwei weite Felder. Mit ersterem habe ich mich noch kaum auseinander gesetzt.

P.S.: Nachtrag zu "man muss": Natürlich stimmt es, dass äußere Rahmenbedingungen allen Individueen in einer Gesellschaft gewisse Zwänge auferlegen können. Es kann also durchaus Bedingungen geben unter denen "man muss [...] um". Relativiert werden sollte der Ausdruck aber vor allem um den Ursprung des geäußerten Zwangs offenzulegen. Oder anders: "Man muss sich die Zähne putzen." finde ich unzulänglich. Eieiei... *Korinthenkack* :irre:
Bei dir war das "um zu" im Nachhinein doch zwischen den Zeilen zu lesen - habe also wohl etwas borniert reagiert. Entschuldigung.
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Julia » Fr 9. Apr 2010, 20:12

Erwin hat geschrieben:Networking bedeutet für mich das zweckbezogene Eingehen und Verwalten zwischenmenschlicher Bindungen. Wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind ist das sicherlich ein akzeptables Arrangement. Mir macht das einfach keinen Spaß. Außerdem festigt es (jedenfalls nach meiner derzeitigen Überzeugung) soziale Hierarchien.

„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“
Wie ich diesen Satz ergänzen würde, brauche ich wohl nicht mehr erwähnen. Aber gut, diesem Ideal entspricht natürlich keiner und ich finde das nicht mal verwerflich, solange die Interessen des Gegenübers nicht vollkommen übergangen werden. Auch in einer Freundschaft hat der Freund einen Zweck, den Zweck, dass man nicht alleine sein muss, dass man jemanden hat, der einen unterstützt, dass man jemanden hat, den man mit seiner Zuneigung überschütten kann etc. Solange man dann aber auch selber etwas bietet, sehe ich das Problem nicht wirklich.

Erwin hat geschrieben:Die Wurst ist für mich subtile Selbstkritik.

Der Satz gefällt mir, so aus dem Zusammenhang gerissen.
Benutzeravatar
Julia
 
Beiträge: 860
Registriert: Di 24. Feb 2009, 10:57

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon Erwin » So 11. Apr 2010, 11:56

Julia hat geschrieben:
Erwin hat geschrieben:Die Wurst ist für mich subtile Selbstkritik.

Der Satz gefällt mir, so aus dem Zusammenhang gerissen.

:^^:

...um den Thread nicht völlig meiner Person zu widmen (wollte mich schließlich "nur" vorstellen) ganz kurz noch: Zwischenmenschliche Interaktion ist bei mir meist sehr emotional. Bewusstes Management meiner Bekanntschaften fällt mir da sehr schwer.
Benutzeravatar
Erwin
 
Beiträge: 15
Registriert: Di 30. Mär 2010, 13:43

Re: Gruß aus Norddeutschland

Beitragvon stine » So 11. Apr 2010, 12:45

Erwin hat geschrieben:Bewusstes Management meiner Bekanntschaften fällt mir da sehr schwer.
Wem sagst du das...
Dazu bin ich leider auch nicht fähig.

Sei gegrüßt von stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Nächste

Zurück zu Das Leben, das Universum und der ganze Rest

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 27 Gäste