Kollektives Bewusstsein

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Kollektives Bewusstsein

Beitragvon stine » Mi 15. Jun 2011, 06:27

Noch nie war es so klar wie im Zeitalter des Internets:
Wir haben ein kollektives Bewusstsein!
Bits und Bytes sind sozusagen die Kristalisation eines bisher nur vage gedachten Phänomens. Über Netzwerke wie Facebook funktioniert die ganze Welt. Nicht die großen Politiker und nicht die großen Wissenschaftler verändern die Welt und das öffentliche Bewusstsein eines ganzen Volkes, nein - das Bewusstsein des Volkes schöpft sich aus sich selbst, schafft sich Raum und verändert das Leben miteinander.
Man kennt sich nicht mehr persönlich, man weiß nicht, wie der andere aussieht, aber man weiß, was er denkt und was er fühlt. Im Gegensatz zu früher ist das ehrlicher und informativer. Die äußere Hülle ist im Zeitalter des Geistes nur noch Herberge für elektromagnetische Wellen.

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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 15. Jun 2011, 11:55

stine hat geschrieben: man weiß, was er denkt und was er fühlt.
"tausende" Missverständnisse der textlichen Kommunikation via Web zeigen, man glaubt nur zu wissen, was der andere denkt und fühlt.

stine hat geschrieben:Die äußere Hülle ...
Ach wo ...

Nimm - als Beispiel - ein männerdominiertes IT-Hilfeforum (Achtung! Nicht alle IT-Hilfeforen sind wirklich männerdominiert, es mag nur so scheinen):
a) Erstelle dir den Forennutzernamer "Heinrich Albern", nimm als Avatar (Forenbildchen) ein Bild von "Rocky", stelle fehlerhaft und unbeholfen eine IT-Frage und "unterschreibe" mit "Heinz"
b) Erstelle dir den Forennutzernamer "Juliane92", nimm als Avatar (Forenbildchen) ein Bild von - ja genau - der "fabelhaften Amélie" :up: , stelle fehlerhaft und unbeholfen eine IT-Frage und "unterschreibe" mit "Julchen"

Die äußere Hülle zählt, sie wird bei einigen (nicht bei allen) deutlich anschlagen.
Und "jeder" hat seine eigenen "Auslöser", genau wie auch im "echten Leben".
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon stine » Mi 15. Jun 2011, 12:29

Das ist ja ein gutes Beispiel fürs Tarnen und Täuschen.
Ich kann mir auch ohne den praktischen Versuch gut vorstellen, welche Antworten die jeweilige Anfrage hervorufen. :mg:

Aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass eben alles ohne "körperliche Präsenz" passieren kann. Wir tarnen und täuschen oder verschwinden in unserer Geisteswelt. Es kann sogar so sein, dass wir unser Äußeres dadurch viel besser dem Inneren anpassen können. Nimm einen Mann, der sich als Frau fühlt oder umgekehrt. Genau hier ist es endlich machbar, sein Äußeres dem Inneren so anzupassen, wie man wahrgenommen werden möchte. Also imgrunde doch die wahre Sicht auf die Person?
Sind wir unser Inneres oder unser Äußeres?

Übrigens, ich bin in echt wirklich eine Frau!
Ob man das aus meinen Beiträgen rauslesen kann?
=) stine
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 15. Jun 2011, 12:40

stine hat geschrieben:Ob man das aus meinen Beiträgen rauslesen kann?
Ich bild mir's ein :mg:

stine hat geschrieben:Nimm einen Mann, der sich als Frau fühlt oder umgekehrt. Genau hier ist es endlich machbar, sein Äußeres dem Inneren so anzupassen, wie man wahrgenommen werden möchte.
Ja, im Guten wie im Schlechten. Und da das Regulativ der Optik - was gut aber auch sehr schlecht sein kann - fehlt, kann man "alles" sein - soweit der jeweils spezifische Intellekt von einem selber und der anderen eben reicht.
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon ganimed » Mi 15. Jun 2011, 18:18

stine hat geschrieben:das öffentliche Bewusstsein eines ganzen Volkes

Also ich treffe hier im Forum und in zwei oder drei anderen Gegenden des Internet, die ich öfter mal besuche, alles in allem vielleicht 50 Leutchen. Von den meisten lese ich nur ein paar Zeilen pro Monat, wenn überhaupt, und präge mir von manchen Leuten den Avatar ein. Für einige baue ich vermutlich eine Art Repräsentation im Hirn auf, ich erkenne sie später wieder und erinnere mich an ein paar Themen und Aussagen der Person aus der Vergangenheit. Aber alles in allem erscheint mir das in Quantität und Qualität doch eher sehr wenig und oberflächlich. Ich kenne nicht die Leute sondern nur deren fragmentarische Repräsentation in meinem Weichhirn.

Wer behauptet, auch nur annähernd ein ganzes Volk getroffen und kennengelernt zu haben, oder auch nur ein Gefühl für die Anzahl der Leute entwickelt zu haben (wer kann sich wirklich 80 Millionen Menschen vorstellen?) ist ein Wirrkopf oder Aufschneider.

Ich stamme von müden alten Steinzeitonkels ab, die sich mit Mühe und Not die Namen und Gewohnheiten ihrer 30 Sippenmitglieder merken konnten. Vom Begriff Volk habe ich mal gehört aber das scheint doch ein eher abstrakter Begriff. Das Internet erlaubt es, dass man auf virtuelle Sippen treffen kann. Leute und ihr Bewusstsein kennnenzulernen kostet hingegen Zeit und es braucht mehr als ein paar oberflächliche Kommentarzeilen und "Finde ich gut"-Votes. Wer auf Facebook mehr als 30 Freunde hat, kennt seine Freunde vermutlich gar nicht.

Aber natürlich kann man bestimmte gesellschaftliche Phänomene (Zeitgeist, Strömungen, unbewusste Beeinflussung des Einzelnen durch Massenphänomene, kulturelle Gepflogenheiten und Regeln) als eine Art Bewusstsein des Volkes interpretieren. Aber da sind Massenmedien eher bestimmend und mehr oder minder obskure Inselgrüppchen im Internet inklusive Facebook spielen da wohl eher keine Rolle. Dann schon eher die Newsseiten als wenig interaktives Massenmedium im Internet.
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon Arathas » Mi 15. Jun 2011, 18:58

Das zeigt sich auch sehr gut, wenn man öfter mal auf Usertreffen gewesen ist. Viele Menschen sind privat völlig anders als in Foren. Schreiben ist eben doch nicht das gleiche wie miteinander reden, und es gibt sogar Leute, die bringen auf einem kompletten zweitägigen Treffen nicht mehr als insgesamt 5 Wörter raus (und das auch nur auf Nachfrage), füllen aber ganze Seiten mit ihren Postings ...
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon stine » Mi 15. Jun 2011, 20:23

Arathas hat geschrieben:... und es gibt sogar Leute, die bringen auf einem kompletten zweitägigen Treffen nicht mehr als insgesamt 5 Wörter raus (und das auch nur auf Nachfrage), füllen aber ganze Seiten mit ihren Postings ...
Das sind die wahren Denker! :^^:

ganimed hat geschrieben:Wer behauptet, auch nur annähernd ein ganzes Volk getroffen und kennengelernt zu haben, oder auch nur ein Gefühl für die Anzahl der Leute entwickelt zu haben (wer kann sich wirklich 80 Millionen Menschen vorstellen?) ist ein Wirrkopf oder Aufschneider.
Das kann auch sicherlich niemand von sich behaupten, aber in Kommunities, wie Facebook zB, können Trends viel schneller global verbreitet werden. Wo früher die Heimatpresse bis an die Grenze des Stadtgebietes oder des Bundeslandes reichte (nur die BILD erscheint deutschlandweit), werden sie heute global übers Netz von einem zum anderen gereicht. Und das an nur einem Abend.
Das ist sicherlich auch generationsabhängig. Die Jungen handeln das anders und umfangreicher als die Alten. Hat zB mal ein Youtube Video Zuspruch erfahren, so ist es in kürzester Zeit 120000 x angeklickt, da kann man nicht sagen, dass das noch Zufall ist.

Mit der Freund- und Freundesangabe in Facebook kann man schnell mal, nur um drei Ecken sozusagen, über den ganzen Erdball kommunizieren. Andere Netzwerke sind ähnlich.
Es wird gemunkelt, dass durch Facebook die Aufstände im gesamten nahen Osten organisiert werden. Das kollektive Bewusstsein hat somit seinen "Körper" gefunden.

LG stine
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon platon » Mi 15. Jun 2011, 20:41

Kannst Du mal etwas klarer definieren, was bei Dir "kollektives Bewußtsein" bedeutet? Irgendwie habe ich auch nach mehrmaliger Benutzung des Begriffs durch Dich noch nicht den leistesten Schimmer, was Du damit meinst.
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon stine » Mi 15. Jun 2011, 22:14

Naja, so ganz ehrlich gesagt habe ich darüber noch gar nicht detailiert nachgedacht.
Ich weiß, dass dieses Thema ganz schnell in die Esoterikkiste geschoben werden kann, aber ich meine nicht die Parapsychologie, Telepathie oder Fernwahrnehmung, sondern ich denke dabei an die Summe der Icherfahrungen und die Weitergabe der geistigen Eindrücke untereinander. Durch das Zusammenführen der vielen geistigen Eindrücke entsteht ein riesiger Informationshaufen der alles und jeden beeinflusst. Vielleicht sollte es besser kollektives Wissen heißen.

Das kollektive Bewusstsein wurde an anderer Stelle so beschrieben:

"Bewusstsein kann man sagen, ist das resultierende Produkt des ganzheitlichen Funktionierens des Nervensystems – eine Ganzheit, die aus der Summe ihrer Teile entsteht, die aber doch mehr als die Summe dieser Teile ist. Offensichtlich kann man sich Bewusstsein sehr leicht als ein Feld vorstellen. Jedes Teil des Nervensystems beeinflusst das Gesamtsystem.
Fasst man das Bewusstsein jedes Menschen als Feld und soziale Systeme als eine Ansammlung von Feldern auf, so wird verständlich, warum Wissenschaftler, welche die gesellschaftlichen Auswirkungen der Erfahrung reinen Bewusstseins untersucht haben, ihre Ergebnisse in Begriffen eines >Feldes kollektiven Bewusstseins< interpretieren.
Wenn jedoch im allgemeinen von Bewusstsein die Rede ist, so ist meist individuelles Bewusstsein gemeint. Wir schreiben es jedem Menschen zu. Aber wir neigen eher dazu, das Bewusstsein jedes Menschen als getrennt vom anderen zu sehen – ebenso wie Kugeln auf dem Billardtisch- und meinen, dass sich Menschen im sozialen Feld nur durch konkreten sozialen Kontakt, wie etwa durch Sprache, gegenseitig beeinflussen können.
Durch soziologische Forschungsergebnisse wird allerdings einsichtig, dass sich menschliches Bewusstsein eher wie ein Feld kollektiven Bewusstsein verhält.
Anstatt das Bewusstsein eines einzelnen von demjenigen eines anderen getrennt zu betrachten, scheinen sich vielmehr die Felder, die von getrennten Nervensystemen erzeugt werden, sich gegenseitig durchdringen zu können, und schaffen dadurch ein neues, überlagertes Feld, nämlich das Feld des Kollektivbewusstseins.
Denken Sie dabei nur mal an Begriffe wie Massenhysterie oder das Verhalten bei großen Menschenansammlungen wie z. B. bei Demonstrationen oder bei Sportveranstaltungen.
Einige Forscher, z. B. C. G. Jung, sind zu ähnlichen Erkenntnissen gekommen.
Die Konzepte zur Erklärung der soziologischen Veränderungen hängen eng mit den neuesten Erkenntnissen der Feldtheorien (Quantenfeldtheorien) der modernen Physik zusammen."


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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon Myron » Do 16. Jun 2011, 01:16

stine hat geschrieben:Das kollektive Bewusstsein wurde an anderer Stelle so beschrieben:
"Durch soziologische Forschungsergebnisse wird allerdings einsichtig, dass sich menschliches Bewusstsein eher wie ein Feld kollektiven Bewusstsein verhält.
Anstatt das Bewusstsein eines einzelnen von demjenigen eines anderen getrennt zu betrachten, scheinen sich vielmehr die Felder, die von getrennten Nervensystemen erzeugt werden, sich gegenseitig durchdringen zu können, und schaffen dadurch ein neues, überlagertes Feld, nämlich das Feld des Kollektivbewusstseins.


Ein überindividuelles, gemeinschaftliches Bewusstseinsfeld halte ich für reine Fiktion. Bewusstsein und Intentionalität sind an individuelle Organismen gebunden. Es gibt nur mein und dein Bewusstsein, aber nicht unser Bewusstsein. Wir sind bewusstseinsmäßig vollständig voneinander getrennt, d.h. kein Inhalt deines Bewusstseins ist Teil meines Bewusstseinsinhaltes und umgekehrt. (Wir können zwar den gleichen Gedanken denken, aber nicht denselben.) Was es gibt, ist eine kollektive Intentionalität, die in Form des Personalpronomens "wir" zum Ausdruck kommt. Ein solches Wir-Bewusstsein ("Wir denken/wollen/glauben/beabsichtigen/machen…") ist jedoch Teil der jeweiligen Einzelbewusstseine. Meine Wir-Gedanken und Wir-Gefühle kommen ausschließlich in meinem Körper vor, und du hast sie ebenso wenig wie ich die deinigen.

Bild

http://www.iep.utm.edu/coll-int
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon stine » Do 16. Jun 2011, 06:29

Myron hat geschrieben:Bild

http://www.iep.utm.edu/coll-int

Zitat:
"Meine Absicht leitet meine täglichen Aktivitäten, meine Wünsche bauen eine Vielzahl von Möglichkeiten auf und erleichtern damit die künftige Gleichschaltung meiner selbst mit mir und anderen um mich herum. Wir wissen, dass nicht das Alleinhandeln, sondern die Gleichschaltung mit anderen, interessante Themen hervorbringt und die Möglichkeit der kollektiven Absichten erhöht. Viele Philosophen glauben, dass individuelle Absichten allein das kollektive Handeln nicht erklären und gemeinsames Handeln erfordert gemeinsame Absichten."

Wenn ich das richtig verstanden habe,dann ist es das, was ich meine.
Der Soziologe David Émile Durkheim hat das ebenso verstanden.

Und meine Meinung dazu ist, dass das Internet ein Massengleichrichter ist. Mehr, als eine Presse das je könnte. Es scheint persönlicher zu sein und bietet aktive Teilnahme.

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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon ganimed » Do 16. Jun 2011, 14:05

meine Wünsche bauen eine Vielzahl von Möglichkeiten auf und erleichtern damit die künftige Gleichschaltung meiner selbst mit mir und anderen um mich herum

Wünsche erleichtern die Gleichschaltung? Häh? Wieso das denn? Was ist mit der Gleichschaltung von wunschlos glücklichen? Ist die unmöglich?

Viele Philosophen glauben, dass individuelle Absichten allein das kollektive Handeln nicht erklären und gemeinsames Handeln erfordert gemeinsame Absichten.

Ich finde, individuelle Absichten erklären kollektives Handeln sehr gut. Sind die individuellen Absichten in etwa gleich, dann kommt auch das gleiche Handeln dabei heraus und 120000 Leute drücken auf denselben YouTube-Knopf. Toll. Aber wie viele Leute lesen/sehen täglich dieselben Nachrichten, werden in ähnlicher Weise emotional beeinflusst. Das sind viel viel viel viel mehr als 120000. Und das ergibt ein quasi kollektives Volksempfinden, das man bis Berlin spürt und dann wird flugs aus der Kernkraft ausgestiegen. Mit Facebook wäre das nicht gegangen.

stine hat geschrieben:Wo früher die Heimatpresse bis an die Grenze des Stadtgebietes oder des Bundeslandes reichte (nur die BILD erscheint deutschlandweit), werden sie heute global übers Netz von einem zum anderen gereicht.

Die paar wichtigen Nachrichten eines Tages durchdringen fast alle Blätter und Netzauftritte von Blättern. Es geht nicht um das Verbreitungsgebiet von einzelnen Zeitungen, sondern um das Verbreitungsgebiet der Massenmedien insgesamt. Interaktive Internetnischen sind im Vergleich dazu vernachlässigbar.
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon stine » Do 16. Jun 2011, 14:38

ganimed hat geschrieben:Es geht nicht um das Verbreitungsgebiet von einzelnen Zeitungen, sondern um das Verbreitungsgebiet der Massenmedien insgesamt.
Eben. Darum geht es mir auch.
ganimed hat geschrieben:Interaktive Internetnischen sind im Vergleich dazu vernachlässigbar.
Das wäre auch nur als ein Teilaspekt zu sehen.

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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon mat-in » Mi 22. Jun 2011, 09:38

Müßte für ein Kollektiv nicht so etwas wie eine gegenseitige Einflußnahme stattfinden? Ich dachte das Internet sei dazu da, anderen seine Meinung zu sagen, an Stellen wo viele Leute ihre Meinung sagen (Twitter, Foren, Friendface, etc.). Dort findet man dann Menschen mit der gleichen Meinung und ignoriert oder beschimpft Leute mit anderer Meinung und danach ist alles wie es ist.
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon stine » Mi 22. Jun 2011, 14:33

mat-in hat geschrieben:...danach ist alles wie es ist.
Das habe ich erst auch gedacht, aber in der Anwendung sieht es so aus, dass gegenteilige und andersartige Meinungen immer mitgelesen und damit auch wahrgenommen werden, ohne dass dies mancheiner selber wahrhaben möchte. Das widerrum führt zur gesteigerten Auseinandersetzung mit einem Thema. Öffentliche Medien neigen nicht selten dazu, den oft selbsterfundenen Zeitgeist zu veröffentlichen und den Lesern und Zuhörern eine Meinung überstülpen zu wollen, von der sie denken, dass es die Volksmeinung sein sollte. Und alle Leser und Zuhörer, die nicht dieser (Volks)Meinung sind denken sich, sie wären alleine mit ihrer Ansicht, weil sie den ähnlich Denkenden nicht wahrnehmen können.
Die Internetschreiberlinge dagegen verwehren sich oft gegen eine sogenannte "Volksmeinung" und erreichen damit, dass sich gleichgesinnte Andersdenkende (egal jetzt von was abweichend) wieder unterstützt fühlen. Die Meinungsvielfalt, egal zu welchem Thema, hat eins für sich: Es wird diskutiert und zwar überregional!
Was zur Folge hat, dass man das kollektive Bewusstsein über ein Thema sensibilisiert, was sonst in dieser Größenordnung nicht stattfinden würde. Das alte Stammtischmodell ist doch meist sehr regional begrenzt. Und nicht selten hat auch dort ein Platzhirsch das letzte Wort.

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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon musicman » Mi 22. Jun 2011, 19:54

stine hat geschrieben:Das alte Stammtischmodell ist doch meist sehr regional begrenzt. Und nicht selten hat auch dort ein Platzhirsch das letzte Wort.

LG stine


Prinzipiell hast Du recht, aber das mit dem Platzhirsch ist in Internetforen nicht anders, die haben fast alle einen mainstream zu bestimmten Themen, wenn jemand damit nicht konform geht, steht der Zwölfender ruck zuck da und zeigt sein Geweih

Geh mal ins fgh und sag Harz 4 ist nicht zu niedrig oder zu den Esoterikern und zweifle die Wirkung von Bachblüten an, dann wird es lustig :mg:

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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon Lumen » Mi 22. Jun 2011, 20:29

ganimed hat geschrieben:
stine hat geschrieben:[...] Ich stamme von müden alten Steinzeitonkels ab, die sich mit Mühe und Not die Namen und Gewohnheiten ihrer 30 Sippenmitglieder merken konnten. Vom Begriff Volk habe ich mal gehört aber das scheint doch ein eher abstrakter Begriff. Das Internet erlaubt es, dass man auf virtuelle Sippen treffen kann. Leute und ihr Bewusstsein kennnenzulernen kostet hingegen Zeit und es braucht mehr als ein paar oberflächliche Kommentarzeilen und "Finde ich gut"-Votes. Wer auf Facebook mehr als 30 Freunde hat, kennt seine Freunde vermutlich gar nicht.[...]


150. Die magische Zahl lautet 150, oder griffiger: Dunbar-Zahl. Kommt auch eher hin, wenn man bedenkt, dass man seine Klassenkameraden, Freundeskreis, Familie und andere Leute auch noch ganz gut kennen konnte. Wobei "kennen" natürlich ein dehnbarer Begriff ist ;)

Es gibt aber verschiedene Effekte, wie sich Menschen gegenseitig beeinflussen, Meinungen hochschaukeln oder sich unbewusst in entgegengesetzte Richtungen verschieben. Das veröffentlichen von gegenteiligen Ansichten kann paradoxerweise eigene Meinungen bestärken und dann gibt es noch die üblichen Verdächtigen von kognitiver Dissonanz und Rückschaufehlern und so weiter. Es kann sein, dass ein Thema wichtig wird, weil es wichtig gemacht wird und das kann wiederum Strömungen in die Gegenrichtung lostreten die dadurch, weil ein Thema wichtig gemacht wurde, "extra" gegensteuern, also ihrerseits unbewusst übertreiben. Auch die Beschäftigung mit einem Thema, vielleicht angestoßen durch Medien, kann es vergrößern und wichtig erscheinen lassen ...

Ich würde daher zwar nicht von kollektiven Bewusstsein sprechen, aber durchaus von einer Art Medium (z.B. "Die Öffentlichkeit"), wo sich Meinungen und Gegenmeinungen gegenseitig beeinflussen; Interferenzen und Verwirbelungen bilden und in der Rückschau vielleicht sowas wie eine dialektische Entwicklung ausgemacht werden kann.
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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon stine » Do 23. Jun 2011, 17:48

musicman hat geschrieben:Geh mal ins fgh und sag Harz 4 ist nicht zu niedrig oder zu den Esoterikern und zweifle die Wirkung von Bachblüten an...
Es geht mir gar nicht darum, dass am Ende alle einer Meinung sind, sondern es geht darum, dass der Meinungsaustausch im großen (teilweise sogar im globalen) Stil stattfindet. Überregional eben. Ein großer geistiger Ballon mit vielen Meinungen, aber alle in einem Topf.

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Re: Kollektives Bewusstsein

Beitragvon ganimed » Sa 23. Jul 2011, 10:15

Lumen hat geschrieben:Ich würde daher zwar nicht von kollektiven Bewusstsein sprechen, aber durchaus von einer Art Medium (z.B. "Die Öffentlichkeit"), wo sich Meinungen und Gegenmeinungen gegenseitig beeinflussen; Interferenzen und Verwirbelungen bilden

Das klingt vernünftig. Die Frage ist nun, ob dieses Medium durch das neue Internet eine neue Qualität bekommt. Ändert sich im Grundsatz an den Mechanismen dieses Mediums etwas, wenn viele Leute auf Facebook denken, dass sie sehr viele Leute kennen würden und wenn sie sich einer sozialen Vernetzung möglicherweise bewusster sind als früher ohne Internet?

stine hat geschrieben:Es geht mir gar nicht darum, dass am Ende alle einer Meinung sind, sondern es geht darum, dass der Meinungsaustausch im großen (teilweise sogar im globalen) Stil stattfindet.

In einem Esoteriker-Forum treffen sich nur Esoteriker und ein Meinungsaustausch wird durch eine solche Cliquen-Bildung eher verhindert als gefördert. Wann bekomme ich im Internet denn mal Gelegenheit, mich mit einer völlig fremden Meinung auseinander zu setzen? Hier im brights Forum jedenfalls nicht, da denken doch alle wie ich, bis auf die paar nuancierten Detailfragen, über die wir hier die ganze Zeit reden.
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