Idee einer Argumentationssoftware

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Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon xander1 » So 31. Jul 2011, 17:40

Angeregt durch den Vorschlag hier im Forum Symbole der Aussagenlogik zu verwenden, bin ich auf folgende Idee gekommen.

Man könnte doch eine Diskussionssoftware entwickeln, mit der man über Logische Denkketten argumentieren könnte, und das per Drag'n Drop zusammenclicken. Man müsste sozusagen seinen Text nicht nur formulieren sondern etwa programmieren. So etwas lässt sich mit der Prädikatenlogik realisieren. Dann müsste man noch mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten und man Bräuchte Hierarchien oder Graphen mit Objekten die die zu behandelten Informationen darstellen. Kurzum sogenannte Datenstrukturen.

Für normale Diskussionen eignet sich so etwas nicht, aber wenn es um komplexe Sachverhalte oder Ideen oder Zukunfsperspektiven geht, dann könnte man damit große Gedankengebäude errichten, deren Wahrheitsgehalt mathematisch beweisbar sein können.

Ich könnte so etwas theoretisch konzipieren und programmieren, jedoch will ich diese Idee hier zunächst zur Diskussion anbieten, um Meinungen und Anregungen zu erfragen. Der Nachteil so einer Software wäre die sehr langsame und anstrengende Art solche Texte zu formulieren. Man müsste bei jedem bisschen jedes Wort in eine Definitionsstruktur einordnen. Jedoch würde die Nutzung so einer Software das eigene Denken und Schlussfolgern und Definieren trainieren. Außerdem könnte man berühmte Werke von bekannten Denkern in so ein Datenformat konvertieren. Das wäre jedoch wahrscheinlich aufwändiger, als es in eine andere Sprache zu übersetzen.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon mat-in » So 31. Jul 2011, 18:48

Funktioniert das denn? Man Diskutiert ja auch mal mit Mitteln wie... dem verallgemeinern, übertreiben und ad-ad absurdum führen eines Argumentes, um das eigentliche Argument zu entkräften, obwohl man nur absurde sonderfälle anführt... oder indem man schlußfolgerungen implizit statt eplizit darstellt... usw. (siehe: Eristische Dialektik, NLP, usw.). Das wäre alles Formallogisch dargestellt wohl etwas ... unnütz?
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon xander1 » Mo 1. Aug 2011, 12:40

mat-in hat geschrieben:verallgemeinern, übertreiben und ad-ad absurdum führen eines Argumentes

Alles das außer vielleicht übertreiben würde mit Prädikatenlogik funktionieren. Für das Übertreiben müsste man noch die Datenstruktur Menge oder Anzahl hinzufügen und vielleicht die Prädikatenlogik an sich leicht verändern.

Mit Prädikatenlogik zweiter Stufe wird etwas über die Prädikatikatenlogik also erster Stufe ausgesagt. Nur das behandle ich erst in Zukunft.

Für Diskussionen mit mehreren Teilnehmern wäre ein diff-Algorithmus nicht schlecht, er anzeigt wie die andere Argumentationsstruktur verändert worden ist. Das ist nicht einfach zu lösen, aber machbar.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon ganimed » Mo 1. Aug 2011, 13:15

Ich habe wenig Ahnung von dieser Thematik. Nur ein Bauchgefühl. Dieses sagt mir, dass die Überführung von Gedanken und Ideen in diese Datenstruktur das Problem sein könnte. Das oder das Aufstellen der genauen Definitionen. Vielleicht schafft es die Software, Diskussionen zu entscheiden, wenn Definitionen und Daten vorliegen. Aber was ist mit den zahllosen ebenso hartnäckigen Diskussionen, die sich darum spinnen werden, wie etwas definiert werden muss und wie etwas in welche Objekte mit welchen Prädikaten darzustellen wäre. Die Software schlichtet also vermutlich nur 5% der Diskussionen. Das ist viel zu wenig, um den Aufwand der Überführung zu rechtfertigen, denkt mein Bauch. Es sei denn, man will in Wirklichkeit nicht Diskussionen entscheiden und Wahrheiten finden, sondern sich ohnehin einfach nur mit Logik und Kalkülen beschäftigen. Dann könnte es sich lohnen.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon mat-in » Mo 1. Aug 2011, 17:02

Die Frage ist - wenn die Software ein ergebniss ausspucken soll: Wie wird welche Art Argument bewertet? Gegeneinander abgewägt? Auf wahrheitsgehalt geprüft?
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon xander1 » Di 2. Aug 2011, 11:13

@ganimed:

Es bleibt doch jedem selbst überlassen welche Definition er oder sie verwendet. Wenn jemandem ein Ergebnis wichtig ist, das korrekt ist, dann wählt er auch keine Definition die weit von der offiziellen Definition entfernt ist. Aber zum Beispiel Christen definieren gerne das Wort Religion um, damit sie ihren christlichen Glauben nicht als Religion bezeichnen müssen und sind damit aus dem Schneider.

Sollte sich also ein Diskussionspartner als einer erweisen, der kein ernsthaftes Interesse hat auf die richtige Lösung zu kommen oder als einer der nur irrational denken kann, dann sollte er auch nicht Diskussionspartner sein. Da könnte man besser mit einer Wand reden.

Wenn man mit der Definition von Kaffee nicht einverstanden ist, dann redet man einfach in Zukunft von Kaffee 1 und Kaffee 2.

Ansonsten könnte man auch in so einem Programm einen Definitionsfinder erstellen oder Definitionsvergleicher.

@mat-in
Der Wahrheitswert der Definitionen bzw. der Wissensbasis kann nicht überprüft werden, auf diese muss man sich einigen.
Für die Software sind auch die Zwischenergebnisse wichtig bzw. für die Teilneher. Es soll ein gegenseitiges Gedankengebäude entstehen, für das der Computer das Gerüst ist. Die Bewertung der Argumente kann auf prinzipieller jeden erdenklichen Weise erfolgen. Man muss sich jedoch auf eine Metrik festlegen.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon ganimed » Di 2. Aug 2011, 12:34

Ich vermute aber stark, dass der Kern der meisten Meinungsverschiedenheiten aber genau in unterschiedlichen Interpretationen von Begriffen, in unterschiedlichen Definitionen und Wichtungen liegt. Wenn also 2 Leute sich auf alle Definitionen geeinigt haben, werden sie feststellen, dass sie genau einer Meinung sind. Dann bringt die Argumentationssoftware auch irgendwie nichts mehr. :)

Logik und Wahrheitsfunktionen in allen Ehren, aber in einer real life Diskussion geht es (leider) hauptsächlich um Emotionen und eingefahrene Sichweisen. Ich diskutiere ja sehr gerne, habe aber inzwischen wenig Hoffnung, jemals mal wirklich zu gewinnen. Ich dachte schon oft, ich hätte meinen Gegenüber mit völlig überzeugenden Argumenten überzeugt. Aber entweder die geben das dann nicht zu oder die blocken einfach oder reden einfach weiter wie bisher. Logik zieht nach meiner Erfahrung echt wenig.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon Nanna » Di 2. Aug 2011, 17:34

Ich habe nur wenig Zeit, daher nur ein kurzer Einwurf:

Ich finde die Idee sehr interessant. Ob sie mit derzeitigen technischen Mitteln umsetzbar ist, kann wohl nur ein sehr versierter Programmierer beantworten, ein Höllenaufwand wäre es sicherlich.

Das zentrale Problem der Software wäre aus philosophischer Sicht vermutlich die Formulierung der Prämissen, nach denen etwas bewertet wird. Da es unanfechtbare philosophische und ethische Prämissen nicht gibt, müsste man vielleicht einen Pool an Prämissen bereitstellen und den Nutzer diese gewichten lassen. Das würde zumindest anschaulich darstellen, warum ein Naturalist und ein Christ oder Moslem bei bestimmten Fragen nicht auf einen grünen Zweig kommen, selbst wenn sie beide logisch stringent argumentieren. Wer primär auf Basis der Bibel oder des Korans argumentiert, wird selbst dann völlig andere Schlussfolgerungen ziehen, wenn er logisch korrekt schlussfolgert, als jemand, der Poppers oder Alberts Theorien zum Maß aller Dinge erklärt.

Es gibt aber heute bereits Implementierungen von Ansätzen, die zumindest grob in ähnliche Richtungen zielen, z.B. das BlaBlaMeter, das einen Text auf bestimmte sprachliche Merkmale untersucht und daraus einen Bullshit-Index errechnet, der eine Aussage darüber treffen soll, ob der Text mit leeren Worthülsen aufgeplustert wurde.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon Nanna » Mi 3. Aug 2011, 22:59

Noch was, was mir über den Weg gelaufen ist: Eine Implementierung des Fitch-Kalküls. Diese Software geht im Grunde in die Richtung von dem, was xander1 vorgeschlagen hat.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon xander1 » Do 4. Aug 2011, 11:46

ganimed hat geschrieben:Ich vermute aber stark, dass der Kern der meisten Meinungsverschiedenheiten aber genau in unterschiedlichen Interpretationen von Begriffen, in unterschiedlichen Definitionen und Wichtungen liegt.

Dazu habe ich schon argumentiert. Man verwendet dann einfach 2 Interpretationen. Schließlich sind Definitionen nur Abbildungen von Wirklichkeit.
Wenn Person A den Begriff aus Mengen X,B definiert und Person C den Begriff aus Mengen X,D definiert, dann existieren die Mengen X,D,B in der Realität. Dann müsste man noch diese Mengen definieren etc. Dann entsteht nunmal ein Prozess der gemeinsamen Definitionsgrundlage. Das wäre dann ein eigener Abschnitt in der Software.

ganimed hat geschrieben: Wenn also 2 Leute sich auf alle Definitionen geeinigt haben, werden sie feststellen, dass sie genau einer Meinung sind. Dann bringt die Argumentationssoftware auch irgendwie nichts mehr. :)

Nein das stimmt nicht. In einfachen Fällen mag das sein. Wenn größere Problematiken diskutiert werden, dann kann man eine Implikation schon noch in Frage stellen. Kann man wirklich vom einen auf das andere Folgern? Man müsste praktisch Implikationen infrage stellen und Kriterien finden, wann man folgern kann und wann nicht.

Und bei so einer speziellen Software lässt sich sogar künstliche Intelligenz mit Prolog anwenden. Eine künstliche Intelligenz könnte auf ganz andere Ergebnisse kommen.

ganimed hat geschrieben:Logik und Wahrheitsfunktionen in allen Ehren, aber in einer real life Diskussion geht es (leider) hauptsächlich um Emotionen und eingefahrene Sichweisen.

Ja und ich will die Menschen selektieren, die eingefahren denken und die die richtig denken. Damit letztendlich der gewinnt, der am rationalsten argumentiert. In so einer Art der Diskussion gibt es dann keine irrationalen Provokationen oder Beleidigungen. Man kann natürlich die Dummheit des Gegenübers nachweisen mit Logik.

ganimed hat geschrieben:Logik zieht nach meiner Erfahrung echt wenig.

In so einer Software gibt es aber nichts anderes. Man kann dann nur mit Logik argumentieren.

EDIT:

Aus dem Bereich der Logik sind mir auch die Fuzzy-Logik zumindest bekannt, und dann gibt es auch noch mehrwertige Logiken.
Ob man so etwas realisieren sollte weiß ich nicht.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon Zappa » Do 4. Aug 2011, 19:10

xander1 hat geschrieben: Man könnte doch eine Diskussionssoftware entwickeln, mit der man über Logische Denkketten argumentieren könnte ...


Nicht reden, machen :up:

Wir probieren das hier sicher gerne aus.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon xander1 » Sa 6. Aug 2011, 15:45

Zappa hat geschrieben:Nicht reden, machen :up:


Das könnte ich frühstens bei meiner Masterarbeit machen in 2 Jahren. Davor habe ich keine Zeit dafür. Außerdem ist es dumm als Programmierer von einem größeren Projekt nicht zu planen und einfach zu machen. Die Planungsphase dauert vielleicht 1/3 der gesamten Zeit oder länger in normalen Projekten. Deshalb stelle ich das hier zur Diskussion, um weitere Gedanken einzufangen. Weiterhin ist es dumm einfach zu beginnen, um erst später festzustellen, dass es nichts bringt.

Dann ist mir noch ein größeres Problem aufgefallen, als die hier genannten. In so einer Software würde es keinen Spaß machen zu diskutieren, und es wäre quälend alles zu formulieren. Das könnte schon ein Ausschlusskriterium sein. Sowas erfordert viel Denkarbeit. Man könnte sich daran jedoch gewöhnen.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon abadonna » Mi 10. Aug 2011, 09:57

In so einer Software würde es keinen Spaß machen zu diskutieren


Wäre es nicht möglich einen Parser zu schreiben, um die Ausdrucke der menschlichen Spache in die notwendigen Programmstrukturen umzuwandeln?
Dann wäre es viellecht möglich wirklich mit Drag'n'Drop zu arbeiten, was das System kinderleicht und für den breiteren Kreis zugänglich machen würde.
Wenn es so einfach zu Bedienen wird wie z.B. Scratch (Programmier-Umgebung für Kinder), und gleichzeitig mächtig, wird es IMHO erfolg haben.
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Re: Idee einer Argumentationssoftware

Beitragvon xander1 » Mi 10. Aug 2011, 20:56

So in etwas habe ich mir das auch gedacht, aber das löst das grundlegende Problem nicht.

Das was kein Spaß macht, ist immer zwanghaft logisch denken zu müssen, wenn NUR logische Gedankenkonstruktionen zugelassen sind. Außerdem erschwert es den Gedankenprozess. Man wird nur damit belohnt, dass die Texte schlüssiger sind. Die Wahrheitsfindung wird damit verbessert.
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