Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon Vollbreit » Sa 21. Jul 2012, 15:47

Den Placeboeefekt gibt es nicht nur bei Placebos, sondern bei jeder medizinischen Intervention.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon miranda » Sa 21. Jul 2012, 18:54

Darth Nefarius hat geschrieben:Das hört sich aber nicht nach "gesundem Misstrauen" an, sondern nach Hexenjagd. Was soll überhaupt "unabhängig forschen" bedeuten? Ist dir bekannt, dass jede Forschung finanziert werden muss? Welche Geldquelle ist bitte unparteiisch? Nichtmal der Staat! Und wenn die Forschung an einem Wirkstoff gegen xyz-Krebs nur dadurch finanziert werden kann, dass BASF zu 90% die Gelder stellt, dann soll es trotzdem gemacht werden, anstatt ignorant zu sagen, die Forschung wäre dann nicht unabhängig.

Und Du tust wohl andere Meinungen oberflächlich und arrogant ab. Ich bleibe bei dem was ich gesagt habe. Es gibt Richtungen in der medizinischen Forschung, die eben nicht finanziell unterstützt werden, aus Sorge, dass das positive Ergebnis den Menschen zu sehr helfen könnte und nicht genug Gewinne erziehlt werden können. Ich vertraue da viel mehr auf die Insiderwissen eines Bekannten( Arzt i.d. Forschung tätig),als auf Deine Oberflächlichkeit. Es scheint bei einigen hier eh nur um Dagenreden und Abtun anderer Meinungen zu gehen, als um echte Diskussion.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon Darth Nefarius » Di 24. Jul 2012, 16:39

miranda hat geschrieben:Und Du tust wohl andere Meinungen oberflächlich und arrogant ab.

:(
miranda hat geschrieben:Es gibt Richtungen in der medizinischen Forschung, die eben nicht finanziell unterstützt werden, aus Sorge, dass das positive Ergebnis den Menschen zu sehr helfen könnte und nicht genug Gewinne erziehlt werden können.

Das ist mir bekannt, ich kenne auch konkrete Beispiele, weil ich auch näher am Geschehen bin (z.Bsp. eine effizientere Strahlentherapie in Sachen Krebs). Trotzdem ist daran nicht der Wissenschaftler schuld, sondern die Finanzgeber.
Ich habe sehr genau gelesen, wem du die Schuld gibst:
miranda hat geschrieben:Auch heutige Ärzte sind nicht immer aufs Wohl des Patienten bedacht, sondern auf das Wohl ihres Geldbeutels. Ich habe ein gesundes Misstrauen gegen Ärzte, Apotheker,"Fachleute" und auch gegenüber dem Zustandekommen von Forschungsergebnissen in der Medizin. Wird überhaupt noch unabhängig geforscht? Ich glaube nicht.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon ganimed » Mi 25. Jul 2012, 00:02

Ich habe diesen Thread geduldig gelesen. Aber immer noch nicht verstanden, wo eigentlich ein Problem ist. Ich meine ein wirkliches Problem.

Die Pharmaindustrie will (auch) Geld verdienen? Na und? Solange man die Preise bezahlen kann und die (meisten) Medikamente wirken: besser als wenn die Pharmaindustrie morgen vaporisiert würde. Ist doch eigentlich Käse, das als Problem hinzustellen, dass die Pharmaindustrie nicht perfekt, nicht so wirkungsvoll wie theoretisch möglich und nicht so billig wie altruistisch vielleicht gewünscht wäre ist. Und wer sich in diese Quarkvorwürfe genügend hineinsteigert (ein Freund von mir kann das sehr gut), der hat tatsächlich irgendwann eine solche Hasskappe beim Anblick von Ärzten und Schuldmedizin, dass er einerseits die in keiner Hinsicht besseren Esoterik-Spinner unterstützt und andererseits je nach Krankheit wohl auch nicht geringe Risiken eingeht (wenn eine echte Behandlung hinausgezögert oder sogar unterlassen wird). Eine psychologische Falle, dass man einem riesigen Apparat wie dem Gesundheitssystem seine völlig unvermeidbaren Systemfehler viel zu sehr ankreidet und übersieht, welch riesige positive Wirkung der Apparat aber auch hat. Sozusagen eine verzerrte Wahrnehmung, die ja aktuell wohl sehr in Mode ist.

Ich denke da gerade an Nanna, wie er bei ähnlicher Systemkritik am politischen System manchmal sehr überzeugend argumentiert, dass das aktuelle System zwar relativ schlecht, unbefriedigend, ungerecht, langsam und wirkungslos ist (oder so ähnlich), dass es aber erstmal kein besseres gäbe und wir damit relativ gut fahren. Dasselbe würde ich über das Gesundheitssystem auch denken wollen.

Ihr Kritiker auf hohem Niveau, macht mal ein Denkspiel. Versucht mal, 5 mal positiver über das Gesundheitssystem zu denken als bisher, nur für 5 Minuten, und schreibt mal auf, was alles toll ist am Gesundheitssystem und dass wir heutzutage 15 Jahre älter werden und dass der Blutdruck gesenkt werden kann und dass man im Altersheim medizinisch mit allem versorgt wird und dass die Apothekerkittel so schön weiß sind und dass sie dort auch immer so leckere Lakritzbonbons haben. Nur Mut, die Welt ist voll von sehr sehr positiven Aspekten. Dieser Thread hier war zu voll von negativen. Das Lesen war interessant, zugegeben, aber zieht einen auch ein wenig runter und das Negative geht auch irgendwann auf die Nerven.

Und dann nenn mal einer ein wirkliches Problem.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon stine » Mi 25. Jul 2012, 07:31

ganimed hat geschrieben:Die Pharmaindustrie will (auch) Geld verdienen? Na und?
Diese allumfassende Aussage könnte man als Schlusssatz so stehen lassen.

:^^: stine
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 11:41

ganimed hat geschrieben: Und wer sich in diese Quarkvorwürfe genügend hineinsteigert (ein Freund von mir kann das sehr gut), der hat tatsächlich irgendwann eine solche Hasskappe beim Anblick von Ärzten und Schuldmedizin, dass er einerseits die in keiner Hinsicht besseren Esoterik-Spinner unterstützt und andererseits je nach Krankheit wohl auch nicht geringe Risiken eingeht (wenn eine echte Behandlung hinausgezögert oder sogar unterlassen wird). Eine psychologische Falle, dass man einem riesigen Apparat wie dem Gesundheitssystem seine völlig unvermeidbaren Systemfehler viel zu sehr ankreidet und übersieht, welch riesige positive Wirkung der Apparat aber auch hat. Sozusagen eine verzerrte Wahrnehmung, die ja aktuell wohl sehr in Mode ist.


Vielleicht liegt die verzerrte Wahrnehmung ja auch gerade darin, dass man meint, das Gesundheitssystem sei annähernd perfekt, im Sinne des Menschenmöglichen.
Ich glaube, dass es weit davon entfernt ist.

ganimed hat geschrieben:Und dann nenn mal einer ein wirkliches Problem.


Was würdest Du denn als wirkliches Problem durchgehen lassen, also was wäre für Dich ein wirkliches Problem. Vielleicht kann ich Dir ja eines nennen?
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon ganimed » Mi 25. Jul 2012, 14:28

@Vollbreit: ein Problem wäre ein gesellschaftlicher Missstand, durch den Menschen dauerhaft leiden (psychisch oder physisch) in einem nennenswerten Umfang, ohne dass ein wenig Positivdenken helfen würde.

Stine hat ein wenig gelitten beim Anblick von zu gut ausgestatteten Apotheken, bei der Benutzung einer möglicherweise allergischen Hautcreme und bei dem Gedanken an die nicht perfekte Pharmaindustrie. Aber dieses Leiden ließe sich durch ein positiveres Denken sicher schnell heilen.

Mein Lieblingsproblem in dieser Gesellschaft ist beispielsweise die Umverteilung von unten nach oben, die Kinderarmut, die soziale Ungerechtigkeit, sowas in der Art. Da haben Kinder und andere Menschen mal dauerhaft was auszustehen. Nicht, weil nicht genug Geld da wäre, sondern letztlich aufgrund gesellschaftlicher Missstände (die Reichen haben zu viel Macht und zu wenig Sinn für Gerechtigkeit).
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon stine » Mi 25. Jul 2012, 15:31

Ist zwar ein anderes Thema, aber Kinderarmut ist mal wieder so ein Buzzword, das man gerne aufschnappt und wiedergibt, ohne konkret darüber nachgedacht zu haben.

Dort wo Kinder wirklich arm sind, da sind auch die Familien arm, da sind ganze Gruppen arm und ganze Volksstämme. Kinderarmut bei uns, bezweifle ich. Zumindest hat Kinderarmut hier nichts mit fehlendem Geld oder Versorgungsmöglichkeiten zu tun. Hier sind Kinder arm dran, weil es immer mehr Eltern gibt, die sich um ihren Nachwuchs nicht ausreichend kümmern. Das sind oft Menschen, die das eigenes Leben nicht im Griff haben und sich dann auch noch um ihre Kinder sorgen sollten. Hier sind Kinder arm, die alles haben, die sich mit Chips und Schokolade von morgens bis abends das Fernsehprogramm ansehen oder 24 Stunden am Tag Computerspiele machen müssen.
Also was Kinderarmut hier konkret bedeuten soll, das müsstest du noch erklären.

Was die Verteilung von unten nach oben betrifft, so ist das für mich auch nur so ein Schlagwort.
Studenten gehen gerne mal auf die Straße, um für kostenlose Studiengänge zu demonstrieren, solange sie selber noch nichts Ordentliches verdienen, vergessen aber nach dem ersten Erfolg immer ganz schnell, dass sie eigentlich teilen wollten, solange sie selber noch nichts hatten.
Teilen scheint immer dann am Leichtesten zu sein, wenn man selber nichts hat.
Übrigens gibt es derzeit immens viele Hilfs-Stiftungen, die von ganz Reichen ins Leben gerufen werden. Wieviel Geld hier von oben wieder nach unten fließt und zwar ohne Gegenleistung, wäre mal eine Recherche wert.
Geld kumuliert und das ist die Folge vom Zinseszins. Aber das Thema hatten wir schon. Naja und viele studieren ja deswegen, dass es ihnen mal besser geht.

Ein "echtes" Problem ist für mich, Burnout und Zukunftsangst, sie haben schon längst ihren Fuß in der Türe und es ist eine Frage der Zeit, wann sie den Raum füllen. Schneller, höher, weiter - aber bis wohin?

LG stine
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 15:43

ganimed hat geschrieben:@Vollbreit: ein Problem wäre ein gesellschaftlicher Missstand, durch den Menschen dauerhaft leiden (psychisch oder physisch) in einem nennenswerten Umfang, ohne dass ein wenig Positivdenken helfen würde.

Stine hat ein wenig gelitten beim Anblick von zu gut ausgestatteten Apotheken, bei der Benutzung einer möglicherweise allergischen Hautcreme und bei dem Gedanken an die nicht perfekte Pharmaindustrie. Aber dieses Leiden ließe sich durch ein positiveres Denken sicher schnell heilen.


Hm, was habe ich denn da im Sortiment. Überflüssige IGeL-Leistungen, Todesfälle durch falsches Röntgen, Todesfälle durch falsche Medikation, Todesfälle durch Sepsis im Krankenhaus. Pfusch bei Gelenkprothesen durch vorsätzlichen Betrug. Pfusch bei Gelenken durch schlampige, unsterile Eingriffe mit der Folge einer Streptokokken-Infektion die eine oft monatelange Antibiose mit fraglichen Ausgang nach sich zieht. Diverse Skandale um falsche Krebsdiagnosen, aktuell der Skandal um die Organtransplantationen. Völlige Unklarheit auf dem Gebiet der Organentnahme (mit der Fragen, wann ein Mensch tot ist). Bzw. und genauer: Wenn ein Mensch sicher tot ist, ist er als Organspender nicht mehr geeignet, wenn er geeignet ist, ist er nicht (immer) sicher tot.

Unterdrückung preisgünstiger Medikamente oder sparsamer Dosiervorrichtungen, ausdrücklich zum wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schaden des Patienten.
Ja, mehr fällt mir jetzt aus dem Stehgreif nicht ein, soll ich noch ein wenig nachdenken?
Meinst Du, das lässt sich durch ein wenig gute Laune kurieren?

ganimed hat geschrieben:Mein Lieblingsproblem in dieser Gesellschaft ist beispielsweise die Umverteilung von unten nach oben, die Kinderarmut, die soziale Ungerechtigkeit, sowas in der Art.


Ach, ja da hätte ich auch noch was. Die Zweiklassenmedizin. Noch nicht so arg, weil gerade auch Privatpatienten mit jeder Menge überflüssigem Schund traktiert werden, weil es Geld bringt.
Die Zukunft heißt aber eindeutig: Immer weniger Leistung für immer mehr ärmere Patienten.
Und immer mehr Leistung, Exzellenzkliniken, mit 4 Sterne Service und Spitzenköchen, für die Scheichs aus Dubai und den VAE und reiche Russen. Darüber hinaus sind objektiv zu wenig Pflegekräfte da, einige Ärzte können sich ihre Kliniken schon aussuchen.

ganimed hat geschrieben:Da haben Kinder und andere Menschen mal dauerhaft was auszustehen. Nicht, weil nicht genug Geld da wäre, sondern letztlich aufgrund gesellschaftlicher Missstände (die Reichen haben zu viel Macht und zu wenig Sinn für Gerechtigkeit).


Und Dun meinst, das Gesundheitssystem bliebe davon unangetastet?
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon ganimed » Mi 25. Jul 2012, 18:11

@stine: Kinderarmut und soziale Ungerechtigkeit ist in Deutschland kein Problem? Existiert für dich nicht? Sind nur Buzzwörter? Vermutlich nur von den Linken erfunden? Dann sind vermutlich "Realitätsferne" und "Ignoranz" für dich auch nur Buzz-Wörter, während sie aus meiner Sicht auf dich ganz gut anwendbar sein könnten. Manchmal ist deine Art der gesellschaftspolitischen Argumentation schon wieder lustig.

@Vollbreit: die meisten Probleme, die du aufführst, haben ihre Ursache, wenn ich das so überschlage, in jeweils individuellen Fehlleistungen von Medizinern oder dem Fachpersonal. Wenn du nicht gerade verlangen willst, dass ein perfektes Gesundheitssystem auch dafür zu sorgen hätte, dass alle in ihr tätigen Menschen keine Fehler mehr machen (und wer wollte das ernsthaft verlangen), dann wirst du die von dir aufgeführten Probleme wohl eher nicht dem Gesundheitssystem anlasten wollen? Oder der Pharmaindustrie? Oder den Apotheken?

Vollbreit hat geschrieben:Völlige Unklarheit auf dem Gebiet der Organentnahme (mit der Fragen, wann ein Mensch tot ist).

Dazu habe ich letztens ein Interview mit der Vorsitzenden der aktuellen Ethikkommission gehört, welche diese Fragen gerade bearbeitet. Völlige Unklarheit scheint da nicht zu herrschen. Es gibt eine aktuelle Praxis (ich glaube Organentnahme sobald der Gehirntod festgestellt wurde) mit klaren Definitionen und Regeln. Und die Kommission überlegt, ob diese Regeln so bleiben sollen oder doch noch irgendwie anders. Ich würde diesen Stand das Gegenteil von völliger Unklarheit nennen.

Vollbreit hat geschrieben:Unterdrückung preisgünstiger Medikamente oder sparsamer Dosiervorrichtungen, ausdrücklich zum wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schaden des Patienten.

Dass Medikamente zu teuer sind, das halte ich nicht für ein ernstes Problem. Das fällt für mich in die Kategorie, die ich oben meinte, mit meckern auf höchstem Niveau. Dann sind die Medikamente eben teurer, völlig unerschwinglich werden sie schon nicht sein. Wenn die Patienten ernsthafte, gesundheitliche Schäden erleiden, ok, dann ist das ein Problem. Jetzt käme es darauf an, das überzeugend darzulegen, dass Ärzte systematisch (also nicht im Einzelfall sondern systemimmanent) gesundheitliche Schäden der Patienten herbeiführen. Das wäre ein Ding. Kann ich so richtig noch nicht glauben.

Vollbreit hat geschrieben:Ach, ja da hätte ich auch noch was. Die Zweiklassenmedizin.

Ich halte das eher für ein Neid-Problem. Die zweite Klasse ist im absoluten Maßstab (zu anderen Ländern, zu anderen Zeiten) wohl sicher noch als sehr gut zu bezeichnen. Natürlich ist das teilweise sehr ungerecht, aber so richtig leiden sehe ich niemanden.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 20:02

ganimed hat geschrieben:@Vollbreit: die meisten Probleme, die du aufführst, haben ihre Ursache, wenn ich das so überschlage, in jeweils individuellen Fehlleistungen von Medizinern oder dem Fachpersonal.


Da sind durchaus auch Systemfehler dabei.

ganimed hat geschrieben:Wenn du nicht gerade verlangen willst, dass ein perfektes Gesundheitssystem auch dafür zu sorgen hätte, dass alle in ihr tätigen Menschen keine Fehler mehr machen (und wer wollte das ernsthaft verlangen), dann wirst du die von dir aufgeführten Probleme wohl eher nicht dem Gesundheitssystem anlasten wollen? Oder der Pharmaindustrie? Oder den Apotheken?


Doch, ich würde genau das tun. Unser Gesundheitssystem ist ziemlich krank, ich würde sagen, es wird über eine Verlegung auf die Intensivstation nachgedacht.

ganimed hat geschrieben:Dazu habe ich letztens ein Interview mit der Vorsitzenden der aktuellen Ethikkommission gehört, welche diese Fragen gerade bearbeitet. Völlige Unklarheit scheint da nicht zu herrschen. Es gibt eine aktuelle Praxis (ich glaube Organentnahme sobald der Gehirntod festgestellt wurde) mit klaren Definitionen und Regeln. Und die Kommission überlegt, ob diese Regeln so bleiben sollen oder doch noch irgendwie anders. Ich würde diesen Stand das Gegenteil von völliger Unklarheit nennen.


Und ich habe da letztens ein interessantes Feature gehört. (Gibt es leider nur noch in Schriftform):
http://www.wdr5.de/fileadmin/user_uploa ... ntoten.pdf

ganimed hat geschrieben:Dass Medikamente zu teuer sind, das halte ich nicht für ein ernstes Problem. Das fällt für mich in die Kategorie, die ich oben meinte, mit meckern auf höchstem Niveau. Dann sind die Medikamente eben teurer, völlig unerschwinglich werden sie schon nicht sein. Wenn die Patienten ernsthafte, gesundheitliche Schäden erleiden, ok, dann ist das ein Problem. Jetzt käme es darauf an, das überzeugend darzulegen, dass Ärzte systematisch (also nicht im Einzelfall sondern systemimmanent) gesundheitliche Schäden der Patienten herbeiführen. Das wäre ein Ding. Kann ich so richtig noch nicht glauben.


Ärzte sind oft in einer üblen Zwangslage, zwischen wirtschaftlichem Druck, Karriere und Überforderung. Kommt immer auf die jeweilige Position an, ob Krankenhausarzt oder niedergelassener, dann auf die Region, Stadt oder Land, das Klientel und die Fachrichtung.
Grenzwertig ist da viel mehr, als Du wissen willst.

Vollbreit hat geschrieben:Ich halte das eher für ein Neid-Problem. Die zweite Klasse ist im absoluten Maßstab (zu anderen Ländern, zu anderen Zeiten) wohl sicher noch als sehr gut zu bezeichnen. Natürlich ist das teilweise sehr ungerecht, aber so richtig leiden sehe ich niemanden.


Aha. Naja, man kann das sicher auch so betrachten.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon stine » Do 26. Jul 2012, 07:39

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ach, ja da hätte ich auch noch was. Die Zweiklassenmedizin.

Ich halte das eher für ein Neid-Problem. Die zweite Klasse ist im absoluten Maßstab (zu anderen Ländern, zu anderen Zeiten) wohl sicher noch als sehr gut zu bezeichnen. Natürlich ist das teilweise sehr ungerecht, aber so richtig leiden sehe ich niemanden.


ganimed hat geschrieben:@stine: Kinderarmut und soziale Ungerechtigkeit ist in Deutschland kein Problem? Existiert für dich nicht? Sind nur Buzzwörter? Vermutlich nur von den Linken erfunden? Dann sind vermutlich "Realitätsferne" und "Ignoranz" für dich auch nur Buzz-Wörter, während sie aus meiner Sicht auf dich ganz gut anwendbar sein könnten. Manchmal ist deine Art der gesellschaftspolitischen Argumentation schon wieder lustig.
Siehst du, so geht es mir mit der Kinderarmut. So richtig leiden, sehe ich hier im Land niemanden.
Mit deinen Worten würde ich auch hier sagen, das ist Jammern auf höchstem Niveau.

Ansonsten stimme ich @Vollbreit bei allen aufgezählten Problemen voll zu.
Dass das "Verdienen" der Pharmaindustrie auf Kosten der Menschen, die zu Patienten gemacht werden, geschieht, darüber dürfte es keine Zweifel geben. Skandale über die enge Zusammenarbeit von Ärzten mit Vertretern der pharmazeutischen Industrie waren in der Vergangenheit immer wieder mal die Regel.

Ein Systemfehler im Gesundheitssystem ist mit Sicherheit die Privatisierung der gesetzlichen Kassen und die dadurch vermeintliche Verbesserung der Kassen durch Konkurrenzdenken. Es wird mehr Geld für Eigenwerbung aufgebracht, als für die Patientenversorgung. Kassen, die Workshops für Gesunde bezahlen, dann aber die Kranken auf den Zusatzkosten sitzen lassen, sind keine Seltenheit mehr. Zusatzaufwendungen, wie Praxisgebühren und Rezeptgebühren sind eine Frechheit. Daraus erwirtschaftete Überschüsse werden solange gebunkert, bis sie vergessen sind und dann vermutlich in Gebäudesanierung und Gehaltsaufstockung der Kassenmitarbeiter und Vorstände gesteckt.

Zahnfüllungen zahlt man heute schon alle selber, will man nicht mit dem umstrittenen Amalgam gefüllte Zähne haben. Das selbe gilt für Zahnspangen. Hat man noch vor 2000 übertrieben und allen Kindern aus ästhetischen Gründen noch eine festsitzende Keramikspange verpasst, so muss der Kieferfehlstand heute mehr als 1cm betragen, damit er Kassenärztlich reguliert wird. Wo der Unterkieferversatz eines Kindes 9mm beträgt, sind Eltern heute zum Sparen aufgefordert. Das ist schlichtweg eine Sauerei und hat mit Jammern auf hohem Niveau nichts zu tun.

Wer miterleben musste, wie Hausärzte, außer immer mehr Pillenverschreiben, tatenlos zusehen, wie ein Patient langsam vor die Hunde geht und am Ende an multiplen Organversagen stirbt, der kann sich auch mal darüber aufregen, dass eine Besserung des Systems nicht in Sicht ist.

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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon Vollbreit » Do 26. Jul 2012, 11:06

stine hat geschrieben: Kassen, die Workshops für Gesunde bezahlen, dann aber die Kranken auf den Zusatzkosten sitzen lassen, sind keine Seltenheit mehr.


Das ist einem Präventionsgedanken geschuldet, den ich richtig finde.
Früher gab es Kuren, bevor man krank wurde, heute nur noch (mit Ach und Krach) Reha, nachdem man ernsthaft krank war.

stine hat geschrieben:Wer miterleben musste, wie Hausärzte, außer immer mehr Pillenverschreiben, tatenlos zusehen, wie ein Patient langsam vor die Hunde geht und am Ende an multiplen Organversagen stirbt, der kann sich auch mal darüber aufregen, dass eine Besserung des Systems nicht in Sicht ist.


Liegt natürlich auch am Patienten selbst. Wenn man einmal in der Mühle ist, nimmtdas oft kein gutes Ende, wohl wahr.
Die Aussage dass hier niemand ernsthaft krank ist (von ganimed), finde ich allerdings eher zynisch.
Vielleicht meint er ja einen Aufruf zu mehr Eigenverantwortung, den würde ich unterstützen.

Passend zum Thema, gerade entdeckt:
http://www.n-tv.de/wissen/Die-unbestech ... 19751.html
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon ganimed » Do 26. Jul 2012, 14:53

Vollbreit hat geschrieben:Da sind durchaus auch Systemfehler dabei.

Ich sehe keine. Dann steht jetzt also mein Wort gegen dein Wort. Aus meiner Sicht habe ich die Diskussion also jetzt gewonnen? Oder, ach halt, du könntest deinen Einwand noch präzisieren oder erläutern. Welche der von dir genannten Fehler sind Systemfehler, die du dem Gesundheitssystem anlastest?

Dein PDF-Feature zur Organspende ist lang. Die ersten Seiten habe ich gelesen und meinen Kenntnisstand bestätigt gefunden. In Deutschland ist es klar geregelt, nach Hirntod können Organe entnommen werden. In Madrid scheint es nach einem Herztod möglich zu sein. Entweder in den folgenden hunderten von Seiten wird noch was anderes erzählt, oder aber die Regelungen sind sowohl in Deutschland als auch in Spanien klar. Dein Eindruck, dass dort irgendwo "völlige Unklarheit" herrsche, scheint mir ein launiges Vorurteil zu sein.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon ganimed » Do 26. Jul 2012, 15:01

stine hat geschrieben:Siehst du, so geht es mir mit der Kinderarmut. So richtig leiden, sehe ich hier im Land niemanden.

Mein Verdacht ist ja, wie gesagt, dass du da ignorant und mit Scheuklapper herumläufst und das vor allem deshalb nicht siehst, weil du es nicht sehen möchtest. Aber ist nur so ein Verdacht.

Ich verweise mal auf einen Spiegel-Online-Artikel über diese Unicef-Studie hier und zitiere den folgenden Abschnitt daraus:

    "Worauf deutsche Kinder verzichten müssen

    In Deutschland wachsen dem Bericht zufolge etwa 1,2 Millionen Mädchen und Jungen in relativer Armut auf. "Es ist enttäuschend, dass Deutschland es nicht schafft, die materiellen Lebensbedingungen für Kinder entscheidend zu verbessern", sagte der Geschäftsführer von Unicef-Deutschland, Christian Schneider.

    Die wichtigsten Ergebnisse des Unicef-Berichts im Überblick:

    6,7 Prozent der deutschen Kinder fehlt es an Freizeitaktivitäten
    4,9 Prozent müssen auf eine tägliche warme Mahlzeit verzichten, das ist nahezu 1 von 20 Kindern
    4,4 Prozent haben keinen Platz, an dem sie ihre Hausaufgaben machen können
    3,7 Prozent besitzen höchstens ein Paar Schuhe
    3,1 Prozent der unter 16-Jährigen erhalten nie neue Kleidung, sondern zum Beispiel getragene von älteren Geschwistern
    3 Prozent leben in einem Haushalt ohne Internetanschluss"
Im Vergleich zu verhungernden Kindern in Afrika, das gebe ich zu, ist das natürlich Leiden auf relativ hohem Niveau. Aber ein substantielles Leiden ist das schon, gerade wenn man bedenkt, dass mangelnde Förderung im Kindesalter sich ja in mangelnden Möglichkeiten im ganzen Lebensrest auswirkt.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon Vollbreit » Do 26. Jul 2012, 16:33

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Da sind durchaus auch Systemfehler dabei.

Ich sehe keine. Dann steht jetzt also mein Wort gegen dein Wort. Aus meiner Sicht habe ich die Diskussion also jetzt gewonnen?


Ich bin einverstanden damit, dass Du gewonnen hast.
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Re: Apotheken, Pharmaindustrie - Gesundheitspolitik

Beitragvon stine » Do 26. Jul 2012, 19:38

ganimed hat geschrieben:Worauf deutsche Kinder verzichten müssen


Ich hab das in einen anderen Thread gepackt, @ganimed!
Kinderarmut in Deutschland

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