Nanna hat geschrieben:Irgendwelche praktischen Tipps, wo man da anfängt? Ich gebe ganz offen zu, dass ich da keine Expertise habe und das gerne ändern würde. Allerdings braucht man ja in jedes Themengebiet irgendeinen Einstieg.
Ein guter Einstiegstipp ist sicherlich Max Ottes kleines Büchlein "Investieren statt Sparen", wobei ich die dort empfohlenen Stratgien ausdrücklich
nicht verwenden würde. Aber die unterschiedlich Anlageformen (was ist eine Aktie, eine Anleihe eine Immobilien und wie funktioniert das grundsätzlich) werden dort ganz gut erklärt. Dann solltest du anfangen dich ökonomisch zu alphabetisieren (also zu wissen, was eine Bilanz ist, was eine GuV). Bücher der Sorte "1000 wirtschaftliche Kennzahlen" gibts wie Sand am Meer, ich kann aber nicht viel dazu sagen, weil ich nie eins gelesen hab
.
Dann solltest du anfangen, dir mal ein Investitionsvehikel (Aktien und Anleihen sind am einfachsten speziell mit wenig Kapital) rauszusuchen, und da versuchen einen gewissen Überblick über den Markt zu bekommen. Bei Aktien/Anleihen heißt das in erster Linie, viele Geschäftsberichte von Unternehmen aus allerlei Branchen lesen, versuchen Branchenschwerpunkte zu finden, wo man aus welchem Grund auch immer einen gewissen Informtionsvorsprung oder Verständnisvorsprung hat ("Mein" Sektor sind beispielsweise (Rück-)versicherungen und Unternehmen mit irgendwelchen Bilanzanomalien) und ein Gespür für den Sektor und den Markt zu bekommen. Warren Buffett nennt das "circle of competence" (dessen Geschäftsberichte übrigens auch sehr lehrreich sind, und die du hier findest:
http://www.berkshirehathaway.com/letters/letters.html).
Und dann kannst du mal anfangen, mit überschaubaren Beträgen Investmententscheidungen zu treffen. Lass dich nicht entmutigen, wenns mal nicht klappt. Fehler gehören dazu, sofern man daraus lernt. Mein erstes Aktieninvest war nicht so toll. Letztlich nach anderthalb Jahren mit ca. 30% Verlust verkauft, auch wenn die Dividende den SChmerz milderte. Auch habe ich schon mal ne Aktie zu früh verkauft, weil ich auf eine Veränderung der Unternehmensstrategie überreagierte (emotional entschied statt rational), wodurch mir erhebliche Gewinne entgingen (Ich hatte sie bei 50€ gekauft, bei 60€ verkauft, dann ging sie auf fast 90, heute steht sie bei 75€). Rational wäre gewesen, sie bei 75-80€ zu verkaufen, rein anhand der Zahlen. Aber im Großen und Ganzen klappt die Sache eigentlich ganz erfreulich.
Ich hab übrigens ca. 1 1/2 mich nur massiv eingelesen bevor ich angefangen hab. Trotzdem eigene reale Erfahrung ist durch nix zu ersetzen (sag ich dir mit meinen nunmehr fast drei Jahren Reallebenerfahrung an der Börse
)
Überleg was dir Spaß macht und was dich interessiert. Man kann auch mit limitierten Sonderetitionen bestimmter Briefmarken Investmentgewinne machen, wenn man sich da gut auskennt, ständig auf Achse ist, und evtl. gut drin ist, irgendwelchen ahnungslosen Erben sowas aufm Flohmarkt abzuschwatzen.
Bei Immobilien muss man sich auskennen, welche Lagen gut welche schlecht sind, wo man wieviel Miete kriegt, worauf man bei der Bausubstanz achten muss. Dafür ist es sicherlich von Vorteil bei einem Makler oder sowas zu jobben, wo man sowas quasi nebenbei mitkriegt.
Nanna hat geschrieben:Naja. Ein Auto sehe ich auch als Werkzeug an, berufliche (und wenn's nur die Anfahrt ist) und notwendige Alltagsaufgaben zu erfüllen.
Nein, ein Auto ist schlicht Konsum und so gut wie nie ökonomisch durchdacht. Dein Argument gilt vielleicht für ne Taxifirma, aber nicht für uns beide. In den allermeisten Fällen ist es vorteilhafter, kein Auto zu besitzen (und wenn ein gebrauchtes) und lieber nähner am Arbeitsplatz zu wohnen. Wenn man dann wirklich mal ein Fahrzeug benötigt, gibts immer noch Carsharing, Mietwagen oder sogar Taxifahrten. Wenn du alles ehrlich zusammenrechnest (Anschaffung, Benzin, Unterhalt, Steuer, Versicherung, Stellplatz), lohnt sich ein Auto (und gar ein Neuwagen) ökonomisch in den wenigstens Fällen. Ein Auto ist ein Luxus den man sich bewusst gönnen sollte (ebenso wie ggf. Wohneigentum), aber man sollte sich bewusst sein, dass es Luxus ist, und dass man dafür teuer bezahlt. Keinesfalls sollte man sich das aber als Investition schönlügen, wie das viele gerne tun. Genausowenig die Designerküche in der dann eh keiner kocht (Faustregel meiner Mutter: Je schicker und teurer die Küche, desto schlechter und seltener wird darin gekocht
).
Wenn man sich den Luxus nicht leisten kann, dann ist es nicht Luxus, sondern Verschwendung (diese schlichte Definition stammt von Karl May und ich find die absolut genial)
Nanna hat geschrieben:
Wenn ich mir einen Konsumwunsch nur über einen Kredit irgendwie zeitnah erfüllen kann, und den Kredit bedienen kann, dann ist es nicht zwangsläufig irrational, zu sagen, dass man die Mehrkosten durch die Zinsen eben in Kauf nimmt.
Wenn dir das Leben im Hamsterrad Spaß macht warum nicht? Ich persönlich will so bald wie möglich eine gewisse Freiheit erreichen, da sind Konsumschulden die größte Bremse.
Aber du wirst dann immer in erster Linie für andre arbeiten (und denen dann vielleicht noch vorwerfen daran schuld zu sein). Wenn du beständig leicht über deine Verhältnisse lebst, wirst du irgendwann (meist so Mitte 50) gewaltige Probleme kriegen. Finanziell, psychisch aber auch zwischenmenschlich. Denn Schulden (speziell wenn denen keine soliden Werte gegenüberstehen) belasten nicht nur einen selber, sondern auch das ganze Umfeld leidet darunter, speziell die Familie. Dann musst du vielleicht einen Job behalten, der dich schon lange ankotzt, weil dein Budget wegen all der Kredite auf Kante genäht ist, und auch privat ergeben sich durch selbstverschuldete Budgetzwänge allerlei unschöne Diskussionen und Zwistigkeiten. Geld ist eins der Hauptstreitpunkte zwischen Paaren, aber auch im Eltern-Kinder-Verhältnis.
Nanna hat geschrieben:Der Punkt ist meines Erachtens der, dass Menschen deutlich emotionaler entscheiden, als man in klassischen ökonomischen Theorien gemeinhin annimmt und dass das neben vielen anderen Bereichen auch den Umgang mit Geld betrifft.
Das ist sicher richtig. Die Frage ist, wer dafür die Veranwortung tragen sollte. Wenn ich aus einer emotionalen und hormonellen Laune heraus Kinder in die Welt setze, muss ich auch dafür geradestehen.
Nanna hat geschrieben:der Erziehung, dem Umfeld, den (häufig genetisch mitbedingten)
Charaktereigenschaften, dem Bildungsstand, der persönlichen Reife, ggf. individuellen Schlüsselerlebnissen (z.B. Konfrontation mit Armut, Begegnung mit einem Vorbildcharakter, die Erfahrung von wirtschaftlichem Erfolg und Scheitern usw.).
Ich entstamme eigentlich genau dieser gehobenen Mittelschicht mit all ihren populären Irrtümern und Idealen. Nicht wenige hätte ich bis vor einigen Jahren höchstwahrscheinlich unterschrieben.
Meine heutige Haltung hat sich im Laufe der letzten paar Jahre gespeist aus verschiedensten Quellen davon immer weiter entfernt (was emotional wehtut, weil das Umfeld bockig reagiert, wenn man was anders macht, als erwartet und erstmal versucht einen wieder "auf Linie" zu bringen). Wo und wann genau da der Auslöser war kann ich nicht mal genau sagen, war ein gradueller Prozess. Ob die Gene da wirklich ausschlaggebend sind (von dem was sie einem so als allgemeine Intelligenz so zur Verfügung stellen abgesehen), weiß ich nicht, der Bildungsstand sagt nach meiner Erfahrung gar nix aus,
Den letzten Absatz unterschreibe ich vollständig.