Also echt, Andreas, eine derartig engstirnige Meinung hätte ich dir nicht zugetraut. Es ist ein Film! Ein Comic-Film!
Der Reihe nach zu den haarsträubenden Vorwürfen:
1. Der Film sei als Kriegspropaganda interpretierbar
Der Comic ist viel älter als der Irakkrieg und erst recht älter als das Gepolter gegen Iran. Der Vorwurf ist schon allein deshalb Unfug, weil er anachronistisch ist.
Zweitens taugen die Spartaner ja wohl kaum als Spiegelbild des bushistisch geprägten Amerika - Selbstmordattentäter, für die ihr eigener Tod und der Kampf selbst das größte sind gehören ja wohl eher auf die anderen Seite. Umgekehrt taugen die Film-Perser schwerlich als Iranbild - ein imperialistisches Großreich, das alle umliegenden unterwirft oder auslöscht. Erinnert wiederum eher an die Gegenseite, was? Der Film läßt sich ganz simpel in beide Richtungen interpretieren.
2. Der Film sei faschistisch
Gewaltverherrlichung, Betonung des Starken, Nationalismus, der Film muß ja faschistisch sein. Aha. Zack Snyder und Frank Miller sind bloß Tarnkappensozialdarwinisten, die mit Dawkins Tee trinken gehen. Wenn man faschismus so versteht, also losgelöst von dessen historischer Entwicklung, dann bleibt nur zu sagen: Das alte Sparta
war faschistisch. Ist es falsch, es auch so darzustellen? Oder darf man keine Filme über dieses Sparta machen, oder nur solche, die die Spartaner in der Antagonistenrolle beschreiben? Ist "Der Pate" dann auch verwerflich? Überhaupt, die ganzen Italo-Western, faschistischer Müll!
3. Blutsuppe
Den Vorwurf finde ich richtiggehend lächerlich, weist er doch bloß auf eklatantes Unwissen des Kritikers hin - schon mal bemerkt, was seit Jahr und Tag in den Kinos läuft? Man denke nur an Filme a la "Saw" oder "Hostel", in denen es einzig um das grausame Wegmetzeln irgendwelcher Opfer geht. Oder die Tarantino-Filme, allesamt Klassiker - "Kill Bill" konnte ich nicht fertig schauen, weil es mir zu heftig war. Dagegen ist 300 Kindergeburtstag. Oder "Blade". Oder "Soldat James Ryan" - allein die Szene am Anfang bei der Landung, als der alliierte Soldat seinen eigenen Arm in seiner anderen Hand herumträgt ist brutaler als alles, was die Spartiaten so veranstalten.
Nebenbei bemerkt: ich hasse Metzelfilme. Die oben genannten habe ich daher alle entweder gar nicht oder nicht zu Ende gesehen. Als ich dann die ersten Kritiken zu 300 las, hatte ich schon arge Zweifel, ob der Film etwas für mich wäre. Als ich ihn mir dann angeschaut habe, habe ich mich richtiggehend erschrocken, wie harmlos der Film eigentlich ist. Sicher, 300 ist brutal, aber verglichen mit dutzenden anderen, aktuellen Filmen ist er fast schon kuschelig.
4. Die Perser seien falsch und unvorteilhaft dargestellt
Nein! Skandal! Wie kann man es wagen?
Erstmal: Die Perser waren natürlich keine Muslime und Arrowman hat völlig Recht, wenn er darauf hinweist, daß Iraner und Perser fast nichts (mehr) miteinander zu schaffen haben. Ärgern sich die Franzosen, wenn Vercingetorix von Julius aufs Maul kriegt? Die Italiener, wenn Asterix Rom mitsamt volltrotteliger Römer erobert? Die Deutschen, wenn die ewig blauäugigen Schweinehunde mal wieder vernichtend geschlagen werden?
Abschließend muß ich nochmal darauf hinweisen, daß es sich um eine Comic-Verflimung handelt. Comics setzen oft (nicht immer) mehr auf visuelle Stärken denn auf inhaltliche. Und selbst die Ausnahmen dieser Regel, Meisterwerke wie Art Spiegelmanns "Maus" und Keiji Nakazawas "Barfuß durch Hiroshima" leben vom Überzeichnen, vom Übertreiben, von plakativer Darstellung. So ist das Medium Comic nunmal.
Die ganze Kritik, die in der Tat auch in der Presse oftmals vertreten wurde, ist für mich nur eine fürchterliche Vermengung von Unkenntniss moderner Medien (moderner (Hollywood-)Film, Comic und durchaus auch PC-Spiel), historischem Unwissen und völlig übertriebener Gutmenschlichkeit.
Vernünftige Stimmen zum Film gibt es aber auch, etwa hier:
http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,475956,00.html
http://www.evolver.at/kino/300/