Ich bin auf folgende Unterscheidung zwischen einem schwachen und einem starken Naturalismus gestoßen:
"Beginnen wir mit einschlägigen und unproblematischen Charakterisierungen des ontologischen Naturalismus.
Goebel unterscheidet einen weiten (schwachen) Naturalismus und einen engen (starken) Naturalismus. Schon der erste schließt Übernatürliches wie Geister, cartesische Seelensubstanzen oder 'eine zweite Welt gegenständlicher (angeblich 'platonischer') Ideen' aus (Goebel 2003, 25). Eine solche Position wird von der Mehrheit der Philosophen geteilt. Ähnlich unterscheiden Mahner (2002, 689f.), Kanitscheider (2003, 33f.) und Wetz (2003a, 42) einen starken und einen schwachen Naturalismus und meinen damit vor allem jeweils eine ontologische These. In Kanitscheiders Version ist der schwache Naturalismus weithin akzeptiert:
'Die These, dass das materielle Substrat (des Universums; Anm. des Autors) aus seiner eigenen Gesetzlichkeit heraus letztendlich alle Gebilde hervorbringt, hat man mit dem Namen 'schwacher Naturalismus' (David Armstrong 1983) belegt. Dieser innerweltliche Naturalismus behauptet die keineswegs besonders gewagte Aussage, dass das Universum in seinem empirischen, aber auch theoretisch fassbaren Bereich ohne Rekurs auf autonome spirituelle Entitäten, besondere Lebenskraft oder teleologische und transzendente Wirklichkeit erkannt werden kann.'
(Kanitscheider 2003, S. 33)
Dieser Naturalismus schließt supernaturale Faktoren für den Seinsbereich der Natur aus und ist insofern ontologisch. Transzendente Bereiche werden mit dem schwachen Naturalismus nicht ausgeschlossen. Dieser Naturalismus ist wie der starke Naturalismus ein ontologischer Naturalismus. Erst der starke Naturalismus schließt einen Transzendenzbereich aus. Das gesamte Universum, 'so wie es heute von der Wissenschaft erforscht wird, ist [danach] alles, was es gibt' (Kanitscheider 2003, S. 33). Wir sehen leicht, dass dieser Naturalismus als metaphysischer Naturalismus verstanden werden kann, weil jede Ontologie letztlich Erfahrungstranszendentes enthält. Schon die bescheidene These, dass es eine Welt 'da draußen' gibt, ist eine metaphysische These. Franz Josef Wetz sieht den Anschluss an weltanschauliche Fragen in einer Behauptung des 'stärker metaphysische[n] Naturalismus' (Wetz 2003a, 42). Danach ist der Mensch ein unbedeutender Agent in einem ziel- und sinnfreien, dem Spiel blinder Naturkräfte unterliegendem Universum. Diese sinnfreie Natur ist alles, was es gibt."(Sukopp, Thomas. "Philosophischer Naturalismus." In
Naturalismus: Positionen, Perspektiven, Probleme, hrsg. v. Thomas Sukopp u. Gerhard Vollmer, 2-24. Tübingen: Mohr Siebeck, 2007. S. 9f.)
Also:
1.) Schwacher/Weiter ontologischer Naturalismus:
Es gibt (zumindest) nichts innernatürlich (naturimmanent) Übernatürliches.2.) Starker/Enger ontologischer Naturalismus:
Es gibt weder etwas innernatürlich Übernatürliches noch etwas außernatürlich (naturtranszendent) Übernatürliches.(1) ist mit dem Deismus vereinbar, (2) hingegen nicht.
Eines verstehe ich jedoch nicht:
— "Schon der [schwache N.] schließt Übernatürliches wie (...) 'eine zweite Welt gegenständlicher (angeblich 'platonischer') Ideen' aus."
— "Transzendente Bereiche werden mit dem schwachen Naturalismus nicht ausgeschlossen."
Das Reich der platonischen Ideen bzw. Universalien ist aber (im Gegensatz zu den immanenten aristotelischen Universalien) transzendent. Es scheint mir also im Gegensatz zur obigen Aussage nicht so zu sein, dass bereits der schwache N. platonische Abstrakta ausschließt.
Die Frage, wie ein Naturalist zur Annahme abstrakter Entitäten (abstrakte 'Einzelheiten' [= 'particularia'] oder 'Allgemeinheiten' ['universalia']) stehen sollte, d.h. ob er Nominalist sein sollte oder nicht, ist übrigens gleichermaßen interessant wie relevant.
"[T]here are (at least) two kinds of Nominalism, one that maintains that there are no universals and one that maintains that there are no abstract objects. Realism about universals is the doctrine that there are universals, and Platonism is the doctrine that there are abstract objects.
But Nominalism is not simply the rejection of universals or abstract objects. For if that were the case, a nihilist, someone who believed that there are no entities at all, would count as a nominalist. Similarly, someone who rejected universals or abstract objects but were agnostic about the existence of particulars or concrete objects would count as a nominalist. Given how the term ‘Nominalism’ is used in contemporary philosophy, such philosophers would not be nominalists. The word ‘Nominalism’ carries an implication that the corresponding doctrine asserts that everything is particular or concrete, and that this is not vacuously true.
Thus one kind of Nominalism asserts that there are particular objects and that everything is particular, and the other asserts that there are concrete objects and that everything is concrete.
As noted above, the two forms of nominalism are independent."(
http://plato.stanford.edu/entries/nomin ... etaphysics)
Also kürzer:
— Nominalismus_1:
Alles ist eine Einzelheit (ein Einzelding). (D.h., es gibt keine Universalien, weder immanenter noch transzendenter Art)
— Nominalismus_2:
Alles ist konkret. (D.h., es gibt keine abstrakten Objekte.)
— Nominalismus_3:
Alles ist eine konkrete Einzelheit (ein konkretes Einzelding). (D.h. es gibt weder Universalien noch abstrakte Objekte.)
(David Lewis weist allerdings darauf hin, dass sich die Ziehung einer scharfen Grenze zwischen Konkreta und Abstrakta schwierig gestaltet. Siehe dazu:
http://plato.stanford.edu/entries/abstract-objects)