Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
Fr 24. Jun 2011, 21:39
von xander1
Ich bin ja hier schon ne ganze Weile im Forum.
Ich habe auch schon einige Texte über den Naturalismus gelesen.
Ich denke wir bräuchten mal eine Linkzusammenstellung, in denen man Texte über den Naturalismus finden kann.
Es wäre günstig wenn diese Texte deutsch sind, obwohl Englisch auch nicht verkehrt ist.
Ich weiß nicht wie sehr die Forenmitglieder den Humanismus förderlich finden.
Vielleicht können wir da auch eine Linkzusammenstellung aufstellen.
Ich würde mir wünschen, wenn man auch Texte finden kann, die den Naturalismus aus philosophischer Sicht kritisch betrachten und in vielleicht vergleichen mit anderen philosophischen Strömungen.
Religionen haben auch Texte die als Quelle genutzt werden.
Re: Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
Sa 25. Jun 2011, 01:50
von Myron
Guter Vorschlag, nur leider gibt es auf Deutsch fast nichts Taugliches. (Wenn Naturalismus mit Materialismus gleichgesetzt wird, sieht die Lage allerdings besser aus.)
Re: Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
Sa 25. Jun 2011, 07:50
von xander1
Also ich habe auch schon mal gegoogelt und schon einiges gefunden.
Jedoch handelt es sich meist um innerphilosophische Auseinandersetzungen.
http://www.google.com/search?client=ubu ... 8&oe=utf-8
Re: Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
So 26. Jun 2011, 16:57
von Myron
Viel ist wirklich nicht zu finden, und das meiste davon ist für Einsteiger, die mit den zeitgenössischen Debatten in der (angloamerikanischen) analytischen Philosophie nicht vertraut sind, nicht gut geeignet. Ein weiteres Problem ist, dass die meisten Bücher sich hauptsächlich mit dem methodologischen oder epistemologischen Naturalismus (naturalisierte Erkenntnistheorie) befassen und weniger mit dem metaphysischen/ontologischen Naturalismus. Mehr kann ich zu den unten aufgelisteten Büchern nicht sagen, weil ich keines davon gelesen habe. Das dünne Buch von Hiorth habe ich vorhin bestellt; es ist sehr billig, aber vielleicht sehr tauglich. Sein Atheismus-Buch habe ich gelesen und finde es gut. Ansonsten sind wohl Bunge/Mahner und Kanitscheider am empfehlenswertesten, wenn man sich die Inhaltsverzeichnisse ansieht.
* Bunge Mario, u. Martin Mahner. Über die Natur der Dinge: Materialismus und Wissenschaft. Stuttgart: Hirzel, 2004.
* Goebel, Bernd, Anna Maria Hauk u. Gerhard Kruip, Hgg. Probleme des Naturalismus: Philosophische Beiträge. Paderborn: Mentis, 2005.
* Hiorth, Finngeir. Naturalismus. Übers. v. Arnher E. Lenz. Neustadt: Angelika Lenz, 1992.
* Honnefelder, Ludger, Hg. Naturalismus als Paradigma: Wie weit reicht die naturwissenschaftliche Erklärung des Menschen? Berlin: Berlin University Press, 2007.
* Kanitscheider, Bernulf. Die Materie und ihr Schatten: Naturalistische Wissenschaftsphilosophie. Aschaffenburg: Alibri, 2007.
* Keil Geert, u. Herbert Schnädelbach, Hgg. Naturalismus: Philosophische Beiträge. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2000.
* Keil, Geert. Kritik des Naturalismus. Berlin: de Gruyter, 1993.
* Sukopp, Thomas. Naturalismus: Kritik und Verteidigung erkenntnistheoretischer Positionen. Frankfurt a. M.: Ontos, 2006.
* Sukopp, Thomas, u. Gerhard Vollmer, Hgg. Naturalismus: Positionen, Perspektiven, Probleme. Tübingen: Mohr Siebeck, 2007.
Re: Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
So 26. Jun 2011, 17:39
von xander1
Oh, dann erstmal danke für die Mühe, dass du das rausgesucht hast.
Re: Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
So 26. Jun 2011, 18:19
von stine
Zitat:
"Der ethische Naturalismus erklärt das Sittliche (s. d.) aus natürlichen Bedingungen, nicht aus (idealen) Normen, und neigt zur ausschließlichen Wertung des aus den Naturtrieben Entspringenden, des »Auslebens« aller Naturanlagen ohne Hemmung durch den Socialwillen."Oh, da sind wir schon wieder bei unserem Problem: Woher nehmen wir Naturalisten unsere ethischen Werte?
Offensichtlich gibt es keine, oder doch?
Sind unsere ethischen Werte also doch die kulturell überlieferten, weil alles Denken eben auch natürlichen Ursprungs ist?
stine
Re: Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
So 26. Jun 2011, 18:42
von Myron
stine hat geschrieben:Zitat: "Der ethische Naturalismus erklärt das Sittliche (s. d.) aus natürlichen Bedingungen, nicht aus (idealen) Normen, und neigt zur ausschließlichen Wertung des aus den Naturtrieben Entspringenden, des »Auslebens« aller Naturanlagen ohne Hemmung durch den Socialwillen."
Das ist vor über 100 Jahren so formuliert worden, und hat mit dem zeitgenössischen ethischen/moralischen Naturalismus nichts zu tun, der keineswegs das ungehemmte Ausleben von Naturtrieben zum obersten moralischen Prinzip erhebt:
http://plato.stanford.edu/entries/naturalism-moral"Naturalistische Kognitivisten sind der Auffassung, dass moralische Eigenschaften mit natürlichen Eigenschaften identisch (oder darauf reduzierbar) sind. Die Cornell-Realisten (z.B. Nicholas Sturgeon, Richard Boyd und David Brink) denken, dass moralische Eigenschaften eigenständige, irreduzible natürliche Eigenschaften sind. Naturalistische Reduktionisten (z.B Richard Boyd und Peter Railton;…) denken, dass moralische Eigenschaften auf andere natürliche Eigenschaften zurückgeführt werden können, die Gegenstand der Naturwissenschaften und der Psychologie sind. Sowohl die Cornell-Naturalisten als auch die naturalistischen Reduktionisten sind moralische Realisten: sie denken, dass es moralische Tatsachen und Eigenschaften wirklich gibt, und dass die Existenz dieser moralischen Tatsachen und der Besitz dieser moralischen Eigenschaften an sich von menschlichen Meinungen unabhängig sind." [© Übers. a. d. Engl., Myron]
(Miller, Alexander.
An Introduction to Contemporary Metaethics. Cambridge: Polity Press, 2003. p. 4)
(Anm.: Die Cornell-Realisten heißen so, weil die Hauptvertreter an der amerikanischen Cornell University arbeiten und lehren.)
Ein wichtiger Punkt: Ein metaphysischer Naturalist muss kein ethischer Naturalist im obigen Sinne sein, weil er sich alternativ für den moralischen Nonkognitivismus bzw. Antirealismus entscheiden kann! Ethischer Nonnaturalismus ist nicht gleich ethischer Supernaturalismus!
http://plato.stanford.edu/entries/moral-cognitivismhttp://plato.stanford.edu/entries/moral-anti-realism
Re: Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
So 26. Jun 2011, 19:26
von Myron
So etwas wie
die naturalistische Ethik gibt es nicht. Selbstverständlich wird ein metaphysischer Naturalist keinen meta-ethischen Standpunkt vertreten, der mit dem metaphysischen Naturalismus allgemein unvereinbar ist. Er wird also sowohl
die theistische Gottesbefehls-Ethik (auch bekannt als
theologischer Voluntarismus) (siehe:
viewtopic.php?p=51327#p51327) als auch
den ethischen/moralischen Platonismus ablehnen, dem zufolge Werte und sittliche Grundsätze objektiv als abstrakte Entitäten in einem ewigen, nichtraumzeitlichen Reich existieren. Aber alle anderen meta-ethischen Standpunkte sind grundsätzlich mit dem metaphysischen Naturalismus vereinbar.
Siehe:
viewtopic.php?p=51331#p51331
Re: Quellen für Texte über Naturalismus
Verfasst:
Mo 27. Jun 2011, 11:00
von stine
Über deinen Link, Myron, bin ich wieder zu meinem Post vom
15.12.2007 gekommen, in dem ich kritisiere, dass Werte, die den Umgang miteinander nahe legen, im Humanismus, bzw. in Bildungseinrichtungen mit dem Label
humanistisch nicht vermittelt werden. Nur in Fächern die sich mit Religionen befassen, wird überhaupt auf Sozialethik eingegangen. Das Anwenden der Menschenrechte ist eben nicht gleichzusetzen mit der Achtung des menschlichen Lebens.
stine hat geschrieben:emporda hat geschrieben:[
Das bedeutet doch zwangsläufig, daß das religöse Gesülze nur dann ankommt, wenn man andere Inhalte des Wissens und Denkens ausblendet und/oder blockiert. Also liegt es an der Qualität und am Inhalt dessen, was da vermittelt werden soll.
Lieber emporda,
ich spreche doch nicht NUR vom Reli-Unterricht, ich spreche von all jenen Unterrichtsinhalten, die nicht mit grundlegendem Unterricht zu tun haben. Das Interesse an philosophischen Fragen, am menschlichen Miteinander ist in dieser Altersgruppe so dünn gesät, dass man sagen könnte, es ist praktisch nicht vorhanden.
Solltet ihr hier im Forum immer noch nicht geschnallt haben, dass ich NIEMANDEN missionieren möchte, sondern einzig die Feststellung treffe, dass es keine Alternative zum Religuionsunterricht, nämlich ein Vermitteln menschlicher Werte in Bezug auf eine höhere Wertigkeit (was auch immer!), gibt.
Wir leben in einem Zeitalter, in dem es wahnsinnig wichtig ist, was aus unserem Weltklima wird, welche Hirnpfurze Herrn Bush entspringen und wie lange die Japaner noch brauchen, bis der letzte Wal in Sushi-Rollen verpackt ist, aber was unser Nachbar macht, ob die Kleine von nebenan ein unentdeckt geborenes Baby in der Mülltonne versenkt, das ist uns wurscht!
Darum ist die Welt so, wie sie ist!
Wir müssen die Welt um uns herum wieder wahr nehmen und auch geanu das unseren Kindern beibringen. Wenn es keine religiösen Gemeinden mehr geben soll, dann muß man Alternativen schaffen und die sehe ich nirgendwo.
So einfach ist das!
LG stine