Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Celtic » Mo 6. Feb 2012, 13:28

Ich denke, bei sehr vielen rennt man offene Türen ein. Denn ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist - ob sie es selbst so wahrnehmen oder nicht - von der klassischen Theologie meilenweit entfernt.

Sehr viele sind/bleiben aus Tradition oder wegen der schönen Familienfeste in der Kirche, haben aber von Theologie so viel Ahnung wie eine Kuh vom fliegen. Und können auch mit der Vorstellung eines allmächtigen Gottes, der die Welt erschaffen hat und alles Geschehen lenkt und leitet, nichts anfangen. Die noch immer sehr hohen Zahlen von Kirchenaustritten kann man als Protest gegen die angestaubte Institution Kirche sehen, für mich sind sie auch ein Indiz dafür, daß Kirche die Menschen in ihrer konkreten Lebenswirklichkeit nicht mehr erreicht. Oder einfacher ausgedrückt: Das Gottesbild, das die Kirche zeichnet, überzeugt sehr viele nicht mehr, weil es mit ihren Lebenserfahrungen und ihrem Alltag nichts mehr zu tun hat.

Deshalb kommen schon erstaunlich viele ohne ein theistisches Weltbild aus. Nur gehen die meisten nicht so weit, sich als "Atheisten" zu bezeichnen, denn das hat in der Tat einen negativen Beigeschmack. "Brights" klingt da schon wesentlich positiver.

Der große Nachteil ist nur, dass Brights nur schwach untereinander vernetzt sind. Hier sollten wir vielleicht etwas ändern.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon webe » Mo 6. Feb 2012, 15:55

Celtic:
Im Ganzen halte ich deine Ausführung für richtig. Die Bezeichnung Bright ist nach meinen Infos für viele ein Kunstbegriff, mit dem sie sich vorerst nicht richtig infizieren mögen. Wenn aber es einen eingetragenen Verein mit jener Bezeichnung gebe, der versuchen würde, ein Teil der Öffentlichkeit, so wie die Religiösen es tun, zuwerden, dann könnte der Name viele Atheisten ansprechen u für eine Identifizierung angenommen werden: Würde dann durch alle Schichten reichen.
Doch wollen die Bright insgesamt dies wirklich? Anderseits kostet so eine Öffnung viel Geld, u dies haben scheinbar nur die Religiösen. Oder?
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Nanna » Mo 6. Feb 2012, 16:40

webe hat geschrieben:Wenn aber es einen eingetragenen Verein mit jener Bezeichnung gebe, der versuchen würde, ein Teil der Öffentlichkeit, so wie die Religiösen es tun, zuwerden, dann könnte der Name viele Atheisten ansprechen u für eine Identifizierung angenommen werden: Würde dann durch alle Schichten reichen.

Mal davon abgesehen, dass es dem Selbstverständnis der Brights als Graswurzelbewegung widerspricht ist genau dieser Weg gescheitert. Es gab einen Förderverein (die Website habe ich bisher noch nicht abgeschaltet, daher noch erreichbar unter http://www.brights-fg.de/), der aber wegen Mitgliedermangel und fehlenden Kandidaten für den Vorstand schon Ende 2010 aufgelöst wurde.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Celtic » Di 7. Feb 2012, 11:07

Dann wurde anscheinend der Weg einer konkreten Organisation mehrheitlich nicht gewünscht. Vermutlich wird sie auch gar nicht benötigt, so lange man nicht selbst "missionieren" will. Und der Verzicht auf die Ausbildung von festen Strukturen kann auch von Vorteil sein, den man nicht unterschätzen sollte.

Wer einen Anschluß an eine Organisation sucht, für den gibt es die Giordano-Bruno-Stiftung und ähnliche Organisationen. Auch wenn deren Selbstverständnis ein etwas anderes ist, sollte die Schnittmenge doch ausreichend groß sein.

Das Christentum war in den ersten Jahrhunderten auch nicht fest organisiert - und schon gar nicht unter der Führung eines Bischofs in Rom. Erst ab dem frühen 4. Jahrhundert wurde der christliche Glaube Schritt für Schritt definiert und verbindliche "Glaubensbekenntnisse" verfaßt. Das hat die Entwicklung der Kirche gefestigt und ihr langfristig zu Macht und Reichtum verholfen, hatte aber auch jede Menge negativer Konsequenzen. Am Ende berufen sich reiche Kirchenfürsten, die die Armen ausbeuten und mit den Mächtigen wer Welt paktieren auf einen mittellosen Wanderprediger. Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man darüber glatt lachen...

Mir persönlich sind Organisationen lieber, die keine feste Struktur benötigen, offen für Entwicklungen bleiben, auf Macht und Einfluß verzichten und keine Reichtümer anhäufen.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 7. Feb 2012, 12:53

webe hat geschrieben:Somit, wenn ich eine breite Masse erreichen will, ist die Bezeichnung nicht unwichtig. Wenn ich aber nur mich erreichen will, ist die Bennung unwesentlich.

Wie gesagt, Brigh halte ich für das Gewinnen von breiter Masse für ungeeignet, aber für einen phychologischen Zirkel-ähnlich dem Tabakkabinett unseres heissgeliebten Fürsten wohlwollend.

Anderseits bin ich froh, dass es die Bright gibt u hoffe auf ihr Wohlergehen!

Also, ich denke nicht, dass man mit bestimmten Gedanken jemals die breite Masse erreichen könnte, egal wie man sie umschreibt. Selbst wenn wir sagen "Wir glauben so fest an Gott, dass wir es ihm zutrauen, dass er auch die Fähigkeit hat, nicht zu existieren", wird uns das wohl kaum einer abkaufen. Wie gesagt, ich halte bestimmte geistige Eigenschaften für notwendig, um Atheist zu sein. In diesem Fall spielt die Bezeichnung keine Rolle, wenn man Gleichgesinnte sucht. Man wird mit den Brights kaum mehr Leute erreichen, als mit dem Begriff Atheist. Und wie Nanna es schon angemerkt hat, ist es eine Geschmackssache, Brights klingt mir nach Gehirnwäschesekte, Atheist oder Naturalist (evtl.) ist eindeutiger. Ich grenze mich gerne von widerwertigen Gedanken ab, damit signalisiere ich, dass ich diese nicht akzeptiere, nur notgedrungen tolleriere. Meinen Geschmack trifft Atheist mehr, ich nenne mich auch nicht "Padawan Sonnenschein". Sollen die Gläubigen vor mir erzittern! :veg:
mat-in hat geschrieben:Der Begriff Atheist ist in vielen Ländern "extrem Vorbelastet", daher Brights... und ja, wir müssen mehr Werbung machen.

Vieles ist vorbelastet, eine Zeit lang waren Worte wie "Sozialist", "Liberaler" Schimpfworte, teilweise sind sie es immer noch. Die Chinesen schert es auch einen Dreck, dass Kommunist bei den Amerikanern verpönt ist. Sie denken sich zurecht " :( doch!" :asian:
Das folgende Problem der Organisation ist nur eines, wenn man tatsächlich hofft, die Menschen erreichen/ missionieren zu können. Ich gehe nicht davon aus.
Celtic hat geschrieben:Das Christentum war in den ersten Jahrhunderten auch nicht fest organisiert - und schon gar nicht unter der Führung eines Bischofs in Rom. Erst ab dem frühen 4. Jahrhundert wurde der christliche Glaube Schritt für Schritt definiert und verbindliche "Glaubensbekenntnisse" verfaßt. Das hat die Entwicklung der Kirche gefestigt und ihr langfristig zu Macht und Reichtum verholfen, hatte aber auch jede Menge negativer Konsequenzen.

Es war fester organisiert, als es irgendeine atheistische Bewegung jemals könnte. Unter uns gibt es wohl kaum einen Wortführer, wir scheinen untereinander ziemlich gleichberechtigt zu sein, keine Autorität. Unter Christen gab und gibt es immer welche.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon mat-in » Di 7. Feb 2012, 13:03

Darth Nefarius hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Der Begriff Atheist ist in vielen Ländern "extrem Vorbelastet", daher Brights... und ja, wir müssen mehr Werbung machen.

Vieles ist vorbelastet, eine Zeit lang waren Worte wie "Sozialist", "Liberaler" Schimpfworte, teilweise sind sie es immer noch.

Ja, nur der Unterschied ist, daß du in den wenigsten Ländern als "Sozialist" gesteinigt wirst, wenn du es laut sagst.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 7. Feb 2012, 13:22

mat-in hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Der Begriff Atheist ist in vielen Ländern "extrem Vorbelastet", daher Brights... und ja, wir müssen mehr Werbung machen.

Vieles ist vorbelastet, eine Zeit lang waren Worte wie "Sozialist", "Liberaler" Schimpfworte, teilweise sind sie es immer noch.

Ja, nur der Unterschied ist, daß du in den wenigsten Ländern als "Sozialist" gesteinigt wirst, wenn du es laut sagst.

Derer gibt es genug, in den USA wird man dir wenigstens einen Knüppel in den Arsch stecken, n bisschen waterboarden. :applaus:
Länder sind oft zu unterschiedlich. In den kommunistischen Ländern ist der Begriff Atheismus kein allzu negatives Wort. Und wir wollen nicht vergessen, dass der asiatische Bereich nicht gerade klein ist. Auch in Europa wird man zumindest im Kernland nicht deswegen gesteinigt.
Wenn man mit dem Wort Atheist in einem Land gesteinigt wird, kann man doch schlecht hoffen, dass man es als Bright nicht wird, oder? Solange man der hiesigen Religion angehört läuft man auch als Katholik gefahr, gesteinigt zu werden. Das macht keinen Unterschied.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon mat-in » Di 7. Feb 2012, 13:31

In den USA schaut man dich seltsam an und verkauft dir vielleicht keine Brötchen im Dorfladen wenn du im Bibelbelt Atheist bist. In Ägypten "gibt es keine Atheisten" und man muß sich unter der Hand und Anonym verabreden, wenn ein Religionswissenschaftler mit einem Atheist reden will, weil das "nicht rauskommen darf, sonst...".
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 7. Feb 2012, 14:13

mat-in hat geschrieben:In den USA schaut man dich seltsam an und verkauft dir vielleicht keine Brötchen im Dorfladen wenn du im Bibelbelt Atheist bist. In Ägypten "gibt es keine Atheisten" und man muß sich unter der Hand und Anonym verabreden, wenn ein Religionswissenschaftler mit einem Atheist reden will, weil das "nicht rauskommen darf, sonst...".

Selbst wenn du der liberalste Mensch der Welt bist und dich als Kosmopolit bezeichnest, wird man dich in irgendeinem Land gerne massakrieren wollen, weil man immer anders ist. Ich bestreite keineswegs, dass man als Atheist in einigen Teilen Probleme hat, aber in wieder anderen hat man als Katholik, in den nächsten als Protestant, im nächsten als Moslem Probleme. Du wirst es mit keiner noch so schönen Ukmschreibung allen recht machen können. Je undifferenzierter man etwas vormuliert, desto weniger Profil hat man. Und seien wir mal ehrlich, wer von uns hat denn vor, in nächster Zeit im nahen Osten zu leben?
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Nanna » Di 7. Feb 2012, 16:50

Darth Nefarius hat geschrieben:Und seien wir mal ehrlich, wer von uns hat denn vor, in nächster Zeit im nahen Osten zu leben?

Ich hab das schon gemacht, zwar nur für kurze Zeit, aber immerhin. Den Leuten auf der Straße habe ich gesagt, dass ich aus einer christlichen Familie komme, aber mir die Religion nicht so wichtig ist. Das wurde akzeptiert, vor allem, da ich ja aus dem sowieso recht religionsfernen Westen kam. Hätte ich gesagt, dass ich Atheist bin, hätte man mich im Mindesten sehr komisch angeschaut (weil es sowas in der Wirklichkeit der meisten Leute dort gar nicht gibt), in einem konservativeren Viertel hätte ich mit sehr ernsten Problemen rechnen können. Ich wurde auch davor gewarnt, mich mit bestimmten Nachbarn auf religiöse Themen einzulassen. Ich habe nur ganz wenigen, jungen und westlich orientierten Leuten gesagt, wie ich das sehe. Dass ich vor manchem Straßenhändler, der Hitler gepriesen und die Juden verdammt hat, "kein Profil" hatte, habe ich nicht als Defizit, sondern in dieser Atmosphäre als echten Gewinn empfunden.

Ich verteidige zwar Syrien immer, wenn hierzulande Billigpauschalisierungen über Muslime verbreitet werden, aber es ist natürlich schon auch so, dass es im Nahen Osten krasse Tabu- und Empörungsthemen gibt, wozu insbesondere Homosexualität und Atheismus gehören. Um dort keine Probleme zu kommen, vermeidet man diese Themen schlicht oder bleibt im Ungefähren. Kosmopolitisch braucht man da auch gar tun, das würde ja bedeuten, dass man versucht, eine Identität zu schaffen, mit der man überall durchkommt. Das funktioniert natürlich nicht, man passt sich halt an die lokalen Gegebenheiten an. Und um damit auf deine Frage zurückzukommen: Ich würde schon gerne mal wieder eine Weile dort verbringen, deshalb ist dieses Thema für mich keine theoretische Spielerei.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 7. Feb 2012, 17:21

Nanna hat geschrieben:Ich verteidige zwar Syrien immer, wenn hierzulande Billigpauschalisierungen über Muslime verbreitet werden, aber es ist natürlich schon auch so, dass es im Nahen Osten krasse Tabu- und Empörungsthemen gibt, wozu insbesondere Homosexualität und Atheismus gehören. Um dort keine Probleme zu kommen, vermeidet man diese Themen schlicht oder bleibt im Ungefähren. Kosmopolitisch braucht man da auch gar tun, das würde ja bedeuten, dass man versucht, eine Identität zu schaffen, mit der man überall durchkommt. Das funktioniert natürlich nicht, man passt sich halt an die lokalen Gegebenheiten an. Und um damit auf deine Frage zurückzukommen: Ich würde schon gerne mal wieder eine Weile dort verbringen, deshalb ist dieses Thema für mich keine theoretische Spielerei.

Nun, wenn du einen Hang zum Masochismus hast, warum nicht? Willst du denn jemal dauerhaft in einem Land leben, dass deine Einstellung unterdrückt, von demokratischen Grundbedürfnissen ganz zu schweigen. Du kannst dir nicht ewig die Touristenbrille tragen und sagen "so, ich arbeite hier zwar nicht, habe nicht die Staatsbürgerschaft, aber ich lebe hier und finde das Essen ganz toll!" Wirst du dort eine Familie haben wollen? Gründen?
Die Pyraminden finde ich auch toll, aber mal gucken reicht da. Deine vorherige Aussage finde ich aber gut: Man kann nicht immer Kosmopolit sein.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Nanna » Di 7. Feb 2012, 18:16

Nein, ich will da nicht dauerhaft leben, aber ich habe Freunde dort und ich studiere Nahoststudien, werde also wahrscheinlich auch beruflich was machen, was mich immer mal wieder da hinbringt. Mir ging es vor allem darum, klarzumachen, dass es durchaus vom Kontext abhängig ist, wie man auftritt, aber da sind wir uns ja anscheinend auch einig.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Doriza » So 12. Feb 2012, 12:00

Hallo Leute,
die Textbeiträge zeigen meines Erachtens, wie einig wir uns sind - doch was bringt uns das? Bewegung gibt es nur, wenn man sich mit dem "Gegner", also allen Theisten und ganz besonders den Fundis, streitet, mitunter auch heftig - und dabei fair bleibt, obwohl es mir schon mal schwer fällt. Andererseits muss ich aus beruflichen Gründen mit meiner wahren Meinung etwas hinter dem Berg halten, zuviel Kontakte im kirchlichen Bereich, was in einer so pietistisch geprägten Ecke, in der ich wohne, gar nicht zu vermeiden ist, erfordern eben auch Diplomatie.
Aber in meiner Familie und auch im Freundeskreis halte ich nicht hinter dem Berg. Da fliegen schon mal die Fetzen. Da bekenne ich mich und stelle mich den Diskussionen. Es ist nicht einfach, doch wenn man fair bleibt - ich sagte es schon - , kann man auch nach einem sachlichem Streit normal miteinander umgehen.
Was ich sagen möchte ist: Streitet Euch - denn steter Tropfen höhlt den Stein. Auch kleine Erfolge sind schön und fördern die Verbreitung einer naturalistische Weltanschauung.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Vollbreit » So 12. Feb 2012, 13:26

@ Doriza:

Herzlich Willkommen!

Ich würde mich mit Fundamentalisten nicht streiten, das halte ich für Zeitverschwendung, ist aber nur meine Meinung. Allerdings ist nicht jeder der aussieht wie ein Fundamentalist tatsächlich einer.

Interessanter fände ich die Variante nach Gemeinsamkeiten in den gemäßigten Lagern zu schauen.
Was wollen denn moderat Gläubige und Atheisten zusammen erhalten, beschützen, gegen was sind sie denn beide?

Wenn ich gegen die Rodung von Bäumen bin oder für bestimmte Werte, dann kann ich durchaus mit gemäßigten Christen und gemäßigten Atheisten einer Meinung sein und diese untereinander.

Und die Fairness und den wechselseitigen Respekt sollte man hochhalten, ja!
Auch ein Wert, der lagerübergreifend verbindet.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon stine » So 12. Feb 2012, 13:42

Hallo @Doriza, willkommen!
Ich sehe das wie mein Vorschreiber: Mit Fundamentalisten lohnt sich kein Streit.
Und wer nicht mehr glaubt muss auch nicht gleich vollends gegen religiöse Kultur sein. Das kommt immer drauf an, welchen Sinn man darin entdeckt und welchen Konsens man findet. Die Frage ist und bleibt (vorläufig) für mich, was würden wir verlieren, wenn wir vorschnell etwas ablegen ohne Ersatz dafür zu haben?

LG stine
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Vollbreit » So 12. Feb 2012, 14:19

Ja, und auch wenn das ein an sich komplexes Thema ist, das man nicht zu platt abhandeln darf:
Ich glaube, dass wir eine sehr bittere Lehre aus der in Teilen guten, notwendigen 68er Minirevolution ziehen mussten.
Da wurde alles über Bord geworfen, was als antiquiert und reaktionär galt und seinen Nutzen im Augenblick nicht erweisen konnte.
40 Jahre später, fragt man wo denn Anstand, Werte und der Sinn für den anderen hin sind und kritisiert, man müsse in der kalten Maschine des Kapitalismus nur noch funktionieren.
Statt Werten fragt man nach wirtschalftichem Nutzen.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Nanna » So 12. Feb 2012, 14:22

Doriza hat geschrieben:Bewegung gibt es nur, wenn man sich mit dem "Gegner", also allen Theisten und ganz besonders den Fundis, streitet, mitunter auch heftig - und dabei fair bleibt, obwohl es mir schon mal schwer fällt.

Die Brights befinden sich da in einem Spannungsverhältnis: Einerseits werden Ingroup-Outgroup-Zuschreibungen überhaupt nicht gerne gesehen, andererseits hast du natürlich auch recht, dass Feindbilder häufig ein zentraler Motor sozialer Mobilisierung ist.

Wenn wir aber schon ein Feindbild bestimmen sollten, dann sehe ich nicht die Theisten als Gegner, sondern die Antipluralisten. Ich kann als Bright wunderbar mit jedem auskommen, der mich als Naturalist akzeptiert und als gleichberechtigt ansieht und behandelt. Ob dieser Mensch dann Theist, Atheist, Esoteriker oder was auch immer ist, ist dafür nicht relevant, das ist nur eine Facette seiner Identität, die mich nichts angeht, genausowenig wie ihn mein Naturalistsein etwas angeht. Wenn jemand aber der Meinung ist, es dürfe mich nicht geben, dann, ja, dann haben wir einen ernsthaften Konflikt und eine Gegnerschaft.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 20. Apr 2012, 15:38

Hallo, ich war lange nicht mehr im Forum aktiv, zum einen, weil ich zu viel zu tun hatte, zum anderen bin ich lange nicht wiedereingestiegen, weil es mich schlichtweg angewidert hat, über Unsinniges zu streiten. Es ging in vielen Diskussionen nur um Rechthaberei, keine Argumente und soetwas wird langweilig. Und mit Leuten, die wirklich nur dieses Forum als Lebensinhalt haben, kann ich nicht mithalten und permanent 24 Stunden am Tag kontern. Jetzt will ich mal meinen Diskussionsstil verändern und steige gerade dashalb an einer eher unstrittigen Stelle wieder ein, was nicht bedeuten soll, dass ich jetzt weniger streitlustig bin. Ich nehme an, dass allgemein der eigene Ton die Leute darin irrationalerweise in ihrer Haltung beeinflusst, selbst wenn man eigentlich keinen Streit hat, so gesehen hatten ich und andere hier etwas mit all den religiösen Gruppen gemeinsam, die A sagen, während das Gegenüber B hören will aber auch A meint. So, die allgemeine Brücke ist geschlagen, nun zum Thema:
Nanna hat geschrieben:Ich kann als Bright wunderbar mit jedem auskommen, der mich als Naturalist akzeptiert und als gleichberechtigt ansieht und behandelt. Ob dieser Mensch dann Theist, Atheist, Esoteriker oder was auch immer ist, ist dafür nicht relevant, das ist nur eine Facette seiner Identität, die mich nichts angeht, genausowenig wie ihn mein Naturalistsein etwas angeht. Wenn jemand aber der Meinung ist, es dürfe mich nicht geben, dann, ja, dann haben wir einen ernsthaften Konflikt und eine Gegnerschaft.

Diesem Satz kann ich nicht widersprechen, will aber anmerken, dass Identitäten uns in der eigenen Handlungsweise beeinflusssen. So tendieren wir als Atheist/Theist/Deist (wobei es doch für mich schwieriger ist, mit einem Theisten warm zu werden) in bestimmten aber oft entscheidenden Situationen anders zu handeln als jemand mit einer anderen Identität/Identifikation. Hier wurde schon oft das Verhältnis zwischen Bildung (oder anderen gesellschaftlichen Faktoren) und Atheismus diskutiert, dann kommen andere mit krassen Ausnahmefällen, die wieder diskutiert werden. Zusammengefasst stimme ich zu, man muss sich keine Feinde machen, oder jemanden herausfordern, aber durchaus den Kontrahenten erkennen. Mit manchen Menschen kann man einfach nicht reden, aber damit meine ich keineswegs alle Nicht-Atheisten/Nicht-Brights. Die meisten Menschen machen oft dicht, wenn man mit ihnen über irgendetwas streitet und sie herausfordert, sogar hier ist mir das passiert und Leute machen sich lächerlich, indem sie bloß nicht ihren Irrtum eingestehen wollen und sich permanent wiederholen oder dumm stellen. :motz: :kopfwand:
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon ganimed » Mo 23. Apr 2012, 17:21

Darth Nefarius, willkommen zurück!

Ich bin in dieser Frage immer etwas unschlüssig. Je nachdem ob ich zuletzt ein Video der streitsüchtigen Dawkins oder Hitchens gesehen habe und dann eher auf Konfrontation getrimmt bin, oder ob ich andere Quellen hatte oder einfach nur mal gut geschlafen habe und dann milder gestimmt bin.

Nanna hat geschrieben:Ob dieser Mensch dann Theist, Atheist, Esoteriker oder was auch immer ist, ist dafür nicht relevant, das ist nur eine Facette seiner Identität, die mich nichts angeht, genausowenig wie ihn mein Naturalistsein etwas angeht.

Das hört sich gut an, wie die Definition von perfekter Toleranz. Aber das scheint mir gerade deswegen nur ideell zu sein. Im realen Leben stimmt das so nicht, finde ich. Da geht mich jede Nuance des Gegenüber etwas an, sobald mich diese Nuance stört, oder freut, oder bestätigt, oder anekelt. Natürlich sollte zwischen zwei zivilisierten Leuten eine geräumige neutrale Zone bestehen, in der Kleinigkeiten gepuffert werden und nicht wirklich Auswirkungen haben müssen, jedenfalls nicht größere, eindeutig zuordbare. Aber es ist bestimmt falsch, sich einzureden, dass man das wirklich so handhaben könnte wie Nanna es beschreibt, dass einen die weltanschaulichen Ansichten des Gegenüber nichts angehen und man es als seine Privatsache ignoriert. Toleranz heißt ja nicht, dass ich den Gegenüber irgendwie leiden kann oder auch nur ein einziges Wort weiter mit ihm sprechen will. Toleranz heißt doch nur, dass ich ihm seine Meinung lasse (weil ich ihm im Grunde eine fitzelkleine Chance einräume, vielleicht recht zu haben), wobei ich seine Meinung aber sehr negativ sehen darf und meinen Gegenüber auch dafür sehr unsympathisch finden darf.

Im realen Kuddelmuddel meines Lebens ist es nun aber so, dass mir sehr sympathische und wichtige Menschen natürlich genau keine Naturalisten sind. Und ich finde durchaus, dass das die Beziehung belastet und meine Sympathien vermindert. Relativ wenig vielleicht, aber immerhin. Vom Idealfall, dass ich den Musikgeschmack, den Modegeschmack, die Nasenform, die Hautfarbe oder die Weltanschauung des Anderen als reine Privatsache völlig sauber aus meinen Beurteilungen und Empfindungen heraushalten könnte, finde ich recht illusorisch.
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Re: Ist es falsch, sich Atheist/Bright etc. zu nennen?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Apr 2012, 20:37

ganimed, ich stimme dir da zu. Die Persönlichkeit ist etwas, das man immer nach Außen trägt, was die Menschen immer beurteilen, bewerten. menschen beurteilt man ja gerade wegen ihrer Persönlichkeit, selten ihrer Taten wegen (auch wenn sich das eine vom anderen ableiten lässt). Auch die genauere Definition des Begriffes Toleranz war da notwendig und zu unterscheiden von Akzeptanz. Ich kann dulden/tolerieren, dass die Menschen um mich herum meist gläubig sind, aber ich muss es nicht akzeptieren.
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