stine hat geschrieben:Was ist denn Realität für dich?
Wissenschaftlich gesehen ist Realität hin und wieder auch nur ein logischer Rückschluss, der aus vergangenen erfolgreichen Erkenntnissen abgeleitet wird.
Was empirisch warnehmbar ist und plausibel interpretierbar ist.
Nanna hat geschrieben:Vielleicht bin ich durch mein Studium, wo ich wöchentlich große Mengen Text durcharbeiten muss, etwas vorgeprägt, aber ich glaube, man kann recht allgemein sagen, dass es geringen Erkenntniswert hat, über eine theoretische Frage zu diskutieren, wenn man die grundlegenden Texte nicht gelesen hat.
Damit wirst du meine Teilnahme nicht unterbinden, ich kenne die relevanten Texte, du verweist auf stellen, die du wahrscheinlich selbst nicht kennst (sofern sie existieren und du mich nicht nur mit Banalitäten wie:"Wir vertreten keine supernaturalistische Sichtweise" abspeisen willst, was ja gerade der Kern eures Problems ist.)
Nanna hat geschrieben:Ich habe den Eindruck, du erwartest, dass dir jemand auf Sätze zusammenschnurrt, was die Brightsbewegung ausmacht. Das kann aber keiner und es hat vermutlich auch keiner Lust, hier Erläuterungen wiederzukäuen, die auf der Website stehen, zumindest auf der englischen.
Aha, da bist du ehrlicher. Wenn niemand anderes Lust hat, diese Texte zu lesen, warum sollte ich? Du hast Stellen zitiert, auf die ich klar geantwortet habe (sofern sie denn einen Beitrag zur Fragestellung geleistet haben ).
Nanna hat geschrieben:Dass irgendjemand hier um den heißen Brei herumgeredet hat, müsstest du erstmal am Text belegen.
Gerne:
Darth Nefarius hat geschrieben:...Zudem habe ich gefragt, wie diese Positionen zusammenpassen sollen, ich habe nicht bestritten, dass euer Manifest davon ausgeht, es ginge.
Darauf du:
Nanna hat geschrieben:Um den Kreis der potentiellen Mitmachenden möglichst breit zu ziehen, hat man bewusst alles unter die Brights subsummiert, was noch einigermaßen in den Naturalismus passt. Auch meiner Meinung nach ist man da stellenweise ein bisschen weit gegangen, aber was soll's, ich bin tolerant, und ich sehe das nicht als hinreichenden Grund an, die Prinzipien aufzubohren.
Ich wieder:
Darth Nefarius" hat geschrieben:Es geht mir nicht un Intoleranz, sondern die einfache Frage, wie denn Deismus mit Naturalismus zusammenpassen soll.
Dann:
Nanna hat geschrieben:In den Prinzipien steht ja erstmal gar nichts vom Deismus. Im Gründungsprozess der Brights um 2003 herum ist man aber wohl davon ausgegangen, dass es mit den naturalistischen Kernaussagen vereinbar ist, auch Leute mit aufzunehmen, die glauben, dass irgendeine höhere Macht das Universum angestupst hat. Man darf nie vergessen, dass die Brights eine eminent politische Bewegung sind und für die ist viel wichtiger, was Leute über das Hier und Jetzt annehmen als über das, was "vor" dem Universum war. Wenn sowohl Deismus als auch klassischer Naturalismus zum Ergebnis kommen, dass seit Beginn der Welt keine übernatürlichen Kräfte wirken (und über das, was davor war, will eh kein klassischer Naturalist streiten, weil es müßig ist), bedeutet das, dass man in den relevanten Punkten übereinstimmt, also etwa darin, dass es keine göttliche Letztbegründung für Moral, kein Leben nach dem Tod, kein göttlich gesteuertes Schicksal usw. gibt.
Heißer Brei, bon apetit! Wenn es grob passt dann geht das schon, nocht wahr?
Nanna hat geschrieben:Weiterhin muss deine Kritik zum Gegenstand passen. Du kannst einer politischen Bewegung, die gezielt und bewusst eine Bandbreite von Weltbildern vereinigen möchte, nicht vorwerfen, keine stringende Weltsicht zu vertreten. Das wurde ja im Gründungsprozess bewusst so angelegt und explizit darauf müsste deine Kritik eingehen. Wenn du die Brights zu etwas erklärst, was sie nicht sind und dieses dann widerlegst, hast du lediglich ein Selbstgespräch über einen fiktiven Gegenstand geführt.
Meine Kritik passt, ich habe schon geschrieben, warum es für eine Bewegung unerlässlich ist, sich auf ein klares Fundament zu berufen. Ich habe die Brights als Naturalistenclub verstanden (ihr wollt euch ja nicht Atheisten nennen; ihr behauptet ja, man könne Esotheriker auch als solche bezeichnen, ich habe schon geschrieben, warum ich das nicht so sehe).
Nanna hat geschrieben:Der Punkt ist nun: Du kannst mir noch so viel von Logik erzählen, es gibt keine Möglichkeit, die Letztbegründungsproblematik wegzudefinieren, an der Stelle kommt immer Metaphysik ins Spiel, weil man zumindest minimale ontologische Grundannahmen treffen muss. Wenn du keine Metaphysik magst, musst du radikalskeptischer Solipsist werden.
Der Solipismus ist nicht wahrscheinlich, wenn auch plausibel. Die meisten Menschen werden in dieser Letztbegründungsproblematik nicht weiterkommen, wenn sie nicht aufhören nach einem Grund zu suchen (Gründe sind metaphysische Konstrukte, es gibt nur Ursachen und Wirkungen). Annahmen sind nicht gleich metaphysisch, wenn sie eine gewisse Plausibilität, Logik, Wahrscheinlichkeit und theoretische Beweisbarkeit besitzen.
Nanna hat geschrieben:Woher weißt du denn, ob der Naturalismus nicht dein imaginärer Freund ist? Du hast ja mehrfach schon preisgegeben, dass du in die medizinische Forschung gehst (was ich im Prinzip ja toll finde), weil du, ich brech es mal verkürzt und überspitzt runter, Angst vor dem Tod hast. Vielleicht ist der Naturalismus deine Krücke, an der du dich in einer unsicheren Welt festhältst, so wie andere Leute an der Religion.
In gewisser Weise hast du da auch Recht.
Der Naturalismus ist nicht wirklich mein imaginärer Freund, ich kann immer noch nicht so recht etwas mit diesem Begriff anfangen, bezeichne mich immer noch als nihilistisch-atheistisch-utilitaristischen Egoisten, wenn überhaupt ist der Naturalismus mein imaginärer Bekannter. Ja, meine Weltsicht ist das Programm, mit dem ich mich zurecht finde, auch in den komplexesten Fragestellungen, die ich gerne zulasse und mich ihnen stelle. Bis jetzt hat es sich bewährt. Das ist dann aber schon der Unterschied von anderen Krücken: Meine ist eine High-Tech-Prothese, die Religion eine Krücke mit Holzwürmern, dessen Nutzer die anspruchsvollen Fragestellungen des Lebens meiden und gerne auch mit Widersprüchen leben. Jeder hat seine Bewältigungsstrategien, und je nach Charakter und Verstand braucht derjenige ein sehr gutes oder nur ein provisorisches Werkzeug.
Aber hier sei eine Gegenfrage gestattet: Trifft das nicht auch auf dich zu?
Nanna hat geschrieben:Das Problem deiner Argumentation ist, dass du einen einheitlichen, logisch zwingenden Grund suchst, Naturalist zu sein. Aber Menschen sind aus ganz unterschiedlichen Gründen Naturalisten und hängen unterschiedlich gestalteten Naturalismen an. Ich sehe mich selbst als Naturalisten, auch wenn ich das vor mir selbst eher auf kritizistische Weise begründe und der Naturalismus für mich mehr eine brauchbare Arbeitsthese ist und weniger eine letzte Wahrheit.
Ich suche keinen Grund, Naturalist zu sein, ich will eigentlich nur wissen, warum ihr diesen Begriff so überstrappaziert, obwohl eurer Verständnis doch nicht sonderlich weit zu gehen scheint. Wie gesagt, ich nenne mich nicht Naturalist oder Bright/bright. Insgesamt halten wir das aber ziemlich ähnlich, ich habe nur grundsätzlich kaum Wahrheiten (1.Ich werde sterben;2.Ich will das nicht.), der Naturalismus gehört nicht dazu, deswegen bin ich eher Nihilist als Naturalist.
Nanna hat geschrieben:..wer weiter drin oder draußen ist, ist gar nicht so leicht entscheidbar, wie du gerade mit deiner oberflächlichen Analyse von metaphysischem Vokabular (Tendenz: Wer wissenschaftlicher klingende Semantiken benutzt, hat Recht) weismachen willst.
Genaugenommen schon, euch würden nur die Mitglieder flöten gehen (um es mal ganz unwissenschaftlich zu formulieren), wenn ihr rigoros sein wollten, aber die Prioritäten sind dann doch andere. Wo die Metaphysik (oder die unsinnige Argumentationsweise, die sich auf derlei Konstrukte beruft) anfängt, kann man leicht feststellen, sich allerdings einzugestehen, dass ein großer Teil des täglichen Lebens und des unreflektierten Weltbildes damit zusammenhängt, fällt den meisten schwer. Weil ich einen großen Teil als solchen betrachte, nenne ich mich auch Beinahe-Nihilisten, jede Wahrheit ist Metaphysik.