Jährliche 'Edge'-Frage

Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 5. Mai 2013, 11:47

Zugegeben,ich habe nicht auf die Synonyme geguckt, aber diese Definitionen:
" Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung
Gesamtheit der von einer bestimmten Gemeinschaft auf einem bestimmten Gebiet während einer bestimmten Epoche geschaffenen, charakteristischen geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen"

Aus http://www.duden.de/rechtschreibung/Kultur
Scheinen sich für mich einfach nicht mit dieser:
"Gesamtheit der durch den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt geschaffenen und verbesserten sozialen und materiellen Lebensbedingungen"
in Deckung bringen zu lassen.
Aber ich frage dich auch ganz ehrlich: Ist es dir völlig fremd, dass man im Vergleich zwischen den westlichen Kulturen und denen von Ureinwohnern nicht zwischen Zivilisation (technischer, wissenschaftlicher Fortschritt) und Kultur (geistige, künstlerische Leistungen) unterschiedet? Ich hielt es immer für unangemessen unzivilisierten Völkern deswegen auch keine Kultur zuzugestehen. Findest du das richtig? Oder ist es für deinen Sprachgebrauch üblich? Das ist jetzt nicht vorwurfsvoll gefragt, für mich ist die Unterscheidung selbstverständlich, aber für andere offensichtlich nicht, und gerade beim Vergleich zweier Gesellschaften finde ich diese Unterscheidung sehr relevant. Mir erschließt es sich einfach nicht, diese Begriffe synonym zu gebrauchen, aber vielleicht kannst du mich ja belehren (ich meine argumentativ, nicht durch zugegeben besseres Lesen :gott: ).
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Nanna » So 5. Mai 2013, 12:42

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber ich frage dich auch ganz ehrlich: Ist es dir völlig fremd, dass man im Vergleich zwischen den westlichen Kulturen und denen von Ureinwohnern nicht zwischen Zivilisation (technischer, wissenschaftlicher Fortschritt) und Kultur (geistige, künstlerische Leistungen) unterschiedet? Ich hielt es immer für unangemessen unzivilisierten Völkern deswegen auch keine Kultur zuzugestehen. Findest du das richtig? Oder ist es für deinen Sprachgebrauch üblich? Das ist jetzt nicht vorwurfsvoll gefragt, für mich ist die Unterscheidung selbstverständlich, aber für andere offensichtlich nicht, und gerade beim Vergleich zweier Gesellschaften finde ich diese Unterscheidung sehr relevant. Mir erschließt es sich einfach nicht, diese Begriffe synonym zu gebrauchen, aber vielleicht kannst du mich ja belehren (ich meine argumentativ, nicht durch zugegeben besseres Lesen :gott: ).

Ich würde sagen, dass es zwar Kultur (im Sinne einer bestimmten Lebensart, ohne Entwicklungshierarchie) ohne Zivilisation gibt, aber nie andersherum. Mit einer Zivilisation geht immer ein Set an gesellschaftlichen Verhaltensweisen, an abstrakten Gedankensystemen, Standardisierungen, auf die man sich irgendwann mal geeinigt hat, an geteilten Narrativen, Idealen und Gründungsmythen einher. Ich weiß, dass es dir häufig schwer fällt, Systeme, die gut mit physischen Gegebenheiten korrelieren, als konstruiert zu akzeptieren, aber natürlich beruht von unserem Dezimalsystem über unsere Architektur bis hin zu unseren Idealen (auch wissenschaftlicher Fortschritt ist ja so eines) so ziemlich alles auf sozialen Konventionen und Konstruktionen. Das darf nicht missverstanden werden als Beliebigkeit - es ist natürlich nicht möglich, über Physik beliebige Behauptungen aufzustellen und die dann anzuwenden - sie würden keine funktionierenden Ergebnisse bringen -, aber den Stellenwert, den wir diesen Entwicklungen geben und wie wir sie beschreiben und in unseren Lebenskontext einpassen, der ist künstlich bzw. kulturell.

Ich finde die scharfe Grenze, die du zwischen geistig-künstlerischer Kultur und technisch-wissenschaftlicher Zivilisation ziehen willst, ganz extrem subjektiv und gebiased. Das wäre nah an einem essentialistischen Positivismus, das ist eine Position, die sich philosophisch schon vor 70, 80 Jahren komplett erledigt hat. Niemand kann seine Perspektive ablegen und ist so tief in kulturelle Vorstrukturierungen eingebunden, dass auch technisch-wissenschaftliche Fortschung nicht vorurteilsfrei geht. Allein die Auswahl der Forschungsthemen ist schon kulturell vorgeprägt. Wir investieren beispielsweise viel größere Summen in die Entwicklung von neuen Kosmetika als in die Erforschung der Tiefsee. Wären wir ein maritim orientiertes Volk, wäre es vielleicht anders. Natürlich ergibt sich das auch aus äußeren Einflüssen, aber so stringent ist der Zusammenhang gar nicht.

Was entscheidend ist und meinen Einwand hoffentlich gut auf den Punkt bringt, ist, dass es eine organisierte Gesellschaft für das Betreiben von Forschung und Ingenieurskunst braucht. Wie sich die Gesellschaft aber ordnet hängt stark von kulturellen Faktoren ab (anschauliches Beispiel: Deutschland und Frankreich haben unterschiedliche Forschungsinteressen und auch unterschiedlich organisierte Gesellschaften - in Frankreich hätte die Energiewende von sich aus z.B. nie eine Chance gehabt; beide Länder sind aber auf demselben technisch-naturwissenschaftlichen Entwicklungsstand, machen aber offenbar gänzlich verschiedene Sachen draus. Wenn man nach Südkorea schaut oder in die USA wird's noch etwas deutlicher.). Es braucht weiterhin auch eine Forschungskultur. Meine Unistadt Erlangen hat beispielsweise die höchste Patentrate in Europa und stößt jährlich mehr technische Innovationen aus als die gesamte arabische Welt, bei nur 120.000 Einwohnern, deutlich weniger Geld als in den arabischen Ländern herumliegt und ohne Rohstoffe - es liegt also, empirisch offensichtlich, nicht an äußeren Faktoren, sondern daran, wie die hießige Gesellschaft und die dortige Gesellschaft jeweils organisiert sind, was ihre Narrative sind (hier: wir können es schaffen, wenn wir uns anstrengend, dort: Der böse Westen hat uns ins Elend gestürzt, wir können nichts tun außer Beten), was ihre Ideale sind (hier: Verbesserung der Lebenssituation des Menschen durch technische Innovationen, dort: Verbesserung der Lebenssituation des Menschen durch Tradition und Frömmigkeit) und ihre Erwartungshaltungen und ihre Grundannahmen über die Welt. Viele Denker aus der arabischen Welt könnten gar nicht dieselben Fortschritte erzielen, weil sie, etwa in Ablehnung der Evolutionstheorie, gar nicht an den entscheidenden Punkt kämen.

Was das heißt, ist, dass der Innovationsreichtum hierzulande und die Innovationarmut dort zu großen Teilen auf einen Kulturunterschied zurückgeht. Wenn man deine Definition von Zivilisation als wissenschaftlich-technische Entwicklungsstufe anlegt (würde ich nie machen, weil dann eine hochentwickelte totalitäre Diktatur als zivilisierter gelten könnte als eine mittelmäßig entwickelte freiheitliche Demokratie mit hochentwickeltem Sozialleben), wäre der so gesehene Zivilisationsvorsprung Europas ein Produkt der europäischen Kultur.

Ich denke, das Beispiel zeigt ganz gut, warum eine bestimmte Kultur als Basis für Forschung und Entwicklung nötig ist. Und denken wir an jemanden wie Einstein, der begeistert Violine gespielt hat, dem hat die ihn umgebende Hochkultur sicherlich nicht geschadet bei seinen Entdeckungen. Einstein in Kairo, das wäre nichts Revolutionäres geworden...
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 5. Mai 2013, 13:02

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich bin nicht überfordert, er hat sich übernommen. Was er zunächst trennen wollte, war Neigung vom Willen. Das ist schonmal der erste Fehler, da du Hypothalamus und Hypophyse nicht von Großhinrrinde trennen kannst. Die Großhirnrinde ist eine art Verwaltungswerkzeug, aber letztlich hat das Kleinhirn das Sagen. Unser Verstand hat ein Veto- oder ein Umschreibungsrecht. Nicht mehr.
Ja, kenne ich, die These, unter anderem von Gerhard Roth. Sie hat aber einen gravierenden Haken. Wer argumentiert, die Emotionen hätten das erste und das letzte Wort (wie Roth das tut und Du auch, wenn Du auf die emotionalen Zentren des Hirns verweist, in denen Entscheidungen angeblich getroffen werden), muss sich fragen lassen, warum er dann eigentlich argumentiert, Bücher schreibt und forscht. All diese Projekte der Wissenschaften setzten letztlich darauf, dass der Mensch zumindest insoweit ein rationales Wesen ist, dass er mit Forschungsergebnissen, Argumenten und so weiter etwas anfangen kann. Das ist ein performativer Widerspruch zu forschen – und immer wieder die rationale Überlegenheit zu betonen und dann zu sagen, dass Rationalität (verarbeitet im Neocortex) keine Rolle spielt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Diese Pole aufzubauchen widerspricht völlig der menschlichen Handlungsweise. Den Neigungen hat er eine amoralische Rolle zugespielt, die einen bösen Willen formen. Einen bösen Willen zu postulieren bedeutet einen klaren Widerspruch zuzulassen: Zum einen soll es einen guten Willen geben, der sich dadurch auszeichnet, dass er gewollt ist; zum anderen soll es aber auch einen bösen Willen geben. Aber was ist der böse Wille dann? Etwa nicht gewollt? Ein Wille, der nicht gewollt ist? Und wenn doch, wo ist dann das Alleinstellungsmerkmal des guten Willens, wenn er sich nur dadurch definiert, dass er gewollt ist? Bas ist riesen Mist.

Der gute Wille ist jener, der rational begründet werden. Doch Kant weiß, dass das nicht alles ist:
Wikipedia hat geschrieben:Der Mensch jedoch schöpft die Bestimmungsprinzipien seines Willens nicht allein aus Vernunft, er ist kein rein vernünftiges Wesen, sondern ein teilvernünftiges, ein mit einem sinnlich-affizierten Willen ausgestattetes partielles Vernunftwesen. Das, was außer der Vernunft noch seinen Willen bestimmt, sind nach Kant die Neigungen, Komponenten unserer sinnlichen Veranlagung, die auf dem „Gefühl der Lust und Unlust beruhen“ (Immanuel Kant: AA IV, 427[16]).
Aus dieser Diskrepanz zwischen subjektivem Wollen und objektivem Vernunftgesetz wird der Mensch zum Adressaten einer Nötigung, durch welche die Anerkennung und Beachtung der absoluten Verbindlichkeit objektiver Vernunftprinzipien und deren Priorität vor allen neigungsabhängigen Bestimmungen vom Subjekt eingefordert wird. Das, worin die Nötigung zum Ausdruck kommt, quasi ihr Transportmittel, ist der Imperativ. Imperative drücken immer ein Sollen aus und bringen appellativ zum Ausdruck, „dass etwas zu tun oder zu unterlassen gut sein würde“ (Immanuel Kant: AA IV, 413[17]).
http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorisc ... cher_Wille
Wie Du lesen kannst, sieht Kant sowohl die Verbindung als auch die Trennung. Die Anerkennung der Vernunft als oberstes Prinzip, ist m.E. einen Tacken zu rigide, aber um das angemessen zu diskutieren, muss man Kants Position erfasst haben, was Dir nicht gelingt.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Na wenn du so anfängst, kannst du alles unter "Welt" zusammenfassen. Allerdings beweist oder belegt dies noch lange nicht, dass Kultur relevant wäre.
Mir ist zumindest unklar, wie und warum sich Evolution und Empathie außerhalb der Welt stattfinden sollten, Dir wohl auch.
Evolution und Empathie sind nicht außerhalb der Welt, aber Kultur ist nicht gleich Welt. Die Kultur ist der nutzlose Teil der Welt, die Evolution und Empathie sind der länger existierende Teil. Beide haben keine Überschneidunng, außer im Menschen, aber keine inhaltliche.
Oh weh.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich kann akzeptieren, dass Biologen unter Egoismus alles von der Lebenserhaltung an aufwärts verstehen, das ist ja nicht das Problem. Das beginnt, wenn man mit so grobem Werkzeug nun meint alles weitere erklären zu müssen und zu können und Schritt für Schritt die biologischen Definitionen in alle andere Bereiche exportieren will.
Empirisch scheitert das, weil der psycholgische Egoismus von Batson widerlegt wurde.
Da wurde nichts widerlegt, aber ich steige in keine Diskussion wieder ein, die Monate zurück liegt.
Doch, das wurde widerlegt, Du kannst das ja jederzeit nachlesen, aber ich erinnere mich auch, dass Du es schon damals nicht verstanden hast.

Darth Nefarius hat geschrieben:Deine Ablehnung des Vorgehens ist irrational, mein Vorgehen bedeutet lediglich eine Schnittstelle zwischen zwei Systemen zu finden.
Hast Du nicht gerade erklären wollen, dass es mit der Rationalität ohnehin nicht so weit her ist? Oder was wird Deiner Meinung nach in der Großhirnrinde verarbeitet?

Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist legitimer Vorgang in Naturwissenschaften: Mal wird etwas physikalisch, mal chemisch, mal biologisch betrachtet. Alles beschreibt ohnehin mehr oder weniger das selbe nur auf unterschiedlicher Ebene mit unterschiedlicher Präzision. In deine Haltung spielt die Angst von Geisteswissenschaftlern rein, die sich (nicht ganz zu Untrecht) durch die biologischen Erkenntnisse bedroht fühlen in ihrer Aussagekraft und Position.
Ja, mir schlottern schon die Hosenbeine.

Darth Nefarius hat geschrieben:Deswegen wird einfach gesagt, dass wir nichts in diesen Angelegenheiten zu suchen hätten. Eine vergleichbare Haltung und Angst hatte die Kirche im Mittelalter, die für sich beanspruchte, die Welt erklären zu können. Die Naturwissenschaften konnten es besser und wurden als Bedrohung betrachtet. Leider hat sich diese Haltung bei den Geisteswissenschaftlern gehalten. Meine Haltung hat (abgesehen von ihrer besseren Argumentation) den Vorteil, dass sie den erwünschten Bezug zur Natur des Menschen herstellt, es in einen größeren Kontext stellt, der die Entstehung dieser Systeme logisch erklärt.
Komisch, dass die anderen immer Angst haben, wenn Dir die Argumente ausgehen. ;-)

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Theoretisch scheitert es, weil der aus dem Egoismus resultierende reziproke Altruismus bestimmte Phänomene der realen Welt (mein Beispiele: ein anonymer Spender) nicht mehr abdeckt.

Dein Lieblingsbeispiel, zudem ich unzählige male erklärt habe, wie es durch den Egoismus bedingt ist: Leerlauffunktion der egoistischen Motivation. Oder wie Kant es ausgedrückt hätte: Die Absicht, nicht die Wirkungen, das Reslutat sind entscheidend. Die Absicht des Spenders ist es nicht, alle davon wissen zu lassen, um sein Ansehen zu steigern, sondern um sich selbst besser zu fühlen und zumindest indirekt eine reziproke Handlung zur Gesellschaft auszuführen.
Woher weißt Du denn, dass ein anonymer Spender spendet,um sich selbst besser zu fühlen, hast Du alle befragt? Wahrscheinlich wieder ein unbewusstes Motiv des Spenders, nicht wahr? Wieder mal auf einer petitio principii errichtet.

Darth Nefarius hat geschrieben:Auch wenn sein Verstand ihm sagen sollte, dass die Gesellschaft ihm dafür nichts geben wird, so nimmt er es zumindest emotional an, oder betrachtet die Gesellschaft ein klein wenig in seiner Schuld stehend.
Interessant, gehören seherische Fähigkeiten bei Euch zum Studium?

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Empirie kann man sich hindrehen wie man will, wenn man falsche Grundannahmen stellt.
Woran genau erkennt man den Unterschied?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Desweiteren kann ich nicht erkennen, dass der Begriff Altruismus, der die Absicht beschreibt, das Wohl des anderen vergrößern zu wollen ungültig sein sollte.
Ja, dein Problem ist mir sein Ewigkeiten bekannt. Du willst nur nicht erkennen, dass das Wohl der anderen einen Sinn für einen Selbst haben muss, damit sich das in der Evolution durchsetzt.
Warum muss es das? Ist doch nur ein weiterer Zirkelschluss und damit Dein Problem. „Es ist, weil muss und muss, weil es ist und weil es so ist, muss es auch, jawoll.“ Argumentativ leider gehaltlos.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Kooperation und der Egoismus sind somit eine unausgesprochene, ungedachte Ideen der Evolution, die nicht denken oder sprechen kann. Aber wir sind fähig, dem Worte und Gedanken beizufügen, wir deuten diese Zusammenhänge als nutzenorientiert für das Individuum, welches dadurch seine Fitness steigert. Echter Altruimus ist somit unmöglich.
Wie unterscheidest Du echte und unechten Altruismus. Warum die Definition, dass Altruimus vorliegt, wenn jemand die Absicht hat, das Wohl eines andere zu vergrößern unbrauchbar sein soll, ist weiter unklar. Ob ich offen oder heimlich, bewusst oder unbewusst, viel oder wenig davon habe, jemandem zu helfen spielt für die Definition doch keine Rolle. Wenn man sagt, „das ist ein Dreieck“, ist die Entgegnung „nein, es ist rot“ einfach daneben.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Diese Zweiteilung passt m.E. auch besser zu fundamentalen Zweiteilung des Affektgeschehens, bei dem von Beginn an, aversive und lustvolle Reize unterschieden werden.
Diese Reize haben sich ja nicht von ungefähr eingestellt. Lustvoll ist das, was uns Nutzen bringen soll (oder meistens bringt), Abneigung erzeugend das, was uns schaden könnte. Für unterschiedliche Lebewesen sind diese Reize unterschiedlich verteilt, je nach Lebensstil und das, was nützlich ist. Es ist eine klare Korrelation zwischen dem, was uns nützt und dem, was uns Lust bereitet, erkennbar.
Rauchen, Alkohol trinken, sich Schmerzen zufügen, Sadismus... soll ich weiter machen? So holzschnittartig ist das leider alles nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es ist eine klare Korrelation zwischen dem, was uns zuhauf schadet und bei uns Aversion weckt, erkennbar. Dass ein Zusammenhang besteht, bestätigt sich durch Lebewesen, die anders ihren Nutzen finden, und deswegen wohl eine andere Einteilung vornehmen. Wir finden Exkremente abstoßend, da wir sie nicht verdauen können, sie uns möglicherweise sogar Krankheit einbringen. Ein Mistkäfer hingegen wird kaum eine aversion zu Mist besitzen. Siehst du nicht den Zusammenhang? Die Biologie geht weiter als deine Trennung und deutet die Ursache.
Natürlich sehe ich den Zusammenhang, aber ich sehe auch die Ausnahmen von der Regel und die werden dann gerne als statistische Ausreißer dargestellt und es wird so getan, als bräuchte man sie nicht zu beachten. Das huldigt dann wieder dem Mainstream, gut ist, was Mehrheit ist, siehst Du das nicht?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Alles in allem: Selbst wenn man die biologische Definition des Egoismus akzeptiert, kann ich nicht sehen, welche Erkenntnisfortschritte uns diese Konzept bringt, ich halte es für eher hinderlich.
Es ist nützlich, da Aversion, Lust und Bedingungen a priori für den Willen keine abstrakten Axiome oder widersinnige Prämissen werden, sondern einen Ursprung, eine Herleitung erhalten und somit mehr Logik. Wenn wir uns selbst besser verstehen, können wir auch konsequenter und widerspruchsfreier handeln. Das ist der große Vorteil.
Der Begriff „Logik“ wird von Dir zwar tollpatschig verwendet, aber insgesamt würde ich Deiner Einschätzung durchaus zustimmen. Ich finde biologische Ursachen des tierischen und auch dem menschlichen Verhaltens interessant und die diesbezügliche Forschung hoch spannend. Es ist für mich auch keine Frage, dass die Werkzeuge, derer sich unser Verstand, Ich-Bewusstsein und so weiter bedient, evolutionär entstanden sind. Je mehr da geklärt wird, umso besser. Ich sehe aber, neben den Parallelen, auch deutliche Grenzen. Tiere begründen ihr Verhalten nicht und können es wohl auch nicht, die Menschen sind zentral dadurch definiert, durch das Spiel des Gebens und Verlangens vom Gründen. Dieses rationale Spiel zu entwerten, endet immer im performativen Widerspruch. Warum ich sich abwechselnde Fehlschlüsse (Standard: performativer Widerspruch trifft Zirkel) auch noch beklatschen soll, mag ich nicht einsehen und wenn diese Fehler nicht erkannt werden, dann nehme ich das als Faktum zur Kenntnis, ich kann's ja nicht ändern. Ich habe eigentlich immer die Idee, dass diese Fehler, wenn man sie erklärt bekommt, dann doch relativ leicht zu erkennen sind, dem ist aber offenbar nicht so, schade.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wo soll der Widerspruch sein? Ich habe nur die Prämisse des Utilitarismus als eigentlich egoistisch erkannt: Zuerst habe ich nach der Motivation gefragt, wieso man den maximalen Nutzen für die Allgemeinheit (nicht anstreben sollte, sondern) anstreben wollen könnte.
Der leicht einzusehende Widerspruch ist der, dass das was ich will, nicht zwingend und immer zu dem passen muss, was für alle gut ist. Daraus ergibt sich die Differenz zwischen psychologischem Egoismus (den Du formulierst) und Utilitarismus.
Ja, dieser Widerspruch besteht aber nur insofern für diejenigen, die nicht erkennen, was die Ursache für den Antrieb ist, andern zu nützen: Das ist der eigene Nutzen, wie ich hergeleitet habe.
Nein, Du hast das nicht hergeleitet, sondern einfach als Dogma behauptet. Deine Behauptung lautet, dass alle Antriebe auf den Grundantrieb Egoismus reduziert werden können. Das beginnt bei der Atmung und jeder Form von Selbsterhaltung und endet darin, dass man eine Univerlosung hält, eine Sinfonie komponiert oder meditiert, alles Egoismus. Ob man still spendet, sich als Helfer in Gefahr begibt, auf dicke Hose macht oder jemandem mit dem Lötkolbem foltert, alles Egoismus. Alle Farben sind rot. Gras ist eine grünes Rot, Bananen sind in gelbem Rot zu sehen und die Abendsonne in rotem Rot. Kann man so machen, ist nach Ockham aber schlicht überflüssig. Trennschärfe = Null. Wissenschaftlicher Wert = Null. Wozu also das Theater?

Darth Nefarius hat geschrieben:Meine Haltung beinhaltet diesen Widerspruch nicht, da sie nicht das Wohl aller zur Prämisse ernennt,
Ist auch nicht zwingend, nur bist Du dann einfach kein Utilitarist.

Darth Nefarius hat geschrieben:sondern sie als mögliche, wahrscheinliche Konsequenz aus dem kooperativen Egoismus und weitere (von den meisten unreflektierte, unausgesprochene) Bedingungen und Herleitungen vorraussetzt. Oder anders: Ich habe tiefer gegraben, auch wenn ich den selben Tunnel benutzt habe.
Du verwechselst tiefer mit weiter zurückliegend. Du erzählst, dass ein Ast vom Baum eine Waffen sein kann, und damit in Grunde dasselbe ist, wie ein lasergesteurte Drohne und ein Flugzeugträger, die ja auch nur Waffen sind. Vom Panzer bis zur Steinschleuder als auf das Prinzip Keule zu reduzieren ist nicht tief, sondern entsetzlich flach.
Tiefe und Spanne, Bedeutung und Ausdehnung/Anzahl/Umfang, das wird gerne verwechselt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Dass sich die unrefektiertere Version des Utilitarismus mit der egoistischen mal beißt, liegt an den Defiziten des ersteren. Ich habe ja keineswegs versucht, den Utilitarismus oder Kants Philosophie für mich zu beanspruchen, sondern ihnen (gnädigerweise) ein Quäntchen Logik zugestanden, ihre Prämissen untersucht und versucht, die Systeme zu überarbeiten. Zwangsläufig kommt es da nicht immer zu gleichen Ergebnissen, meine sind nur besser.
In puncto unfreiwilliger Komik, war das wieder ganz weit vorne, ansonsten aber auch nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Gut, stell Dir vor, Du kommst untern LKW und kannst die Polinnen für Deine Eltern nicht mehr zahlen und hast im Gedankenexpertiment auch keine Geschwister. Ganz egoistisch und kooperativ sind die Polinnen dann wieder weg, bist Du dann nicht nur tot, sondern Deine Eltern kommen auch noch unter die Räder, weil sie keinem nützen. Ich habe nichts dagegen – und finde es sogar gut – wenn man für sich selbst sorgt, aber es wird irgendwann zynisch, wenn man sagt, dass der Rest einen nichts angeht.
Auch das Scheitern durch falsche Moral oder Ethik ist nicht ausgeschlossen. Ich kann auch durch moralisch "begründete" Handlungen letztlich nicht absichern, dass meine Eltern oder die, die ich liebe, unter die Räder kommen. U.a. deswegen strebe ich möglichst an, nicht vorher draufzugehen. Dass mich der Rest nichts angeht, habe ich nicht gesagt, ich habe nur nach dem kategorisiert, was mich interessiert und was nicht. Ich habe übrigens auch gar keine Geschwister (ja, da leitest du dir jetzt meine Einzelkind-Defizite ab, was?).
Mach Dich mal locker, was die Strickdreherei angeht, nur weil Du jede Möglichkeit zur Attacke nutzt, gibt es dennoch Menschen, die anders gestrickt sind, auch wenn Du das nicht glauben kannst. (Die erkennen nur ihr wahres, egoistisches Unbewusstes nicht so klar, wie Du ;-) ) Gerade weil Du zwar beschließen kannst 187 Jahre zu werden, das Leben aber dummerweise da noch was mitzureden hat, kannst Du auch mal Pech haben und wenn jeder nur an sich denkt, haben Deine Liebsten, dann schlechte Karten. Ich würde beruhigter sein, wenn ich wüsste, dass man meine Liebsten nicht eiskalt über die Klinge springen lässt. Der Faktencheck macht mich da zwar ehrlicherweise wenig optimistisch, aber eher insofern, als sich Deine Denkweise – was nutzt mir der andere? – schon weiter durchgesetzt hat, als es mir lieb ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich sehe jeden, der moralisch oder ethisch argumentiert als an-der-Realität-vorbeigehend. Eure Grundlage ist normativ, nicht deskriptiv und das ist gehört nicht zur Realität.
Wie, es gibt keine Anweisungen, DIN-Normen, Gesetze, Gebote, Verbote, Straßenverkehrsregeln, Sicherheitsbestimmungen für Gefahrstoffen ...? Ich finde die sehr real.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Meine Ansätze, meine Ziele basieren ja wenigstens noch auf theoretischen Chancen, aber ich kann kein Weltbild anstreben, welches der Realität eindeutig widerspricht.
Widerspricht schon, denn Ideale verweisen stets auf das, was sein könnte.
Nein, sie verweisen auf das, was angeblich sein sollte.
Ja, aber ein Sollen ohne Können zu formulieren, wäre in der Tat unrealistisch.
Darth Nefarius hat geschrieben:Einer Maus ist sich wohl grunsätzlich bewusst, dass die Eule sie töten könnte, das will sie aber nicht.
Nein, das glaube ich nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Diese Konventionen sind Illusionen. Die Menschen tun nur das, was sie wollen. Kein Sollen zwingt sie, bei der Kasse sich nicht vorzudrängeln. Sie wollen nur nicht dumm angeguckt werden.
Um zu verstehen, dass man dumm angeguckt werden würden, muss man die Konventionen kennen, verinnerlicht haben. Damit sind die real.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und zum anderen kann ich an mich andere Ansprüche stellen als an die Gesellschaft. ich kenne meine Stärken, meine Schwächen, ich kann mich selbst zwingen zu handeln, aber andere nicht.
Etwas anderes verlangt Ethik auch nicht, als es je selbst so gut wie möglich zu machen.

Die Ethik postuliert ein Sollen und dichtet damit der Welt einen Zwang auf. Sie alle wollen zudem universell sein, damit versuchen sie über Subjektivität hinauszugehen und nicht selten führt das dazu, dass einer den anderen versucht zu zwingen.
Nein, Ethik appelliert an die Subjektivität. Dein Gewissen entscheidet mithilfe Deines Verstandens.
Zuletzt geändert von Vollbreit am So 5. Mai 2013, 13:19, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 5. Mai 2013, 13:04

Darth Nefarius hat geschrieben:Du kennst mich etwas, deswegen denkst du überhaupt an meine Eltern. Du empfindest über mich Empathie für sie. Aber eben nur, weil wir uns etwas kennen und du sehr empathisch bist. An meine Eltern hättest du nie gedacht, wenn ich nicht angefangen hätte, in diesem Forum zu schreiben.
Nein, Deien Eltern sind mir zwar näher, durch unseren Austausch als die von jemandem, den ich nicht kenne, aber ich habe prinzipiell alle Menschen im Sinn. Mir sind aber nicht alle gleichermaßen nahe, ich will aber – ganz im Sinne Kants – dass bestimmte Rechte für alle Menschen gelten, auch wenn dies de facto nicht der Fall ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Du machst eigentlich nichts anderes, aber mit anderer Motivation: Obwohl du die Auswirkungen gar nicht belegen kannst, behauptest du, dass meine Einstellung die Gesellschaft asozialer machen würde: Die leute würden sich nicht mehr umeinander kümmern und das findest du ganz furchtbar. Meine Hypothese fällt anders aus. Es steht Aussage gegen Aussage, aber dein Szenario hat nicht mehr Berechtigung als meins (eigentlich noch nichtmal gleich viel, da du viele Aspekte einfach ignorierst).
Warum, genau darüber diskutieren wir doch bereits. Das Problem Deiner Einstellung ist m.E. ein theoretisches. Es ist sehr gut möglich, dass Du im Alltag kein bisschen unmoralischer bist, als ich. Das ist die Praxis. Was ich falsch finde, ich Deine Theorie und ich glaube einfach, dass Dein Verhalten oftmals nicht mit Deiner Theorie zu erklären ist. Man könnte es also auf sich beruhen lassen und sagen, na gt, wir beiden bringen keinen um, also was soll's? Mag jeder glauben, was er will und gut ist. Ich halte aber Dein Weltbild insgesamt für nicht so toll und würde es gerne etwas verändern, mir ist aber klar, dass das ein sensibler Punkt ist. Meine Erfahrung ist, dass Internetdiskussionen, so unnachgiebig man im Einzelfall sein mag, dennoch den anderen verändern, es bleibt was hängen , was für beide Seiten gilt, ich habe zumindest schon viele gute Anregungen von meinen Kollegen bekommen, warum soll man das nicht weiter geben.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Für mich hat das Individuum einen hohen Stellenwert, deshalb würde ich auch kategorisch sagen, dass 20 Leute nicht das Recht haben den einen zu mobben, weil das Individuum schutzbedürftig ist und auch Recht hat geschützt zu werden, was wiederum heißt, dass wir die Pflicht haben, es zu schützen.
Da besteht kein Zusammenhang: Du sagst, weil jemand etwas benötigt, haben andere die Pflicht es ihm zu beschaffen?
Im Grunde, ja.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und was wenn die Not unterschiedlich stark interpretiert wird?
Kein Problem, das ist ja so.

Darth Nefarius hat geschrieben:Hier betrachten einige es als nötig einen Mindestlohn einzuführen, als ihr ausgesprochenes Recht (und dieses stützt sich, wie ich unzählige male schon geschrieben habe, auf reinem egoistischen Verlangen, welches durch die Scheinheiligkeit der Ethik und Moral aufgewertet werden soll). Andere müssen und kommen mit weniger aus. Deine Position ist nicht haltbar.
Meine Position ist einfach das Subjekt schützen zu wollen, im Grunde so, wie das Grundgesetz es sagt: Die Grundrechte müssen gewährt sein, die Würde darf nicht verletzt werden, es soll niemand verhungern und erfrieren, der nicht will, die Privatheit muss geschützt sein und so weiter. Ein Grundrecht aus Porsche und Pelzmantel hat keiner, ich würde tendenziell soziale Zuwendungen auch eher kürzen und Arbeit dafür besser bezahlen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Schön, dass du kapiert hast, dass sich allgemeine Aussagen bezüglich der Gewalt und der Dehumanisierung nicht immer praktikabel sind. Ist dann nicht die Konsequenz, dass in vielen anderen Fällen Moral und Ethik ebenso unangemessen ist? Wozu überhaupt noch Regeln aufstellen, wenn man als intelligenter Mensch die Situationen ohnehin jedesmal neu analysiert? Die normativen Aussagen sind dabei nur noch hinderlich.
Nein, überhaupt nicht. Man kann ja akzeptieren, dass Gewalt prinzipiell tabu ist, aber sagen, dass es begründete Ausnahmen gibt. Vom mildernden Umständen bis zur Notwehr ist das im Grunde gut geregelt und vieles ist Ermessenssache. Der Staat hat bei uns das Gewaltmonopol, fertig. Kann er mich nicht schützten oder hat kein Interesse daran, würde ich mir im Zweifel vermutlich auch selbst helfen. Lässt man hier das Prinzip der Angemessenheit walten, hat auch der Staat kaum was dagegen. Wenn Notwehr gestattet ist, heißt das nicht, dass man wahllos töten darf, das ist ein Unterschied.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und gerade weil mehr zu holen ist, macht es ethische Richtlinien überflüssig.
Ethische Richtlinien sind ab einem gewissen Punkt auch überflüssig. Aber zu diesem Punkt muss man erst mal kommen. Kant sagt ja nicht: Tue dies, lass das (das wäre eine moralischer Forderung) er sagt (wie der Utilitarismus): Entscheide selbst. Nur, bedenke dabei mehr als nur deine Situation, denn wenn du mal der andere bist, wirst Du dir womöglich wünschen, dass der andere auch nicht nur an sich denkt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und rohe und Dumme Menschen erreichst du auch nicht mit Moral oder Ethik, sie pervertieren sie eher und werden dadurch umso schädlicher.
Um die mit denen man nicht reden kann, geht es doch auch nicht. Mit denen rede ich auch nicht. Aber man setzt ja mit seinen Aktionen jeweils auch Zeichen, im Zweifel für die, die sehen, dass und wie man mit diesem oder jenem umgeht oder eben auch nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:So bekämen sie wenigstens keine Rechtfertigungsgrundlage für Grausamkeiten (wie "Deus vult!"- dies würde einfach fehlen und sie würden als dumme und rohe Menschen erkannt werden. Weniger Grausamkeit durch weniger normative Aussagen).
Ein egoistisches „Macht mir halt Spaß“, rechtfertigt doch im Zweifel alles. Das Problem bei Deinem Egoismus ist, dass er im Grunde nicht wahnsinnig egoistisch ist. Du stellst ja nicht das Lustprinzip an oberste Stelle, sondern eher die Vernunft. Du bist recht strukturiert und diszipliniert, was Deine Ziele angeht und würdest sagen, dass Du das so willst und die Vorteile aufzählen, die Du später mal davon hast. Vermutlich stimmt vieles davon, nur ist das nicht „egoistisch“ im Alltagssinn. Dazu kommt, dass auch der biologische Egoismus nicht der Alltagsvorstellung von Egoismus entspricht und aus dieser Bedeutungsdifferenz erwachsen die ganzen Missverständnisse um den Begriff „Egoismus“. Die muss man klären und das ist dann etwas kompliziert.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Diese beruht auf einem Empfinden, nicht einer anerzogenen Doktrin, die an der Realität vorbeigeht. "Das tut man nicht" ist immer falsch, es wird getan.
Das ist jedem klar, der diese Wendung gebraucht.
Und offensichtlich sind sie alle unfähig zu erkennen, dass "Doch." als Antwort ausreicht. Wozu dann soetwas aussprechen? Es überzeugt nicht, es ist kein Argument, noch nichtmal ein zwingendes.
Was soll ich da antworten. Geh mal mit Leuten um, die diese Nummer durchziehen. Sie finden sich selbst immer ungeheuer originell, im Grunde ist das aber sehr schnell sehr öde.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Nein, es wird bewertet und damit werden gerade in der Erziehung jene Grenzen skizziert, die Kinder so dringend brauchen und mit denen von vielen Seite so ungeschickt umgegangen wird.
Das ist formell keine Bewertung. Vor 200 Jahren ist noch niemand mit dem Flugzeug geflogen, ist es deswegen für die ersten Flieger unmoralisch gewesen?
Hä?

Darth Nefarius hat geschrieben:Ist jede einzigartige Handlung deswegen unmoralisch oder schlecht? Wenn du mal überlegst, dann ist diese Folgerung nicht selten aufgetaucht bei dümmeren Massen: Technische Fortschritte wurden (und werden!) noch heute eher gefürchtet, weil "das niemand tut". Aus der Seltenheit wird der Mangel an Moral scheinbar abgeleitet. Konservativismus und Rückständigkeit resultieren aus deinem Denkfehler: Das tut man nicht ist für dich eine Wertung.
Das ist eine Wertung, nicht nur für mich. Aber was hat das mit Technik zu tun? Deinen Beruf werden nicht alle lieben, aber das ist Dir doch eh klar.

Darth Nefarius hat geschrieben:Folglich ist das, was alle tun moralisch. ist es nicht so? Siehst du nicht, welche Probleme diese Aussagen verursachen?
Natürlich, erzähle ich Dir doch die ganze Zeit, wenn Du wieder der Meinung bist, was all tun, sei gut, da nützlich, weil wenn nicht nützlich, würden es ja nicht alle tun.[/quote]Also, da Du ja so oft die Transferleistung einforderst, transferiere mal.

Darth Nefarius hat geschrieben:Sie sind pures Gift für jedes Kind, für jeden leicht manipulierbaren Verstand.
Nein, sie stellen einfach eine Orientierung dar. Gift ist der Verzicht auf Erziehung.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Nur der Mensch ist zu Bösem fähig, einem Tier kann man nichts krumm nehmen, weil es eben nicht genug Verstand hat. Es weiß nicht, was es tut, wie die Normen sind und kann sich keiner Schuld bewusst sein. Der Menschen, wo er nicht schwerst intelligenzgemindert oder psychotisch ist, kann das wissen und darum ist er zum Bösen fähig.
Tja, dann ist Dehumanisierung formell nichts schlechtes?
Warum? Ich sehe nicht, wie man aus dem, was ich schrieb darauf schließen kann.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Da kann ich Dir nur umfassend zustimmen, gerade darum ist es wichtig, zum Dialog zurückzukehren und die wirklichen Idioten anzuprangern.

Die Idioten sind diejenigen, die es den etwas clevereren so leicht machen, jemanden zum Feind zu erklären, indem sie die Definition vom Bösen oder Guten als legitim erachten. Der Dialog ist nur möglich, wenn niemand für sich Moral beansprucht.
Worüber willst Du denn dann reden, wenn Du keinen Standpunkt hast?

Darth Nefarius hat geschrieben:Nur wenn man sich auf die gleiche Ebene der Egoisten stellt, die aber zur Kooperation und zu Kompromissen bereit sind, kann man auch wirklich verhandeln, miteinander reden. Das wäre ein unbestreitbarer Vorteil meiner Philosophie gegenüber der Moral und Ethik, die ohne das Böse oder Gute nicht auskommen können.
Nein, das ist rein technisch noch immer noch immer ziemlich untere Schublade, Dir sind die Gedankengänge da einfach nicht vertraut.

Darth Nefarius hat geschrieben:Den Menschen zu ändern bedeutet, dass man eventuell Verbrechen an denen zulässt, die man für nicht vereinbar mit seinen Idealvorstellungen hat. Mal sind es Ungläubige, mal Juden, mal Zigeuner oder sonstwer, die diesen Vorstellungen nicht entsprechen. Aus der Haltung den Menschen ändern zu wollen entstehen Verbrechen an Menschen.
Du meinst also, das gentechnische „Optimierungen“ problematisch sind, auch wenn sie „gut“ gemeint sind und die Abweichler einfach nur den eigenen Idealen nicht entsprechen? Hier lass mal ein wenig die Sonne drauf scheinen, keiner ist blindwütig gegen den Fortschritt oder Technik oder dergleichen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Umstände anzupassen bedeutet für mich, sich die Angebote der Natur zunutze zu machen, zu kultivieren, anzupassen, neu zu verwenden, zu imitieren. Das deckt Verfolgung von menschlichen Minderheiten nicht ab und ist deswegen die bessere Alternative zur moralischen/idealistischen Sichtweise, die von "idealen" Menschenbildern ausgehen. Die logische Konsequenz aus einem nicht realen, aber idealen Menschenbild ist, dass es nicht-ideale Menschen gibt. Unempathische, grausame Menschen mit diesem Werkzeug der Argumentation können so Verbrechen an diesen Menschen legitimieren. Moral liefert nichts brauchbares, was der Mensch intuitiv oder mit rationalem, egoistischen Denken nicht auch hinbekommt, allerdings liefert sie genug Rechtfertigung für Grausamkeit und Verbrechen.
Also, ich sehe, dass Du, lapidar gesagt, kein Arsch sein willst, was ich schon mal gut finde. Du versuchst da eine argumentative Linie zu finden, die Dein vermutlich überwiegende ehrenwertes inneres Empfinden untermauert und das ist mit der argumentativen Linie nicht drin, es kann nur krumm werden. Da könntest Du noch so intelligent sein, bei dem Prämissen kann nichts Gescheites rauskommen. Es ist einfach so, man kann Egoist sein und Mörder oder Folterer und so weiter, Du würdest dann immer sagen, das sein ein dummer Egoist, aber das ist quer zum Alltagsbegriff und auch im Rahmen eines biologischen Fachterminus hochproblematisch. Das Problem ist einfach, dass der Begriff – mal alle innerbiologischen Kontroversen außer Acht gelassen – in einem soziobiologischen Kontext nicht das hergibt, was draus gemacht wird, nämlich ein allerklärendes Navigationssystem für den menschlichen Alltag und ein theoretisches Gefüge für Moral/Ethik.
Dabei negiere ich bspw. keinesfalls die Möglichkeit, dass Moral auch natürlichen Quellen haben kann, dass bspw. ein Sinn für Fairness angeboren ist, weil er sich als evolutionär erfolgreich erwiesen hat. Es ist nur schwer philosophische und naturwissenschaftliche Argumentationslinien abzuwägen, wenn man nicht beide kennt. Das naturwissenschaftliche Denken ist uns geläufig, weil jeder Junge früher „Was ist was?“-Bücher oder so was in der Art gelesen hat, aber philosophisches Denken ist uns weitgehend unbekannt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber bewerten bedeutet nicht "moralisch bewerten". Es kann bedeuten, dass man etwas als gefährlich/unrealistisch/harmlos/witzig oder sonstwie bewertet. Es folgt keine moralische Bewertung aus diesem Vorgehen, der Mensch kann darauf verzichten.
Tut doch keiner. Es wird doch gerade von denen, die auf Moral verzichten wollen, geätzt und gewütet, wie überflüssig, minderwertig, dumm, schlecht und nutzlos so etwas wie Religion oder Moral oder Ethik sei. Da heißt es dann, Gehirnverkleisterung, Leben weggeworfen, fremdgesteuert und all die bekannten Tiraden – nur das Wort böse oder schlecht vermeidet man, weil man es zur Tretmine gemacht hat, albern.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Und da man auf Wertungen nicht verzichten kann und es auch keinen vernünftigen Grund gibt, das zu tun, geht es um den ausgewogenen, differenzierten Blick und die Fähigkeit die Ambivalenz, gerade auch der Gefühle, akzeptieren zu können. Ambivalenzen tolerieren zu können, ist ein Gradmesser für psychische Entwicklung.
Ambivalenz ist in diesem Fall ein Euphemismus für Widerspruch.
Ja und nein. Kein Widerspruch wie vegetarischer Schnitzelesser oder utilitaristischer Egoist. Es geht um die Ambivalenz der Motive, bei mir, beim anderen.
Hier hast Du mal ein der größeren Klammern, die in der Lage sind Widersprüche anzusehen und zu integrieren, zu sublimieren. Ein Schatz den man heben kann, im Laufe des Lebens, der sich aussöhnt, mit den Widersprüchen zwischen Natur und Verstand, dort wo die Kleingeister eine entweder/oder verlangen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir eine Über-Ich/Gewissen haben und das es wesentlich gesellschaftlich konstituiert ist.
Ich bezeichne mich in dieser Haltung noch nichtmal als Einzelfall und will dadurch meine besondere Position unterstreichen. Ich zeige dir nur, wie wenig du einen Amoralisten überzeugen kannst, der eine ebensolche Einstellung hat. Und dann gibt es noch solche, die nicht wie ich auch noch nichtmal zur Empathie oder zu logischem, utilitaristischen Denken fähig sind. Und dann hast du und jeder, der sich auf Ethik und Moral verlässt, ein Problem.
Ich glaube, wir haben nicht nur abweichende Vorstellungen davon, was Ethik ist, sondern auch, wozu sie dient. Ethik ist für einen selbst, wenn man so will, eine Navigationshilfe. Es geht zwar um den Austausch mit anderen, aber unterm Strich darum, was einem als bestes System des Umgangs miteinander vorschwebt. Aber Ethiker gehen nicht missionieren. Ob das einer tut, ist eher persönlichen Neigungssache. Ich kenne Menschen, die es in großartiger Weise schaffen, völlig unmotivierte Schluffen für ein Thema zu begeistern, das sind gute Pädagogen. Meine Sache ist das nicht, eher ein Albtraum für mich.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Egoismus ist der erste Antrieb. Wer das negiert ist dennoch ein unbewusster Egoist, da Egoismus bekanntlich der erste Antrieb ist

Die Aussage wird dadurch nicht falsch, dass einige es anders sehen.
Erstaunlich, dass Du wirklich mit Blindheit geschlagen zu sein scheinst, was diese petitio principii angeht. Das ist doch schon eine so grob formulierte Überzeichnung von mir, gewesen, dass einem fast die Tränen kommen und Du sagst tatsächlich, dieser fette logischen Fehlschluss sei nicht falsch? Falscher kann eine Aussage kaum sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:Früher hat man gedacht, dass das Gehirn zum Kühlen des Blutes vorhanden ist, die wenigsten Mediziner in dieser Zeit dachten, dass es eigentlich unser "ich" ausmacht. Tatsachen sind nicht allen bewusst, manchmal sogar nur den wenigsten. Es kommt auf die richtige Argumentation und Beweisführung an.

Es kommt auf das an, worauf Du Dich so gerne berufst. Philosophen sind darauf trainiert Begriffe zu klären und Aussagen auf ihren logischen Wahrheitsgehalt hin zu prüfen. Begriffe klären heißt erst mal rauszufinden, was jemand genau meint, wenn er „x“ sagt. Man kann Begriffe völlig quer zum bisherigen Gebrauch verwenden oder neue kreieren, all das geht, die praktische Frage ist, ob man es schafft, dass jemand „mitspielt“, in aller Regel nicht. Das sind dann einfach die Grenzen, die einem gesetzt sind. Ob die Aussagen formal richtig sind, ist eine Frage der Logik und ihrer Schlussregeln. Das ist ein formaler Vorgang und Du kannst Form und Inhalt offenbar nicht trennen. Logik ist ein Werkzeug, wie eine Rohrzange oder ein MRT oder ein Streifen Lackmuspapier. Ein Werkzeug für die Form, so dass man sagen kann, was sich als formal falsch erwiesen hat, braucht inhaltlich nicht mehr geprüft zu werden, die Argumentation ist sicher falsch. Das ist schon alles, aber viel wert.
Wie man dann die Problematik von Existenzaussagen behandelt, steht auf einem anderen Blatt, aber wenn man bereits an den logischen Grundbegriffen regelmäßig scheitert, ist dieses Problem zu behandeln vollkommen unangemessen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Und Altruismus bedeutet nicht, dass man sich selbst was Gutes tun will.
Richtig, deswegen ist jede Handlung, die uns unbewusst als richtig und angemessen erscheint, aber wir auf sie durch Triebbefriedigung durch Hormone konditioniert sind, keine altruistische sondern eine egoistische. Der Gedankengang ist folgender: Wir tun (eigentlich immer) das, was wir wollen. Was befähigt uns, zu wollen: Der Anreiz durch Hormone, durch sie sind wir auf bestimmtes konditioniert (nicht selten angeboren). Das bedeutet, wir wollen nur das tun, was uns belohnt (durch Hormone). Dieser Antrieb ist auf sich bezogen, auf den eigenen Vorteil, also egoistisch. Die Priorität des Egoismus ist nicht, nur sich selbst einen Nutzen zu verschaffen, sondern sich grundsätzlich einen Nutzen zu verschaffen. Alles andere ist als Definition ungeeignet.
Das ist nur eine weitere petitio principii: Wir tun, was wir wollen. Wir wollen, was uns hormonell erfüllt. Also tun wir, was uns hormonell erfüllt.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 5. Mai 2013, 13:28

Mal abgesehen davon, dass der Begriff des „Wollens“ hier exakt das Gegenteil Deines sonstigen Begriffs vom „Wollen“ meint. Die ganze Zeit versuchst Du zu erläutern, dass das Wollen, ein rationales Abwägen ist. Du prüfst die Vor- und Nachteile und darum machst Du da und dort keinen Urlaub, gehst lernen statt feiern, alles sehr rational. Hier nun hebelst Du, offenbar ohne den eklatanten Widerspruch zu bemerken, die Rationalität mal kurzerhand vollkommen aus, zugunsten der öden Fabel Hormone, die uns alle steuern. Wir wollen nur, was unsere Hormone wollen, nicht was die Rationalität gebietet. Und unsere Hormone wollen keinen Urlaub in Ländern machen, wo man Ebola bekommen könnte. Jetzt muss man nur noch erklären, wie es kommt, dass Hormone lesen können.
Also eine Selbstwiderspruch kombiniert mit einer petitio principii. Du gestattest, dass ich das ein weiteres Mal nicht ernst nehme.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn in eine Begriffswelt mehr Logik reingebracht wurde, kann auch die Lebensphilosophie logischer gestaltet werden.
Sicher und falls Du das logische ABC mal beherrschst, können wir meinetwegen drüber reden.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist es ja nicht, was ich sage. Der Darwinismus leitet klar her, warum einige Motive vorhanden sein MÜSSEN.
Welche und warum?

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn der betreffende sie selbst nicht wahrnimmt, so sind sie folglich unbewusst vorhanden.
Oder gar nicht vorhanden. Wir werden alle von Marsmenschen ferngesteuert. Du glaubst das nicht? Nun, dann ist Dir das unbewusst, ferngesteuert wird Du dennoch.

Darth Nefarius hat geschrieben:Dies wird auch durch Handlungen bekräftigt, die überproportional die Fitness oder den Nutzen des Individuums steigern, obwohl sie so nicht bewusst gedacht sind.
Welche und warum?

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Biologie muss nicht mit bewusstenn Systemen arbeiten, es ist fast immer eine gedankenlose Maschine, die ihre Arbeit erledigt.
Ja, außer eben, wenn denkefähige Wesen ins Spiel kommen, deshalb ist die Aussagenkraft der Soziolbiologie begrenzt. Eigentlich ganz einfach.

Darth Nefarius hat geschrieben:Routinevorgänge unbewusst zu gestalten hat sogar seine Vorteile, oder wer würde schon immer daran denken wollen, dass sein Herz schlägt? So in etwa funktioniert auch unsere Motivation. Intuition durch die Prädisposition ist eine Absicherung für die korrekte Motivation, die zum eigenen Vorteil führen muss. Und Intuition bedeutet, dass einiges unbewusst ist.
Was hältst Du von der Möglichkeit, das es auch bewusste Motive gibt, wie lernen statt feiner, oder nicht nacxh Afrika zu reisen? Der Begriff „Intuition“ ist m.E. bedeutungsreicher, als dass er nur „unbewusst“ meint. Der Begriff „unbewusst“ ist auf jeden Fall bedeutungsreicher, als dass er nur meint, keinen kognitiven Zugang zu bestimmten Abläufen in einem zu haben.
Ansonsten sind Rouinevorgänge und Automatismen sicher ein evolutionärer Vorteil, keine Frage.,

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Altruistisch ist eine Handlung, wenn sie die Absicht hat, das Wohl des andren zu vergößern. Ob mich das glücklich macht oder nicht ist Nebensache.
Das ist keine Nebensache für die Evolution.
Der Evolution ist alles scheißegal, sie hat kein Ziel. Oder bist Du Teleologe? Hier geht es auch nicht um Evolution, sondern Begriffsdefintion. Falsche Baustelle.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:[...]Mein Wille besteht aus Trieben und rationalen Eigennutz. Da ist kein Raum für Moral.
Das ist richtig, Du machst Dich, ohne Absprache mit anderen, zur moralischen Erst- und Letztautorität.
? Ich mache mich dadurch zu einem Wesen abseits von Moral und Ethik! Ich stehe abseits, ich benötige sie nicht. Dadurch werde ich nicht zur Autorität oder erkläre mich zu ihr.
Doch, da Du damit, übrigens unbewusst im Sinne logischer Festlegungen, eine metaethische Aussage triffst. Du sagst ja, Du brauchst die nicht und im Grunde bracht sie kein Mensch. Sofern das keine reine Willkürbehauptung sein soll, hast Du Dich damit zur Autorität aufgespielt.
Ist ja kein Problem, ich behaupte ja auch, den Quatsch den Soziolbiologen verzapfen braucht, in weiten Teilen, kein Mensch und damit beanspruche ich auch Autorität


Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Kanalysierung und damit die Steigerung der Effizienz ist eine Sublimierung.
Nein, das ist den Trieb in neue Bahnen zu lenken. Der Vergewaltiger wartet auch auf den günstigen Moment und kann sich eine Zeit lang beherrschen. Das ist keine Sublimierung.

Sublimierung bedeutet "ganz allgemein, dass etwas auf eine höhere Stufe gebracht wird, sozusagen durch einen Veredelungsprozess. Der gleiche Wortstamm wird auch in Wendungen wie „ein sublimer Einfall“[1] in der Bedeutung besonders fein, erhaben gebraucht.

Sigmund Freud verstand unter Sublimierung eine Umwandlung oder Umlenkung von Triebwünschen in eine geistige Leistung..
" (aus Wikipedia)
Das bedeutet, dass der Trieb letztlich auch nur kanalysiert wird.

Nein, es bedeutet das, was Du gerade zitiert und nicht verstanden hast. Eben nicht zuschlagen wollen, auf die günstige Gelegenheit warten, weil gerade die Polizei da steht, und später zuschlagen, das wäre Triebaufschub, Affektkontrolle. Sinnvolle Eigenschaften, aber keine Sublimation. Sublimation bedeutet z.B. die Spannungen die sich aus Ambivalenzen (widerstreitenden Gefühlen und Motiven) ergibt, kreativ zu nutzen und ein Gedicht zu schreiben, statt mit dem Kopf gegen die Wand zu hauen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Auf einmal bist Du Empirist und lehnst den Rationalismus, auf den Du Dich sonst immer berufst ab, so so. Nee, ich kenne diese hilflosen Drehungen im Kreise recht gut, wie gesagt, Du kannst auch in diesem Fall nur insofern was dafür, als Du, unfreiwilliger als Du glaubst, ein Verführter bist. Du hast allerdings die Pflicht das zu entwirren, kann Dir keiner abnehmen oder bist eben gezwungen auf Dauerwerbesendung zu schalten und die nächsten Jahrzehnte den ewig gleichen Mist wiederzukäuen.

Wo genau hast du meiner Unterscheidung der Wertigkeit zwischen Mathematik und Ethik eigentlich den Todesstoß gegeben? Du hast nur bemängelt, dass ich vom Rationalismus angeblich auf den Empirismus wechselte, aber das ist falsch, ich war immer Empirist, aber als solcher ist man ja nicht zwangsläufig unfähig, ohne Statistiken und alle Belege zu argumentieren.
Du müsstest Dich damit beschäftigen, zu klären, ob und wie (oder warum nicht), man von der Empirie zur Theorie gelangt. Die Arbeit hat Dir Sellars abgenommen, aber den gedanklichen Nachvollzug muss jeder selbst leisten. Ich habe das bereits zu erklären versucht, besser kann ich es nicht: viewtopic.php?f=47&t=4354&p=96266#p96266

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und dass Menschen bei irgendetwas unter die Räder geraten ist doch für dich kein Argument bei der Ethik! Wieso ist es dann auf meine Haltung angewendet ein Argument?
Und es ist auch purer Blödsinn, dass jemand dabei unter die Räder gerät. Ignoriert zu werden bedeutet keinesfalls elendich verrecken zu müssen. Manche sind auch selbstständig, oder bilden ihre eigenen Gruppen.
Nichtbeachtung ist im Grunde die Höchststrafe die wir aussprechen können, als soziale Wesen. Das gilt von Geburt an, Affen bevorzugen die soziale Nähe noch vor der Nahrung.

...oder Exilanten. Aber hey, meine Vorfahren wurden in die Wüste geschickt, weil keiner eine Kugel an sie verschwenden oder in ihrem Land haben wollte und trotzem existiere ich und bin stinksauer! Unkraut vergeht nicht, es wuchert nach dem Versuch der Beseitigung nur noch wilder! Der Tod ist die schlimmste Strafe, alles andere kannst du überleben.
Kann man so und so sehen. Frag mal Selbstmörder oder Viktor Frankl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Viktor_Frankl

Darth Nefarius hat geschrieben:In diesem Fall spricht einfach meine Erfahrung und die meiner Eltern, Großeltern und Urgroßeltern aus mir: Ignoranz ist gar nicht so schlimm, schlimmer ist es, wenn du verfolgt wirst. Die Ignoranz oder Unauffälligkeit ist kein Nachteil, sondern sogar für den richtigen Anwender ein Vorteil, du kannst dich in Systemen bewegen, die es nichtmal für möglich hielten. Es entsteht ein heimatloses Arschloch, welches Loyalität nur für sich kennt und auf seinen Vorteil wartet und ihn sehr erfolgreich findet, obwohl niemand damit rechnet.
Ich kann verstehen, dass einen mythische Selbstüberhöhungen in existentiell bedrohlichen Situationen retten. M.E. ist diese Fähigkeit evolutionär sinnvoll, kann aber in zivilisierten Gefilden abgelegt werden, da sie sich hier eher als unangemessen darstellt. Ich glaube allerdings, dass man diese Ader nicht versiegen lassen sollte, sondern m.E. das Leben reicher wird, wenn man sie am Leben erhält. Da scheint mir das letzte Wort längst nicht gesprochen zu sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Gesellschaft (also eine größere) ist repräsentativ für einen Genpool mit diesen Erfordernissen. Wenn die meisten egoistisch und empathisch sind, ist es die Gesellschaft insgesamt auch.
Deskription, ja und? Daraus folgt kein Sollen.

Richtig, war auch nicht beabsichtigt. Es geht nur um den Willen und seine Beschreibung. Und um sich zu kreisen ist ja nichts schlechtes. Es bedeutet, dass ich nur das glaube oder denke, was ich mindestens an mir selbst bestätigen kann.
Gut, hier könnte ich dann schreiben, wie man schmackhaftes vegetarisches Chili zubereitet und wir tauschen lauter nette Geschichten aus. Doch wen oder was, welche Geschichte sollte man sich zum Vorbild nehmen? Möglicherweise gar keine, kann auch sein, endet nur in dem Selbstwiderspruch, dass man dann sagt: „Meine Geschichte lautet: Nehmt euch überhaupt niemanden zum Vorbild.“ Okay, nur, wenn man es ernst nimmt, warum sollte man sich dann ausgerechnet diese Geschichte zum Vorbild nehmen? Immer wieder auf diese logischen Widersprüche hingewiesen zu werden ist nervig, aber sinnvoll, denn es gibt durchaus Auswege.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Woran erkennt man denn, ob eine Gesellschaft ausstirbt, oder sich nur häutet?
Was? Willst du mich gerade verarschen? Eine Gesellschaft stirbt aus, wenn ihre Population dramatisch schrumpft.
Ah, so wie bei uns im atheistischen Europa.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Population der Menschheit steigt.
Ja, vor allem bei den Moslems, ist ein empirisches Faktum.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wie gesagt, Darwins einziges Kriterium für evolutionären Erfolg ist Kinder in die Welt zu setzen, die ihrerseits Kinder in die Welt setzen. Und da sieht es für Europa (und die EX-Sowjet-Staaten) richtig trist aus. Vorbildlich hingegen sind fast alle Länder, in denen der Islam ansässig ist, aber auch das Christentum ist halbwegs ein Garant für darwinistisches Erblühen. Keinesfalls nur in den Armenhäusern der Welt.

Die zuletzt erwähnten Gebiete befinden sich nur auf einem anderen Stand der Zivilisation. Sie sind uns nicht überlegen, sondern machen nur Entwicklungen durch, die hier bereits abgeschlossen sind (oder beinahe). Der Trick ist, nach diesen Entwicklungen überhaupt noch zu existieren, das haben nicht alle europäischen Länder/Staaten/Systeme hinbekommen.
Ist für Darwin völlig egal, wenn Du auf allen Viren läufst und Dich dabei fleißig vermehrst und Deine Kinder das auch tun, reicht das um biologisch fit zu sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:Darwins Kriterium hast du richtig erfasst, aber interessanter ist festzustellen, worauf der Erfolg beruht.
Nein, für Darwin nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt zudem unterschiedliche Strategien der Fortpflanzung (das ist ein Bereich der Ökologie): Die einen investieren in weniger Nachwuchs sehr viel, die anderen investieren in den einzelnen Nachwuchs wenig, jedoch in die Masse viel. Bei letzteren gibt es nur größeren Schwund, geringere Lebenserwartung insgesamt. Der Mensch entwickelt sich mehr und mehr zum sogenannten K-Strategien in zivilisierten Ländern, diese Effizienz haben andere noch nicht dermaßen erreicht. Wir perfektionieren durch geringere Geburtenraten aber gesteigerte Lebenserwartung unsere Prädisposition als K-Strategen. Wir sind es ohnehin durch die lange Schwangerschaft und Brutpflege.
Schon klar, aber damit kann man sich nicht rausreden, wenn man so wenig Kinder in die Welt setzt, dass die Population schrumpft, also weniger als 2,1 pro Frau. Und darum hat man sich auch mit den Darwinistischen Interpretationen, aus dem Herzen der naturwissenschaftlichen Welt, so kräftig ins Knie gefickt, weil die vermeintliche eigene Überlegenheit (die Religion überwunden, zur Wissenschaft befähigt) leider dazu führt, dass die Menschen aussterben, also, nur die überlegenen, die rationalen, die wissenschaftlichen. Im Zuge dieser Erkenntnis, die man natürlich nicht wahr haben will, weil nicht sein kann, was nicht sein darf, versucht man jetzt alles auf den Kopf zu stellen, was eben noch galt. Die klaren statistischen Korrelationen zwischen Bevölkerungsentwicklung und Religion, müssen entschärft werden, ein anderer Faktor muss gefunden werden, einer, der das feststehende Endergebnis: Religion ist in jeder Hinsicht Müll, irgendwie... nun ja... verändert, um nicht zu sagen, dass man sich was zurecht lügt. Und Statistik sagt ja eigentlich auch nichts aus, heißt es dann plötzlich wieder. Und bestimmt ist es die zunehmende Bildung, nicht die abnehmende Religiosität. Die Menschen werden einfach klüger und egoistischer, in Deinem Sinne. Die wägen ab, Karriere und Luxus gegen Wohlergehen und das reicht dann eben nicht für 2,1 Kinder. Das würde allerdings bedeuten, dass das maximal gute und egoistische Programm, bei dem jeder nur an sich denkt, dazu führen würde, dass wir untergehen. Also dieser tolle Egoismus, der alles von selbst regelt und dem wir und blind anvertrauen sollen. Upps. Also mit Darwin gegen Darwin? Wenn es nicht so leicht zu durchschauen wäre, müsste man das glatt mal ausformulieren. Aber mit der Wissenschaftsgläubigkeit steht es ohnehin nicht besser als mit anderem Glauben. Niemals lassen sich die Anhänger von Argumenten in die Irre führen, wo der Verstand durch kollektives Gleichschrittdenken vernebelt ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Tiere haben kein Unbewusstes? Ich würde eher sagen, sie haben kaum etwas Bewusstes! Zum Bewusstsein gehört die Ausformulierung von Gedanken und kein rohes Empfinden, kein Instinkt.
Richtig, darum weißdie Maus auch nicht, dass die Eule sie töten will.
Aber es kommt auch hier auf die Definition an. Ein Unbewusstes im Sinne der Psychoanalyse braucht Bewusstsein um zu verdrängen, das habe Tiere eben nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Den Tod zu meiden bedeutet Selbsterhaltungstrieb. Triebe wissen gar nichts, trotzdem lassen sie uns handeln, instinktiv. Der Fortpflanzungstrieb weiß nichts von Eisprüngen oder Spermien, trotzdem lässt er uns tun, was effektiv ist. Wenn ich meinen Arsch schütze, tue ich das in brenzligen Fällen instinktiv, auch wenn mein Selbsterhaltungstrieb nichts vom Tod weiß. Das ist ja das geheimnis der Biologie: Die Systeme funktionieren, fast immer ohne Bewusstsein, ohne Wissen. Den zielgerichteten Anschein erhalten sie durch die Perfektion durch Selektion. Mein Wille nicht zu sterben ist die Fortsetzung des Selbsterhaltungstriebs.
Aber irgendwann musst auch Du Dich entscheiden, ob Du nun ein dummer, rein triebgesteuerter Bioroboter bist, oder ein rationaler Mensch, der selbst entscheidet, oder wie und warum beides keinen Unterschied darstellt. Bislang ist das Geheimnis der Biologie eher ein Begriffswirrwarr.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Bewertung nimmt jeder selbst vor. Die Absicht ist, niemandem eine Rechtfertigungsgrundlage für Grausamkeiten zu geben, wie es durch Moral und Ethik geschieht.
Die nächste Privatmeinung, die auf Unwissen beruht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, man muss nicht die Wahrheit sagen, ich erkläre, wie man die Lüge erkennt. Der clevere Amoralist und Egoist lässt sich eben nicht manipulieren.
Dann bist Du ein ziemlich dummer, denn Du lässt Dich für fremde Dogmen einspannen und ruderst wie wild um durch eine Orgie von Willkürdefinitionen und Selbstwidersprüchen zu retten, was nicht zu retten ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Wissenschaftler repräsentierten nicht die breite Masse. Es gab diejenigen, die die Dummheit letzterer ausgenutzt haben, um ihre Experimente nicht mehr hinterfragen lassen zu müssen. Zu ihnen gehörten oft die Wissenschaftler. Man konnte auch wie Wernherr von Braun KZ-Häftlinge requerieren, um seine Raketen zu bauen. Nach dem Krieg sind plötzlich seine Akten allesamt verschwunden und er lebte glücklich bis ans Ende seiner Tage bei den Amis und half ihnen, auf den Mond zu kommen. Was für ein Happy End.
Naturwissenschaftliche Akademiker stellen sind eigentlich nie repräsentativ für die breite Masse. Erst heute konnte semiöffentlich ein guter Witz über die akkute Religiösität dieser Woche gemacht werden, über den alle Studenten gelacht haben. In solchen Momenten fühle ich mich wirklich zu Hause. :mg:
Ich weiß ja nicht, ob über den wiederkehrenden Refrain von „Ich bin so toll und alles was ich tue und will ist so großartig und anders und darum gilt für mich auch nichts was für andere gilt“, Deine Worte irgendeinen Sinn haben sollen, ich konnte ihn hier nicht finden.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, die Bewertung der anderen interessiert mich solange nicht, wie sie mir nicht schadet. Ich bin angepisst, weil ich sterblich bin. Sobald ich meine ersten richtigen Erfolge verbuchen kann, werde ich auch sagen, wenn man mich fragt, wie es mir geht "gut", nicht "könnte besser sein". Ob die anderen unter ihrer Sterblichkeit leiden, ist mir gleich. Falls du dich erinnerst, habe ich dir bei dem Buddhismus auch nichts anderes vorgewrofen, dass du dich mit weniger zufrieden gibst. Deine Sache, stört mich nicht, interessiert mich noch nichtmal wirklich.
Mal so am Rande und zur Selbstreflexion: Wenn Dich andere wirklich so wenig interessieren, wie Du vorgibst, wieso machst Du dann ständig so einen Wirbel um nur ja am Ende Recht zu behalten und nur ja nicht in einem schlechten Licht dazustehen, so wie hier:
Darth Nefarius hat geschrieben:Insgesamt mache ich wohl Fortschritte, was die Darstellung meines Standpunktes betrifft. Logisch und rational waren sie ohnehin immer, aber offensichtlich kann ich durch primitivere Beispiele und Analogien mittlerweile auch von dir mal Zustimmung abgewinnen. Hat in diesem Fall zwar nicht geklappt, weil du nicht erkannt hast, dass du eben so argumentiert hast, aber ich werde vielleicht besser.
Das kann man wieder kaum lesen ohen sich fremdzuschämen, aber dennoch machst Du Fortschritte in der Darstellung einer Positionen. Logisch und rational sind die nun wirklich nicht, wie Dir jeder bestätigen wird, der auch nur das erste Semester Logik überstanden hat, aber es ist zu hoffen, dass Du irgendwann mal die Struktur der Logik erkennst und den Mut besitzt, die eigenen Standpunkte zu hinterfragen.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 5. Mai 2013, 17:57

Nanna hat geschrieben:Ich würde sagen, dass es zwar Kultur (im Sinne einer bestimmten Lebensart, ohne Entwicklungshierarchie) ohne Zivilisation gibt, aber nie andersherum. Mit einer Zivilisation geht immer ein Set an gesellschaftlichen Verhaltensweisen, an abstrakten Gedankensystemen, Standardisierungen, auf die man sich irgendwann mal geeinigt hat, an geteilten Narrativen, Idealen und Gründungsmythen einher. Ich weiß, dass es dir häufig schwer fällt, Systeme, die gut mit physischen Gegebenheiten korrelieren, als konstruiert zu akzeptieren, aber natürlich beruht von unserem Dezimalsystem über unsere Architektur bis hin zu unseren Idealen (auch wissenschaftlicher Fortschritt ist ja so eines) so ziemlich alles auf sozialen Konventionen und Konstruktionen.

Du meinst also, dass wir unter Zivilisation auch Kultur fassen müssen, weil wir entweder mit Meter oder Fuß messen und diese jeweiligen Konventionen kulturellen Ursprungs sind? Das greift bei mir als Argument ehrlich gesagt nur bedingt. Nebenbei gibt es international standartisierte Einheiten, somit müssen sich also auch amerikanische Wissenschaftler mit dem metrischen System quälen, während wir uns auf Kelvin einstellen müssen. Durch solche internationalen Standards in zivilisatorischen Bereichen wie der Wissenschaft wird die kulturelle Rolle einzelner Details ziemlich relativiert.
Nanna hat geschrieben: Niemand kann seine Perspektive ablegen und ist so tief in kulturelle Vorstrukturierungen eingebunden, dass auch technisch-wissenschaftliche Fortschung nicht vorurteilsfrei geht. Allein die Auswahl der Forschungsthemen ist schon kulturell vorgeprägt. Wir investieren beispielsweise viel größere Summen in die Entwicklung von neuen Kosmetika als in die Erforschung der Tiefsee.

Das ist eher ein praktischer als ein kultureller Grund. Wenn man keine Tiefsee vor der Haustür hat, forscht man auch seltener an ihr. Ich erkenne nicht, wieso ich solche Spezialisierung der Kultur anrechnen müsste. Es ist - wie gesagt - eher eine praktische Gegebenheit.
Im Rest willst du wohl darauf hinaus, dass kulturelle Einflüsse Bereiche außerhalb beeinflussen, wie die der Wissenschaft, die eindeutig nicht der Kultur, wohl aber der Zivilisation zuzuordnen sind. Schön und Gut, aber damit erschließt sich mir immer noch nicht, wieso ich die Begriffe synonym verwenden sollte. Wir fassen andere Kategorien, die einander beeinflussen, aber eben nicht deckungsgleich sind, auch nicht immer zusammen. Regen besteht aus Wasser, aber beide Begriffe sind nicht synonym.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 5. Mai 2013, 18:13

Darth Nefarius hat geschrieben:Im Rest willst du wohl darauf hinaus, dass kulturelle Einflüsse Bereiche außerhalb beeinflussen, wie die der Wissenschaft, die eindeutig nicht der Kultur, wohl aber der Zivilisation zuzuordnen sind.

Ich weiß ja nicht, was Du genau vor hast, aber das ist dann gleich der nächste Bock.

Wikipedia hat geschrieben:Kulturleistungen sind alle formenden Umgestaltungen eines gegebenen Materials, wie in der Technik oder der bildenden Kunst, aber auch geistige Gebilde wie etwa Recht, Moral, Religion, Wirtschaft und Wissenschaft.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Nanna » So 5. Mai 2013, 19:09

Darth Nefarius hat geschrieben:Du meinst also, dass wir unter Zivilisation auch Kultur fassen müssen, weil wir entweder mit Meter oder Fuß messen und diese jeweiligen Konventionen kulturellen Ursprungs sind? Das greift bei mir als Argument ehrlich gesagt nur bedingt. Nebenbei gibt es international standartisierte Einheiten, somit müssen sich also auch amerikanische Wissenschaftler mit dem metrischen System quälen, während wir uns auf Kelvin einstellen müssen. Durch solche internationalen Standards in zivilisatorischen Bereichen wie der Wissenschaft wird die kulturelle Rolle einzelner Details ziemlich relativiert.

Es geht eigentlich deutlich weiter und grundlegender als das. Meter und Fuß sind zwar am Rande noch nachvollziehbare, aber keine besonders anschaulichen Beispiele für die Kulturalität von Wissenschaft. Aber ja, im Grunde ist schon SPrache an sich eine Kulturleistung, insofern trifft es natürlich zu, dass auch Meter und Fuß als Begriffe kulturelle Definitionen sind (die kulturelle Vorleistung ist ja schon enorm, allein wenn man bedenkt, dass Standardisierung allein schon einen hohen kulturellen Stand voraussetzt. Längenmaße gab es erst in den Hochkulturen wie die ägyptische Elle, und da musste eine Zentralinstitution festlegen, wie diese gemessen und was darunter verstanden wurde. Dass man überhaupt auf die Idee kommt, ein national festgelegtes Maß zu definieren und nicht nur ad-hoc-Instrumente zu verwenden ist etwas, was nur unter der Bedingung der Anwesenheit von Kultur geht).

Schau dir mal deinen eigenen Nickname an. Sowohl Darth als auch Nefarius sind zwei Begriffe, die sich ohne die Kenntnis einer ganzen Vielzahl an Bereichen impliziten Vorwissens gar nicht verstehen lassen. Damit meine ich nicht nur, dass man die Star-Wars-Filme, ohne Zweifel großartige Kulturleistungen, gesehen haben muss, sondern auch, dass man viele kulturelle Narrative kennen muss, die von politischen, wissenschaftlichen, philosophischen und religiösen Gedanken relativ weit gesponnen sind.
Du bist tief in einem kulturellen Kontext verstrickt und alle kulturellen Systeme könnten auch fundamental anders aufgebaut sein, die Wissenschaft eingeschlossen. Selbst in der Mathematik gibt es nicht wenige Leute, die sagen, dass man vielen Problemen analytisch und symbolisch auch anders nähern könnte.
Was entscheidend ist, ist zu verstehen, dass sich zwischen uns und der materiellen Welt eine Ebene aus Symbolen befindet, mit deren Hilfe wir diese Welt beschreiben und uns ihr nähern. Diese Symbolebene ist das, was wir manchmal in unserem Trivialverständnis von der Welt (und, ohne das bös zu meinen, aber du begehst diesen Fehler sogar schmerzlich oft) für die wahre Welt halten. Aber natürlich ist ein Stuhl kein Stuhl. Stuhl ist ein Zeiger (Signifikant), der auf das materielle Objekt zeigt, das wir als Stuhl bezeichnen (Signifikat). Man ging im Strukturalismus anfangs noch davon aus, dass Signifikant und Signifikat fest verbunden seien, hat dann aber, da Signifikanten ihre Bedeutungen kontext- und zeitabhängig ändern können oder in anderen Sprachen ganz anders funktionieren, schnell begriffen, dass Signifikationssysteme (also v.a. Sprachen) komplett von den bezeichneten physischen Gegenständen entkoppelte Systeme sind und Signifikanten durch ein Differenzystem definiert werden, also dadurch definiert sind, was sie nicht sind, da eine essentialistische Definition nicht möglich ist. Ein Stuhl ist also ein Stuhl, weil er kein Tisch und kein Vogel und kein Baum ist.

Ich weiß, das ist jetzt etwas zu hastig zusammengefasst, als dass es einfach wäre, das so zu akzeptieren, aber um jetzt quick'n'dirty zur Schlussfolgerung zu springen: letztlich würde es bei Wissenschaft schon daran scheitern, dass wir überhaupt nicht über Dinge reden könnten, weil Sprache bereits eine Kulturleistung ist. Auch die zweiwertige Prädikatenlogik, die wir überall verwenden, ist nicht irgendwo vom Himmel gefallen und von jemandem gefunden und verwendet worden, sondern eine Kulturleistung, die halt angenehm gut mit den Gegebenheiten der materiellen Welt kompatibel ist, was aber nicht heißt, dass es prinzipiell unmöglich wäre, analytisch auch anders zu arbeiten oder das System anders zu verwenden oder in einen anderen kulturellen Kontext zu setzen. Die Aufteilung der Wissenschaften, die wissenschaftliche Methodik und überhaupt die Trennlinie zwischen wissenschaftlich und unwissenschaftlich, das sind alles Sachen, die auf kulturellen Konventionen beruhen. Wissenschaft ist kein starres System, das wir empirisch so vorgefunden haben, sondern das wir kulturell erbaut und permanent verändert haben. Wissenschaft ist ein sehr komplizierter und komplexer Diskurs über die Wirklichkeit, aber überall eben letztlich "nur" ein Spiel mit den Symbolen. Die Mathematiker, die mit Semiotik eigentlich nichts am Hut haben, haben das schon früh erkannt und schämen sich dafür kein bisschen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Im Rest willst du wohl darauf hinaus, dass kulturelle Einflüsse Bereiche außerhalb beeinflussen, wie die der Wissenschaft, die eindeutig nicht der Kultur, wohl aber der Zivilisation zuzuordnen sind. Schön und Gut, aber damit erschließt sich mir immer noch nicht, wieso ich die Begriffe synonym verwenden sollte. Wir fassen andere Kategorien, die einander beeinflussen, aber eben nicht deckungsgleich sind, auch nicht immer zusammen. Regen besteht aus Wasser, aber beide Begriffe sind nicht synonym.

Richtig, aber beides auseinander zu halten ist schon ein kulturelles Konzept. Eine Kuh hat weder von Wasser noch von Regen eine abstrakte Begrifflichkeit. Wenn sie Durst hat, geht sie zur Wasserstelle, weil sie aus Erfahrung weiß, dass da das Zeug rumliegt, das das Durstgefühl verschwinden lässt und wenn es regnet, trottet sie vielleicht unter einen Unterstand, weil die kalten Tropfen nerven, aber "oh, wie blöd, es regnet" denkt sie natürlich nicht.
Einen Diskurs über Wasser und Regen führen zu können, egal ob da jetzt ein Steinzeitopa von dem schlimmen Gewittersturm und den Überschwemmungen vor vielen Monden erzählt oder ob es das Projekt von Bronzezeitmenschen war, eine Regentraufe zu bauen, oder eine Diskussion moderner Metereologen, in allen Fällen braucht man vorstrukturierte Zeichensysteme, um die Dinge begrifflich einordnen zu können und das ist eben immer ein symbolischer Vorgang.

Worum es mir geht, ist deutlich zu machen, dass es ohne den Einbettungskontext von Kultur keine technische Fortentwicklung geben kann (das was du Zivilisation nennst, bleiben wir dabei mal für einen Augenblick), weil wir gar nicht die komplexen Zeichensysteme entwickelt hätten, mit denen wir über Technik sprechen könnten. Und Wissenschaft ist vom Sprachspiel eben nicht ausgenommen. Das ist das Missverständnis von Empiristen, die meinen, es ginge alles nur genau so, wie sie es machen und die Kommunikation über das Tun hätte keine Relevanz. Hat sie aber enorm. Einfach mal wissenschaftliche Artikel zweier verschiedener Sprachen vergleichen, da merkt man schon, dass grundsolide Wissenschaftler von einem trivialen empirischen Vorgang unterschiedliche Auffassungen haben können (=unterschiedliche Symboliken zur Umschreibung verwenden).
Und da es eben für Menschen unmöglich ist, sich nicht-symbolisch über etwas auszutauschen und Zeichensysteme, wie wir dank der Semiotik wissen, menschengemacht und im Hinblick auf physische Determination arbiträr sind (ein Stuhl kann auch chair oder كُرْسِيّ genannt werden, da gibt es keine logisch zwingende Verbindung zwischen der bezeichneten Struktur / Signifikat und dem symbolischen Begriff / Signifikanten), muss auch der krasseste Empirist auf ein bestimmtes Zeichensystem zurückgreifen (was andere Zeichensysteme, die man auch verwenden könte, ausschließt). Es gibt also keine gerade Linie vom physischen Phänomen zur Kommunikation über selbiges, sondern immer ein kulturell konstruiertes (=nicht aus der Materie eindeutig ableitbares) Zeichensystem oder einen cultural layer, das als Moderator zwischengeschaltet werden muss. Das gewählte System hat aber schon eine eingebaute bias, wie man etwa am Phänoment der nicht-übersetzbaren Wörter, sprich, in bestimmten Zeichensystemen schlicht nicht-existenten Wörter, illustrieren kann.
ujmp hat es mal so formuliert, dass das Leben darin bestünde, Fragen an das Universum zu stellen und das Universum würde mit ja (funktioniert) oder nein (funktioniert nicht) antworten. Das ist sicherlich nicht falsch, wobei ja schon die Formulierung (wir fragen, das Universum antwortet) verrät, wie sehr wir im diskursiven Denken verankert sind und wie sehr wir symbolische Umschreibungen brauchen, weil man Sachverhalte nunmal nicht beschreiben kann, wie sie sind, sondern nur, wie man sie sieht. Und dabei greift man eben permanent auf Gedanken- und Begriffsstrukturen zurück, die man kulturell geerbt hat.

Ich denke, das zu klären wird mit diesem einen Beitrag vermutlich nicht erledigt sein, das ist ein ziemlich dickes philosophisches Brett.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 5. Mai 2013, 19:22

Vollbreit hat geschrieben:Wer argumentiert, die Emotionen hätten das erste und das letzte Wort (wie Roth das tut und Du auch, wenn Du auf die emotionalen Zentren des Hirns verweist, in denen Entscheidungen angeblich getroffen werden), muss sich fragen lassen, warum er dann eigentlich argumentiert, Bücher schreibt und forscht. All diese Projekte der Wissenschaften setzten letztlich darauf, dass der Mensch zumindest insoweit ein rationales Wesen ist, dass er mit Forschungsergebnissen, Argumenten und so weiter etwas anfangen kann. Das ist ein performativer Widerspruch zu forschen – und immer wieder die rationale Überlegenheit zu betonen und dann zu sagen, dass Rationalität (verarbeitet im Neocortex) keine Rolle spielt.

Wo soll da der Widerspruch sein? Argumente haben (ob nun beabsichtigt oder nicht) grundsätzlich einen emotionalen Anteil. Ob nun durch den Ausdruck oder die Position, die man bezieht. Z.Bsp. ist meine emotionale Basis für die Argumente zum einen die fehlende Freude an Illusion und Genügsamkeit und die fehlende Angst vor unangenehmen Wahrheiten, zum anderen die Angst vor Illusionen. Der Neocortex wandelt diese Empfindungen zu bestimmten Positionen und Wahrheiten in Argumente und Worte um. Forschung ist ein Werkzeug, Werkzeuge werden benutzt, um bestimmte Ziele zu erreichen, zu denen wir uns hingezogen fühlen. Forscher sind keine seelenlosen Maschinen, die Besten von ihnen sind mit dem Herzen bei der Sache. Rationalität spielt eine Rolle, allerdings nicht als unabhängiger Gegenspieler zu Emotionen und Trieben. Es ist ein Werkzeug für letztere. Darin besteht kein Widerspruch.
Vollbreit hat geschrieben:Der gute Wille ist jener, der rational begründet werden. Doch Kant weiß, dass das nicht alles ist:
[...]Wie Du lesen kannst, sieht Kant sowohl die Verbindung als auch die Trennung. Die Anerkennung der Vernunft als oberstes Prinzip, ist m.E. einen Tacken zu rigide, aber um das angemessen zu diskutieren, muss man Kants Position erfasst haben, was Dir nicht gelingt.

Er sieht eine Trennung, die so nicht existiert. Vernunft ist nicht unabhängig von Emotionen und Trieben. Auf einer bestimmten Grundlage rational zu argumentieren benötigt schon einen Antrieb, dies zu tun. Zuerst gefällt uns eine Position einfach gefühlsmäßig nicht. Dann suchen wir (mehr oder weniger gute) Argumente. Es gibt da keinen Gegenpol, es gibt nur Emotionen und Triebe, die einander zuwiderlaufen und dann über eine Gewichtung des Neocortex (/"der Vernunft") priorisiert werden.
Vollbreit hat geschrieben:Woher weißt Du denn, dass ein anonymer Spender spendet,um sich selbst besser zu fühlen, hast Du alle befragt? Wahrscheinlich wieder ein unbewusstes Motiv des Spenders, nicht wahr? Wieder mal auf einer petitio principii errichtet.

Alles, was wir freiwillig tun, wird durch Hormone belohnt. Das ist keine petito principii, sondern Fakt. Du willst nicht essen, wenn du hungrig bist, weil dir der Hunger Lust bereitet oder die Sättigung Schmerz, sondern umgekehrt. So wird der Verstand konditioniert genau das zu tun, was gefällt und das zu meiden, was nicht gefällt. Du würdest doch bei Hunger auch sagen, dass du isst, weil du satt werden willst (aber wieso willst du das? Weil du dich dann besser fühlst. Letzteres ist deine Motivation zu essen, wenn du Hunger hast, ist das für dich nicht verständlich?). Das Ziel ist somit einprogrammiert, auch wenn es nicht ausgesprochen wird: Du willst nur deswegen satt werden, weil du dich dann besser fühlst. Du hast nur dann den Willen zu spenden, wenn du dich selbst besser fühlst.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Empirie kann man sich hindrehen wie man will, wenn man falsche Grundannahmen stellt.
Woran genau erkennt man den Unterschied?

Daran, ob die Grundannahmen willkürlich gesetzt sind, oder auf logisch gedeuteten Beobachtungen beruhen. Dort wo die Prämisse aufhört, muss die Beobachtung anfangen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Du willst nur nicht erkennen, dass das Wohl der anderen einen Sinn für einen Selbst haben muss, damit sich das in der Evolution durchsetzt.
Warum muss es das? Ist doch nur ein weiterer Zirkelschluss und damit Dein Problem. „Es ist, weil muss und muss, weil es ist und weil es so ist, muss es auch, jawoll.“ Argumentativ leider gehaltlos.

Das ist nicht gehaltlos, so habe ich es auch nicht formuliert. Vielleicht überlegst du dir, wie du an das anthropische Prinzip herangehst? Ich würde gern von dir lesen, ob du dies auch als so zirkelschlüssig betrachtest. Ich denke aber, dass es sinnlos ist, mit dir zu diskutieren, wenn du Grundannahmen des Darwinismus als zirkelschlüssig betrachtest. Für dich ist eine Prämisse offensichtlich erst dann gut, wenn sie willkürlich gesetzt zu sein scheint, wenn sie keinen Bezug zur Realität hat. Wenn es aber, wie beim Darwinismus nicht der Fall ist, bezeichnest du etwas, das in sich stimmig ist und mit der Welt übereinstimmt, als zirkelschlüssig. Ja, dort wo die Prämissen des Darwinismus aufhören, fangen die Beobachtungen an, auf letzteren basieren sie. Wenn du das als Zirkelschluss betrachtest, ist das DEIN Problem.
Vollbreit hat geschrieben:Wie unterscheidest Du echte und unechten Altruismus. Warum die Definition, dass Altruimus vorliegt, wenn jemand die Absicht hat, das Wohl eines andere zu vergrößern unbrauchbar sein soll, ist weiter unklar. Ob ich offen oder heimlich, bewusst oder unbewusst, viel oder wenig davon habe, jemandem zu helfen spielt für die Definition doch keine Rolle. Wenn man sagt, „das ist ein Dreieck“, ist die Entgegnung „nein, es ist rot“ einfach daneben.

Letzteres tust eigentlich du! Ich als Vertreter des Darwinismus in diesem Austausch erkläre dir "Altruismus ist das Ergebnis von intuitivem Egoismus, und damit ist die Definition von ersterem eigentlich überflüssig." Du sagst hingegen "Aber wieso ist die Definition überflüssig? Sie ist doch so schön!" Deine Aussagen gehen völlig an dem vorbei, was ich schreibe. Die Definition ist insofern unbrauchbar, als dass sie nicht zu gebrauchen ist. Das bedeutet: Als jemand, der den Motiven auf den Grund gehen will, ergibt es keinen Sinn, dass sich etwas durchsetzt, was nur darauf aus ist, den anderen zu helfen. Oder anders: Ich frage (anders als du) wie sich das entwickeln konnte und warum. Dir reicht hingegen ein Postulat, eine Beschreibung ohne Zusammenhang.
Das bedeutet, diesem möglicherweise bewussten Antrieb, jemandem zu helfen, muss etwas Eigennützes vorgehen (so die Annahme, damit zwischen darwinistischer Theorie und dem bewussten Willen die Lücke schließt). Das bedeutet, dass der vermeindliche Altruismus in Wahrheit (unbewusster) Egoismus sein muss. Alles, was wir tun, muss uns irgendwie nützen, damit wir überleben. Aber wir sind nicht die ersten, die dieser Gesetzesmäßigkeit unterliegen. Unsere Vorfahren hatten dies ebenso zu befolgen. Alle, die sich nicht Nutzen verschaffen konnten, sind unter die Räder gekommen, wie du es formulierst. Das bedeutet, dass wir das übernommen haben, was uns nützt oder uns verleitet, eigenen Nutzen anzustreben, da diejenigen, die diese Fähigkeiten nicht hatten, nichts vererben konnten. Wenn wir Hunger verspühren, wollen wir eigentlich unsere Nährstoffreserven auffüllen. Natürlich denken wir (oder die meisten von) uns nicht gerade, dass ich x mol Zucker brauche um x ATP zu generieren. Aber letztlich steht genau das dahinter. Alle, die nicht diese Korrelation zwischen diffusem Willen und echtem Nutzen intuitiv hatten, sind ausgestorben. Wir wollen, was uns nützt. Der Altruismus reicht, um schön oberflächlich hinzudümpeln, aber wenn du Motive und Prämissen von Ethiken verstehen willst, musst du die unbewusste Grundlage erkennen.
Vollbreit hat geschrieben:Rauchen, Alkohol trinken, sich Schmerzen zufügen, Sadismus... soll ich weiter machen? So holzschnittartig ist das leider alles nicht.

Das ist es meistens. Drogen sind überhaupt nur deswegen so wirkungsvoll, weil sie strukturelle Gemeinsamkeiten zu den natürlichen Liganden aufweisen und so als Agonisten/Antagonisten wirken. Eigentlich bestätigt die Wirkung von Drogen meine Aussage von dem Wesen, welches durch den Darwinismus über die Biochemie definiert wird. Also danke für den Hinweis. Drogen stellen lediglich eine Sackgasse dar, die ab und zu in der Natur auftreten. Z.Bsp. können Parasiten auch sogenannte Fehlwirte befallen. Dies geschieht, weil ein System dem anderen ähnlich ist, aber den Nutzen nicht erfüllt und den kreislauf unterbricht. Dies führt wiederum zur Selektion entweder zur Nutzbarmachung oder zur Vermeidung dieser Sackgassen.
Vollbreit hat geschrieben:Natürlich sehe ich den Zusammenhang, aber ich sehe auch die Ausnahmen von der Regel und die werden dann gerne als statistische Ausreißer dargestellt und es wird so getan, als bräuchte man sie nicht zu beachten. Das huldigt dann wieder dem Mainstream, gut ist, was Mehrheit ist, siehst Du das nicht?

Die Ausreißer sind nichts weiter als Ergebnis von Mutation. Man fasst soetwas als Variation auf. Wieso wird durch dieses mathematische Vorgehen dem Mainstream gehuldigt?? Ich kann dich wirklich nicht ernst nehmen, wenn du irgendwann aussagst "Darwinismus ist mir zu mainstream." :joint: :ohm: :irre:
Vollbreit hat geschrieben:Tiere begründen ihr Verhalten nicht und können es wohl auch nicht, die Menschen sind zentral dadurch definiert, durch das Spiel des Gebens und Verlangens vom Gründen. Dieses rationale Spiel zu entwerten, endet immer im performativen Widerspruch. Warum ich sich abwechselnde Fehlschlüsse (Standard: performativer Widerspruch trifft Zirkel) auch noch beklatschen soll, mag ich nicht einsehen und wenn diese Fehler nicht erkannt werden, dann nehme ich das als Faktum zur Kenntnis, ich kann's ja nicht ändern. Ich habe eigentlich immer die Idee, dass diese Fehler, wenn man sie erklärt bekommt, dann doch relativ leicht zu erkennen sind, dem ist aber offenbar nicht so, schade.

Du kannst nicht wissen, wie und ob Tiere ihr Verhalten begründen. Ich würde sogar annehmen, dass einge ab einer gewissen Intelligenz dies können. Das lässt sich überprüfen: Suchen wir ein Tier, welches planen kann: Krähen können in Großstädten die Autos nutzen, um Nüsse oder sonstwas aufzubekommen. Ich habe selbst planendes Denken und handeln bei diesen Tieren beobachtet. Wenn sie planen, dann begründen sie ihre Handlung durch Vermutungen, die auf Beobachtungen basieren. Die Krähe: Aha, Autos können etwas zerquetschen, vielleicht auch die Nuss? Probieren wirs mal aus: Ich begründe mein Vorgehen, eine Nuss auf die Straße zu werfen, indem ich vermute, dass die Nuss überfahren wird und ich sie somit aufbekomme.
Zugegeben, so wird die Krähe das nicht ausformulieren, aber so in etwa müsste es funktionieren, planendes, vorrausschauendes Denken, welches zu hauf beobachtbar ist, lässt sich nur durch soetwas erklären. Diese Verhaltensweisen sind schließlich offenkundig erlernt und nicht primär instinktiv (außer natürlich dem Hunger). Wo ist also der Widerspruch?
Vollbreit hat geschrieben:Nein, Du hast das nicht hergeleitet, sondern einfach als Dogma behauptet. Deine Behauptung lautet, dass alle Antriebe auf den Grundantrieb Egoismus reduziert werden können. Das beginnt bei der Atmung und jeder Form von Selbsterhaltung und endet darin, dass man eine Univerlosung hält, eine Sinfonie komponiert oder meditiert, alles Egoismus. Ob man still spendet, sich als Helfer in Gefahr begibt, auf dicke Hose macht oder jemandem mit dem Lötkolbem foltert, alles Egoismus. Alle Farben sind rot. Gras ist eine grünes Rot, Bananen sind in gelbem Rot zu sehen und die Abendsonne in rotem Rot. Kann man so machen, ist nach Ockham aber schlicht überflüssig. Trennschärfe = Null. Wissenschaftlicher Wert = Null. Wozu also das Theater?

Ich sage nicht, dass alle Farben rot sind, sondern dass alle Farben die Deutung von unterschiedlich langwälligem Licht sind, die aber letztlich alle aus Photonen bestehen, die die selbe Geschwindigkeit aufweisen. Deine Analogie passt eigentlich ganz gut, nur dass du mich falsch verstanden hast. Was ich tue ist letztlich nur Reduktionismus und eben das wirfst du mir vor als wäre dieses Vorgehen falsch. Aber es ist absolut notwendig, um Ursachen zu erkennen. Und dann kann es auch passieren, dass vermeindlich unterschiedliche Dinge eine Ursache teilen. Dies zu erkennen ist sehr sinnvoll.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Meine Haltung beinhaltet diesen Widerspruch nicht, da sie nicht das Wohl aller zur Prämisse ernennt,
Ist auch nicht zwingend, nur bist Du dann einfach kein Utilitarist.

Ich stelle dar, was Utilitaristen eigentlich sind: Egoisten über den Umweg der Reziprozität. Ich habe ihnen lediglich voraus, dass ich den Egoismus erkenne. Ich bin damit ein Utilitarist, der seine Motivation reflektiert hat.
Vollbreit hat geschrieben: Ich würde beruhigter sein, wenn ich wüsste, dass man meine Liebsten nicht eiskalt über die Klinge springen lässt. Der Faktencheck macht mich da zwar ehrlicherweise wenig optimistisch, aber eher insofern, als sich Deine Denkweise – was nutzt mir der andere? – schon weiter durchgesetzt hat, als es mir lieb ist.

Dein Problem ist nur, dass du wohl zu faul bist, um das System zu nutzen und mit ihm fertig zu werden. Während ich feststelle "Ok, alle sind Egoisten, also muss ich xyz schmieren/bezahlen/bestechen/austricksen" du hingegen bist zu faul, um zu zahlen und sagst "Nein, ich will, dass alle anderen selbstlos sind und ich ihnen nichts als Gegenleistung zu erbringen habe, damit sie mir nützen. Ich bin einfach unwillig, andere zu bestechen/zu bezahlen, da mich das zu viel kostet und ich ihnen nicht zugestehe, auch etwas zu wollen." Ich gestehe den Menschen zu, sich einen Nutzen verschaffen zu wollen, du nicht.
Vollbreit hat geschrieben:Wie, es gibt keine Anweisungen, DIN-Normen, Gesetze, Gebote, Verbote, Straßenverkehrsregeln, Sicherheitsbestimmungen für Gefahrstoffen ...? Ich finde die sehr real.

Diese Anweisungen bestehen auf praktischer, deskriptiver Grundlage und wollen nicht allgemeingültig sein, oder argumentieren mit dem Guten/Bösen. Desweiteren beanspruchen sie nicht absolut korrekt zu sein; das metrische System ist letztlich auch nur Willkür.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Widerspricht schon, denn Ideale verweisen stets auf das, was sein könnte.
Nein, sie verweisen auf das, was angeblich sein sollte.
Ja, aber ein Sollen ohne Können zu formulieren, wäre in der Tat unrealistisch.

Richtig. Oft genug ist dies aber der Fall: Der Mensch kann nicht altruistisch sein, deswegen ist es unsinnig, es von ihm zu fordern. Und dann ist es auch überflüssig etwas zu fordern, was ohnehin gekonnt und gewollt wird. Wenn Kooperation gekonnt und gewollt ist, muss sie niemand einfordern. Was Moralisten machen, hat was von Regentanz: Es regnet, weil ich es fordere. Für den Regen zu tanzen ist also sinnvoll. Moral ist ein Regentanz: Entweder überflüssig oder zwecklos.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Einer Maus ist sich wohl grunsätzlich bewusst, dass die Eule sie töten könnte, das will sie aber nicht.
Nein, das glaube ich nicht.

Hm, wieso würde die Maus dann Eulen meiden?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Diese Konventionen sind Illusionen. Die Menschen tun nur das, was sie wollen. Kein Sollen zwingt sie, bei der Kasse sich nicht vorzudrängeln. Sie wollen nur nicht dumm angeguckt werden.
Um zu verstehen, dass man dumm angeguckt werden würden, muss man die Konventionen kennen, verinnerlicht haben. Damit sind die real.

Man nimmt es an. Anzunehmen, dass man dumm angeguckt wird, bedeutet nicht, dass es auch tatsächlich die Konvention gibt, Leute, die sich vordrängeln, dumm anzugucken. Oder hast du sowas mal abgestimmt und unterschrieben? Kann ich mir lebhaft vorstellen: Wahlkampf "die Linke 2013": "Wir fordern, dass jeder, der sich an der Kasse vordrängelt, dumm angeguckt wird."
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Ethik postuliert ein Sollen und dichtet damit der Welt einen Zwang auf. Sie alle wollen zudem universell sein, damit versuchen sie über Subjektivität hinauszugehen und nicht selten führt das dazu, dass einer den anderen versucht zu zwingen.
Nein, Ethik appelliert an die Subjektivität. Dein Gewissen entscheidet mithilfe Deines Verstandens.

Sie appelliert nicht, sie versucht das Individuum zu zwingen, oder durch sogenannte "Konventionen" zu beeinflussen. Ich habe kein Gewissen, ich habe Triebe, Motive.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 5. Mai 2013, 20:02

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Für mich hat das Individuum einen hohen Stellenwert, deshalb würde ich auch kategorisch sagen, dass 20 Leute nicht das Recht haben den einen zu mobben, weil das Individuum schutzbedürftig ist und auch Recht hat geschützt zu werden, was wiederum heißt, dass wir die Pflicht haben, es zu schützen.
Da besteht kein Zusammenhang: Du sagst, weil jemand etwas benötigt, haben andere die Pflicht es ihm zu beschaffen?
Im Grunde, ja.

Gut, dann behaupte ich 20000 Euro von dir zu benötigen. Laut deiner Philosophie hast du die Pflicht, sie mir zu geben. :mg: Ich interpretiere mein Verlangen als notwendig, dies ist aber kein Problem, wie du meinst. Und was jetzt?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Schön, dass du kapiert hast, dass sich allgemeine Aussagen bezüglich der Gewalt und der Dehumanisierung nicht immer praktikabel sind. Ist dann nicht die Konsequenz, dass in vielen anderen Fällen Moral und Ethik ebenso unangemessen ist? Wozu überhaupt noch Regeln aufstellen, wenn man als intelligenter Mensch die Situationen ohnehin jedesmal neu analysiert? Die normativen Aussagen sind dabei nur noch hinderlich.
Nein, überhaupt nicht. Man kann ja akzeptieren, dass Gewalt prinzipiell tabu ist, aber sagen, dass es begründete Ausnahmen gibt.

Das ergibt keinen Sinn. Wozu eine Prinzipie aufstellen, die Ausnahmen zulässt. Sind Prinzipien nicht prinzipiell/grundsätzlich? Wozu einen Grundsatz formulieren, wenn er keiner ist?
Vollbreit hat geschrieben:Vom mildernden Umständen bis zur Notwehr ist das im Grunde gut geregelt und vieles ist Ermessenssache. Der Staat hat bei uns das Gewaltmonopol, fertig. Kann er mich nicht schützten oder hat kein Interesse daran, würde ich mir im Zweifel vermutlich auch selbst helfen. Lässt man hier das Prinzip der Angemessenheit walten, hat auch der Staat kaum was dagegen. Wenn Notwehr gestattet ist, heißt das nicht, dass man wahllos töten darf, das ist ein Unterschied.

Ich habe auch nie gesagt, dass man wahhlos töten darf. Dies überhaupt festzustellen ist Unsinn, da die meisten auch nicht wahhlos töten wollen (oder überhaupt töten wollen). Für diejenigen, die es doch wollen, gilt auch ein "Dürfen/Nicht-dürfen" nicht als Argument. Nur die Gesellschaft in Form des Gewaltmonopols Staat kann das sanktionieren, was sie nicht als erwünscht betrachtet. Wieder keine Ethik notwendig.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und gerade weil mehr zu holen ist, macht es ethische Richtlinien überflüssig.
Ethische Richtlinien sind ab einem gewissen Punkt auch überflüssig. Aber zu diesem Punkt muss man erst mal kommen. Kant sagt ja nicht: Tue dies, lass das (das wäre eine moralischer Forderung) er sagt (wie der Utilitarismus): Entscheide selbst. Nur, bedenke dabei mehr als nur deine Situation, denn wenn du mal der andere bist, wirst Du dir womöglich wünschen, dass der andere auch nicht nur an sich denkt.

Eigentlich wünsche ich mir, dass die anderen an sich denken. Dann werden sie zugänglicher für Kompromisse und Verhandlungen. Ich habe zu oft erlebt, dass Menschen, die einen fürchten, sich lieber selbst ins Knie schießen, als mit einem zu kooperieren. Das ist Dummheit, die durch mehr rationalen Egoismus vermeidbar wäre (naja, und Furcht aus der Vermutung, dass sie den Hacken beim Kompromiss nicht erkennen. Also wiederum ein Zweifel an der eigenen Intelligenz, der Schwierigkeiten macht.).
Vollbreit hat geschrieben:Ein egoistisches „Macht mir halt Spaß“, rechtfertigt doch im Zweifel alles.

Nein, denn Wille gibt kein Recht. Von Recht habe ich auch nie gesprochen, sondern von intuitiver Logik, von Verstand und Nutzen.
Vollbreit hat geschrieben: Das Problem bei Deinem Egoismus ist, dass er im Grunde nicht wahnsinnig egoistisch ist. Du stellst ja nicht das Lustprinzip an oberste Stelle, sondern eher die Vernunft. Du bist recht strukturiert und diszipliniert, was Deine Ziele angeht und würdest sagen, dass Du das so willst und die Vorteile aufzählen, die Du später mal davon hast. Vermutlich stimmt vieles davon, nur ist das nicht „egoistisch“ im Alltagssinn. Dazu kommt, dass auch der biologische Egoismus nicht der Alltagsvorstellung von Egoismus entspricht und aus dieser Bedeutungsdifferenz erwachsen die ganzen Missverständnisse um den Begriff „Egoismus“. Die muss man klären und das ist dann etwas kompliziert.

Ja, ich habe gemerkt, wie kompliziert es ist, dir diese Unterschiede zu erklären, und wieso die Alltagsdefinition von Egoismus= "Böse und für die anderen schädlich" unbrauchbar ist. Alltagsdefinitionen sind oft Mist, wieso sich hier viele ausgerechtet auf diese unbeirrt stützten, anstatt sie hin und wieder zu hinterfragen, verstehe ich nicht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ist jede einzigartige Handlung deswegen unmoralisch oder schlecht? Wenn du mal überlegst, dann ist diese Folgerung nicht selten aufgetaucht bei dümmeren Massen: Technische Fortschritte wurden (und werden!) noch heute eher gefürchtet, weil "das niemand tut". Aus der Seltenheit wird der Mangel an Moral scheinbar abgeleitet. Konservativismus und Rückständigkeit resultieren aus deinem Denkfehler: Das tut man nicht ist für dich eine Wertung.
Das ist eine Wertung, nicht nur für mich. Aber was hat das mit Technik zu tun? Deinen Beruf werden nicht alle lieben, aber das ist Dir doch eh klar.

Ich dachte, dass die Analogie deutlich genug war: Über das Fliegen mit einem Flugzeug konnte man auch früher formell sagen "das tut man nicht". Das wäre richtig, hat ja damals auch niemand, weil es keine Flugzeuge gab. Irgendwann haben Leute Flugmaschinen gebaut und haben es hinbekommen. Aber sie waren am Anfang wenige. Haben sie unmoralisch gehandelt, als sie der sogenannten Wertung "das tut man nicht" einfach widersprachen? War es unmoralisch etwas zu tun, das andere nicht tun? Deutlicher kann ich eigentlich nicht werden, du müsstest jetzt die Transferleistung erbringen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Nur der Mensch ist zu Bösem fähig, einem Tier kann man nichts krumm nehmen, weil es eben nicht genug Verstand hat. Es weiß nicht, was es tut, wie die Normen sind und kann sich keiner Schuld bewusst sein. Der Menschen, wo er nicht schwerst intelligenzgemindert oder psychotisch ist, kann das wissen und darum ist er zum Bösen fähig.
Tja, dann ist Dehumanisierung formell nichts schlechtes?
Warum? Ich sehe nicht, wie man aus dem, was ich schrieb darauf schließen kann.

Wenn ich einen Menschen zum Tier erkläre, kann ich (wie du schreibst) ihm nichts krumm nehmen, ihn nicht als Böse bezeichnen. Wenn ich das alles nicht tue, mache ich ja nichts schlimmes. Ist Dehumanisierung also nichts schlimmes?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Idioten sind diejenigen, die es den etwas clevereren so leicht machen, jemanden zum Feind zu erklären, indem sie die Definition vom Bösen oder Guten als legitim erachten. Der Dialog ist nur möglich, wenn niemand für sich Moral beansprucht.
Worüber willst Du denn dann reden, wenn Du keinen Standpunkt hast?

Ich habe einen Standpunkt, aber eben keinen moralischen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Den Menschen zu ändern bedeutet, dass man eventuell Verbrechen an denen zulässt, die man für nicht vereinbar mit seinen Idealvorstellungen hat. Mal sind es Ungläubige, mal Juden, mal Zigeuner oder sonstwer, die diesen Vorstellungen nicht entsprechen. Aus der Haltung den Menschen ändern zu wollen entstehen Verbrechen an Menschen.
Du meinst also, das gentechnische „Optimierungen“ problematisch sind, auch wenn sie „gut“ gemeint sind und die Abweichler einfach nur den eigenen Idealen nicht entsprechen? Hier lass mal ein wenig die Sonne drauf scheinen, keiner ist blindwütig gegen den Fortschritt oder Technik oder dergleichen.

Wenn ich jemanden gentechnisch manipuliere, töte ich ihn ja dadurch nicht - im Gegenteil, ich mache ihn nützlich und so ermögliche ich Kooperation. Was meinst du, wieviele Produkte in deinem Haushalt durch gentechnisch manipulierte Organismen hergestellt wurden? Sich die Mikroorganismen modifiziert nutzbar zu machen ist etwas anderes als sie zu töten.
Vollbreit hat geschrieben:Ich glaube, wir haben nicht nur abweichende Vorstellungen davon, was Ethik ist, sondern auch, wozu sie dient. Ethik ist für einen selbst, wenn man so will, eine Navigationshilfe.

Ich habe schon verstanden, was die Theorie dahinter ist. Aber ich sehe die Praxis und sehe, dass die Theorie untauglich ist. Ein Navi, welches dich nicht zum nächsten Fastfoodgeschäft, sondern zur nächsten Klippe führt, taugt nichts. Weil ich diese Navigationshilfe für untauglich halte, besinne ich mich auf meinen Kompass: den egoistischen Willen. Der Unterschied ist, dass ich aus meinem Willen keine absoluten Regeln für andere herleite. Ethiken versuchen das immer und liefern dadurch Vorwände für Menschen, die andere befehligen wollen.
Vollbreit hat geschrieben:Es kommt auf das an, worauf Du Dich so gerne berufst. Philosophen sind darauf trainiert Begriffe zu klären und Aussagen auf ihren logischen Wahrheitsgehalt hin zu prüfen. Begriffe klären heißt erst mal rauszufinden, was jemand genau meint, wenn er „x“ sagt.

Nichts anderes mache ich auch, und stelle fest, dass einige Definitionen unreflektiert sind.
Vollbreit hat geschrieben:Das ist nur eine weitere petitio principii: Wir tun, was wir wollen. Wir wollen, was uns hormonell erfüllt. Also tun wir, was uns hormonell erfüllt

Nein, das sind Folgerungen. A führt zu B, B führt zu C, also bedingt A C.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 5. Mai 2013, 20:23

Ergänzend noch zu dem was Nanna, m.E. vollkommen zutreffend, geschrieben hat ist ja, dass auch „die Logik“ keinesfalls vom Himmel gefallen oder aus der Ursuppe gekrabbelt ist. „Die Logik“, damit ist meist unser logisches System, die zweiwertige Prädikatenlogik, gemeint und ist selbstverständlich eine Kulturleistung.

Wikipedia hat geschrieben:Gottlob Frege und Charles Sanders Peirce entwickelten unabhängig voneinander die Prädikatenlogik. Frege entwickelte und formalisierte sein System in der 1879 erschienenen Begriffsschrift. Ältere logische Systeme, zum Beispiel die traditionelle Begriffslogik, sind hinsichtlich ihrer Ausdrucksstärke echte Teilmengen der Prädikatenlogik. Sie lassen sich vollständig in diese übersetzen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4dikatenlogik


Logik in diesem Sinne ist auch nichts, was man in der Natur findet, sondern die bezieht sich ausschließlich auf behauptende Aussagesätze. Auch wenn man formalere oder mathematischen Logiken unterscheiden will (was möglich ist), „natürlich“ ist daran nichts.
Die Stacheln eines Igels mögen biologisch sinnvoll sein, aber sie nicht nicht logisch. Dass die Erde um die Sonne kreist, mag Naturgesetzen folgen, aber nicht der Logik.
Dass ein vom Menschen erdachtes System, wie die Mathematik, die Logik und so weiter überhaupt Abläufe der Natur beschreibbar machen, kann mehrere Ursachen haben, warum mathematischen Strukturen überhaupt die Natur abbilden, wird hingenommen, aber niemand weiß so recht warum das überhaupt so ist.
Theodor W. Adorno hat geschrieben:„Carnap, einer der radikalsten Positivisten, hat es einmal als Glücksfall bezeichnet, dass die Gesetze der Logik und der reinen Mathematik auf die Realität zutreffen. Ein Denken, das sein ganzes Pathos an seiner Aufgeklärtheit hat, zitiert an zentraler Stelle einen irrationalen – mythischen – Begriff wie den des Glücksfalls, nur um die freilich an der positivistischen Position rüttelnde Einsicht zu vermeiden, dass der vermeintliche Glücksumstand keiner ist, sondern Produkt des naturbeherrschenden oder, nach der Terminologie von Habermas „pragmatischen“ Ideals von Objektivität. Die von Carnap aufatmend registrierte Rationalität der Wirklichkeit ist nichts als die Rückspiegelung subjektiver Ratio.“
(Adorno, in Der Positivismusstreit in der Deutschen Soziologie, Luchterhand, 1972, S.30)


Neuerdings greift aber die Erkenntnis um sich, dass es mit dem Glücksfall allmählich vorbei ist, denn immer mehr mathematische Berechnungen lassen sich eben nicht mehr ohne weiteres in Empirie, Messungen oder Experimente, verwandeln. Eine interessante Sendung dazu:
http://www.wdr5.de/sendungen/philosophi ... 20.05.html

Davon ab ist es mit dem Repräsentationalismus auch so eine Sache, aber das ist wirklich harte Kost.
AgentProvocateur ist übrigens ein (wie gewohnt) versierter Vertreter des naiven Realismus, der in seiner Darstellung eine überraschende Pointe hat, nämlich die, dass unsere Alltagssprache bestimmte Dinge nicht weniger präzise auf den Punkt bringt, als so manche Spezialsprache.
Zeichen zwischen uns und die Welt zu quetschen, die irgendwie zwischen Welt und Bewusstsein vermitteln, das ist eher heikel, mag bei „rot“ und „Stuhl“ noch funktionieren, aber wer ist „Es“ in „Es regnet“?

Robert Brandoms Ausweg ist, dass er die Ereignisse aus der empirischen Welt in den Kontext von Sprachspielen stellt – also gerade umgekehrt zu den Ideen des Physikalismus – aber „Sprachspiele“ in einem inferentiellen Kontext, der sowohl theoretische Festlegungen enthält (die im Rahmen eines sozialen Kontextes akzeptiert sind und typisch folgen. Wer sagt: „Das ist rot“ behauptet implizit rot von grün Unterscheiden zu können und legt sich fest, eine Aussage über die Farbe, nicht die Form gemacht zu haben) als auch praktische, was bedeutet, bestimmte Behauptungen praktische herzeigen zu müssen, statt langatmig zu erklären, wie die Behauptung man könne 3 Minuten die Luft anhalten.

Die beschriebene Schwäche des Empirisimus eigentlich nie in eine Theorie hineinzukommen ist bekannt, aber empirische Experimente haben ihren Platz im Rahmen von Theorien und stehen im Grunde im Rang einer wahrmachenden Praxis, so wie es von der Naturwissenschaft durchaus intendiert ist. Wenn die Theorie stimmt, muss dies und das eintreten. Brandom weiß aber, dass es Grenzen gibt. Und er hat das schön beschrieben, wie ich finde.
Robert Brandom hat geschrieben:„Die Wörter bilden ein eigenes und weitgehend unabhängiges Reich innerhalb der Welt – nicht nur in dem Sinne, dass die nichtsprachlichen Tatsachen im wesentlichen dieselben sein könnten, auch wenn die spezifisch sprachlichen Tatsachen (als eine Klasse der Tatsachen über die Welt) ganz anders wären, sondern auch in dem Sinne, dass die Wörter (Geräusche, Zeichen usw.) im wesentlichen so sein könnten, wie sie sind, auch wenn die nichtsprachlichen Tatsachen ganz anders sind. Aber unsere diskursiven Praktiken, wie sie hier aufgefasst werden, sind von der übrigen Welt nicht in dieser Weise isoliert. Die nichtsprachlichen Tatsachen könnten im wesentlichen so sein, wie sie sind, auch wenn unsere diskursiven Praktiken ganz andere wären (oder es keine gäbe), denn welche Behauptungen wahr sind, hängt nicht davon ab, ob sie jemand aufstellt. Doch unsere sprachlichen Praktiken könnten nicht so sein, wie sie sind, wenn die nichtsprachlichen Tatsachen anders wären.
Denn diese Praktiken sind keine Dinge, wie Wörter als Geräusche oder Zeichen, die unabhängig von ihren Gegenständen und den von ihnen ausgedrückten Tatsachen spezifizierbar wären. Zu den diskursiven Praktiken gehört wesentlich ein Austausch mit den Gegenständen der Welt beim Wahrnehmen und Handeln. Zu den in diesen Praktiken implizit enthaltenen begrifflichen Richtigkeiten gehören empirische und praktische Dimensionen. Alle unsere Begriffe sind das, was sie sind, zum Teil wegen ihrer inferentiellen Verknüpfungen mit solchen, die nichtinferentielle Umstände und Folgen der Verwendung haben – also, mit Begriffen, deren richtiger Gebrauch nicht unabhängig von der Berücksichtigung der Tatsachen und Gegenstände spezifizierbar ist, von denen sie responsiv hervorgebracht werden oder die sie durch ihre Anwendung hervorbringen. Die normative Struktur der Autorität und Verantwortung, die Beurteilungen und Zuweisungen der Verlässlichkeit beim Wahrnehmen und Handeln aufweisen, ist kausal bedingt.“
(Brandom, Expressive Vernunft, 1994, dt. Suhrkamp 2000, S.474)
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 5. Mai 2013, 22:38

@ Nanna:

Sorry, habe eben erst, beim gründlicheren Nachlesen, gesehen, dass Du die zweiwertige Prädikatenlogik bereits selbst erwähnt hattest. :blush2:
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Nanna » So 5. Mai 2013, 23:39

Och kein Thema, doppelt hält besser.

Brandoms Anmerkungen erscheinen mir sehr plausibel. Wenn ich in fünf Jahren mal zu viel Zeit haben sollte, muss ich den Kerl echt mal lesen. Mein momentanes Wissen über Semiotik kommt eher aus der Ecke des Poststrukturalismus, namentlich Laclau. Ich stehe da aber eher noch am Anfang.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 6. Mai 2013, 09:52

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist es ja nicht, was ich sage. Der Darwinismus leitet klar her, warum einige Motive vorhanden sein MÜSSEN.
Welche und warum?

Auf jeden Fall der Selbsterhaltungstrieb.Warum? Weil ein Wesen ohne diesen Trieb eine geringere Fitness hat, weniger Nachkommen zeugt als solche, die bewusst oder unbewusst sich selbst erhalten wollen. Damit hat die nächste Generation eine größere Menge an denjenigen, die sich selbst erhalten wollen, die übernächste Generation verstärkt diesen Trend. Irgendwann stirbt der Mangel an Selbsterhaltungstrieb aus.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn der betreffende sie selbst nicht wahrnimmt, so sind sie folglich unbewusst vorhanden.
Oder gar nicht vorhanden. Wir werden alle von Marsmenschen ferngesteuert. Du glaubst das nicht? Nun, dann ist Dir das unbewusst, ferngesteuert wird Du dennoch.

Für Marsmenschen gibt es keine Indizien. Der Darwinismus und Triebe sind anerkannt. Hormonelle Reaktionen sind messbar.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Biologie muss nicht mit bewusstenn Systemen arbeiten, es ist fast immer eine gedankenlose Maschine, die ihre Arbeit erledigt.
Ja, außer eben, wenn denkefähige Wesen ins Spiel kommen, deshalb ist die Aussagenkraft der Soziolbiologie begrenzt. Eigentlich ganz einfach.

Die Fähigkeit der Maschine zu denken schließt nicht aus, dass sie unbewusste Subroutinen hat, eher im Gegenteil: Die Fähigkeit, über ein mathematisches Problem zu denken bedeutet zwangsläufig, dass man unbewusst seine Atmung, seinen Herzschlag, seine Verdauung regelt und nicht darüber nachdenken muss. Tut mir ja Leid für dich, aber du kannst nicht bestreiten, dass es ein Kleinhirn gibt oder das sympathische Nervensystem. Du machst dich lächerlich, wenn du diese Konzepte, die man aus dir rausschneiden kann, mit Marsmenschen vergleichst.
Vollbreit hat geschrieben:Was hältst Du von der Möglichkeit, das es auch bewusste Motive gibt, wie lernen statt feiner, oder nicht nacxh Afrika zu reisen? Der Begriff „Intuition“ ist m.E. bedeutungsreicher, als dass er nur „unbewusst“ meint. Der Begriff „unbewusst“ ist auf jeden Fall bedeutungsreicher, als dass er nur meint, keinen kognitiven Zugang zu bestimmten Abläufen in einem zu haben.
Ansonsten sind Rouinevorgänge und Automatismen sicher ein evolutionärer Vorteil, keine Frage.,

Es ist ja kein Motiv, welches in der Luft steht, zu lernen anstatt zu feiern. Woher kommt denn dieser Wille? Ist das eine willkürlich gesetzte Prämisse? Nein, ist es nicht, es hat wieder Ursprünge. Du bist nur Unwillens, deine Prämissen zu hinterfragen: Ich will, dass es allen gut geht - Warum? Ich will bla, ich will xyz... - Aber warum? Du stellst dir solche Fragen offensichtlich nicht, es fehlt dir die Fähigkeit, zu reflektieren.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist keine Nebensache für die Evolution.
Der Evolution ist alles scheißegal, sie hat kein Ziel. Oder bist Du Teleologe? Hier geht es auch nicht um Evolution, sondern Begriffsdefintion. Falsche Baustelle.

Die Evolution hat kein Ziel, ist richtig, dennoch wirkt sie wie ein vermeindlich zielgerichtetes System, es ist ein Sieb, ein flexibler Filter. Und diesen Filter können wir deuten. Für die Evolution/den Filter ist es keine Nebensache, ob für dich etwas von Vorteil ist, oder nicht. Du schaffst offensichtlich neben der Reflexion auch nicht komplexeren Systemen nicht die filternde Funktion zuzugestehen, ohne Teleologie zu unterstellen. Es geht immer um Evolution, es geht immer um Biologie, wenn sich deine Konzepte nicht in Deckung bringen lassen mit den Wirkungen der Evolution, sind sie untauglich und falsch.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich mache mich dadurch zu einem Wesen abseits von Moral und Ethik! Ich stehe abseits, ich benötige sie nicht. Dadurch werde ich nicht zur Autorität oder erkläre mich zu ihr.
Doch, da Du damit, übrigens unbewusst im Sinne logischer Festlegungen, eine metaethische Aussage triffst. Du sagst ja, Du brauchst die nicht und im Grunde bracht sie kein Mensch. Sofern das keine reine Willkürbehauptung sein soll, hast Du Dich damit zur Autorität aufgespielt.
Ist ja kein Problem, ich behaupte ja auch, den Quatsch den Soziolbiologen verzapfen braucht, in weiten Teilen, kein Mensch und damit beanspruche ich auch Autorität

Inwiefern macht mich so eine Aussage zur Autorität? Das ist Blödsinn. Wenn Zeugen Jehovas an die Tür klopfen und mir erklären, dass die Welt untergeht oder so ein Mist, dann sind sie für mich auch keine Autoritäten nur dadurch, dass sie eine Aussage formulieren.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Sublimierung bedeutet "ganz allgemein, dass etwas auf eine höhere Stufe gebracht wird, sozusagen durch einen Veredelungsprozess. Der gleiche Wortstamm wird auch in Wendungen wie „ein sublimer Einfall“[1] in der Bedeutung besonders fein, erhaben gebraucht.

Sigmund Freud verstand unter Sublimierung eine Umwandlung oder Umlenkung von Triebwünschen in eine geistige Leistung..
" (aus Wikipedia)
Das bedeutet, dass der Trieb letztlich auch nur kanalysiert wird.

Nein, es bedeutet das, was Du gerade zitiert und nicht verstanden hast. Eben nicht zuschlagen wollen, auf die günstige Gelegenheit warten, weil gerade die Polizei da steht, und später zuschlagen, das wäre Triebaufschub, Affektkontrolle. Sinnvolle Eigenschaften, aber keine Sublimation. Sublimation bedeutet z.B. die Spannungen die sich aus Ambivalenzen (widerstreitenden Gefühlen und Motiven) ergibt, kreativ zu nutzen und ein Gedicht zu schreiben, statt mit dem Kopf gegen die Wand zu hauen.

Niedliche Vorstellungen eines Vertreters der Geisteswissenschaften. Triebaufschub und Affektkontrolle ist nur möglich, wenn man zu dieser geistigen Leistung fähig ist. Sein Ziel bewusst wahrzunehmen und der Situation anzupassen ist genau das, was ich da zitiert habe. "Veredelung" zum Malen oder zum Gedichteschreiben zu erklären, entspringt romantischen Vorstellungen aus vergangenen Jahrhunderten. Übrigens kommt es mir immer vor, als würde Belletristik eben :kopfwand: des Autors darstellen. Sie haben nämlich das gleiche Problem wie du: Sie können nicht praktisch mit einem Problem umgehen und nennen es Veredelung, noch nichtmal ihr Problem richtig formulieren zu können und erklären die Form und das unausgesprochene Problem zur Kunst. Es gibt diejenigen, die ein Gedicht über Umweltverschmutzung schreiben und die, die sich an die nächsten Schienen ketten, um den Transport von radioaktiven Abfall zu behindern. Beide sind Idioten, aber die letzteren erkennen das Problem besser und gehen praktisch damit um. Keine Ahnung, warum diffuse Beschäftigung ohne Problembeseitigungsstrategie ausgerechnet eine Sublimierung darstellen soll, während die geistige Leistung, ein Problem zu erkennen und damit intelligent umzugehen, indem man sich der Situatiion anpasst, jedoch das Problem dennoch beseitigen will, es nicht ist. Das geht jedenfalls nicht aus dem Zitat hervor.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:...oder Exilanten. Aber hey, meine Vorfahren wurden in die Wüste geschickt, weil keiner eine Kugel an sie verschwenden oder in ihrem Land haben wollte und trotzem existiere ich und bin stinksauer! Unkraut vergeht nicht, es wuchert nach dem Versuch der Beseitigung nur noch wilder! Der Tod ist die schlimmste Strafe, alles andere kannst du überleben.
Kann man so und so sehen. Frag mal Selbstmörder oder Viktor Frankl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Viktor_Frankl

Selbstmörder sind schwache Menschen, die einer Fehleinschätzung unterliegen.
Vollbreit hat geschrieben:Ich kann verstehen, dass einen mythische Selbstüberhöhungen in existentiell bedrohlichen Situationen retten. M.E. ist diese Fähigkeit evolutionär sinnvoll, kann aber in zivilisierten Gefilden abgelegt werden, da sie sich hier eher als unangemessen darstellt. Ich glaube allerdings, dass man diese Ader nicht versiegen lassen sollte, sondern m.E. das Leben reicher wird, wenn man sie am Leben erhält. Da scheint mir das letzte Wort längst nicht gesprochen zu sein.

Es ist keine Selbstüberhöhung, wenn man erkennt, dass Ignoranz der Massen nichts schlechtes sein muss. Wo hast du rausgelesen, dass ich oder andere sich überhöht haben? Zugegeben, wenn du die geistig impotente Handlung des Gedichteschreibens als Sublimierung auffasst, dann kann es sein, dass du meine Bezeichnung als Unkraut und Arschloch ebenso als Überhöhung betrachtest. Blödsinn, aber für dich immer noch konsequent gedacht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt zudem unterschiedliche Strategien der Fortpflanzung (das ist ein Bereich der Ökologie): Die einen investieren in weniger Nachwuchs sehr viel, die anderen investieren in den einzelnen Nachwuchs wenig, jedoch in die Masse viel. Bei letzteren gibt es nur größeren Schwund, geringere Lebenserwartung insgesamt. Der Mensch entwickelt sich mehr und mehr zum sogenannten K-Strategien in zivilisierten Ländern, diese Effizienz haben andere noch nicht dermaßen erreicht. Wir perfektionieren durch geringere Geburtenraten aber gesteigerte Lebenserwartung unsere Prädisposition als K-Strategen. Wir sind es ohnehin durch die lange Schwangerschaft und Brutpflege.
Schon klar, aber damit kann man sich nicht rausreden, wenn man so wenig Kinder in die Welt setzt, dass die Population schrumpft, also weniger als 2,1 pro Frau.

Für dich ist es wohl eine unmögliche geistige Leistung bei einer Population die unterschiedlichen Stadien zu erkennen. Log- Lag-Phase, stationäre Phase, Sterbephase. In der Wirtschaft wird genau wie bei dir der Fehler gemacht, dass Rezession als Schaden verstanden wird. Das Schrumpfen geht nicht immer weiter, die Population stabilisiert sich nur momentan und dann ist sie umso stabiler. Die ökologischen Theorien, die ich dir präsentiere basieren gerade auf Darwins Erkenntnissen, sie sind allgemein anerkannt und folgen den Prinzipien von Selektion und Fitness.
Auf den Rest antworte ich später, aber wenn ich mit euch beiden diskutieren muss, werde ich das nicht mitmachen.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Mo 6. Mai 2013, 13:04

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wer argumentiert, die Emotionen hätten das erste und das letzte Wort (wie Roth das tut und Du auch, wenn Du auf die emotionalen Zentren des Hirns verweist, in denen Entscheidungen angeblich getroffen werden), muss sich fragen lassen, warum er dann eigentlich argumentiert, Bücher schreibt und forscht.
Wo soll da der Widerspruch sein? Argumente haben (ob nun beabsichtigt oder nicht) grundsätzlich einen emotionalen Anteil.
Der ist für ein Argument aber vollkommen unwichtig. Wie soll das denn gehen: „Ich bin so arm, habe Zahnschmerzen und gestern ist auch noch mein Sittich gestorben, darum ist 2+2=5“? Oder: „Ich verdiene mehr Geld als du, darum sind Ribosomen eine Obstsorte“?

Darth Nefarius hat geschrieben:Rationalität spielt eine Rolle, allerdings nicht als unabhängiger Gegenspieler zu Emotionen und Trieben.
Die einzig richtige Aussage in dem Teil.
Darth Nefarius hat geschrieben:Zuerst gefällt uns eine Position einfach gefühlsmäßig nicht. Dann suchen wir (mehr oder weniger gute) Argumente. Es gibt da keinen Gegenpol, es gibt nur Emotionen und Triebe, die einander zuwiderlaufen und dann über eine Gewichtung des Neocortex (/"der Vernunft") priorisiert werden.
Ich weiß immer noch nicht, wie Schlussregeln von Hormonen beeinflusst werden. Es kann schon sein, dass jemand nicht zu logischem Denken in der Lage ist, aber Wahrheit im logischen Sinne ist nicht von der Stimmung abhängig. Und das Argument, Argumente seien sinnlos, hat die ganz leichte Tendenz zum Selbstwiderspruch.

Darth Nefarius hat geschrieben:Alles, was wir freiwillig tun, wird durch Hormone belohnt. Das ist keine petito principii, sondern Fakt.
Das eine hat mit dem anderne nichts zu tun.

Darth Nefarius hat geschrieben:Du willst nicht essen, wenn du hungrig bist, weil dir der Hunger Lust bereitet oder die Sättigung Schmerz, sondern umgekehrt. So wird der Verstand konditioniert genau das zu tun, was gefällt und das zu meiden, was nicht gefällt. Du würdest doch bei Hunger auch sagen, dass du isst, weil du satt werden willst (aber wieso willst du das? Weil du dich dann besser fühlst. Letzteres ist deine Motivation zu essen, wenn du Hunger hast, ist das für dich nicht verständlich?).
Ich faste regelmäßig, was dann? Habe ich dann den Willen mich schlechter zu fühlen?

Darth Nefarius hat geschrieben:Daran, ob die Grundannahmen willkürlich gesetzt sind, oder auf logisch gedeuteten Beobachtungen beruhen. Dort wo die Prämisse aufhört, muss die Beobachtung anfangen.
Grundannahmen sind immer willkürlich gesetzt. Das ist nicht das Problem. Die Frage ist, ob es konsistent weitergeht, was die Annahme bringt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist nicht gehaltlos, so habe ich es auch nicht formuliert. Vielleicht überlegst du dir, wie du an das anthropische Prinzip herangehst? Ich würde gern von dir lesen, ob du dies auch als so zirkelschlüssig betrachtest. Ich denke aber, dass es sinnlos ist, mit dir zu diskutieren, wenn du Grundannahmen des Darwinismus als zirkelschlüssig betrachtest. Für dich ist eine Prämisse offensichtlich erst dann gut, wenn sie willkürlich gesetzt zu sein scheint, wenn sie keinen Bezug zur Realität hat.
Sag mir doch erst mal was Realität ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn es aber, wie beim Darwinismus nicht der Fall ist, bezeichnest du etwas, das in sich stimmig ist und mit der Welt übereinstimmt, als zirkelschlüssig. Ja, dort wo die Prämissen des Darwinismus aufhören, fangen die Beobachtungen an, auf letzteren basieren sie. Wenn du das als Zirkelschluss betrachtest, ist das DEIN Problem.
Nein, ich haben Zirkelschlüsse ja nicht erfunden, die sind definiert. http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkelschluss

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:... Wenn man sagt, „das ist ein Dreieck“, ist die Entgegnung „nein, es ist rot“ einfach daneben.
Letzteres tust eigentlich du! Ich als Vertreter des Darwinismus in diesem Austausch erkläre dir "Altruismus ist das Ergebnis von intuitivem Egoismus, und damit ist die Definition von ersterem eigentlich überflüssig." Du sagst hingegen "Aber wieso ist die Definition überflüssig? Sie ist doch so schön!"
Nein, Du behauptest dogmatisch, dass Egoismus der erste Antrieb ist (schon das müsste erklärt werden) – Jedes Lebewesen denkt zuerst und zuletzt nur an sich – und dass von da aus abgeleitet alles weitere auf Egoismus zurückzuführen sei. Hier argumentierst Du wie Dawkins, der als Resultat des primären Egoismus folgenden Verhaltensweisen (bei Tieren und Menschen) findet: 1) Konkurrenz. 2) Familiäre Kooperation. 3) Kooperation, in Erwartung künftiger Kooperation des anderen. 4) und 5) Wettbewerbsvorteil/sozialer Gewinn, wenn man als Gönner bewundert wird.
Mein Einwand ist zum Beispiel, dass bereits der erste anonyme Spender von keiner der Kategorien abgedeckt wird. Darauf entgegnest Du, auch der Spender würde irgendwas von seinem Spenden haben, sonst würde er es ja nicht tun, denn schließlich denkt jeder zuerst und zuletzt nur an sich. Mit dieser Begründung greifst Du die Prämisse wieder auf, die es aber eigentlich zu begründen (und kickst echte Alternativen raus) gilt. Das ist der Zirkel.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das bedeutet, diesem möglicherweise bewussten Antrieb, jemandem zu helfen, muss etwas Eigennützes vorgehen (so die Annahme, damit zwischen darwinistischer Theorie und dem bewussten Willen die Lücke schließt). Das bedeutet, dass der vermeindliche Altruismus in Wahrheit (unbewusster) Egoismus sein muss. Alles, was wir tun, muss uns irgendwie nützen, damit wir überleben.
Muss? Und dann gleich so oft? Das ist einfach eine Theorie, bzw. hier hättest Du mal das Recht, die Prämisse infrage zu stellen. Eine Aussage wie: „Jeder tut unterm Strich, was ihm am meisten behagt“, ist ebenfalls unwiderlegbar, also nicht falsifizierbar, also wissenschaftlich wertlos.
Dass man sein Überleben schützen will und das ein starker Antrieb ist, der Soziopathen, Bulimiekerinnen, Depressive, Selbstmordattentäter, Märtyrer und andere aber machmal nicht interessiert, so mächtig scheint der Urtrieb also nicht zu sein, ist ja schon klar, aber wenn ein Bedürfnis mal erfüllt ist, wird es auch schnell vergessen. Frag mal wie oft sich Leute die Du kennst am Tag, in der Woche, im Jahrzehnt in Lebensgefahr fühlten. Für die meisten Entscheidungen spielt das keine Rolle. Wir leben dankenswerterweise in einem Paradies bezogen auch die Grundsicherung der Bedürfnisse. Darum können wir ja gerade Luxisprojekte wie Wissenschaft, Philosophie, Kunst, Spiritualität angehen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber letztlich steht genau das dahinter. Alle, die nicht diese Korrelation zwischen diffusem Willen und echtem Nutzen intuitiv hatten, sind ausgestorben. Wir wollen, was uns nützt.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir evolutionär optimierte Wesen sind. Nur, wollen wir eben nicht nur das, was uns nützt, denn inzwischen fressen Menschen ohne jedes Hungergefühl, Rauchen nützt eigentlich gar nicht und eine Vielzahl von Arbeitsbedingungen sind rein biologisch betrachtet eine einzige Katastrophe. Wenn aber jeder tut, was er will, dann wird diese Katastrophe ja offenbar sehenden Auges und bewusst in Kauf genommen. Ob Kindersoldaten, Kinderprostitution, Arbeit mit giftigen Chemikalien, ohne jeden Schutz, alles kein Problem, weil ja jeder tut, was er will und also freiwillig und dafür von seinem Gehirn belohnt wird. Das stinknormale Leben, also Deine so oft beschworene Realität passt einfach nicht zu den Theorien. Gewöhnlich schmeißt man dann die Theorie weg, bei Biologen schient das anders zu sein, das sagt man dann: Statistische Ausreißer, unfitte Wesen, die es nicht besser verdient haben und so weiter. Wer gequält wird, der findet das toll, sonst würde er sich ja nicht quälen lassen.


Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Rauchen, Alkohol trinken, sich Schmerzen zufügen, Sadismus... soll ich weiter machen? So holzschnittartig ist das leider alles nicht.
Das ist es meistens. Drogen sind überhaupt nur deswegen so wirkungsvoll, weil sie strukturelle Gemeinsamkeiten zu den natürlichen Liganden aufweisen und so als Agonisten/Antagonisten wirken. Eigentlich bestätigt die Wirkung von Drogen meine Aussage von dem Wesen, welches durch den Darwinismus über die Biochemie definiert wird. Also danke für den Hinweis.
Aber gerne und ich schenke Dir noch einen Hinweis: Nichts kann jemals eine Argumentationsstruktur wie Deine widerlegen. Was Du offenbar als Triumph empfindest, ist aber in der Wissenschaftstheorie ein handfestes Defizit. Es gibt ein analoges Argument: Was auch passiert ist gut, denn Gott hat es so gewollt. Wer die Güte nicht erkennt zeigt nur, dass er Gott nicht versteht, aber das macht nichts, denn nur Gott kann Gott verstehen, die Geschöpfe sind eine andere Kategorie. Wie ein alter Kirchenfürst drehst Du Dir alles wie es passt, weil Du ebenso dogmatisch argumentierst.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Ausreißer sind nichts weiter als Ergebnis von Mutation. Man fasst soetwas als Variation auf. Wieso wird durch dieses mathematische Vorgehen dem Mainstream gehuldigt?? Ich kann dich wirklich nicht ernst nehmen, wenn du irgendwann aussagst "Darwinismus ist mir zu mainstream." :joint: :ohm: :irre:
Damit kann ich leben.
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Tiere begründen ihr Verhalten nicht und können es wohl auch nicht, die Menschen sind zentral dadurch definiert, durch das Spiel des Gebens und Verlangens vom Gründen.
Du kannst nicht wissen, wie und ob Tiere ihr Verhalten begründen. Ich würde sogar annehmen, dass einge ab einer gewissen Intelligenz dies können. Das lässt sich überprüfen: Suchen wir ein Tier, welches planen kann: Krähen können in Großstädten die Autos nutzen, um Nüsse oder sonstwas aufzubekommen. Ich habe selbst planendes Denken und handeln bei diesen Tieren beobachtet. Wenn sie planen, dann begründen sie ihre Handlung durch Vermutungen, die auf Beobachtungen basieren.
Dann wäre Planen dasselbe wie Begründen. Tatsächlich ist das aber nicht so. Auch setzt planen eine Begründen nicht voraus.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Krähe: Aha, Autos können etwas zerquetschen, vielleicht auch die Nuss? Probieren wirs mal aus: Ich begründe mein Vorgehen, eine Nuss auf die Straße zu werfen, indem ich vermute, dass die Nuss überfahren wird und ich sie somit aufbekomme.
Versuch und Irrtum? Konditionierung?

Darth Nefarius hat geschrieben:Zugegeben, so wird die Krähe das nicht ausformulieren, aber so in etwa müsste es funktionieren, planendes, vorrausschauendes Denken, welches zu hauf beobachtbar ist, lässt sich nur durch soetwas erklären. Diese Verhaltensweisen sind schließlich offenkundig erlernt und nicht primär instinktiv (außer natürlich dem Hunger). Wo ist also der Widerspruch?
Gelernt heißt nicht begründet. Die Lerntheorie ist die Grundlage der Konditionierung, dafür muss ich nicht wissen, was ich tun und warum. Um mein Verhalten begründen zu können, allerdings durchaus.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich sage nicht, dass alle Farben rot sind, sondern dass alle Farben die Deutung von unterschiedlich langwälligem Licht sind, die aber letztlich alle aus Photonen bestehen, die die selbe Geschwindigkeit aufweisen. Deine Analogie passt eigentlich ganz gut, nur dass du mich falsch verstanden hast. Was ich tue ist letztlich nur Reduktionismus und eben das wirfst du mir vor als wäre dieses Vorgehen falsch. Aber es ist absolut notwendig, um Ursachen zu erkennen. Und dann kann es auch passieren, dass vermeindlich unterschiedliche Dinge eine Ursache teilen. Dies zu erkennen ist sehr sinnvoll.
Ich habe Dich nicht falsch verstanden, sondern weiß, dass Du die Wurzel des Altruismus im Egoismus siehst. Ich versuche Dich darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bewährt hat Begriffe über die man reden will zu definieren. Die Definition von Altruismus wurde mehrfach erwähnt, sie beißt sich nicht mit der Definition des Egoismus.
Wenn Biologen nun versuchen, die Definitionshoheit zu erlangen, so können sie das tun, müssen es aber begründen und falls die Idee des primären Egoismus das Tierreich komplett abdecken sollte, spätestens bei den Menschen ist Schluss, wie Batson nachwies und ich auch, falls es einen einzigen anonymen Spender gibt (der nicht seiner Familie spendet). Insofern sehe ich die Definition von Altruismus als völlig korrekt und legitim an. Deine Einwände sind, wie oben gezeigt, allesamt zirkelschlüssig, wenn Du das nicht erkennst, brauchst Du eben Nachhilfe.

Darth Nefarius hat geschrieben:Dein Problem ist nur, dass du wohl zu faul bist, um das System zu nutzen und mit ihm fertig zu werden. Während ich feststelle "Ok, alle sind Egoisten, also muss ich xyz schmieren/bezahlen/bestechen/austricksen" du hingegen bist zu faul, um zu zahlen und sagst "Nein, ich will, dass alle anderen selbstlos sind und ich ihnen nichts als Gegenleistung zu erbringen habe, damit sie mir nützen. Ich bin einfach unwillig, andere zu bestechen/zu bezahlen, da mich das zu viel kostet und ich ihnen nicht zugestehe, auch etwas zu wollen." Ich gestehe den Menschen zu, sich einen Nutzen verschaffen zu wollen, du nicht.

Stimmt vermutlich, mein Weltbild ist entscheiden weniger paranoid als Deines. Aus diesem Grunde fühle ich mich auch nicht ständig bedroht und habe gelernt mein Leben viel besser zu genießen und entspannter zu leben, was ich als großen Gewinn ansehe.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wie, es gibt keine Anweisungen, DIN-Normen, Gesetze, Gebote, Verbote, Straßenverkehrsregeln, Sicherheitsbestimmungen für Gefahrstoffen ...? Ich finde die sehr real.
Diese Anweisungen bestehen auf praktischer, deskriptiver Grundlage
Nö.

Darth Nefarius hat geschrieben:und wollen nicht allgemeingültig sein,
Natürlich wollen sie das, meinst Du eine DIN-Norm gilt nur in Buxtehude und in Pfarrkirchen gilt eine andere?

Darth Nefarius hat geschrieben:oder argumentieren mit dem Guten/Bösen. Desweiteren beanspruchen sie nicht absolut korrekt zu sein; das metrische System ist letztlich auch nur Willkür.
Du wirfst einfach alles durcheinander. Natürlich beanspruchen Normen absolut korrekt zu sein, nur ist es eben eine kulturelle Setzung die auch anders sein könnte, das hast Du immerhin inzwischen erkannt. Nun musst man nur noch klären, ob wie und in welchen Weise man von kulturellen Normen auf ontologische Größen schließen kann, darf, muss, soll oder umgekehrt von der Ontologie zur Norm.
Das ist dann durchaus kompliziert, da auch wenn man den naturalistischen Fehlschluss erkennt, sich die Frage stellt, ob nicht im Rahmen der Vernunft die Natur durchaus etwas gebietet. Nur die Ziele, dass wir alle alt und gesund werden wollen, sind ja keineswegs naturgegeben. Ein paar Kilometer weiter ist es vielleicht schlimmer seine Ehre zu verlieren, als sein Leben, was durchaus auch bei den Soldaten des ersten Weltkriegs noch galt. Ein ehrenvoller Tod im Feld war allemal besser als die Schmach ein Feigling zu sein, so labil sind die Normen und die Biologen hechten hier einfach dem Zeitgeist des postmodernen Narzissmus hinterher und verkaufen mundegrecht das als oberstes evolutionäres Prinzip was gerade ankommt. Das ist das Praktische.
Zuletzt geändert von Vollbreit am Mo 6. Mai 2013, 13:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Mo 6. Mai 2013, 13:13

Darth Nefarius hat geschrieben:Richtig. Oft genug ist dies aber der Fall: Der Mensch kann nicht altruistisch sein, deswegen ist es unsinnig, es von ihm zu fordern.
Sorry, aber da bringt mich nur noch zum Gähnen. Ich weiß nicht, warum Du keine Fortschritte machst, aber Du machst keine, vermutlich ist eine Pause ganz sinnvoll.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Einer Maus ist sich wohl grunsätzlich bewusst, dass die Eule sie töten könnte, das will sie aber nicht.
Nein, das glaube ich nicht.
Hm, wieso würde die Maus dann Eulen meiden?
Biologisches Programm? AAM? http://de.wikipedia.org/wiki/Angeborene ... echanismus
Man muss sich nicht einer Sache bewusst sein um zu reagieren, nicht mal um „richtig“ zu reagieren.

Darth Nefarius hat geschrieben:Gut, dann behaupte ich 20000 Euro von dir zu benötigen. Laut deiner Philosophie hast du die Pflicht, sie mir zu geben. :mg: Ich interpretiere mein Verlangen als notwendig, dies ist aber kein Problem, wie du meinst. Und was jetzt?
...hätte weiterlesen geholfen:
Vollbreit hat geschrieben:Ein Grundrecht aus Porsche und Pelzmantel hat keiner, ich würde tendenziell soziale Zuwendungen auch eher kürzen und Arbeit dafür besser bezahlen.


Darth Nefarius hat geschrieben:Das ergibt keinen Sinn. Wozu eine Prinzipie aufstellen, die Ausnahmen zulässt. Sind Prinzipien nicht prinzipiell/grundsätzlich? Wozu einen Grundsatz formulieren, wenn er keiner ist?
Hängt an der Definition von Prinzip. Prinzipiell meint hier, wann immer es möglich und sinnvoll ist (nach allgemeinem Ermessen).

Darth Nefarius hat geschrieben:Eigentlich wünsche ich mir, dass die anderen an sich denken. Dann werden sie zugänglicher für Kompromisse und Verhandlungen. Ich habe zu oft erlebt, dass Menschen, die einen fürchten, sich lieber selbst ins Knie schießen, als mit einem zu kooperieren. Das ist Dummheit, die durch mehr rationalen Egoismus vermeidbar wäre (naja, und Furcht aus der Vermutung, dass sie den Hacken beim Kompromiss nicht erkennen. Also wiederum ein Zweifel an der eigenen Intelligenz, der Schwierigkeiten macht.).
Und gleich wieder das nächste Problem für Deine Ideologie: Du bist ein angstauslösender Egoist, der andere hemmt, so dass sie nicht mehr angemessen mir Dir kooperieren können. So ist die Raubtierwelt, der Du Dich verschrieben hast. Das führt zu der paranoiden Atmosphäre von Angst und gegenseitigem Misstrauen, weil man ja weiß, dass der andere nur so lange kooperiert, wie man ihm nutzt. Wirst Du zum Konkurrenten muss sein oberstes Ziel lauten, Dich aus dem Weg zu räumen. Da Du meinst, das besser als alle anderen verstanden zu haben, fühlst Du Dich gewappnet, da Du aber nie genau weißt, ob der andere Dich nun als Kollegen oder Konkurrenten betrachtet und auch Du nicht hellsehen kannst, musst Du superwachsam sein und fühlst Dich standesgemäß ängstlich, da im Grunde immer bedroht. Da es sich nicht gut anfühlt grundlos ängstlich zu sein und Du den wahren Grund nicht kennst, projizierst Du Dein misstrauisch-ängstliches Grundgefühl auf den Tod, davor kann man schließlich Angst haben, hört sich halbwegs vernünftig an.
Dein Problem ist aber, dass Du selbst im Jahr 10.000 keine Ruhe finden wirst, wenn Du dann noch lebst, weil die Quelle Deiner Angst nur zu einem geringeren Teil als Du glaubst Deine Angst vor dem Tod ist. Gelingt es Dir andersherum Deine gefühlte Großartigkeit auf ein realistisches Maß zu stutzen, stehen die Chancen nicht schlecht, dass Du Deine Todesangst dann so weit im Griff hast, dass sie Dein Leben nicht behindert, das würde ich Dir wünschen, auch wenn ich weiß, dass das noch mindestens 10 Jahre braucht, bis Du überhaupt anfangen kannst.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Das Problem bei Deinem Egoismus ist, dass er im Grunde nicht wahnsinnig egoistisch ist. Du stellst ja nicht das Lustprinzip an oberste Stelle, sondern eher die Vernunft. Du bist recht strukturiert und diszipliniert, was Deine Ziele angeht und würdest sagen, dass Du das so willst und die Vorteile aufzählen, die Du später mal davon hast. Vermutlich stimmt vieles davon, nur ist das nicht „egoistisch“ im Alltagssinn. Dazu kommt, dass auch der biologische Egoismus nicht der Alltagsvorstellung von Egoismus entspricht und aus dieser Bedeutungsdifferenz erwachsen die ganzen Missverständnisse um den Begriff „Egoismus“. Die muss man klären und das ist dann etwas kompliziert.
Ja, ich habe gemerkt, wie kompliziert es ist, dir diese Unterschiede zu erklären, und wieso die Alltagsdefinition von Egoismus= "Böse und für die anderen schädlich" unbrauchbar ist. Alltagsdefinitionen sind oft Mist, wieso sich hier viele ausgerechtet auf diese unbeirrt stützten, anstatt sie hin und wieder zu hinterfragen, verstehe ich nicht.
Das ist nicht das Problem. Du bist schon ein Egoist im alltäglichen Sinne des Wortes, Du probierst nur, Deinem narzisstischen Desinteresse an anderen eine biologistische Legitimation überzustülpen, nach dem Motto, die Natur hätte das alles genau so gewollt und Du bist eben einer der wenigen die diese Vorgänge kapieren. Du oszillierst also zwischen den Begriffsdefintionen hin und her und versuchst Deinen (alltäglichen) Egoismus zu rechtfertigen.
Ich nehme an, dass Du ihn in stillen Stunden auch als zwischenmenschliches Defizit erkennen wirst (vielleicht aber auch nicht), ich kann Dir versichern, es ist ein Defizit.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich einen Menschen zum Tier erkläre, kann ich (wie du schreibst) ihm nichts krumm nehmen, ihn nicht als Böse bezeichnen. Wenn ich das alles nicht tue, mache ich ja nichts schlimmes. Ist Dehumanisierung also nichts schlimmes?
Ja, nun ist der Mensch kein Tier, was beide verbindet, ist mir bewusst , was ihn trennt ist unter anderem das Geben und Verlangen von Gründen, sowie die Fähigkeit ein Wir zu denken, d.h. sich bewusst mit anderen zu solidarisieren, sich mit ihnen als eine Gemeinschaft zu empfinden.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Den Menschen zu ändern bedeutet, dass man eventuell Verbrechen an denen zulässt, die man für nicht vereinbar mit seinen Idealvorstellungen hat. Mal sind es Ungläubige, mal Juden, mal Zigeuner oder sonstwer, die diesen Vorstellungen nicht entsprechen. Aus der Haltung den Menschen ändern zu wollen entstehen Verbrechen an Menschen.
Du meinst also, das gentechnische „Optimierungen“ problematisch sind, auch wenn sie „gut“ gemeint sind und die Abweichler einfach nur den eigenen Idealen nicht entsprechen? Hier lass mal ein wenig die Sonne drauf scheinen, keiner ist blindwütig gegen den Fortschritt oder Technik oder dergleichen.
Wenn ich jemanden gentechnisch manipuliere, töte ich ihn ja dadurch nicht - im Gegenteil, ich mache ihn nützlich und so ermögliche ich Kooperation.
Mach Dich erst mal vorher selbst nützlich und frag andere, ob sie von Dir „optimiert“ werden wollen. Deine Vorstellungen von Optimierung sind ein ziemlicher Albtraum für jeden denkenden Menschen. Dass ausgerechnet Du für andere gleich mitentscheiden möchtest, ist ein schlechter Witz.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das ist nur eine weitere petitio principii: Wir tun, was wir wollen. Wir wollen, was uns hormonell erfüllt. Also tun wir, was uns hormonell erfüllt
Nein, das sind Folgerungen. A führt zu B, B führt zu C, also bedingt A C.
Stimmt sogar, nur dass der Begriff des Wollens hier mal wieder vom rationalen Wollen abgekoppelt ist und ganz und gar den Hormonen überlassen wird. Das eine wird mit dem anderen gerechtfertigt.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist es ja nicht, was ich sage. Der Darwinismus leitet klar her, warum einige Motive vorhanden sein MÜSSEN.
Welche und warum?
Auf jeden Fall der Selbsterhaltungstrieb.Warum? Weil ein Wesen ohne diesen Trieb eine geringere Fitness hat, weniger Nachkommen zeugt als solche, die bewusst oder unbewusst sich selbst erhalten wollen.
Verstehe ich schon nicht. Warum soll denn ausgerechnet Selbsterhaltung zu mehr Nachkommen führen?

Darth Nefarius hat geschrieben:Damit hat die nächste Generation eine größere Menge an denjenigen, die sich selbst erhalten wollen, die übernächste Generation verstärkt diesen Trend. Irgendwann stirbt der Mangel an Selbsterhaltungstrieb aus.
Klar, wer keine Kinder in die Welt setzt, dessen Gene werden nicht weiter gegeben. Wer das geschlechtsfähige Alter nicht erreicht, auch nicht. Insofern kommt der Selbsterhaltungstrieb zwar zeitlich zuerst, aber wichtiger ist doch, der Fortpflanzungstrieb.
Aber bei den Menschen wird doch vieles anders, nicht weil sie keine biologischen Wesen sind, sondern weil Informationen auf anders tradiert werden (bspw. über Meme), weil eben den Trieben eben auch die Kultur uns ganz wesentlich prägt, weil man auch prima ohne Nachkommen leben kann, aus egoistischen Motiven (dass meine Linie nicht fortgesetzt wird, muss mich gerade als Egoist doch nicht bekümmern, was jucken mich die anderen, was juckt mich die nächste Generation, ich lebe hier und heute, der Rest ist mir egal). Und so weiter.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn der betreffende sie selbst nicht wahrnimmt, so sind sie folglich unbewusst vorhanden.
Oder gar nicht vorhanden. Wir werden alle von Marsmenschen ferngesteuert. Du glaubst das nicht? Nun, dann ist Dir das unbewusst, ferngesteuert wird Du dennoch.
Für Marsmenschen gibt es keine Indizien. Der Darwinismus und Triebe sind anerkannt. Hormonelle Reaktionen sind messbar.
Für das Argument ist das aber nebensächlich, es geht einfach um die Struktur. Setzt Kindesmissbrauch oder latenten Antisemitismus ein, dann hast Du Phänomene, die es gibt und die man dennoch nicht widerlegen kann, aufgrund der zirkulären Argumentationsweise.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Biologie muss nicht mit bewusstenn Systemen arbeiten, es ist fast immer eine gedankenlose Maschine, die ihre Arbeit erledigt.
Ja, außer eben, wenn denkefähige Wesen ins Spiel kommen, deshalb ist die Aussagenkraft der Soziolbiologie begrenzt. Eigentlich ganz einfach.
Die Fähigkeit der Maschine zu denken schließt nicht aus, dass sie unbewusste Subroutinen hat, eher im Gegenteil: Die Fähigkeit, über ein mathematisches Problem zu denken bedeutet zwangsläufig, dass man unbewusst seine Atmung, seinen Herzschlag, seine Verdauung regelt und nicht darüber nachdenken muss. Tut mir ja Leid für dich, aber du kannst nicht bestreiten, dass es ein Kleinhirn gibt oder das sympathische Nervensystem. Du machst dich lächerlich, wenn du diese Konzepte, die man aus dir rausschneiden kann, mit Marsmenschen vergleichst.
Das braucht Dir nicht leid zu tun, denn ich bestreite doch biologischen Programme im Menschen gar nicht. Mir sind die ganzen unwillkürlichen Prozesse gut bekannt, interessant ist das Verhältnis von bewussten zu unbewussten Prozessen.
Biologen haben da das chronische Problem, dass sie als Naturwissenschaftler zwar selbst argumentieren, aber den Menschen als Organismus betrachten und Gedanken und Argumenten und so etwas als Epiphänomen, was irgendwie von den Hirnzellen ausgeschwitzt ist und eigentlich nicht so wichtig, da diese Phänomene in der Biologie keine Rolle spielen und auch eher stören.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Was hältst Du von der Möglichkeit, das es auch bewusste Motive gibt, wie lernen statt feiner, oder nicht nacxh Afrika zu reisen? Der Begriff „Intuition“ ist m.E. bedeutungsreicher, als dass er nur „unbewusst“ meint. Der Begriff „unbewusst“ ist auf jeden Fall bedeutungsreicher, als dass er nur meint, keinen kognitiven Zugang zu bestimmten Abläufen in einem zu haben.
Ansonsten sind Rouinevorgänge und Automatismen sicher ein evolutionärer Vorteil, keine Frage.,

Es ist ja kein Motiv, welches in der Luft steht, zu lernen anstatt zu feiern. Woher kommt denn dieser Wille?
Gute Frage: Aus dem Ich. Wenn es sich um eine rational entscheidendes Wesen handelt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ist das eine willkürlich gesetzte Prämisse? Nein, ist es nicht, es hat wieder Ursprünge.
Ja, das Ich. Ohne Ich kein (rationales) Wollen. Das Ich ist logisch primär und unhintergehbar.

Darth Nefarius hat geschrieben:Du bist nur Unwillens, deine Prämissen zu hinterfragen: Ich will, dass es allen gut geht – Warum?
Weil ich mich als Wesen mit einem ethischen Bewusstsein erlebe und es als rational empfinde, dass das, was ich mir für mich wünsche, auch anderen zukommen sollte. Weil ich glaube, dass eine Gesellschaft, die allgemein mitfühlend (und ihr Mitgefühl nicht von der Nützlichkeit abhängig macht) eine bessere Welt ist, die weniger paranoid ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich will bla, ich will xyz... - Aber warum? Du stellst dir solche Fragen offensichtlich nicht, es fehlt dir die Fähigkeit, zu reflektieren.

Wenn ich das selbst einschätzen soll, stelle ich mir solchen Fragen weitaus weitreichender und gründlicher, als Du dazu je in der Lage warst. Aber das hilf ja keinem weiter.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist keine Nebensache für die Evolution.
Der Evolution ist alles scheißegal, sie hat kein Ziel. Oder bist Du Teleologe? Hier geht es auch nicht um Evolution, sondern Begriffsdefintion. Falsche Baustelle.
Die Evolution hat kein Ziel, ist richtig, dennoch wirkt sie wie ein vermeindlich zielgerichtetes System, es ist ein Sieb, ein flexibler Filter.
Also so ein bisschen Teleologie im Nichtteleologischen, oder wie hättest Du es gern?

Darth Nefarius hat geschrieben:Und diesen Filter können wir deuten. Für die Evolution/den Filter ist es keine Nebensache, ob für dich etwas von Vorteil ist, oder nicht. Du schaffst offensichtlich neben der Reflexion auch nicht komplexeren Systemen nicht die filternde Funktion zuzugestehen, ohne Teleologie zu unterstellen.
Ich denk mal, das ist eher Dein Problem, darum blaffst Du auch wieder, wie ein getroffener Hund. Teleologie ist Ausrichtung auf ein Ziel, wenn etwas „keine Nebensache für die Evolution ist“, folgt implizit, dass sie ein Ziel hat. Dein Pech.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es geht immer um Evolution, es geht immer um Biologie, wenn sich deine Konzepte nicht in Deckung bringen lassen mit den Wirkungen der Evolution, sind sie untauglich und falsch.
Schöner Satz. Wenn Du mal einen Klassiker in zirkulärem Dogmatismus suchst, Du hast ihn selbst verbrochen. Kannst Du Dir einrahmen und an die Wand hängen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Inwiefern macht mich so eine Aussage zur Autorität?
Weil Du mit jeder behauptenden Aussage, implizit Autorität über das beanspruchst, was Du behauptest. Wenn Du sagst: „Das ist rot“ behauptest Du damit, Farben erkennen, unterscheiden und gemäß der bei uns herrschenden Sprachspiele richtig zuordnen zu können. Mit einer Aussage über die (Un)Verzichtbarkeit von Ethik und Moral behauptet man implizit kompetent über diese Gebiet urteilen zu können, was bei Dir nicht gegeben ist, weil weil Du hierbei nicht mal die primitivsten Grundlagen kennst. Du kannst den Anspruch also nicht einlösen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist Blödsinn. Wenn Zeugen Jehovas an die Tür klopfen und mir erklären, dass die Welt untergeht oder so ein Mist, dann sind sie für mich auch keine Autoritäten nur dadurch, dass sie eine Aussage formulieren.
Sie müssen auch keine Autoritäten für Dich sein, ich nehme Dich Unsinn den Du über Ethik verzapfst ja auch nicht ernst, weil ich erkenne, dass es da hinten und vorne und mittendrin fehlt, also völlig indiskutabel. Ich bewerte das als großmäuligen Mist, von jemandem der vollkommen ahnungslos ist, aber ich will, dass Du Dich von der ethischen Bakterien wenigsten zum Reptil entwickelst.
Und was die Zeugen angeht: Sie behaupten Autorität zu besitzen und ihre Quellen sind Offenbarungen. Muss man eben glauben oder es lassen. Wem das reicht, okay. Das Problem des reinen Glaubens ist halt, dass man glauben „muss“. Man kann ihn nicht nachprüfen. Ethisch übrigens fragwürdig, weil nicht – im Gegensatz zu Kant oder dem echten (also nichtdarthschen) Utilitarismus – das Individuum angesprochen wird, als kompetentes Wesen, sondern ihm wird gesagt: Frag nicht, duck dich, mach einfach mit. Gott weiß schon, was gut und richtig ist. Oder im Fall der Biologisten weiß das eben die Evolution. Richard Dawkins hat da noch ein lesbares Restempfinden, dass da irgendwas nicht stimmt, darum warnt er uns, vor unseren egoistischen Genen, doch einigen seiner Nachfolger ist es erfolgreich gelungen, das Selbstdenken zugunsten des totalen Gehorsam auszuschalten.

Darth Nefarius hat geschrieben:Auf den Rest antworte ich später, aber wenn ich mit euch beiden diskutieren muss, werde ich das nicht mitmachen.
[/quote]Ich finde auch, dass es jetzt erst mal wieder reicht. Wie gesagt, es ist irgendwo in der Ferne Land in Sicht, aber ob Du es erreichst kann ich nicht abschätzen. Ich drück Dir auf jeden Fall die Daumen, wenn es Dir gelingt die Krallen einzufahren bist Du deutlich sympathischer und auch argumentativ überzeugender.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 29. Jun 2013, 15:38

Ich habe fast vergessen, dass wir diese Diskussion noch nicht zu Ende geführt haben....
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wer argumentiert, die Emotionen hätten das erste und das letzte Wort (wie Roth das tut und Du auch, wenn Du auf die emotionalen Zentren des Hirns verweist, in denen Entscheidungen angeblich getroffen werden), muss sich fragen lassen, warum er dann eigentlich argumentiert, Bücher schreibt und forscht.
Wo soll da der Widerspruch sein? Argumente haben (ob nun beabsichtigt oder nicht) grundsätzlich einen emotionalen Anteil.
Der ist für ein Argument aber vollkommen unwichtig. Wie soll das denn gehen: „Ich bin so arm, habe Zahnschmerzen und gestern ist auch noch mein Sittich gestorben, darum ist 2+2=5“? Oder: „Ich verdiene mehr Geld als du, darum sind Ribosomen eine Obstsorte“?

Es ist für das Argument nicht wichtig, aber für den Argumentierenden ist die Emotion entscheidend, ob er das Argument gelten lässt oder nicht. Du bist ein Paradebeispiel für eine irrationale Person, der die Argumente vor Augen geführt werden, die sie aber nicht als korrekt anerkennt. Bestimmte Scheinargumente wiederum als rational zu erkennen, ist auch auf unser Empfinden zurückzuführen. Manche (leider sehr viele, die meisten) lassen sich derart von ihrem Wunschdenken beeinflussen, dass sie an einen unsichtbaren, allmächtigen und unsterblichen Schöpfer glauben. Die Logik von Argumenten spielt für die Überzeugung einer Person leider zu selten eine Rolle. Du bist nicht im Besitz der absoluten Wahrheit und alle anderen haben ihre bestechende Logik nur noch nicht erkannt. Was du für richtig hälst, hängt von deinen Wünschen und Ängsten ab. Also ja, für manche lässt die Emotion 2+2=5 werden; das solltest du am besten wissen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Zuerst gefällt uns eine Position einfach gefühlsmäßig nicht. Dann suchen wir (mehr oder weniger gute) Argumente. Es gibt da keinen Gegenpol, es gibt nur Emotionen und Triebe, die einander zuwiderlaufen und dann über eine Gewichtung des Neocortex (/"der Vernunft") priorisiert werden.
Ich weiß immer noch nicht, wie Schlussregeln von Hormonen beeinflusst werden. Es kann schon sein, dass jemand nicht zu logischem Denken in der Lage ist, aber Wahrheit im logischen Sinne ist nicht von der Stimmung abhängig. Und das Argument, Argumente seien sinnlos, hat die ganz leichte Tendenz zum Selbstwiderspruch.
Was bitte soll "Wahrheit im logischen Sinne" sein? Diese vorsichtige Formulierung zeigt ja schon, dass du grundsätzlich nicht ernsthaft widersprechen kannst. Die Realität ist Beweis genug für die irrationale Natur des Menschen. Auch deine halbherzigen Ausführungen über den Buddhismus und die vielen Stellen, an denen du mit dem konsequenten Glauben nicht übereinstimmst, aber mit den Folgerungen aus diesen wiederum schon, zeigt, wie wenig für dich Konsistenz und Logik eine Rolle spielen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Alles, was wir freiwillig tun, wird durch Hormone belohnt. Das ist keine petito principii, sondern Fakt.
Das eine hat mit dem anderne nichts zu tun.

Natürlich hat es das. Nur wenn uns etwas in irgendeiner Weise gefällt, tun wir es auch. Das bedeutet, dass wir nur die Wahrheiten, die uns gefallen oder weniger abstoßen auch gelten lassen. Man kann Tiere mit einer Maschine im Hirn durch Belohnungssignale fernsteuern, Menschen durch Manipulation. Argumente gelten zu lassen oder nicht, ist auch nur eine Handlung. Ob Handlungen ausgeführt werden oder nicht, hängt vom Gemüt ab.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Du willst nicht essen, wenn du hungrig bist, weil dir der Hunger Lust bereitet oder die Sättigung Schmerz, sondern umgekehrt. So wird der Verstand konditioniert genau das zu tun, was gefällt und das zu meiden, was nicht gefällt. Du würdest doch bei Hunger auch sagen, dass du isst, weil du satt werden willst (aber wieso willst du das? Weil du dich dann besser fühlst. Letzteres ist deine Motivation zu essen, wenn du Hunger hast, ist das für dich nicht verständlich?).
Ich faste regelmäßig, was dann? Habe ich dann den Willen mich schlechter zu fühlen?

Manche stehen auch drauf, sich auspeitschen zu lassen. Jedem das seine, aber abhängig ist es immer vom Lustempfinden, nicht von einer absoluten Wahrheit oder Logik (sofern man wie du die natürlich selektierten Triebe und Emotionen nicht als logisch im evolutionären Sinne betrachtet).
Vollbreit hat geschrieben:Grundannahmen sind immer willkürlich gesetzt. Das ist nicht das Problem. Die Frage ist, ob es konsistent weitergeht, was die Annahme bringt.

Du solltest mal deine eigenen Kommentare lesen "Willkür ist kein Problem". Wenn die anfängliche Willkür kein Problem darstellt, wieso sollte es eine grundsätzliche tun? Was für einen Wert hat Konsistenz, wenn sie auf einer Lüge, auf Willkür basiert? Dein verzweifelter Versuch Ordnung in dein Weltbild zu bringen, ohne eine naturwissenschaftliche Prämisse zu akzeptieren, zeigen, was für ein Kontrollfreak du bist.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist nicht gehaltlos, so habe ich es auch nicht formuliert. Vielleicht überlegst du dir, wie du an das anthropische Prinzip herangehst? Ich würde gern von dir lesen, ob du dies auch als so zirkelschlüssig betrachtest. Ich denke aber, dass es sinnlos ist, mit dir zu diskutieren, wenn du Grundannahmen des Darwinismus als zirkelschlüssig betrachtest. Für dich ist eine Prämisse offensichtlich erst dann gut, wenn sie willkürlich gesetzt zu sein scheint, wenn sie keinen Bezug zur Realität hat.
Sag mir doch erst mal was Realität ist.

Was Beobachtungen und nicht Wunsch entspricht. Wir können so ziemlich alles mit moderner Technik und Physik wahrnehmen. Dadurch haben wir ein konsistentes Weltbild erschaffen, welches nicht auf einer oder mehreren willkürlichen Prämissen basiert. Das ist Realität.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn es aber, wie beim Darwinismus nicht der Fall ist, bezeichnest du etwas, das in sich stimmig ist und mit der Welt übereinstimmt, als zirkelschlüssig. Ja, dort wo die Prämissen des Darwinismus aufhören, fangen die Beobachtungen an, auf letzteren basieren sie. Wenn du das als Zirkelschluss betrachtest, ist das DEIN Problem.
Nein, ich haben Zirkelschlüsse ja nicht erfunden, die sind definiert. http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkelschluss

Wikipedia zu zitieren, wird nicht darüber hinweg täuschen, dass du nicht fähig bist, den Darwinismus zu verstehen. Die Beweise, die der Darwinismus benötigt, sind der Empirie zu entnehmen, sie sind nicht in der Theorie selbst vorausgesetzt.
Vollbreit hat geschrieben:Nein, Du behauptest dogmatisch, dass Egoismus der erste Antrieb ist (schon das müsste erklärt werden) – Jedes Lebewesen denkt zuerst und zuletzt nur an sich – und dass von da aus abgeleitet alles weitere auf Egoismus zurückzuführen sei. Hier argumentierst Du wie Dawkins, der als Resultat des primären Egoismus folgenden Verhaltensweisen (bei Tieren und Menschen) findet: 1) Konkurrenz. 2) Familiäre Kooperation. 3) Kooperation, in Erwartung künftiger Kooperation des anderen. 4) und 5) Wettbewerbsvorteil/sozialer Gewinn, wenn man als Gönner bewundert wird.
Mein Einwand ist zum Beispiel, dass bereits der erste anonyme Spender von keiner der Kategorien abgedeckt wird. Darauf entgegnest Du, auch der Spender würde irgendwas von seinem Spenden haben, sonst würde er es ja nicht tun, denn schließlich denkt jeder zuerst und zuletzt nur an sich. Mit dieser Begründung greifst Du die Prämisse wieder auf, die es aber eigentlich zu begründen (und kickst echte Alternativen raus) gilt. Das ist der Zirkel.

Nein, ich argumentiere, dass der anonyme Spender keine logischen Gründe für sein Vorgehen hat, sie emotionaler, triebgesteuerter Natur sind. Sein Handeln nützt ihm durch ein positives Gefühl. Handlungen, die durch ein positives Gefühl bestätig werden, werden ausgeführt. Wenn es diesen Input nicht gibt, wird nicht gehandelt. Damit steht am Anfang jeder Handlung, ob der Handelnde zuerst selbst etwas davon hat. Damit ist jede gewollte Handlung egoistisch. Und hier kommt (nachdem argumentiert wurde) die Überschneidung mit dem Darwinismus: Die natürliche Selektion hat diese Befriedigung der Handlung gefiltert und nur nützliche Handlungen für den Handelnden gefördert. Wer drauf steht, in Flammen zu stehen, ist ausgestorben, weil es ihm nichts genützt hat.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das bedeutet, diesem möglicherweise bewussten Antrieb, jemandem zu helfen, muss etwas Eigennützes vorgehen (so die Annahme, damit zwischen darwinistischer Theorie und dem bewussten Willen die Lücke schließt). Das bedeutet, dass der vermeindliche Altruismus in Wahrheit (unbewusster) Egoismus sein muss. Alles, was wir tun, muss uns irgendwie nützen, damit wir überleben.
Muss? Und dann gleich so oft? Das ist einfach eine Theorie, bzw. hier hättest Du mal das Recht, die Prämisse infrage zu stellen. Eine Aussage wie: „Jeder tut unterm Strich, was ihm am meisten behagt“, ist ebenfalls unwiderlegbar, also nicht falsifizierbar, also wissenschaftlich wertlos.

Natürlich ist es widerlegbar. Stecke ein paar Sonden in ein Gehirn, überprüfe den Puls und befrage das Versuchsobjekt (sofern menschlich) und lasse es etwas tun. Keine Handlung wird ausgeführt, weil sie ihm nicht gefällt oder Schmerzen verursacht. Wenn es anders wäre, hättest du den Egoismus widerlegt. Entwweder handlen wir, um Schmerz zu vermeiden oder um Befriedigung zu erlangen. Beides nützt uns und steht am Anfang jeder Handlung. Am Anfang jeder Handlung steht also das Ich und sein Nutzen/Schaden. Also handeln wir egoistisch.
Vollbreit hat geschrieben:Dass man sein Überleben schützen will und das ein starker Antrieb ist, der Soziopathen, Bulimiekerinnen, Depressive, Selbstmordattentäter, Märtyrer und andere aber machmal nicht interessiert, so mächtig scheint der Urtrieb also nicht zu sein, ist ja schon klar, aber wenn ein Bedürfnis mal erfüllt ist, wird es auch schnell vergessen.

Interessant, an welchen Wesen du dir ein Vorbild nimmst. Es gibt immer geisteskranke Ausnahmen, Mutationen, Variationen. Diese Wesen sind nicht repräsentativ. Abgesehen davon tun sie letztlich auch das, was sie selbst wollen. Was ihnen Lust bereitet, ist aber selbstzerstörerisch. Natürlich kann man sich nicht aussuchen, was man gut findet und einem zudem auch noch nützt, das erledigte die Selektion für dich (und tut es heute noch).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Aber letztlich steht genau das dahinter. Alle, die nicht diese Korrelation zwischen diffusem Willen und echtem Nutzen intuitiv hatten, sind ausgestorben. Wir wollen, was uns nützt.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir evolutionär optimierte Wesen sind. Nur, wollen wir eben nicht nur das, was uns nützt, denn inzwischen fressen Menschen ohne jedes Hungergefühl, Rauchen nützt eigentlich gar nicht und eine Vielzahl von Arbeitsbedingungen sind rein biologisch betrachtet eine einzige Katastrophe.

Die Evolution ist kein Wesen mit Bewusstsein und der Fähigkeit zum Blick in die Zukunft. Die heutigen Lebensumstände entsprechen nicht denen, die unser Empfinden für "nützlich" und "schädlich" entsprechen. Damals war es gut, immer mehr, immer mehr zu essen, da es kein Überangebot gab und jede Mahlzeit die letzte sein könnte. Was uns Befriedigung verschafft, ist natürlich nicht mit dem gegenwärtigen oder künftigen Nutzen verbunden (andernfalls könnten wir die Zukunft quasi durch unser Empfinden vorrausahnen), sondern basiert auf einem langen Filterungsprozess in der Vergangenheit. Die vergangenen Situationen, die unsere Triebe formten, dienen als Schablone für das, was nützlich sein könnte.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 29. Jun 2013, 15:41

Vollbreit hat geschrieben:Wenn aber jeder tut, was er will, dann wird diese Katastrophe ja offenbar sehenden Auges und bewusst in Kauf genommen. Ob Kindersoldaten, Kinderprostitution, Arbeit mit giftigen Chemikalien, ohne jeden Schutz, alles kein Problem, weil ja jeder tut, was er will und also freiwillig und dafür von seinem Gehirn belohnt wird.

Viele werden vor für sie aussichtslose Situationen gestellt. Meistens ist die Alternative zu dem oben erwähnten der Tod.
Vollbreit hat geschrieben:Das stinknormale Leben, also Deine so oft beschworene Realität passt einfach nicht zu den Theorien. Gewöhnlich schmeißt man dann die Theorie weg, bei Biologen schient das anders zu sein, das sagt man dann: Statistische Ausreißer, unfitte Wesen, die es nicht besser verdient haben und so weiter. Wer gequält wird, der findet das toll, sonst würde er sich ja nicht quälen lassen.

Bei biologischen Daten werden auch Statistiker zu Rate gezogen. Wenn die Daten nicht signifikant auf das eine oder andere hinweisen, sind sie nutzlos. Das sind die selben Systeme, die bei den Physikern verwendet werden, lediglich mit ein paar Signifikanzstellen weniger (aber das liegt daran, dass ein biologisches System einfach komplexer ist als ein Elementarteilchen).
Vollbreit hat geschrieben:Nichts kann jemals eine Argumentationsstruktur wie Deine widerlegen. Was Du offenbar als Triumph empfindest, ist aber in der Wissenschaftstheorie ein handfestes Defizit. Es gibt ein analoges Argument: Was auch passiert ist gut, denn Gott hat es so gewollt. Wer die Güte nicht erkennt zeigt nur, dass er Gott nicht versteht, aber das macht nichts, denn nur Gott kann Gott verstehen, die Geschöpfe sind eine andere Kategorie. Wie ein alter Kirchenfürst drehst Du Dir alles wie es passt, weil Du ebenso dogmatisch argumentierst.

Du vergleichst Äpfel mit Birnen. Du vergleichst die moralische Bewertung und Sinnhaftigkeit in der religiösen Argumentation mit der Prämisse, dass alles, was uns umgibt, auch logisch herzuleiten ist. Der Religiöse sagt, dass alles gut ist und seinen Sinn hat; der Wissenschaftler sagt, dass alles irgendwie logisch ist und nur noch verstanden werden muss. Das ist nicht das selbe und wenn du das nicht erkennst, kann man dir auch nicht weiterhelfen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Du kannst nicht wissen, wie und ob Tiere ihr Verhalten begründen. Ich würde sogar annehmen, dass einge ab einer gewissen Intelligenz dies können. Das lässt sich überprüfen: Suchen wir ein Tier, welches planen kann: Krähen können in Großstädten die Autos nutzen, um Nüsse oder sonstwas aufzubekommen. Ich habe selbst planendes Denken und handeln bei diesen Tieren beobachtet. Wenn sie planen, dann begründen sie ihre Handlung durch Vermutungen, die auf Beobachtungen basieren.
Dann wäre Planen dasselbe wie Begründen. Tatsächlich ist das aber nicht so. Auch setzt planen eine Begründen nicht voraus.

Ja, du meinst wahrscheinlich das moralische Begründen. Für mich ist Hunger ein Grund, um zum Kühlschrank zu gehen, für die Krähe ist Hunger der Grund, warum sie die Nuss auf die Straße fallen lässt. Ich meine diese Art von Begründung.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Krähe: Aha, Autos können etwas zerquetschen, vielleicht auch die Nuss? Probieren wirs mal aus: Ich begründe mein Vorgehen, eine Nuss auf die Straße zu werfen, indem ich vermute, dass die Nuss überfahren wird und ich sie somit aufbekomme.
Versuch und Irrtum? Konditionierung?

Versuch und Irrtum sind der Pfad auf dem Weg zur Einsicht und Begründung. Ein Versuch setzt nicht voraus, dass er erfolgreich ist. Wenn es bei der Krähe nur der Versuch wäre, würde sie nicht zielgerichtet immer wieder das selbe versuchen, ohne zu wissen, dass dies der Weg ist, auf dem sie ihre Nuss bekommt. Einen Irrtum zu erkennen setzt auch voraus, dass man plant und begründet (und erkennt, dass man falsch geplant und begründet hat). Und wer soll bitte die Krähe konditioniert haben? Ein Tierfreund? Eine andere Krähe? Und wer hat dann diese Krähe konditioniert? Konditionierung bedeutet auch, dass man einen Nutzen mit einer Handlung assoziiert. Wenn man dies tut, wird das Verlangen nach dem Nutzen wiederum mit der Haandlung assoziiert. Die Krähe hat Hunger und plant deswegen eine Nuss auf die Straße zu werfen. Ihre Begründung ist die Assoziation des Nutzens mit der Handlung. Die Assoziation des Nutzens mit dem Verlangen ist instinktiv.
Vollbreit hat geschrieben:Gelernt heißt nicht begründet. Die Lerntheorie ist die Grundlage der Konditionierung, dafür muss ich nicht wissen, was ich tun und warum. Um mein Verhalten begründen zu können, allerdings durchaus.

Eine erlernte Handlung ist durch die positive Bestätigung begründet.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich sage nicht, dass alle Farben rot sind, sondern dass alle Farben die Deutung von unterschiedlich langwälligem Licht sind, die aber letztlich alle aus Photonen bestehen, die die selbe Geschwindigkeit aufweisen. Deine Analogie passt eigentlich ganz gut, nur dass du mich falsch verstanden hast. Was ich tue ist letztlich nur Reduktionismus und eben das wirfst du mir vor als wäre dieses Vorgehen falsch. Aber es ist absolut notwendig, um Ursachen zu erkennen. Und dann kann es auch passieren, dass vermeindlich unterschiedliche Dinge eine Ursache teilen. Dies zu erkennen ist sehr sinnvoll.
Ich habe Dich nicht falsch verstanden, sondern weiß, dass Du die Wurzel des Altruismus im Egoismus siehst. Ich versuche Dich darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bewährt hat Begriffe über die man reden will zu definieren. Die Definition von Altruismus wurde mehrfach erwähnt, sie beißt sich nicht mit der Definition des Egoismus.

Nein, sie schließen nur einander aus. Der Vorfahr des Menschen war entweder Altruist oder Egoist, nicht beides. Eine Analogie: Die Flossen von Waalen sind eigentlich umgeformte Beine und Füße. Der Vorfahr des Waals war ein landlebendes Säugetier. Damit sind die Flossen des Waals nicht das gleiche wie die echten Flossen des Fisches. Die Flossen des Waals sind eine Homologie zu unseren Füßen, aber eine Analogie zu den Flossen des Fisches.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Dein Problem ist nur, dass du wohl zu faul bist, um das System zu nutzen und mit ihm fertig zu werden. Während ich feststelle "Ok, alle sind Egoisten, also muss ich xyz schmieren/bezahlen/bestechen/austricksen" du hingegen bist zu faul, um zu zahlen und sagst "Nein, ich will, dass alle anderen selbstlos sind und ich ihnen nichts als Gegenleistung zu erbringen habe, damit sie mir nützen. Ich bin einfach unwillig, andere zu bestechen/zu bezahlen, da mich das zu viel kostet und ich ihnen nicht zugestehe, auch etwas zu wollen." Ich gestehe den Menschen zu, sich einen Nutzen verschaffen zu wollen, du nicht.

Stimmt vermutlich, mein Weltbild ist entscheiden weniger paranoid als Deines. Aus diesem Grunde fühle ich mich auch nicht ständig bedroht und habe gelernt mein Leben viel besser zu genießen und entspannter zu leben, was ich als großen Gewinn ansehe.

Interessant, dass du aus meinen Ausführungen über dich bestätigst, dass du das Leben genießt. Was dich von mir unterscheidet (abgesehen von der Erkenntnis) ist, dass du ein dreister Egoist bist und ich nicht. Ich gestehe den Menschen zu, dass sie etwas wollen und auch brauchen und danach handeln. Was ist daran paranoid? Du gestehst es ihnen nicht zu und erwartest, dass sie im Zweifelsfall für dich alles opfern, weil sie ja keine Egoisten sind.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wie, es gibt keine Anweisungen, DIN-Normen, Gesetze, Gebote, Verbote, Straßenverkehrsregeln, Sicherheitsbestimmungen für Gefahrstoffen ...? Ich finde die sehr real.
Diese Anweisungen bestehen auf praktischer, deskriptiver Grundlage
Nö.

Genau, dass du dir Flusssäure nicht ins Gesicht schmieren solltest, wird nicht in den Sicherheitsbestimmungen explizit geschrieben und basiert nicht auf einer reellen Gefahr (und wahrscheinlich auch auf entsprechenden Erfahrungen). Die sind durch H- und P-Sätze aufgebaut: H-Sätze (für Hazard) beschreiben eine Gefahr. Die P-Sätze (für Precautionary) sagen dir praktisch, was im Falle eines Unfalls zu tun ist (auf die Seite legen/ auswaschen....). Also deskriptiv und praktisch. Du solltest nicht von Dingen reden, von denen du keine Ahnung hast.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:und wollen nicht allgemeingültig sein,
Natürlich wollen sie das, meinst Du eine DIN-Norm gilt nur in Buxtehude und in Pfarrkirchen gilt eine andere?

Allgemeingültig in dem Sinne, dass sie korrekt sind, nicht, dass sie überall gleich sind. Sie sind vielleicht allgemein, aber eben nicht unbedingt gültig.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:oder argumentieren mit dem Guten/Bösen. Desweiteren beanspruchen sie nicht absolut korrekt zu sein; das metrische System ist letztlich auch nur Willkür.
Du wirfst einfach alles durcheinander. Natürlich beanspruchen Normen absolut korrekt zu sein, ...

Ich werfe gar nichts durcheinander. Normen beanspruchen normiert zu sein. Das Metermaß ist keine Wahrheit. Eine Norm ist keine Wahrheit oder ein Faktum. DU wwirfst die Kategorien durcheinander.
Vollbreit hat geschrieben:nur ist es eben eine kulturelle Setzung die auch anders sein könnte, das hast Du immerhin inzwischen erkannt.

Ich wusste schon immer, dass Kultur eine willkürliche Variable ist.
Vollbreit hat geschrieben:Nur die Ziele, dass wir alle alt und gesund werden wollen, sind ja keineswegs naturgegeben. Ein paar Kilometer weiter ist es vielleicht schlimmer seine Ehre zu verlieren, als sein Leben, was durchaus auch bei den Soldaten des ersten Weltkriegs noch galt. Ein ehrenvoller Tod im Feld war allemal besser als die Schmach ein Feigling zu sein, so labil sind die Normen und die Biologen hechten hier einfach dem Zeitgeist des postmodernen Narzissmus hinterher und verkaufen mundegrecht das als oberstes evolutionäres Prinzip was gerade ankommt. Das ist das Praktische.

Da redet der Naivling, dem nicht klar ist, wieviele Deserteure es gab und immer gibt.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 30. Jun 2013, 09:52

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Logik von Argumenten spielt für die Überzeugung einer Person leider zu selten eine Rolle. … Also ja, für manche lässt die Emotion 2+2=5 werden; das solltest du am besten wissen.
Ja, nur ist das dann schlicht falsch.
Was Du nicht weißt, ist, dass es (mindestens) zwei Arten der Wahrheit gibt. Zum einen logische Folgerichtigkeiten. Nur muss die logische Wahrheit einer Konklusion nicht mit der faktischen Wahrheit übereinstimmen.

Wenn es regnet, weinen die Engel.
Es regnet.
-----------------
Also weinen die Engel.

Das ist logisch korrekt, also wahr, nur gehen wir nicht davon aus, dass es Engel gibt.

Was Du und die Biologenschar falsch machen, ist im Grunde genau anders herum. Ihr schließt von bestimmten Beobachtungen auf ein allgemeines Gesetz.
Das ist soweit vollkommen in Ordnung. Im nächsten Schritt müsste dann die allgemeine Regel, nehmen wir Deinen Klassiker, Egoismus, überprüft werden.
Überprüfen heißt in der Wissenschaft, dass die Theorie so formuliert wird, dass sie prinzipiell falsifizierbar ist.
Dein Problem ist nun, dass Du sagst, es sei aber doch nun mal alles Leben/Verhalten egoistisch motiviert.
Dennoch müsstest Du, damit Deine Forderung wissenschaftlich ernst zu nehmen ist, angeben, was der Fall sein muss, wenn etwas nicht egoistisch motiviert ist.
Statt dessen machst Du in unzähliegn Varianten den immer gleichen logischen Fehler:

Alle Motive sind egoistischer Natur.
Jemand hilft (scheinbar altruistisch) einem anderen.
-------------------------------
Er muss selbst einen Vorteil davon haben, da alle Motive egoistischer Natur sind.

Hier taucht die Prämisse in der Konklusion wieder auf, d.h. mit der Annahme, die eigentlich begründet werden müsste, wird der Schluss begründet.
Und das ist logisch nicht zulässig, damit ist das Argument gegessen.
Da Du emotional nicht erfassen kannst, dass etwas, was Biologen sagen nicht richtig sein könnte, vernebeln Dir Deine Emotionen hier die Einsicht, in die nicht sonderlich komplizierte Materie, bei Dir sind 2+2 eben 5.

Darth Nefarius hat geschrieben:Was bitte soll "Wahrheit im logischen Sinne" sein?
Wahre Schlüsse, die sich aus der korrekten Anwendung von Schlussregeln in einem endlichen Schlusssystem ergeben.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Sag mir doch erst mal was Realität ist.
Was Beobachtungen und nicht Wunsch entspricht. Wir können so ziemlich alles mit moderner Technik und Physik wahrnehmen. Dadurch haben wir ein konsistentes Weltbild erschaffen, welches nicht auf einer oder mehreren willkürlichen Prämissen basiert. Das ist Realität.
Wenn Du glaubst, Beobachtung sei Realität, dann irrst Du Dich. Wenn Du glaubst die Prämissen des Naturalismus seien nicht willkürlich, irrst Du Dich ein weiteres mal. Wir haben immer nur Beoabchtungen zur Verfügung, der Rest sind Schlüsse aus diesen Beobachtungen. Die Setzungen des Naturalismus sind ebenso willkürliche, wie sie anderer Weltbilder, aber das diskreditiert den Naturalismus nicht.
Alle Annahmen über die Beschaffenheit der Welt sind mehr oder minder willkürlich, wie sollten sie auch sonst sein?

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ich argumentiere, dass der anonyme Spender keine logischen Gründe für sein Vorgehen hat, sie emotionaler, triebgesteuerter Natur sind.
Das ist kein Argument, sondern eine Annahme.

Darth Nefarius hat geschrieben:Sein Handeln nützt ihm durch ein positives Gefühl. Handlungen, die durch ein positives Gefühl bestätig werden, werden ausgeführt. Wenn es diesen Input nicht gibt, wird nicht gehandelt.
Das erklärt rein gar nichts, weil damit buchstäblich jedes Verhalten positiv verstärkt wird, sonst würde man es nicht tun.

Darth Nefarius hat geschrieben:Damit steht am Anfang jeder Handlung, ob der Handelnde zuerst selbst etwas davon hat. Damit ist jede gewollte Handlung egoistisch.

Reine petitio principii (pp).

Darth Nefarius hat geschrieben:Und hier kommt (nachdem argumentiert wurde) die Überschneidung mit dem Darwinismus: Die natürliche Selektion hat diese Befriedigung der Handlung gefiltert und nur nützliche Handlungen für den Handelnden gefördert. Wer drauf steht, in Flammen zu stehen, ist ausgestorben, weil es ihm nichts genützt hat.
Und weil alle so erfolgreich sind und ständig für JEDE Handlung von ihrem Hirn belohnt werden, laufen auch nur gut gelaunte, vitale und glückliche Menschen herum.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Eine Aussage wie: „Jeder tut unterm Strich, was ihm am meisten behagt“, ist ebenfalls unwiderlegbar, also nicht falsifizierbar, also wissenschaftlich wertlos.
Natürlich ist es widerlegbar. Stecke ein paar Sonden in ein Gehirn, überprüfe den Puls und befrage das Versuchsobjekt (sofern menschlich) und lasse es etwas tun. Keine Handlung wird ausgeführt, weil sie ihm nicht gefällt oder Schmerzen verursacht.
Dachte Freud auch mal, dann entdeckte er das Phänomen des Masochismus, den es nicht nur in sexueller, sondern auch chrakterologischer Weise gibt.


Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Dass man sein Überleben schützen will und das ein starker Antrieb ist, der Soziopathen, Bulimiekerinnen, Depressive, Selbstmordattentäter, Märtyrer und andere aber machmal nicht interessiert, so mächtig scheint der Urtrieb also nicht zu sein, ist ja schon klar, aber wenn ein Bedürfnis mal erfüllt ist, wird es auch schnell vergessen.
Interessant, an welchen Wesen du dir ein Vorbild nimmst. Es gibt immer geisteskranke Ausnahmen, Mutationen, Variationen. Diese Wesen sind nicht repräsentativ.
Deine These der Allumfassenheit ist damit gestorben.

Darth Nefarius hat geschrieben:Abgesehen davon tun sie letztlich auch das, was sie selbst wollen.
Ja, die alles rechtfertigende und nichts erklärende pp. Nur, dass das dann nützlich sein soll, geht halt nicht auf.


Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir evolutionär optimierte Wesen sind. Nur, wollen wir eben nicht nur das, was uns nützt, denn inzwischen fressen Menschen ohne jedes Hungergefühl, Rauchen nützt eigentlich gar nicht und eine Vielzahl von Arbeitsbedingungen sind rein biologisch betrachtet eine einzige Katastrophe.
Die Evolution ist kein Wesen mit Bewusstsein und der Fähigkeit zum Blick in die Zukunft. Die heutigen Lebensumstände entsprechen nicht denen, die unser Empfinden für "nützlich" und "schädlich" entsprechen.
Mit anderen Worten, die langsamen Selektionskriterien, der biologischen Evolution sind für die Tonne, für de Jetztzeit. Für die Steinzeitg geeignet, im Internetzeitalter, mit Mikrowellenfraß und Designerdrogen völlig überfordert.
Der neueste Renner der biologischen Evolution ist, dass weniger Menschen mit Weisheitszähnen geboren werden, mehr ist da nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die vergangenen Situationen, die unsere Triebe formten, dienen als Schablone für das, was nützlich sein könnte.

Könnte, genau und es nicht ist. Wir haben keine Angst vor Zigaretten und keinen Sinn für böse Buben im Internet.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das stinknormale Leben, also Deine so oft beschworene Realität passt einfach nicht zu den Theorien. Gewöhnlich schmeißt man dann die Theorie weg, bei Biologen schient das anders zu sein, das sagt man dann: Statistische Ausreißer, unfitte Wesen, die es nicht besser verdient haben und so weiter. Wer gequält wird, der findet das toll, sonst würde er sich ja nicht quälen lassen.
Bei biologischen Daten werden auch Statistiker zu Rate gezogen. Wenn die Daten nicht signifikant auf das eine oder andere hinweisen, sind sie nutzlos.
Klar, die retten natürlich alles, weil die zweifelsfrei wissen, was richtig und falsch ist. Die Glaubensfähigkeit die manche Wissenschaftsapostel an den Tag legen, steht den religiösen Brüdern in nichts nach.

Darth Nefarius hat geschrieben:Der Religiöse sagt, dass alles gut ist und seinen Sinn hat; der Wissenschaftler sagt, dass alles irgendwie logisch ist und nur noch verstanden werden muss. Das ist nicht das selbe und wenn du das nicht erkennst, kann man dir auch nicht weiterhelfen.
Du hast doch von Logik null Ahnung, was man daran sieht, dass Du die logische Identität der Argumentation nicht erkannt hast, sondern im Reflex gleich auch Religion = Moral = schlecht umschaltest.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Dann wäre Planen dasselbe wie Begründen. Tatsächlich ist das aber nicht so. Auch setzt planen eine Begründen nicht voraus.
Ja, du meinst wahrscheinlich das moralische Begründen. Für mich ist Hunger ein Grund, um zum Kühlschrank zu gehen, für die Krähe ist Hunger der Grund, warum sie die Nuss auf die Straße fallen lässt. Ich meine diese Art von Begründung.
Hat die Krähe einen Grund? Meinst Du, sie begründet sich ihr Verhalten? Könnte sogar sein, bei diesen schlauen Tieren. Aber wie und wo ziehst Du die Grenze? Will das Eis in der Sonne schmelzen? Hat Plankton einen Grund sich zu vermehren oder gibt es lediglich Ursachen dafür? Kennst Du den Unterschied zwischen Gründen und Urachen?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Gelernt heißt nicht begründet. Die Lerntheorie ist die Grundlage der Konditionierung, dafür muss ich nicht wissen, was ich tun und warum. Um mein Verhalten begründen zu können, allerdings durchaus.
Eine erlernte Handlung ist durch die positive Bestätigung begründet.
In der Lerntheorie, aber nicht beim konditionierten Wesen, das braucht keine Theorie, keine Gründe, es ist einfach konditioniert.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, sie schließen nur einander aus. Der Vorfahr des Menschen war entweder Altruist oder Egoist, nicht beides.
Warum denn das nicht? Es macht absolut Sinn, dass ein Wesen im Verhaltensrepertoire sowohl altruistische, als auch egoistische Möglichkeiten hat.
Die erst in den höheren Säugetieren entstandene Fähigkeit zur emotionalen Kommunikation diente primär der gezielteren Brutpflege, Mutter konnte besser auf die Bedürfnisse der biologisch immer kostbareren, da höher entwickelten Tiere eingehen. Eine andere Strategie als zigtausendfaches Ablaichen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Eine Analogie: Die Flossen von Waalen sind eigentlich umgeformte Beine und Füße. Der Vorfahr des Waals war ein landlebendes Säugetier. Damit sind die Flossen des Waals nicht das gleiche wie die echten Flossen des Fisches. Die Flossen des Waals sind eine Homologie zu unseren Füßen, aber eine Analogie zu den Flossen des Fisches.
Ja und, was hat das mit Egoismus zu tun?
Die Flossen des Fisches nicht eigentlich Beine, das ist lediglich ein Beleg dafür, dass gleich Umweltbedingungen (Wasser) ähnliche Lösungen prädisponieren, auf je unterschiedlichen evolutionären Wegen. Die Flügel der Vögel und der Insekten entsprechen einander auch nur in diesem Sinn.

Darth Nefarius hat geschrieben:Interessant, dass du aus meinen Ausführungen über dich bestätigst, dass du das Leben genießt. Was dich von mir unterscheidet (abgesehen von der Erkenntnis) ist, dass du ein dreister Egoist bist und ich nicht.
Oh, hier soll doch Egoist wohl nichts Negatives bedeuten, oder? Du weißt doch, wir können alle immer nur Egoisten sein, die Evolution will das so. ;)

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich gestehe den Menschen zu, dass sie etwas wollen und auch brauchen und danach handeln. Was ist daran paranoid? Du gestehst es ihnen nicht zu und erwartest, dass sie im Zweifelsfall für dich alles opfern, weil sie ja keine Egoisten sind.
Ach Darth, wie durchschaubar doch Dein Bemühen ist.
Mit einer Grundhaltung die davon ausgeht, dass jeder den anderen bekämpft, musst Du zwingend in einer paranoiden Weltsicht landen, weil Du nur von Feinden umgeben bist, die Dich nur so lange ausnutzen, wie Du ihnen nützt, dann kooperieren sie, danach kommst Du auf den Müll.
Ich glaube Dir, dass Du glaubst, dass die Welt „in Wirklichkeit“ so funktioniert, nur das ist das paranoide Weltbild von dem ich sprach. Paranoia gibt es in unterschiedlichen Abstufungen, das allein sagt also noch nichts.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:und wollen nicht allgemeingültig sein,
Natürlich wollen sie das, meinst Du eine DIN-Norm gilt nur in Buxtehude und in Pfarrkirchen gilt eine andere?
Allgemeingültig in dem Sinne, dass sie korrekt sind, nicht, dass sie überall gleich sind. Sie sind vielleicht allgemein, aber eben nicht unbedingt gültig.
Dann sag mir mal, was in Buxtehude gilt, in Pfarrkirchen aber nicht. Ätzt Säure nur im Norden? Besteht Explosionsgefahr nur südlich des Äquator? Sind bestimmte Substanzen nur an gerade Wochentagen giftig?
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 30. Jun 2013, 12:53

Vollbreit hat geschrieben:Wenn es regnet, weinen die Engel.
Es regnet.
-----------------
Also weinen die Engel.

Das ist logisch korrekt, also wahr, nur gehen wir nicht davon aus, dass es Engel gibt.

Deiner Logik entsprechend, ist dies korrekt. Allerdings haben wir keinen Grund anzunehmen, dass es Engel gibt, zum anderen hat man bereits nachgewiesen, wie der Regen zustande kommt, Engel hat man nicht gefunden. Also ist eine Theorie, die einer anderen, bewiesenen widerspricht und Unbewiesenes vorraussetzt, unlogisch. Wir haben Grund davon auszugehen, dass es keine Engel gibt, folgen einer Logik, also ist das, was dieser Logik widerspricht, unlogisch.
Vollbreit hat geschrieben:Was Du und die Biologenschar falsch machen, ist im Grunde genau anders herum. Ihr schließt von bestimmten Beobachtungen auf ein allgemeines Gesetz.
Das ist soweit vollkommen in Ordnung. Im nächsten Schritt müsste dann die allgemeine Regel, nehmen wir Deinen Klassiker, Egoismus, überprüft werden.
Überprüfen heißt in der Wissenschaft, dass die Theorie so formuliert wird, dass sie prinzipiell falsifizierbar ist.
Dein Problem ist nun, dass Du sagst, es sei aber doch nun mal alles Leben/Verhalten egoistisch motiviert.
Dennoch müsstest Du, damit Deine Forderung wissenschaftlich ernst zu nehmen ist, angeben, was der Fall sein muss, wenn etwas nicht egoistisch motiviert ist.

Ich habe dir dutzend mal erklärt, was man beobachten müsste, um Altruismus als evolutionäres Prinzip nachzuweisen: Weise eine intuitive Handlung nach, die nicht gefällt und/oder darauf abzielt, Nutzen für einen selbst zu bringen oder Schaden zu meiden aber in den meisten Fällen nützlich ist. Wenn dies bei einer Spezies überwiegend beobachtet wird, ist es keine Mutation oder ein Polymorphismus. Beim näcghsten Kommentar wirst du wahrscheinlich wie immer dies übergehen oder fragen, wieso man denn nicht seinen eigenen Nutzen erstreben dürfe. Man darf schon, aber dann ist es eben bewusster Egoismus. Wenn dir etwas gefällt, dass dir in den meisten Situationen nützlich ist, ist es instinktiver Egoismus, den die Selektion zustande gebracht hat, indem sie Befriedigung mit für das Individuum nützliche Handlungen verbunden hat. In allen anderen Konstellationen würde das Individuum nicht überleben und seine Fitness steigern können, da das Ausführen der nützlichen Handlungen nicht gewährleistet wäre.
Vollbreit hat geschrieben:Alle Motive sind egoistischer Natur.
Jemand hilft (scheinbar altruistisch) einem anderen.
-------------------------------
Er muss selbst einen Vorteil davon haben, da alle Motive egoistischer Natur sind.

Nein, ich stelle fest, dass die Fitness des Individuums entscheidend ist für die Eigenschaften, die es weitergibt. Zum anderen, dass Handlungen nur ausgeführt werden, wenn sie bewusst nützen sollen und/oder gefallen oder nicht unangenehm sind und auch Schadensbegrenzung abzielen. Da die Fitness nur gesteigert (oder nicht gesenkt) wird, wenn die Eigenschaften eines Individuums nützlich für mindestens und primär sein eigenes Fortbestehen sind (soweit der Darwinismus), wird das, was gefällt oder bewusst gewollt wird, ebenfalls wie jede andere Eigenschaft ein Ergebnis der Selektion sein. Also wird Gefallen oder Planung, da sie selektiert wurden, einen Nutzen haben (primär für das Individuum, da Fitness das Individuum bewertet, da einzelne Individuen an der Fortpflanzung beteiligt sind und kein Kollektiv). Wenn das, was uns gefällt oder weniger abstößt, durch Selektion meist einen Nutzen für uns bringt, sind wir Egoisten. Entweder bewusst oder unbewusst.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Was bitte soll "Wahrheit im logischen Sinne" sein?
Wahre Schlüsse, die sich aus der korrekten Anwendung von Schlussregeln in einem endlichen Schlusssystem ergeben.

Ja, dein Engelsbeispiel hat gezeigt, was du mit Logik meinst. :down:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du glaubst, Beobachtung sei Realität, dann irrst Du Dich. Wenn Du glaubst die Prämissen des Naturalismus seien nicht willkürlich, irrst Du Dich ein weiteres mal. Wir haben immer nur Beoabchtungen zur Verfügung, der Rest sind Schlüsse aus diesen Beobachtungen. Die Setzungen des Naturalismus sind ebenso willkürliche, wie sie anderer Weltbilder, aber das diskreditiert den Naturalismus nicht.
Alle Annahmen über die Beschaffenheit der Welt sind mehr oder minder willkürlich, wie sollten sie auch sonst sein?

Beobachtungen sind das, was der Realität am nächsten kommt. Wenn man die An den Anfang jeder Theorie setzt, ist Willkür nicht gegeben, da man sich nicht aussuchen kann, was man unter den immer selben Bedingungen beobachtet. Beobachtungen sind nicht willkürlich. Wenn wir Muster erkennen, können wir eine Theorie aufstellen, die dieses Muster erklärt (auf Basis der Beobachtungen ohne Zurhilfenahme unbeobachteter Aspekte), damit entfällt die Willkür.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ich argumentiere, dass der anonyme Spender keine logischen Gründe für sein Vorgehen hat, sie emotionaler, triebgesteuerter Natur sind.
Das ist kein Argument, sondern eine Annahme.

Das Argument ist, dass der Darwinismus eine Erklärung für die Existenz unserer Eigenschaften gibt: Sie nützen uns (jedem einzelnen Individuum), da jedes Individuum an der Fortpflanzung beteiligt ist (oder auch nicht). Eine Eigenschaft wird nur weitergegeben, wenn sie ihren Nutzen bewiesen hat. Somit wird für jedes Individuum eine Größe in die Welt gesetzt: die Fitness. Unsere Motivation und unsere Instinkte sind letztlich auch ererbte Eigenschaften. Sie haben sich bewehrt und unseren Vorfahren genützt, sonst hätten sie sie uns nicht weitergegeben. Ergo nützen uns unsere Motive und Instinkte meist auch (es gibt natürlich Ausnahmen, Leerläufer, aber das liegt natürlich daran, dass ein Sieb nicht den nächsten vorhersehen kann), zumindest solange die Lebensumstände sich nicht allzu sehr verändert haben. Das Argument liefert der Darwinismus.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Sein Handeln nützt ihm durch ein positives Gefühl. Handlungen, die durch ein positives Gefühl bestätig werden, werden ausgeführt. Wenn es diesen Input nicht gibt, wird nicht gehandelt.
Das erklärt rein gar nichts, weil damit buchstäblich jedes Verhalten positiv verstärkt wird, sonst würde man es nicht tun.

Das Handeln wird dadurch nicht positiv verstärkt, sondern determiniert, erst dadurch eingeleitet. Der Zusammenhang mit dem Nutzen für das handelnde Individuum ergibt sich aus dem Darwinismus und der Selektion: Hätte es den Vorfahren nicht genützt, hätten sie diese Fähigkeit nicht weitergeben können. Damit sind alle Eigenschaften, die wir geerbt haben, nützlich für das Individuum gewesen. Das evolutionäre Prinzip ist also der Nutzen des Individuums. Die Korrelation zwischen eigenem Nutzen und dem Gefallen wurde selektiert. Der Egoismus wurde dadurch selektiert.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Damit steht am Anfang jeder Handlung, ob der Handelnde zuerst selbst etwas davon hat. Damit ist jede gewollte Handlung egoistisch.

Reine petitio principii (pp).

Eine Schlussfolgerung. Es ist unbestreitbar, dass die Befriedigung einen abstrakten eigenen Nutzen darstellt. Wenn wir nur handeln, wenn wir Befriedigung erlangen oder unangenehmes vermeiden, sind wir egoistisch. Fassen wir die zitierten Sätze zusammen: 1. (von dir bestätigte Baheuptung:) Wir handeln, wenn es uns gefällt.
2. (ungeschriebene zweite Annahme:) Gefallen ist ein subjektives Empfinden.
3. (ungeschriebene dritte Annahme:) Gefallen ist nützlich.
4. (die Schlussfolgerung:) Wenn Gefallen subjektiv und nützlich ist und wir nur handeln, wenn uns etwas gefällt, sind wir Egoisten.
Ich habe das für dich jetzt nochmal aufgedröselt, vielleicht kapierst du es jetzt (die Hoffnung stirbt zuletzt).
Vollbreit hat geschrieben:Und weil alle so erfolgreich sind und ständig für JEDE Handlung von ihrem Hirn belohnt werden, laufen auch nur gut gelaunte, vitale und glückliche Menschen herum.

Stell dir mal vor, wie depressiv die Welt aussehen würde, wenn nicht das meiste, was uns nicht gefällt, gefiltert worden wäre! Deinen Sarkasmus kannst du dir sparen, ich habe zusätzlich erwähnt, dass wir alternativ vermeiden, was uns unangenehm(er) ist. Das Prinzip ist dabei analog.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth NefariusNatürlich ist es widerlegbar. Stecke ein paar Sonden in ein Gehirn, überprüfe den Puls und befrage das Versuchsobjekt (sofern menschlich) und lasse es etwas tun. Keine Handlung wird ausgeführt, weil sie ihm nicht gefällt oder Schmerzen verursacht.
Dachte Freud auch mal, dann entdeckte er das Phänomen des Masochismus, den es nicht nur in sexueller, sondern auch chrakterologischer Weise gibt.
[/quote]
Solange es eine sexuelle Komponente gibt und die sexuelle Handlung fördert, erweist sich sogar der Masochismus als nützlich. Abgesehen davon ist diese Eigenschaft nicht repräsentativ.
[quote="Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Interessant, an welchen Wesen du dir ein Vorbild nimmst. Es gibt immer geisteskranke Ausnahmen, Mutationen, Variationen. Diese Wesen sind nicht repräsentativ.
Deine These der Allumfassenheit ist damit gestorben.

Allumfassenheit? Als Wissenschaftler kann man höchsens allgemeine Aussagen über die Norm, repräsentative Gruppen treffen. Bei Biologen gibt es immer Mutationen, Polymorphismen. Ich habe dies immer erwähnt, du musst Tomaten auf den Augen haben.
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