Jährliche 'Edge'-Frage

Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Di 23. Apr 2013, 13:26

Hier ist die Fortsetzung (hätte in einem Block die maximale Anzahl an Zeichen überschritten):
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Richtig, die Liebe ist ja bekanntermaßen auch eine der logischsten Empfindungen der Welt.

Nun, zumindest basiert sie auf einem der logischsten Triebe: Fortpflanzung. Insofern muss es eine der stärksten Empfindungen sein, da die Priorität der Fortpflanzung gleich nach Selbsterhaltung steht (Fortpflanzung ist letztlich auch eine indirekte Selbsterhaltung).
Komisch nur, dass viele Liebespaare heute den ausdrücklichen Wunsch haben, sich nicht fortzupflanzen. Das musste ja sogar die katholische Kirche erkennen.

Triebe führen nicht immer zwangsläufig zur korrekten Ausführung, lediglich meistens. Es gibt da auch die vielfach genannte Leerlauffunktion. Jedoch ist wohl häufige Paarung/körperliche Anziehung ein Merkmal einer glücklichen Beziehung. Dass der Mensch Verhütungsmittel erfindet, schaltet zwar den Sinn aus, aber nicht den Trieb an sich.
Vollbreit hat geschrieben:Die hast Du doch erkannt, Egozentrismus aller Orten. Wer so denkt, muss denken, dass alle anderen auch so denken. Wenn sie was anderes sagen verstellen sie sich entweder oder erkennen „die Wahrheit“ nicht. Aber ob sie es erkennen oder nicht, letztlich ist die Welt ja tatsächlich so, das haben die Biologen per Dekret so festgelegt. (Bewiesen haben sie es nicht, das ist einfach ein Zirkelschluss, den Du intellektuell nicht durchdringst.)

Es gibt keinen Zirkelschluss. Die Natur wurde beobachtet, die Kausalität vorrausgesetzt und auf dieser Grundlage hat man ein System für biologische Wesen erkannt: Darwinismus. Das ist kein Dekret, sondern die Formulierung der Ereignisse, des Musters, welche beobachtet wurden.
Vollbreit hat geschrieben:Und jeder ist ein potentieller Feind, denn Kooperationen geht man nur ein, wenn es einem selbst nutzt. Man steht ständig unter Leistungsduck, der Freund von heute ist der Feind von morgen, so will es unsere Biologie.

Vertrauen ist nur eine Antizipation. Es bedeutet, dass ich durchaus Leuten vertrauen kann, zumindest soweit ihr ihre Motive meine durchschaut zu haben. Wenn ich jemandes Nutzen bei einer Kooperation erkenne, kann ich das als Vertrauen betrachten. Aber es ist wohl kaum ungewöhnlich zu überlegen, was denn der andere wirklich im Sinn hat, oder bist du so vertrauensseelig, dass du grundsätzlich nicht die Motive der anderen hinterfragst?
Vollbreit hat geschrieben:Das macht die Welt zu einem Ort der unkomfortabel ist, jeder gegen jeden, echten Altruismus gibt es nicht, echte Anteilnahme ist nur geheuchelt, Sorge gibt es nur dann, wenn der andere davon profitiert. In so einer Welt kann man sich doch im Grunde nur unwohl fühlen und Angst ist da eine logische Folge. Und wenn die Angst diffus und
allumfassend ist, nicht so wirklich zu greifen, dann braucht sie eine Adresse.

Angst macht mir die Umgebung durch ihren Egoismus nicht. Altruisten (zumindest das, was ihnen noch am nächsten kommt) hingegen eher, da sie unberechenbar sind und einen Bombengurt umgeschnallt haben könnten.
Vollbreit hat geschrieben: Der Tod bietet sich da an, er ist auch wirklich erschreckend und die Beschäftigung mit ihm ist absolut lohnend. Aber die Wurzel der Angst, ist er nur zum Teil. Der andere Teil ist dieses Misstrauen, dieses Gefühl auch einem Kampfplatz zu sein, jederzeit hellwach und vorsichtig sein zu müssen.

Nein, so weiß ich zumindest, was ich sein muss. Das macht mir keine Angst, der Tod ist ja der Grund, wieso ich es sein muss. Der Tod ist die letztendliche Ursache für jede Angst. Denn wie gesagt: Misstrauen erwächst nur aus dem Bedürfnis, sich schützen zu wollen. Wovor? letztendlich vor dem Tod.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Richtig, das ist der Unterschied zwischen dem Unbewussten (von dem Du jetzt gerade erzählt hast, dass es Dich motiviert und von dem Du oben geleugnet hast, dass es Dich motiviert – Dir sei, so sagtest Du oben, alles an Dir vollkommen klar und bewusst) und dem Wissen darüber, dass es sowas wie ein Unbewusstes gibt oder allgemeinen Theorien über die Psyche.
Wo habe ich denn etwas vom Unbewussten geschrieben? Die Emotionen sind mir bewusst.
Ich glaube Dir, dass Dir viele Deiner Emotionen bewusst sind. Aber: „Ich habe ja nicht beschlossen, welche Eigenschaften ich schätze und welche nicht.“(Darth). Man findet manche Dinge eben einfach gut, andere weniger. Aber ist das Schicksal, nur?

Nur weil ich nicht beschlossen habe, was ich gut finde, bedeutet es nicht, dass mir die Ursachen unbewusst sind: Gegensätze bedeuten genetische Variation. Die Bevorzugung eines andersartigen Partners bedeutet gemeinhin einen evolutionären Vorteil (bis zu einem bestimmten Grad), da die Wirkungen von Inzest vermieden werden und damit ein schwacher Nachwuchs, bei dem homolog rezessive Mutationen auftreten könnten. Das hat also nichts mit Schicksal, sondern mit Kausalität zu tun und dem Darwinismus. Aber keine Sorge, ich würde einer Frau nicht sagen, dass ich sie aus derwinistischen Gründen attraktiv finde, außer sie steht drauf. :winkgrin2:
Vollbreit hat geschrieben:Die eigentliche Stärke der Wissenschaft besteht doch darin, dass sie ein dynamisches System ist. Wenigstens das wissenschaftliche Ideal ist das eines undogmatischen, sich selbst optimierenden Systems, das Fehler als Ansporn zur Korrektur und Verbesserung sieht.
Die Schwäche des Dogmatismus – religiös oder nicht – besteht darin, dass er den status quo für alle Zeiten erhalten will und so von der Lebenswirklichkeit manchmal überrollt wird.

Richtig, aber ich bin auch nicht dogmatisch. Und auch in der Wissenschaft wird eben solange an dem aktuellen System festgehalten, wie es sich also logischer, besser begründet als andere erweist. Das scheint mir für mein System der Fall zu sein.
Vollbreit hat geschrieben:Denn, die Geschichte die Du erzählst, ist nur eine weitere in einer zahllosen Reihe ähnlicher Geschichten, die ich mir schon angehört habe. Und die Struktur dieser Geschichten ist immer ungefähr die: Ein überdurchschnittlich (teil)begabter junger Mann, hat ein jeder gegen jeden Weltbild, das Spiel hat er schnell durchschaut und er siehst sich selbst als erfolgreichen Spieler in diesem Spiel an.

Von Überdurchscnittlichkeit rede ich eigentlich nie. Nur besser als andere zu sein, und dafür habe ich nunmal Beweise. Man schafft nicht durch Zufall, was ich erreicht habe.
Vollbreit hat geschrieben:Er strebt nach Perfektion und er leidet darunter, dass die Welt und die anderen nicht so perfekt zu sein scheinen (oder gar nicht das Maß an Perfektion anstreben) wie er.

Nein, Perfektion ist eine Illusion. Ich vergleiche meine Ansprüche an die Welt nicht mit der Realität, ich forme mein Weltbild nach dem, was ich sehe. Und wenn ich ein Problem sehe, welches mich direkt betrifft (wie die Sterblichkeit), dann versuche ich dagegen vorzugehen. Das ist alles und ist kein Streben nach Perfektion. Was ist denn schon perfekt? In der Geometrie heißt es oft, eine Kugel, aber man kann sie aus ökonomischer Sicht nicht als Verpackung gebrauchen, anders als einen Würfel. Und so setzt sich das unendlich fort: Es geht um die Ansprüche. Wenn etwas passt, wird es als perfekt betrachtet. Dummheit der Massen kann auch ihren Nutzen haben, insofern ist nicht unbedingt eine Welt voller Menschen wie mir zielführend (noch nichtmal für mich).
Vollbreit hat geschrieben: Nahezu alle sehen sich als überbegabt an (was manchmal stimmt, manchmal nicht), finden ihr Weltbild makellos, weil offen, ehrlich, unverstellt und empfinden sich selbst als unglücklich, weil die Welt nicht ihrem Bild einer etwas perfekteren Welt entspricht.

Mag sein, die wenigsten haben aber Belege dafür. Und wenn mir selbst meine schlimmsten Feinde oder Konkurrenten definitive Talente zugestehen, scheine ich tatsächlich auch solche zu haben.
Vollbreit hat geschrieben:Die selbst angestrebte Lösung ist in nahezu allen Fällen die Kontrolle und den eigenen Einfluss zu erhöhen. Immer wachsam sein, nur nicht locker lassen, alles im Griff und im Blick behalten. Es ist der Königsweg zu einer maximal unkomfortablen Welt, denn Pause, Erholung und Entspannung sind Fremdwörter in dieser Welt.

Alles hat seinen Preis. Natürlich ist es komfortabler, nicht zur Uni/Schule/Arbeit zu gehen, aber das hat auch seinen Preis: Verlust von Zielen, Hoffnung.
Vollbreit hat geschrieben:Denn der Feind und die Konkurrenz schläft nicht. Die Kurskorrektur in diesem Fall bedeutet ein Misstrauen gegen das eigene Misstrauen zu entwickeln.

Was für eine unsinnige, zirkelschlüssige Argumentation: Misstrauen gegen das Misstrauen. Aber vielleicht bin ich sogar misstrauisch gegenüber dem Misstrauen zum Misstrauen?? Was sagst du dazu?
Vollbreit hat geschrieben:Aber das gelingt nicht allen und um das hinzukriegen muss viel sterben. Dieser Tod ist viel näher und ängstigender als der körperliche Verfall, der auch nur ein Symbol für die Niederlage, die nicht ganz am Ende steht, sondern die Dich früh begleiten wird, die mit Dir durchs Leben geht. Und dieser Tod ist der, vor dem Du Angst hast.

Der Verfall? Nein, was nicht entgültig stirbt, kann repariert werden. Solange ich noch atme und mein Verstand funktioniert, kann ich kämpfen. Ich finde diesbezüglich Steven Hawking inspirierend. Auch mein Avatar ist ein klasse Vorbild: Nicht mehr als Gehirn, Augen und notwendige Organe sind übrig, aber es wird weitergemacht. Nebenbei gibt es auch interessante Ansätze zur Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Die würden mich nach der biologischen Optimierung als nächstes beschäftigen, um Robustheit in den Körper zu bringen. Meine Angst ist tatsächlich der entgültige Tod, mit allem anderen könnte ich umgehen.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Mi 24. Apr 2013, 07:52

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich bin nicht mit dir überfordert, sondern mit dem Zeitmamagement. Es ist nicht schwierig, dir zu antworten, aber das Geplänkel hat nun unangenehme Dimensionen erreicht.
Also, im Grunde war's das von meiner Seite.
Ich steht nicht so sonderlich drauf, wenn man mir in gönnerhafter Manier das Gefühl gibt, sich überwinden zu müssen, mir zu antworten.
Meinst Du denn, dass das mit dem Geplänkel was mit Dir zu tun haben könnte? Ich meine ja.
Du schaust nicht nach links und rechts und pflügst einfach Deine Schneise weiter.
So dämlich nicht zu merken, dass ich keine großen Wert mehr darauf lege Dir zu antworten, kannst allerdings nicht mal Du sein, auf der anderen Seite hast Du starken Redebedarf und ich will Dir da nicht die Tür vor der Nase zuhauen.

Jetzt wieder Dialog auf Augenhöhe. Ich werde aber kürzen. Zunächst zur ersten Antwort.
Der Metaphysikkram ist Dir völlig missraten, alles Mist, ich geh da nicht drauf ein.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Schaden ist auch Ansichtssache.
Nein, er hängt aber auch von der Perspektive ab. Die selbe Handlung kann einen klaren Nutzen für mich geben, den jeder erkennen kann, aber einen offenkundigen Schaden für dich. Aber ob etwas fehlgeleitet ist, ist subjektiv.
Nutzen ist auch subjektiv.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und vor allem:
"Frühe Utilitaristen leiteten die Maximum-Happiness-Maxime aus einem psychologischen Hedonismus ab. Aber selbst wenn man die These des psychologischen Hedonismus als richtig annimmt, so folgt daraus keineswegs, dass Glück das allein Wünschenswerte ist."

Dass das Glück das Wünschenswerteste ist (daraus erfolgt jedoch kein Sollen für andere) beweist die hedonistische Natur der Lebewesen. Die Biochemie des Gehirns zeigt klar, dass wir das tun wollen, was uns Freude bereitet.
Das ist der nächste logische Zirkel. Merkst Du das wirklich nicht?
Glück ist wünschenswert wg. unserer hedonistischen Natur. Was sagt die? Dass wir nach dem Glück streben. Wir streben also nach dem Glück, weil wir nach dem Glück streben. Tolles Argument.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und ich gehe sogar noch weiter und denke, dass besonders intensives Glück unweigerlich mit Leid verbunden ist. Eine Alltagszufriedenheit vielleicht nicht, aber die wohl bedeutenden Erlebnisse schon.
Und eben diese Differenz von Besonderem und Alltäglichem versucht der Buddhismus abzubauen.
Sogar über Erleuchtung heißt es, sie sei nichts Besonderes. Macht man ein großes Ding daraus, hat man es bereits versemmelt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Was du zu der Einstellung der Buddhisten zu Zielen, zum Willen und zur Anleitung zum Selbstmord des Ichs geschrieben hast, weist auf eine Betäubung aller Triebe und damit Emppfindungen auf. Dieses Vorgehen scheint mir klar der Intensivierung zu widersprechen. Ich habe es zum einen anders erlebt.

Was?

Vollbreit hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn das, was man erlebt, sekundär ist, scheint das Leben und das Glück seinen Wert ebenso zu verlieren.
Warum?
Was soll denn noch übrig geblieben sein? Das Ich wollen die Buddhisten doch auch loswerden. Also: Eliminiere die Bedeutung von Erlebnissen und das Ich = bleibt nichts übrig.[/quote]Da kommen wir dann allmählich zum Kern. Was ist denn das Ich? Was macht denn Bedeutung aus?

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ist er nicht, aber lassen wir das. Ich will jetzt nicht noch zeigen, wieso neben den Buddhisten auch noch Selbstmordattentäter nicht richtig logisch und konsequent denken können.
Das Problem ist, Du kannst es nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Da musst du dich besser mit den Zielsetzungen auskennen: Wirkung kann Entzündungshemmung, Linderung, Heilung, Betäubung, usw.
bedeuten.
Wir sprachen von der Psyche und einer etwaigen biochemischen Landkarte. Der Rest ist mit bekannt.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Der Utilitarisms strebt das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl an.
Dem geht eine Prämisse voraus, die ich zusätzlich erwähne: Was will man denn selbst?
Nö. Das wäre Egoismus und der hat nicht das Glück der größten Zahl im Blick, sondern verengt diesen, auf das eigene.

Darth Nefarius hat geschrieben:Rücksichtslos handle ich in dem Sinne nicht, als dass ich nicht überlege, was es für die anderen bedeutet. Aber es kann schon vorkommen, dass ich sie ausnutze, ja. Aber ich habe nicht argumentiert, dass es den anderen gut geht, wenn es mir gut geht. Ich habe wohl tausendmal von Kooperation gesprochen, einem Handeln, welches einen gegenseitigen Nutzen generieren soll. Dadurch erwächst zum einen Nutzen für mich und dann auch für andere (aber ersteres ist nicht Ursache für letzteres oder umgekehrt). Der Nutzen für mich und für andere sind 2 Ursachen einer Wirkung: Kooperation.
Ja, Du sprichst von Kooperation und meinst Ausnutzen. Und Du bemerkst nicht mal den Widerspruch.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und ja, Autounfall und Flugzeugabsturz sind immer mögliche andere Arten zu sterben, aber das sind Unwägbarkeiten.

Okay, gesetzt den Fall der Erfolg wäre da, müssten nicht all diese Unwägbarkeiten, als Bedrohungsszenario sich ungeheuer aufblähen? Unfälle, Terroranschläge, Vergiftungen, Virusmutationen, der blöde Fuchsbandwurm, 1000 exotische Arten, an denen kaum jemand stirbt, deren Wahrscheinlichkeit aber anwächst. Ausgangspunkt war die Angst: Warum sollte die verschwunden sein?

Darth Nefarius hat geschrieben:Jedoch ist wohl häufige Paarung/körperliche Anziehung ein Merkmal einer glücklichen Beziehung. Dass der Mensch Verhütungsmittel erfindet, schaltet zwar den Sinn aus, aber nicht den Trieb an sich.
Gerüchten zufolge stehen ja einige auch auf Sex, ohne große Liebe. Sind alle Biologen katholisch?

Darth Nefarius hat geschrieben:Vertrauen ist nur eine Antizipation. Es bedeutet, dass ich durchaus Leuten vertrauen kann, zumindest soweit ihr ihre Motive meine durchschaut zu haben. Wenn ich jemandes Nutzen bei einer Kooperation erkenne, kann ich das als Vertrauen betrachten. Aber es ist wohl kaum ungewöhnlich zu überlegen, was denn der andere wirklich im Sinn hat, oder bist du so vertrauensseelig, dass du grundsätzlich nicht die Motive der anderen hinterfragst?
Kommt drauf an.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, so weiß ich zumindest, was ich sein muss. Das macht mir keine Angst, der Tod ist ja der Grund, wieso ich es sein muss. Der Tod ist die letztendliche Ursache für jede Angst. Denn wie gesagt: Misstrauen erwächst nur aus dem Bedürfnis, sich schützen zu wollen. Wovor? letztendlich vor dem Tod.

Vielleicht auch vor der Willkür, Unberechenbarkeit?

Darth Nefarius hat geschrieben:Nur weil ich nicht beschlossen habe, was ich gut finde, bedeutet es nicht, dass mir die Ursachen unbewusst sind: Gegensätze bedeuten genetische Variation. Die Bevorzugung eines andersartigen Partners bedeutet gemeinhin einen evolutionären Vorteil (bis zu einem bestimmten Grad), da die Wirkungen von Inzest vermieden werden und damit ein schwacher Nachwuchs, bei dem homolog rezessive Mutationen auftreten könnten.
Jaja, andererseits darf man auch nicht zu gegensätzlich sein, wenn sonst klappt das mit der Beziehung nicht. Und was es da nicht noch alles für Theorien gibt.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Er strebt nach Perfektion und er leidet darunter, dass die Welt und die anderen nicht so perfekt zu sein scheinen (oder gar nicht das Maß an Perfektion anstreben) wie er.
Nein, Perfektion ist eine Illusion.

Hm:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, Aussehen alleine bringt noch keine Perfektion, auch über den Charakter habe ich Vorstellungen, aber es gibt einen Spielraum.

Ein Widerspruch?

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich vergleiche meine Ansprüche an die Welt nicht mit der Realität, ich forme mein Weltbild nach dem, was ich sehe. Und wenn ich ein Problem sehe, welches mich direkt betrifft (wie die Sterblichkeit), dann versuche ich dagegen vorzugehen. Das ist alles und ist kein Streben nach Perfektion.

Nie käme jemand auf diese absurde Idee... ;-)

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Nahezu alle sehen sich als überbegabt an (was manchmal stimmt, manchmal nicht), finden ihr Weltbild makellos, weil offen, ehrlich, unverstellt und empfinden sich selbst als unglücklich, weil die Welt nicht ihrem Bild einer etwas perfekteren Welt entspricht.
Mag sein, die wenigsten haben aber Belege dafür. Und wenn mir selbst meine schlimmsten Feinde oder Konkurrenten definitive Talente zugestehen, scheine ich tatsächlich auch solche zu haben.
Oh, Du irrst Dich. Du kennst Deine Brüder im Geiste nicht. Macht aber nichts, die nehmen Dich genauso wenig wahr. Alle besoffen von sich und doch so leidend. Denn es leided auch niemand so wie sie, bzw. kann kann die Intensität ihres Leidens abmessen, keiner versteht sie, denn das würde ja bedeuten ebenso genial zu sein und das bist nur Du – neben Deinen ungefähr 3 Millionen Leidensgenossen, die sich ebenso unerreichbar fühlen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Die selbst angestrebte Lösung ist in nahezu allen Fällen die Kontrolle und den eigenen Einfluss zu erhöhen. Immer wachsam sein, nur nicht locker lassen, alles im Griff und im Blick behalten. Es ist der Königsweg zu einer maximal unkomfortablen Welt, denn Pause, Erholung und Entspannung sind Fremdwörter in dieser Welt.
Alles hat seinen Preis. Natürlich ist es komfortabler, nicht zur Uni/Schule/Arbeit zu gehen, aber das hat auch seinen Preis: Verlust von Zielen, Hoffnung.
Stimmt schon, alles hat seinen Preis.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Aber das gelingt nicht allen und um das hinzukriegen muss viel sterben. Dieser Tod ist viel näher und ängstigender als der körperliche Verfall, der auch nur ein Symbol für die Niederlage, die nicht ganz am Ende steht, sondern die Dich früh begleiten wird, die mit Dir durchs Leben geht. Und dieser Tod ist der, vor dem Du Angst hast.
Der Verfall? Nein, was nicht entgültig stirbt, kann repariert werden.
Auch nur feuchte Träume.

Darth Nefarius hat geschrieben:Solange ich noch atme und mein Verstand funktioniert, kann ich kämpfen. Ich finde diesbezüglich Steven Hawking inspirierend. Auch mein Avatar ist ein klasse Vorbild: Nicht mehr als Gehirn, Augen und notwendige Organe sind übrig, aber es wird weitergemacht.
Cool da fällt mir Lumen ein.
Lumen hat geschrieben:Rationalität oder Vernunft ist das Abwägen verschiedener Optionen, um die Beste auszuwählen. Eben jener rationale Vorgang ein altes Foto (dass nur einen emotionalen Wert hat), aus einem brennenden Haus zu retten, und ein teures elektrisches Gerät da zulassen. Die andere Sichtweise, Emotionen komplett außen vor zu lassen, um dann dann Fälle zu konstruieren, wo das Resultat als seltsam empfunden wird, nennt sich scherzhaft Stroh-Vulkanier. Abgeleitet aus dem Strohmann-Argument, wobei eine Position grotesk übertrieben wird, damit Gegenargumente besser wirken (den Strohmann abfackeln). Und angelehnt an Mr. Spock, den Vulkanier, der alles immer logisch durchrechnete, dabei aber emotionale Werte und erwartbare Irrationalitäten außen vor ließ, und dadurch Schwächen offenbarte. Sehr wütende Leute reagieren oft erwartbar anders als gelassene, meine Laune spielt durchaus eine Rolle darin, was ich als nächstes tun sollte. Captain Kirk konnte dann mit etwas Herz die Situation retten. Hat mit der Wirklichkeit nur bedingt zu tun.

Offenbar doch kein Strohmann, ein Darthmann.
Aber Du bist nicht der einzige. Würde Hawking nicht im Rollstuhl sitzen, wäre er nur ein überschätzter und in die Jahre gekommener Physiker, der schöne Impulse gesetzt und inzwischen den Anschluss verloren hat. Aber so ist er mehr. Der Archetypus des Triumphes des Geistes über das Fleisch. Descartes lässt Grüßen. Fast alle Szientisten haben diesen Traum einer von allen unberechenbaren Emotionen und aller stets minderwertigen Körperlichkeit befreiten Kombination von reinem Geist und technischer Optimierung. Frank J. Tipler wäre einer nach Deinem Gusto.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nebenbei gibt es auch interessante Ansätze zur Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Die würden mich nach der biologischen Optimierung als nächstes beschäftigen, um Robustheit in den Körper zu bringen. Meine Angst ist tatsächlich der entgültige Tod, mit allem anderen könnte ich umgehen.
Ich finde es gut, wenn jemand bescheiden ist und lediglich die unendliche Existenz anstrebt.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 24. Apr 2013, 14:32

Vollbreit hat geschrieben:Ich steht nicht so sonderlich drauf, wenn man mir in gönnerhafter Manier das Gefühl gibt, sich überwinden zu müssen, mir zu antworten. Meinst Du denn, dass das mit dem Geplänkel was mit Dir zu tun haben könnte? Ich meine ja.
Du schaust nicht nach links und rechts und pflügst einfach Deine Schneise weiter.
So dämlich nicht zu merken, dass ich keine großen Wert mehr darauf lege Dir zu antworten, kannst allerdings nicht mal Du sein, auf der anderen Seite hast Du starken Redebedarf und ich will Dir da nicht die Tür vor der Nase zuhauen.

Da habe ich wohl einen falschen Eindruck gemacht. Letztlich wollte ich nur, dass du nicht auf die eine Hälfe meiner Antwort reagierst, bevor ich die zweite Hälfte gebracht habe. Das hast du beim zweiten mal nicht gemacht, ich habe mich bedankt. Abgesehen davon scheinst du doch ein wenig masuchistisch, mit mir immer wieder zu diskutieren. Soweit ich mich erinnere, hast du auf meine Kommentare hier reagiert, nicht umgekehrt. Ich habe es jedenfalls nicht drauf angelegt, mit dir zu diskutieren, da du zuvor ohnehin meintest, mich ignorieren zu wollen. Damit hatte ich kein Problem (und habe dich nicht auf dich reagiert), ebensowenig mit deiner Wende. Also spricht eigentlich alles dafür, dass du einen Redebedarf hast, nicht ich. Keiner verpflichtet dich, mit mir zu diskutieren, ich habe nicht darum gebeten, lehne sogar Therapeuten ab. Meine Motivation ist lediglich zu sehen, wie weit eine gegensätzliche Philosophie an der Logik festhalten kann, wo ihre Fehler sind und zu betrachten, ob der Anwender ihrer Philosophie diese Fehler auch als solche erkennt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Schaden ist auch Ansichtssache.
Nein, er hängt aber auch von der Perspektive ab. Die selbe Handlung kann einen klaren Nutzen für mich geben, den jeder erkennen kann, aber einen offenkundigen Schaden für dich. Aber ob etwas fehlgeleitet ist, ist subjektiv.
Nutzen ist auch subjektiv.

Nein, weder Schaden noch Nutzen sind subjektiv. Der Nutzen kann ebenso offenkundig bestehen, allerdings eben für einzelne Personen wie der Schaden. Dadurch wird Schaden wie Nutzen zu einer individuellen Angelegenheit, aber nicht zu einer subjektiven. Oder anders: Nutzen zu haben ist keine Betrachtungsweise, sondern ein Zustand.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und vor allem:
"Frühe Utilitaristen leiteten die Maximum-Happiness-Maxime aus einem psychologischen Hedonismus ab. Aber selbst wenn man die These des psychologischen Hedonismus als richtig annimmt, so folgt daraus keineswegs, dass Glück das allein Wünschenswerte ist."

Dass das Glück das Wünschenswerteste ist (daraus erfolgt jedoch kein Sollen für andere) beweist die hedonistische Natur der Lebewesen. Die Biochemie des Gehirns zeigt klar, dass wir das tun wollen, was uns Freude bereitet.
Das ist der nächste logische Zirkel. Merkst Du das wirklich nicht?
Glück ist wünschenswert wg. unserer hedonistischen Natur. Was sagt die? Dass wir nach dem Glück streben. Wir streben also nach dem Glück, weil wir nach dem Glück streben. Tolles Argument.

Nun, es ist eine logische Prämisse. Zumindest sauge ich mir nichts aus den Fingern. Es ist schlichtweg eine Tatsache, die die Biologie belegt. Irgendwo fängt Argumentation nunmal an. Abgesehen davon ist es eher eine Übertragung eines philosophischen Gedankens auf das biologische Äquivalent. Ich sage also nicht, dass das Fenster ein Fenster ist, sondern dass das Fenster eine Scheibe aus Glas mit Fassung ist. Kein Zirkelschluss. Und übertragen sage ich, dass für uns das Wünschenswerteste das Glück ist und wir folglich auch danach streben.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und ich gehe sogar noch weiter und denke, dass besonders intensives Glück unweigerlich mit Leid verbunden ist. Eine Alltagszufriedenheit vielleicht nicht, aber die wohl bedeutenden Erlebnisse schon.
Und eben diese Differenz von Besonderem und Alltäglichem versucht der Buddhismus abzubauen.
Sogar über Erleuchtung heißt es, sie sei nichts Besonderes. Macht man ein großes Ding daraus, hat man es bereits versemmelt.
Die Differenz abzubauen ist ein Fehler. Zufriedenheit ist nicht die gleiche Form von Glück wie die durch Liebe, noch ist die Intensivität zu vergleichen. Aber natürlich ist der Versuch, die Unterschiede abzubauen eine logische Konsequenz aus der Idee, dass man möglichst alles, was Leid verursachen kann (und damit auch größere Glückserlebnisse) vermeiden muss. Es bleibt dann nicht vielmehr als mit seinem Butterbrot zufrieden sein zu dürfen, und dann will man sich folglich auch einreden, dass dies genauso intensiv erlebt sei, wie das Glück durch Liebe. Wieder ein Defizit aufgedeckt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Was du zu der Einstellung der Buddhisten zu Zielen, zum Willen und zur Anleitung zum Selbstmord des Ichs geschrieben hast, weist auf eine Betäubung aller Triebe und damit Emppfindungen auf. Dieses Vorgehen scheint mir klar der Intensivierung zu widersprechen. Ich habe es zum einen anders erlebt.

Was?

Der erste Satz ist selbsterklärend: Das Ich wird vermieden, der Wille soll möglichst ausfallen, Ziele sollen nicht aufkommen, zumindest laut Buddhismus. Das hast du alles zugegeben (durch die westliche Interpretation, wie du es nanntest, durch den "Selbstmord des Ichs", der Egozentrik...), findest du erstrebenswert. Aber das ist alles ein Wegdividieren vom Leben, dadurch kann keine Intensivierung entstehen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius" hat geschrieben:Was soll denn noch übrig geblieben sein? Das Ich wollen die Buddhisten doch auch loswerden. Also: Eliminiere die Bedeutung von Erlebnissen und das Ich = bleibt nichts übrig.
Da kommen wir dann allmählich zum Kern. Was ist denn das Ich? Was macht denn Bedeutung aus?

Etwas ist mir von Bedeutung - beweist als Redewendung schon, dass das Empfinden von Wert von dem "Ich" abhängt, von mir. Wenn das "Ich" wegfällt, würde es lauten "es ist nichts von Bedeutung". Das Ich werde ich jetzt nicht anfangen zu definieren, deine Frage hat nichts mit der Kernproblematik zu tun. Ich definiere mich über meine Erfahrungen, meine Ziele, meinen Willen, meine Eigenschaften. Wenn ich das alles wegstreichen soll, bleibt nichts an Wert übrig.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ist er nicht, aber lassen wir das. Ich will jetzt nicht noch zeigen, wieso neben den Buddhisten auch noch Selbstmordattentäter nicht richtig logisch und konsequent denken können.
Das Problem ist, Du kannst es nicht.

Bist du nicht zu alt für solche Sticheleien? Ich dachte, du betrachtest dein Alter und die Eigenschaften, die damit angeblich einhergehen als dein Eigen? Gehört nicht auch Reife dazu?
Ich kann schon über Selbstmordattentäter diskutieren, ich frage dich jetzt nur, ob du es auch willst. Wenn deine Antwort "ja" ist, werde ich in der darauffolgenden erläutern, wieso sie nicht logisch denken können. Kein Problem. Ich dachte lediglich, dass es nichts mehr mit der eigentlichen Diskussion zu tun hätte und deswegen vermeidbar ist.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Da musst du dich besser mit den Zielsetzungen auskennen: Wirkung kann Entzündungshemmung, Linderung, Heilung, Betäubung, usw.
bedeuten.
Wir sprachen von der Psyche und einer etwaigen biochemischen Landkarte. Der Rest ist mit bekannt.

Nein, wir sprachen durch deine Frage von der Zielsetzung eines Medikaments. Und ich habe dir gesagt, was unter "Wirkung" verstanden wird. Wenn dir etwas bekannt ist (wie die verschiedenen Bedeutungen von "Wirkung" in der Pharmazie), wozu fragst du dann?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Der Utilitarisms strebt das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl an.
Dem geht eine Prämisse voraus, die ich zusätzlich erwähne: Was will man denn selbst?
Nö. Das wäre Egoismus und der hat nicht das Glück der größten Zahl im Blick, sondern verengt diesen, auf das eigene.

Richtig, es wäre Egoismus und es ist auch immer Egoismus. Wir wählen Philosophien, vielleicht auch Ideologien und Glaubensrichtungen aus unserem Standpunkt heraus, aus dem, was wir für richtig und nützlich halten. Die reziproke Argumentation, manifestiert in der goldenen Regel, welche für viele Ethiker das Maß der Dinge ist, hat nur dann eine Bedeutung, wenn vorausgesetzt wird, dass wir gut behandelt werden wollen. "Handle stets so, wie du es von anderen erwatest.", aber was erwarte ich, was will ich? Diese Fragen scheinen selbstverständlich beantwortet zu sein (letztlich sind sie das intuitiv, aber eben nicht ausgesprochen): Ich will, dass die Menschen mich gut behandeln, mir nützlich sind. Erst durch diese Feststellung, die nicht ausgesprochen wird, da sie den Egoismus aufdeckt, hat eine Philosophie, welche das Gute und Nützliche für die Allgemeinheit anstrebt, auch eine Grundlage. Wenn selbst einer wie Kant erkannt hat, dass Reziprozität von den meisten Menschen vorausgesetzt wird, wieso erkennst du nicht, dass der Utilitarismus das auch tut? Und wieso wird dir nicht klar, wodurch die Annahme von Reziprozität überhaupt etwas Nützliches zu sein scheint? Erst durch den Egoismus wird die Annahme von Gegenseitigkeit zu einer Eigenschaft, die einen "gut" handeln lässt. Die Reziprozität geht dem Utilitarismus klar voraus, oder worauf soll die Prämisse vom maximalen Nutzen für die Allgemeinheit deiner Meinung nach denn sonst basieren? Auf einer zufälligen Festlegung? Wieso können denn dann die Menschen irgendwie eine Logik und keine Willkür in dieser Festlegung erkennen (selbst die, die diese Philosophie nicht teilen)?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Rücksichtslos handle ich in dem Sinne nicht, als dass ich nicht überlege, was es für die anderen bedeutet. Aber es kann schon vorkommen, dass ich sie ausnutze, ja. Aber ich habe nicht argumentiert, dass es den anderen gut geht, wenn es mir gut geht. Ich habe wohl tausendmal von Kooperation gesprochen, einem Handeln, welches einen gegenseitigen Nutzen generieren soll. Dadurch erwächst zum einen Nutzen für mich und dann auch für andere (aber ersteres ist nicht Ursache für letzteres oder umgekehrt). Der Nutzen für mich und für andere sind 2 Ursachen einer Wirkung: Kooperation.
Ja, Du sprichst von Kooperation und meinst Ausnutzen. Und Du bemerkst nicht mal den Widerspruch.

Nein, ich habe durchaus vor, dem Gegenüber einen Anreiz zu verschaffen, wenn ein Ausnutzen nicht möglich ist oder eher langfristig Schaden verursachen könnte. Wenn ich dem gegenüber nützlich bin, kann es mir auch nützlich sein. So funktioniert Kooperation: Beide nutzen sich gegenseitig, aber eben nicht aus. Da ist kein Widerspruch, wenn du genauer liest.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 24. Apr 2013, 14:34

Hier nochmal der Rest:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und ja, Autounfall und Flugzeugabsturz sind immer mögliche andere Arten zu sterben, aber das sind Unwägbarkeiten.

Okay, gesetzt den Fall der Erfolg wäre da, müssten nicht all diese Unwägbarkeiten, als Bedrohungsszenario sich ungeheuer aufblähen? Unfälle, Terroranschläge, Vergiftungen, Virusmutationen, der blöde Fuchsbandwurm, 1000 exotische Arten, an denen kaum jemand stirbt, deren Wahrscheinlichkeit aber anwächst. Ausgangspunkt war die Angst: Warum sollte die verschwunden sein?

Zum einen werde ich nie einen Fuß in diese Dritte-Welt Länder setzen, wo ich diesen exotischen Arten von Tod begegnen könnte, zum anderen geht es ja nicht darum, diese Möglichkeiten alle auf einmal zu beseitigen. Die Angst vor dem Tod wird dadurch kontrollierbar, dass man einen stufenweisen Plan aufstellt, die Sterblichkeiten einzeln auszuschalten. Das bedeutet: Zuerst muss ich mir die wahrscheinlichsten Möglichkeiten zu sterben vornehmen: Herzkreislauf, Krebs, Altern, dann physische Einwirkung (also Autounfälle und dergleichen). Dann kann ich mich um den Rest kümmern.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Jedoch ist wohl häufige Paarung/körperliche Anziehung ein Merkmal einer glücklichen Beziehung. Dass der Mensch Verhütungsmittel erfindet, schaltet zwar den Sinn aus, aber nicht den Trieb an sich.
Gerüchten zufolge stehen ja einige auch auf Sex, ohne große Liebe. Sind alle Biologen katholisch?

Nein, ich bin es auch nicht. Ich habe aber eben auch nicht von Liebe, sondern von Anziehung gesprochen. Sexuelle Anziehung ist nicht das Gleiche wie Liebe.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Vertrauen ist nur eine Antizipation. Es bedeutet, dass ich durchaus Leuten vertrauen kann, zumindest soweit ihr ihre Motive meine durchschaut zu haben. Wenn ich jemandes Nutzen bei einer Kooperation erkenne, kann ich das als Vertrauen betrachten. Aber es ist wohl kaum ungewöhnlich zu überlegen, was denn der andere wirklich im Sinn hat, oder bist du so vertrauensseelig, dass du grundsätzlich nicht die Motive der anderen hinterfragst?
Kommt drauf an.

Eben, es ist keine grundsätzliche Einstellung, sondern ein Vermuten, welches im Idealfall auf die Analyse der Motive des gegenübers stattfindet. Allein nach den Motiven des anderen zu fragen, ist letztlich Misstrauen. Also wo ist dein Problem?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, so weiß ich zumindest, was ich sein muss. Das macht mir keine Angst, der Tod ist ja der Grund, wieso ich es sein muss. Der Tod ist die letztendliche Ursache für jede Angst. Denn wie gesagt: Misstrauen erwächst nur aus dem Bedürfnis, sich schützen zu wollen. Wovor? letztendlich vor dem Tod.

Vielleicht auch vor der Willkür, Unberechenbarkeit?

Und warum sollte mir Willkür und Unberechenbarkeit grundsätzlich Angst machen? Weil sie potentiell schädlich/tödlich sein kann. Also habe ich nicht Angst vor Willkür, sondern vor dem potentiellen Schaden. Und weil die Beurteilung von Willkür und Unberechenbarkeit nicht deckungsgleich zu meiner Angst sind, kann ich sie auch als nützlich empfinden.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nur weil ich nicht beschlossen habe, was ich gut finde, bedeutet es nicht, dass mir die Ursachen unbewusst sind: Gegensätze bedeuten genetische Variation. Die Bevorzugung eines andersartigen Partners bedeutet gemeinhin einen evolutionären Vorteil (bis zu einem bestimmten Grad), da die Wirkungen von Inzest vermieden werden und damit ein schwacher Nachwuchs, bei dem homolog rezessive Mutationen auftreten könnten.
Jaja, andererseits darf man auch nicht zu gegensätzlich sein, wenn sonst klappt das mit der Beziehung nicht. Und was es da nicht noch alles für Theorien gibt.

Nein, ich wollte eigentlich auf die Bastarde von verschiedenen Spezies hinaus, die nahe verwandt sind. Bei Bunt- und Grauspechten ist eine Kreuzung in der Natur grundsätzlich möglich, allerdings sind die Bastarde weniger erfolgreich im Überleben, da die Überlebensstrategien, die Nischen der Spechtarten (die immer noch genetisch kompatibel sind) nicht mehr die selben sind. Dadurch kann sich der Nachwuchs weder gegen die richtigen Bunt- noch gegen die Grauspechte durchsetzen. Er hat sich nicht spezialisieren können. Darauf wollte ich hinaus. Aber ich schweife ab. Die Frage, die sich mir stellt ist, wieso du diese Theorien gering schätzt? Sie sind logisch, beweisbar und zeigen keine Lücken in der Argunmentation.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Er strebt nach Perfektion und er leidet darunter, dass die Welt und die anderen nicht so perfekt zu sein scheinen (oder gar nicht das Maß an Perfektion anstreben) wie er.
Nein, Perfektion ist eine Illusion.

Hm:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, Aussehen alleine bringt noch keine Perfektion, auch über den Charakter habe ich Vorstellungen, aber es gibt einen Spielraum.

Ein Widerspruch?

Allgemeine Perfektion ist eine Illusion, subjektiv kann sie existieren. Deswegen habe ich auch die Beispiele von geometrischen Pbjekten herangezogen: Je nach Anspruch wechselt die Definition von Perfektion. Somit ist eine allgemeine nicht möglich, wohl aber eine subjektive. Ich habe jedenfalls eine klare Vorstellung einer perfekten Frau (mit Spielraum an Eigenschaften), aber die will ich mir nicht erschaffen, sondern sie finden. Diese Eigenschaften sind durchaus existent, wenn auch die Kombination mir noch nicht untergelaufen ist. Die Perfektion der Welt ist eine Illsuion, die du mir unterstellt hast, zu suchen. Ich betrachte die Welt zwar nicht als perfekt, kann aber mit einzelnen Defiziten dieser umgehen. Und ich habe auch mich nie als perfekt betrachtet (denn betrachte ich mindestens meine Sterblichkeit als Defizit). Schließlich muss ich die Welt nicht lieben. Der Widerspruch besteht also nicht in meiner Perspektive, sondern in deiner Vorstellung von meiner Perspektive. Du hast mir schlichtweg falsches unterstellt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und wenn mir selbst meine schlimmsten Feinde oder Konkurrenten definitive Talente zugestehen, scheine ich tatsächlich auch solche zu haben.
Oh, Du irrst Dich. Du kennst Deine Brüder im Geiste nicht.

Wieso sollten meine Konkurrenten und Feinde Brüder im Geiste sein? Mit Brüdern im Geiste komme ich eigentlich gut aus, da sie keine Mätzchen machen, wenn es um Kooperation und Egoismus geht. Idealisten, Religiöse und Moralisten betrachte ich eher als problematische Mitmenschen, mit denen ich schonmal aneinandergerate. Nicht selten damals in der Schule in Form eines Lehrers. Ich habe nicht selten von denen Kritiken bezüglich meiner Einstellung gehört, trotzdem haben einige die Größe gezeigt, mir Intelligenz und andere Talente zuzusprechen. Z.Bsp. habe ich beim zweiten Anlauf in einer Kunstausstellung der Schule es nicht mehr darauf angelegt, möglichst gut zu sein, sondern zum einen meinen Ärger über die Geringschätzung der Jury beim ersten Versuch freien Lauf gelassen und zur anderen Hälfte das selbe nochmal ausgestellt. Das Resultat: Beleidigte Kunstlehrer und der erste Platz, zusammen mit der finanziellen Opfergabe der schulischen Stiftung. So ist das häufig gelaufen.
Vollbreit hat geschrieben:Macht aber nichts, die nehmen Dich genauso wenig wahr. Alle besoffen von sich und doch so leidend. Denn es leided auch niemand so wie sie, bzw. kann kann die Intensität ihres Leidens abmessen, keiner versteht sie, denn das würde ja bedeuten ebenso genial zu sein und das bist nur Du – neben Deinen ungefähr 3 Millionen Leidensgenossen, die sich ebenso unerreichbar fühlen.

Bla, bla. So viele Unterstellungen... Wer so wehleidig ist, kann sich gern von der nächsten Brücke werfen. Ich betrachte mich weniger als leidend, sondern eher angepisst, wütend und versuche dies in Energie zum Handeln umzuwandeln. Das gelingt mir. Ich halte es auch nicht für einen Wettbewerb, möglichst zu leiden. Das tun nur Weicheier.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Alles hat seinen Preis. Natürlich ist es komfortabler, nicht zur Uni/Schule/Arbeit zu gehen, aber das hat auch seinen Preis: Verlust von Zielen, Hoffnung.
Stimmt schon, alles hat seinen Preis.

Deine Einstellung hat auch (oder genauer: die der Buddhisten) seinen Preis: Man muss nicht weniger als seine Ziele, seinen Willen, sein Ich aufgeben. Meine Vorgehensweise scheint da weniger entbehrlich.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, was nicht entgültig stirbt, kann repariert werden.
Auch nur feuchte Träume.

Hast du ein Beispiel für etwas, das noch lebt und nicht repariert werden kann? Bedenke, dass Reparatur nicht zwangsläufig bedeutet, dass die gleiche Qualität wiedererreicht wird. Aber ein künstlicher Arm ist besser als gar keiner. Soetwas betrachte ich auch noch als Reparatur. Und wenn ich mal alt werden sollte, so habe ich gewiss einige Mutationen im erbgut angehäuft, die Telomere sind kürzer geworden, aber auf Grundlage des menschlichen Genoms könnte ich auch dann noch mein Erbgut rekonstruieren (zumindest theoretisch), es spätestens dann sogar verbessern. Also wäre eine Verjüngung durch Zellen mit rekonstruiertem Erbgut denkbar, zumindest solange man eben nicht tot ist. Clever wäre es auch, wenn man sein Erbgut solange man Jung ist (oder in dem Alter, welches man für ideal hält) konservieren lässt und dann die entsprechenden Zellen mit diesem Zustand abgleicht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Solange ich noch atme und mein Verstand funktioniert, kann ich kämpfen. Ich finde diesbezüglich Steven Hawking inspirierend. Auch mein Avatar ist ein klasse Vorbild: Nicht mehr als Gehirn, Augen und notwendige Organe sind übrig, aber es wird weitergemacht.
Cool da fällt mir Lumen ein.
[...]
Offenbar doch kein Strohmann, ein Darthmann.
Aber Du bist nicht der einzige. Würde Hawking nicht im Rollstuhl sitzen, wäre er nur ein überschätzter und in die Jahre gekommener Physiker, der schöne Impulse gesetzt und inzwischen den Anschluss verloren hat. Aber so ist er mehr. Der Archetypus des Triumphes des Geistes über das Fleisch. Descartes lässt Grüßen. Fast alle Szientisten haben diesen Traum einer von allen unberechenbaren Emotionen und aller stets minderwertigen Körperlichkeit befreiten Kombination von reinem Geist und technischer Optimierung. Frank J. Tipler wäre einer nach Deinem Gusto.

Nun, Hawking hat, meine ich, den zweithöchsten IQ der Menschheit (nein, davor stehe ich vermutlich nicht; ich meinte, dass eine Frau, die allerdings wohl schon verstorben ist, einen höheren Wert hatte). Hawkins saß auch nicht immer im Rollstuhl. Auch davor hatte er Bedeutung. Keine Ahnung, was das mit Strohmann zu tun haben soll. Was ist denn an einem Wunsch, die Defizite seines Körpers überwinden zu wollen irrational? Wieso ist man ein Strohmann, wenn man das als rational betrachtet?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nebenbei gibt es auch interessante Ansätze zur Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Die würden mich nach der biologischen Optimierung als nächstes beschäftigen, um Robustheit in den Körper zu bringen. Meine Angst ist tatsächlich der entgültige Tod, mit allem anderen könnte ich umgehen.
Ich finde es gut, wenn jemand bescheiden ist und lediglich die unendliche Existenz anstrebt.

Hat nichts mit Bescheidenheit zu tun, sondern mit Pragmatismus. Es wäre mir letztlich scheißegal, wenn mein Körper fast vollständig nur aus Maschine bestehen würde, solange es mich am Leben hält.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Do 25. Apr 2013, 09:03

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich kann schon über Selbstmordattentäter diskutieren, ich frage dich jetzt nur, ob du es auch willst. Wenn deine Antwort "ja" ist, werde ich in der darauffolgenden erläutern, wieso sie nicht logisch denken können. Kein Problem. Ich dachte lediglich, dass es nichts mehr mit der eigentlichen Diskussion zu tun hätte und deswegen vermeidbar ist.

Ja, will ich und ich gehe sogar in Vorleistung. Ein religiös motivierter Terrorist kann der Ansicht sein, dass es eine heilige Schrift gibt, in der, durch Gott offenbart, steht, wie wir leben sollten. Der Terrorist könnte sich, da er die Prämisse, dass es Gott gibt und er sich durch einen Propheten offenbart hat, akzeptiert aufgefordert fühlen, sich an Gottes Gebote und Verbote zu halten, schließlich gibt es nichts Höheres als Gott.
Vollkommen folgerichtig, sieht er alle, die nicht an Gott glauben als gefährdet und verblendet, diskutiert mit ihnen und erkennt sie irgendwann als Gefahr, Hindernis, Ärgernis. Ob dumm oder vom Satan verführt weiß er nicht, aber irgendwann wir klar, die Welt wäre ein besserer Ort, wenn die Ungläubigen, die Verblendeten nicht gäbe.
Lasterhaft, unzivilisiert, barbarisch leben sie ohne jede Achtung vor Gott, ohne Respekt, ja sie verhöhnen ihren Schöpfer sogar noch.
Ob der Terrorist jetzt noch Ursachenforschung betreibt, wo die Quelle des Übels sitzt oder noch eine religiöse Legitimation braucht – dass Gott es gefällt, wenn die Feinde bestraft werden – da ist vieles denkbar. Ob die Gesellschaft ihn nun ganz persönlich noch ablehnt, oder er einfach de Gottlosen nicht versteht, irgendeine Ursache gibt es immer und folgerichtig könnte er irgendwann zur Tat schreiten und sich für seinen Gott selbst opfern.
Man kann mit derselben Denkweise auch Ökoterorrist, linker oder rechter Terrorist werden, das Strickmuster ist immer dasselbe.
Es ist eng, man muss irgendeine Prämisse akzeptieren und alles radikal auf diese Prämisse verengen, aber logisch folgerichtig ist das.
Wo nicht?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Nö. Das wäre Egoismus und der hat nicht das Glück der größten Zahl im Blick, sondern verengt diesen, auf das eigene.
Richtig, es wäre Egoismus und es ist auch immer Egoismus. Wir wählen Philosophien, vielleicht auch Ideologien und Glaubensrichtungen aus unserem Standpunkt heraus, aus dem, was wir für richtig und nützlich halten.

Nein, das tun wir nicht. Philosophien, Ideologien und Glauben unterscheiden sich zudem auch.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die reziproke Argumentation, manifestiert in der goldenen Regel, welche für viele Ethiker das Maß der Dinge ist, hat nur dann eine Bedeutung, wenn vorausgesetzt wird, dass wir gut behandelt werden wollen. "Handle stets so, wie du es von anderen erwatest.", aber was erwarte ich, was will ich? Diese Fragen scheinen selbstverständlich beantwortet zu sein (letztlich sind sie das intuitiv, aber eben nicht ausgesprochen): Ich will, dass die Menschen mich gut behandeln, mir nützlich sind.

Ja, das ist Weltbild eines dreijährigen Kindes oder eines narzisstischen Erwachsenen.
Obendrein scheinst Du von der falschen Annahme auszugehen, Philosophie sei einzig und allein Ethik. Ethik ist im Grunde die reflexive Form der Moral, den Unterschied zwischen Ethik und Moral vergisst Du immer wieder oder kennst ihn einfach nicht. Hier bist Du eh kernverwirrt.
Neben der Ethik sind die Grundlagen der Philosophie Erkenntistheorie, Logik, Metaphysik (nicht Engel sehen, Weltbilder) und andere kleinere Bausteine.
Die ethische Wendung geht übrigens so: „Da ich gut behandelt werden möchte (hier hat Du gewissermaßen Dein „natürliches“, egoistisches Empfinden), sollte ich andere auch gut behandeln.“ Hier beginnen dann die Abzweigungen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Erst durch diese Feststellung, die nicht ausgesprochen wird, da sie den Egoismus aufdeckt, hat eine Philosophie, welche das Gute und Nützliche für die Allgemeinheit anstrebt, auch eine Grundlage.
In der Philosophie wird alles ausgesprochen, weil ohne Argument in der Philosophie nichts etwas gilt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn selbst einer wie Kant erkannt hat, dass Reziprozität von den meisten Menschen vorausgesetzt wird, wieso erkennst du nicht, dass der Utilitarismus das auch tut?
Da Dein Reflexionsvermögen nicht mal in Ansätzen ausreicht, die Grundlagen der Philosophie zu verstehen, sind Deine Urteile über Kant wertlos. Ob etwas von den meisten Menschen vorausgesetzt wird, ist kein philosophisches Argument. Hier könntest Du in der Tat mal Logik und Folgerichtigkeit üben.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und wieso wird dir nicht klar, wodurch die Annahme von Reziprozität überhaupt etwas Nützliches zu sein scheint?

Natürlich ist Reziprozität nützlich. Aber warum sollte man sich auf Nützlichkeit fixieren, das ist die Frage, die sich dem Philosophen sofort stellt. Und wo erweist sich die Nützlichkeitserwägung an den Grenzen als hilfreich. 20 haben Spaß den einen zu quälen. Nützlich oder nicht? Warum? 20 wollen feiern, einer schlafen, wie wird entscheiden und warum?

Darth Nefarius hat geschrieben:Erst durch den Egoismus wird die Annahme von Gegenseitigkeit zu einer Eigenschaft, die einen "gut" handeln lässt.
Ja, wenn ich Serienvergewaltiger bin, ist es nützlich, sein Opfer zu töten und in Säure aufzulösen, es schützt vor Entdeckung. Also eine „gute“ Handung? Die egoistische Triebe sind dadurch gestillt und der Serienvergewagtiger kann ja nichts dafür, dass er ist, wie er ist, egoistisch, wie die Natur ihn nun mal zufällig schuf. Alles in Butter?

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Reziprozität geht dem Utilitarismus klar voraus, oder worauf soll die Prämisse vom maximalen Nutzen für die Allgemeinheit deiner Meinung nach denn sonst basieren?
Die Reziprozität liegt zwar (aber auch das nicht zwingend) ein wenig im Wesen des Utilitarisms, aber keinesfalls im Wesen des Egoismus. Egoismus und Utilitarismus schließen einander in den allermeisten Fällen kategorisch aus, die Überlappungen sind eher gering.
Egoismus bedeutet: Erst komme ich, dann die anderen.
Utilitarimus bedeutet: Das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl. Wenn ich nicht dabei bin, sollte ich zurückstecken.
Hier beginnen aber erst die Fragen, die Du nicht erkennst: Ist jede Art von Glück gleich gut? Wenn ich glücklich werde, wenn ich jemanden erschießen kann und der anderen unglücklich ist, weil er nicht erschossen werden will, wer hat mehr Recht und warum? Eigentlich doch ich. Der andere ist dann eh tot, der kann kein Unglück mehr empfinden, mir geht es hingegen richtig gut.

Darth Nefarius hat geschrieben:Auf einer zufälligen Festlegung? Wieso können denn dann die Menschen irgendwie eine Logik und keine Willkür in dieser Festlegung erkennen (selbst die, die diese Philosophie nicht teilen)?
In welcher? Andere deshalb gut zu behandeln, weil man selbst gut behandelt werden will? Nun, Empathie, wie wär's damit? Empathie ist allerdings nur ein dahingeworfenes Wort, mit unterschiedlichen Bedeutungsumfang. Also muss begründet werden. „Ich bin ein empfindendes Wesen. Manche Empfindungen nehme ich als freudvoll, lustvoll wahr, andere als leidvoll. Ich sehe andere Wesen. Die Verhalten sich so ähnlich wie ich. Die könnten deshalb auch so sein wie ich. Ich könnte sie fragen, ob sie ähnliche Empfindungen haben wie ich, dann habe ich größere Gewissheit. ...“ Und so weiter. (Tatsächlich ist die Wurzel eine andere und der Wissenstransfer ist impliziter, aber es ist hier nicht nötig, das anders darzustellen.) Wenn ich dann erfahre, dass andere im Grunde so sind wie ich. Dass sie Schmerz, Leid und Angst empfinden und es mir nicht gut geht, wenn ich Schmerz, Leid und Angst empfinde, warum sollte ich dann andere so behandeln dürfen, dass sie Schmerz., Leid oder Angst empfinden? Welches Recht habe ich dazu? Habe ich überhaupt das Recht dazu? Wann ja, wann nicht und warum? So geht das.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ja, Du sprichst von Kooperation und meinst Ausnutzen. Und Du bemerkst nicht mal den Widerspruch.

Nein, ich habe durchaus vor, dem Gegenüber einen Anreiz zu verschaffen, wenn ein Ausnutzen nicht möglich ist oder eher langfristig Schaden verursachen könnte.
ich sage ja, Du bemerkst es nicht. Hier bist Du komplett vernagelt.. Völlig hoffnungslos.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich dem gegenüber nützlich bin, kann es mir auch nützlich sein.

Darth, das versteht jeder. Aber was ist, wenn der andere mir nützlich ist, ich ein Egoist und der andere nichts davon hat, dass ich ihn ausnutze? Hier beginnen überhaupt erst ethische Fragen, alles andere ist doch überhaupt kein Problem. Tausche Autositz gegen Gitarre oder 3 Eier gegen 1 Euro, kein Problem.

Darth Nefarius hat geschrieben:So funktioniert Kooperation: Beide nutzen sich gegenseitig, aber eben nicht aus. Da ist kein Widerspruch, wenn du genauer liest.

Es nutzen sich aber nicht immer alle gegenseitig. Es ist nicht alles Kooperation. Ich halte Dir eine Knarre an den Kopf und verspreche Dir, Dich nicht zu erschießen, wenn Du mir all Dein Geld gibst. Da hätten wir doch supernützlich kooperiert. Du lebst, willst Du ja, ich hab Geld, wollte ich ja. Aus utilitaristischer Sicht doch kein Problem , oder?

Darth Nefarius hat geschrieben:Zum einen werde ich nie einen Fuß in diese Dritte-Welt Länder setzen, wo ich diesen exotischen Arten von Tod begegnen könnte, zum anderen geht es ja nicht darum, diese Möglichkeiten alle auf einmal zu beseitigen. Die Angst vor dem Tod wird dadurch kontrollierbar, dass man einen stufenweisen Plan aufstellt, die Sterblichkeiten einzeln auszuschalten. Das bedeutet: Zuerst muss ich mir die wahrscheinlichsten Möglichkeiten zu sterben vornehmen: Herzkreislauf, Krebs, Altern, dann physische Einwirkung (also Autounfälle und dergleichen). Dann kann ich mich um den Rest kümmern.
Ein Lebensansatz der die größtmögliche Anzahl an Enttäuschungen kombiniert. Naja, Dein Bier.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und warum sollte mir Willkür und Unberechenbarkeit grundsätzlich Angst machen? Weil sie potentiell schädlich/tödlich sein kann. Also habe ich nicht Angst vor Willkür,sondern vor dem potentiellen Schaden.
Nö, vor Kontrollverlust. Das merkst Du dann, wenn Du mal unter etwas leidest, was nicht tödlich ist. Aktuell kannst Du das aber nicht sehen oder verstehen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Was ist denn an einem Wunsch, die Defizite seines Körpers überwinden zu wollen irrational? Wieso ist man ein Strohmann, wenn man das als rational betrachtet?
Gar nichts. Er ist zutiefst rational. Nur eben die Ausgeburt eine idealen Welt, in der alles kontrollierbar, reparierbar und so weiter ist. Es ist die Welt von Menschen, die dieser Welt nichts abgewinnen können, die unter Schwäche, Unberechenbarkeit, Krankheit, Alter, Tod und dergleichen tatsächlich mehr leiden als andere. Sie versuchen heillos und mitleiderregend, irgendeinen Ausweg aus der Katastrophe zu finden, als die sie die Welt empfinden. Das tut beim Hinschauen weh.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Do 25. Apr 2013, 19:53

Vollbreit hat geschrieben:Ein religiös motivierter Terrorist kann der Ansicht sein, dass es eine heilige Schrift gibt, in der, durch Gott offenbart, steht, wie wir leben sollten. Der Terrorist könnte sich, da er die Prämisse, dass es Gott gibt und er sich durch einen Propheten offenbart hat, akzeptiert aufgefordert fühlen, sich an Gottes Gebote und Verbote zu halten, schließlich gibt es nichts Höheres als Gott.

Und deswegen fällt schon das Kartenhaus wie der Buddhismus in sich zusammen: Die vorangehenden Prämissen sind unlogisch, irrational, ohne Hinweise gesetzt. Prämissen der Empirie haben immerhin einen deskriptiven Hintergrund, religiös motivierte Prämissen haben lediglich den Hintergrund des Wunsches, des Wunschdenkens hinter sich. Was praktikabler ist, zeigt uns die Geschichte der Menschheit. Übrigens wundere ich mich über deinen Eifer, mit mir zu diskutieren nicht wirklich. Du bestätigst meine Vermutung, dass du Redebeadarf hast. Nun gut, da du ja so auf Therapeuten stehst, versuche ich mal einen darzustellen. :student:
Vollbreit hat geschrieben:Vollkommen folgerichtig, sieht er alle, die nicht an Gott glauben als gefährdet und verblendet, diskutiert mit ihnen und erkennt sie irgendwann als Gefahr, Hindernis, Ärgernis.

Wieder Unlogik: Wozu soll man sich um die Verdammten scheren? Ich stelle mir das noch als etwas logischer vor: Der göttliche Funke muss angeboren sein und entweder sind die Ungläubigen Verräter oder sie sind bereits Böse geboren. Also hilft es nichts, sie im heiligen Feuer zu reinigen. Der Glaube der Menschheit spielt auch keine Rolle, schließlich ist die Existenz eines Gottes unabhängig davon. Und wenn etwas Gott nicht passt, kümmert er sich schon noch selbst darum, wie er es in allen heiligen Schriften mit einem Genozid an Volk xyz getan hat oder mit einer Wahnvorstellung, einem Blitz oder sowas. Es wäre vielmehr Anmaßung, seine Arbeit zu erledigen und seinen unergründbaren Willen deuten zu wollen.
Siehst du, den Stil kann man ebenso (und eigentlich noch besser) völlig umkehren. Nur durch solche heuchlerischen Antworten konnten diese gefährlichen Ideologien aus dem Mittelalter und der Antike die Menschen einlullen und ihnen vorgaukeln, dass sie ungefährlich sind.
Vollbreit hat geschrieben: Ob dumm oder vom Satan verführt weiß er nicht, aber irgendwann wir klar, die Welt wäre ein besserer Ort, wenn die Ungläubigen, die Verblendeten nicht gäbe.

Was spielt die Welt für eine Rolle? Sie ist nur Prüfung für die Gläubigen, auf das Jenseits kommt es an. Deswegen kann man sich als Religiöser einen Dreck um die Mitmenschen scheren.
Vollbreit hat geschrieben:Lasterhaft, unzivilisiert, barbarisch leben sie ohne jede Achtung vor Gott, ohne Respekt, ja sie verhöhnen ihren Schöpfer sogar noch.
Ob der Terrorist jetzt noch Ursachenforschung betreibt, wo die Quelle des Übels sitzt oder noch eine religiöse Legitimation braucht – dass Gott es gefällt, wenn die Feinde bestraft werden – da ist vieles denkbar.

Woher soll er denn wissen, was gefällt und was nicht? Es ist unlogisch, einen nicht erfassbaren Willen deuten zu wollen, wenn man keine Indizien hat.
Zusammengefasst: Das Vorgehen ist zum einen unlogisch, da die Prämissen nicht einleuchten und defizitär sind, zum anderen, da für weiteres Vorgehen die Anhaltspunkte für die Deutung eines göttlichen Willens fehlen. Zudem widerstrebt das Menschenbild von Schicksal und Gut und Böse völlig dem Versuch, andere bekehren zu wollen/zu müssen. Drittens spielt ohnehin nur das Jenseits eine Rolle, also ist jede Interaktion und der Versuch einer Säuberung überhaupt nicht nötig. Viertens: Wenn man an den ganzen Hokus Pokus der jeweiligen Religion konsequent glaubt, so müsste einem doch klar sein, dass Gott seine Genozide und Morde selbst erledigt, wenn ihm etwas nicht passt. Wozu also die Mühe? Wenn Gott will, dass du deinen Erstgeborenen abstichst, wird er es dich schon noch wissen lassen. :gott:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Nö. Das wäre Egoismus und der hat nicht das Glück der größten Zahl im Blick, sondern verengt diesen, auf das eigene.
Richtig, es wäre Egoismus und es ist auch immer Egoismus. Wir wählen Philosophien, vielleicht auch Ideologien und Glaubensrichtungen aus unserem Standpunkt heraus, aus dem, was wir für richtig und nützlich halten.

Nein, das tun wir nicht. Philosophien, Ideologien und Glauben unterscheiden sich zudem auch.

Ach so, folgerichtig entscheiden für dich andere, was du zu glauben hast, wenn nicht du selbst?! Was ist denn die Motivation, sich für das eine oder das andere zu entscheiden? Etwa nicht, ob wir selbst es für richtig halten oder wollen? Wie entscheidest du denn? Entscheidest du überhaupt oder tun das doch andere? Und wie entscheiden wohl die? Meinst du, sie würfeln, werfen eine Münze? Dass sich Philosophien, Ideologien und Glaube unterscheiden ist richtig, ich habe auch nichts Gegenteiliges geschrieben.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die reziproke Argumentation, manifestiert in der goldenen Regel, welche für viele Ethiker das Maß der Dinge ist, hat nur dann eine Bedeutung, wenn vorausgesetzt wird, dass wir gut behandelt werden wollen. "Handle stets so, wie du es von anderen erwatest.", aber was erwarte ich, was will ich? Diese Fragen scheinen selbstverständlich beantwortet zu sein (letztlich sind sie das intuitiv, aber eben nicht ausgesprochen): Ich will, dass die Menschen mich gut behandeln, mir nützlich sind.

Ja, das ist Weltbild eines dreijährigen Kindes oder eines narzisstischen Erwachsenen.

Äh, nein. Kant baut seinen ganzen Mist auf diesem Gedanken auf. Seine nicht ganz falsche Idee war schließlich aus praktischer Erwägung heraus, eine für alle einsehbare Ethik zu entwickeln, eben auch für Kinder. Das ist ein nachvollziehbarer Gedanke bei einer so fundamentalen Frage, wie man denn handeln will/soll. Wie soll man als einfacher Mensch überhaupt entscheiden, wenn man dafür komplizierte Gedankengänge formulieren muss? Die Idee war, die Moral und Ethik zu Ent-aristokratiseren. Deswegen mussten Ethiken (zumindest diejenigen, die sich auch heute noch einiger Beliebtheit erfreuen) für die breite Masse zugänglich sein, deswegen simpel. Abgesehen davon teile ich diese Einstellung nicht, da Reziprozität eine Annahme ist und keine Verpflichtung des Gegenübers. Es bedarf eines Anreizes, eines Nutzens für das Gegenüber, um aktiv zu werden. Also muss man verhandeln, eventuell bestechen. Manchmal ist aber auch jemand dumm genug, dass man ihn ausnutzen kann ohne negative Konsequenzen, aber solche Glücksfälle sind seltener.
Vollbreit hat geschrieben:Obendrein scheinst Du von der falschen Annahme auszugehen, Philosophie sei einzig und allein Ethik.

Wo leitest du das her?
Vollbreit hat geschrieben:Ethik ist im Grunde die reflexive Form der Moral, den Unterschied zwischen Ethik und Moral vergisst Du immer wieder oder kennst ihn einfach nicht. Hier bist Du eh kernverwirrt.

Und was hat jetzt Moral damit zu tun? Sofern ich Moral und Ethik vermengt hätte, wäre es immer noch keine Vermengung von Philosophie und Ethik. Ich habe jedenfalls beides nicht getan. Keine Ahnung, wie du darauf kommst.
Vollbreit hat geschrieben:Neben der Ethik sind die Grundlagen der Philosophie Erkenntistheorie, Logik, Metaphysik (nicht Engel sehen, Weltbilder)

Ja, deswegen habe ich zuvor auch die Verwandtschaft der Wissenschaft zur Philosophie durch Logik (und nicht erwähnt durch Erkenntnistheorie) erwähnt. Dein Kurzzeitgedächtnis scheint nicht sonderlich gut zu sein. Weltbilder zu haben bedeutet hingegen nicht, sich innerhalb der Metaphysik zu bewegen. Ein Weltbild kann man durch ein bestimmtes Menschenbild auch in der Ethik besitzen; man befindet sich dann aber eben in der Ethik und nicht der Metaphysik.
Vollbreit hat geschrieben:Die ethische Wendung geht übrigens so: „Da ich gut behandelt werden möchte (hier hat Du gewissermaßen Dein „natürliches“, egoistisches Empfinden), sollte ich andere auch gut behandeln.“ Hier beginnen dann die Abzweigungen.

Wo soll der Unterschied sein? Ich habe mich lediglich daran versucht, den Wortlaut Kants eher wiederzugeben. Es ist beides die gleiche reziproke Aussage. Und abgesehen davon frage ich mich, wieso das nicht Ethik für 3-Jährige sein soll?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Erst durch diese Feststellung, die nicht ausgesprochen wird, da sie den Egoismus aufdeckt, hat eine Philosophie, welche das Gute und Nützliche für die Allgemeinheit anstrebt, auch eine Grundlage.
In der Philosophie wird alles ausgesprochen, weil ohne Argument in der Philosophie nichts etwas gilt.

Doch natürlich. Die beliebtesten Ethiken strotzen nur vor falschen Prämissen, jede Philosophie hat ihre Annahmen. Schließlich formulieren ja Menschen die Philosophien, sie haben häufig Annahmen, die sie schlichtweg nicht hinterfragen, nicht herleiten. Augustinus konnte sich jeden Mist für seinen Selbsthass und die Misanthropie begründen, hat aber nie die Prämissen hinterfragt oder abgeleitet.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn selbst einer wie Kant erkannt hat, dass Reziprozität von den meisten Menschen vorausgesetzt wird, wieso erkennst du nicht, dass der Utilitarismus das auch tut?
Da Dein Reflexionsvermögen nicht mal in Ansätzen ausreicht, die Grundlagen der Philosophie zu verstehen, sind Deine Urteile über Kant wertlos. Ob etwas von den meisten Menschen vorausgesetzt wird, ist kein philosophisches Argument. Hier könntest Du in der Tat mal Logik und Folgerichtigkeit üben.
Wenn ich einen Fehler gemacht hätte, könntest du ihn mir vorhalten. Ich habe Kant logisch gedeutet. Du bist schlichtweg unfähig, auf dieses Argument zu reagieren. Und es war auch nie ein Argument, dass logisch ist, was die meisten vorraussetzen. Es sollte lediglich einen Hinweis darauf geben, wieso die Reziprozität so beliebt für die Alltagsmoral der meisten ist. Ich habe mich ja nichtmal dafür ausgesprochen, dass der Gedanke richtig ist.
Aber du scheinst wieder nur noch Rückschritte bei der Betrachtung des Gegenübers zu machen, da du dich nicht bemühst, Gegenargumente zu finden und nur noch dazu imstande bist, Abfall in Worten zu formulieren.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und wieso wird dir nicht klar, wodurch die Annahme von Reziprozität überhaupt etwas Nützliches zu sein scheint?

Natürlich ist Reziprozität nützlich. Aber warum sollte man sich auf Nützlichkeit fixieren, das ist die Frage, die sich dem Philosophen sofort stellt.

Deine Frage ist nicht die, die entscheidend ist für meine Behauptung. Die Menschen tun es einfach, es spielt dabei keine Rolle, ob sie dies reflektieren. Um eine brauchbare Beschreibung der Welt hinzubekommen, muss ich erstmal sehen, was die Menschen tun, nicht was sie sollten. Ein Sollen existiert nicht, also kann ich nur begründet fragen, warum sie das tun. Die Antwort ist, weil sie nach ihrem Nutzen durch andere suchen. Denn die meiste wechselwirkende Aktion des Menschen produziert Nutzen, sogar meist beabsichtigt. Dadurch wird ausgeschlossen, dass ein Bedürfnis nach Schaden für sich und andere besteht. Also bleibt nur noch übrig, dass entweder der Nutzen für andere oder für sich Priorität hat. Wenn der Nutzen der anderen Priorität hätte, wäre der Nutzen für einen selbst irrelevant und es würde keiner Reziprozität bedürfen. Also bleibt nach dem Ausschlussverfahren nur noch der eigene Nutzen als Motivation übrig.
Vollbreit hat geschrieben:Und wo erweist sich die Nützlichkeitserwägung an den Grenzen als hilfreich. 20 haben Spaß den einen zu quälen. Nützlich oder nicht? Warum? 20 wollen feiern, einer schlafen, wie wird entscheiden und warum?

Solche dummen Fragen habe ich dir schon oft genug beantwortet. Du bist nichtmal daran interessiert, nach der Korrektheit deiner Prämissen zu fragen.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Do 25. Apr 2013, 19:56

Vollbreit hat geschrieben:Ja, wenn ich Serienvergewaltiger bin, ist es nützlich, sein Opfer zu töten und in Säure aufzulösen, es schützt vor Entdeckung. Also eine „gute“ Handung? Die egoistische Triebe sind dadurch gestillt und der Serienvergewagtiger kann ja nichts dafür, dass er ist, wie er ist, egoistisch, wie die Natur ihn nun mal zufällig schuf. Alles in Butter?

Nein, der Vergewaltiger ist eine unempathische Variation, eine Ausnahme. Die meisten verhalten sich anders. Und nur darum geht es mir: Zu beschreiben, wie sich etwas verhält. Einem solchem Menschen könntest du auch durch Moral und Ethik nicht davon abhalten so zu handeln, wie er es tut. Wieder ein Hinweis darauf, dass nur der Wille und die geistigen Vorraussetzungen entscheiden, wie man sich verhält.
Vollbreit hat geschrieben:Die Reziprozität liegt zwar (aber auch das nicht zwingend) ein wenig im Wesen des Utilitarisms, aber keinesfalls im Wesen des Egoismus. Egoismus und Utilitarismus schließen einander in den allermeisten Fällen kategorisch aus, die Überlappungen sind eher gering.
Egoismus bedeutet: Erst komme ich, dann die anderen.
Utilitarimus bedeutet: Das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl. Wenn ich nicht dabei bin, sollte ich zurückstecken.

Du hast wohl nicht verstanden, was Reziprozität bedeutet und wie sie angewandt wird. Die obigen Erläuterungen sollten ausreichen, werden es wohl aber nicht, da du dich weigerst, zu denken.
Vollbreit hat geschrieben:Hier beginnen aber erst die Fragen, die Du nicht erkennst: Ist jede Art von Glück gleich gut?

Die Fragen sind mir bekannt, die Antwort hat dir schlichtweg nicht gepasst. Abgesehen davon habe ich nach Priorität gefragt, nicht danach, ob etwas "gut" ist. Das ist nämlich nicht näher definiert, eine Priorisierung kann man aber sofort identifizieren.
Vollbreit hat geschrieben:Wenn ich glücklich werde, wenn ich jemanden erschießen kann und der anderen unglücklich ist, weil er nicht erschossen werden will, wer hat mehr Recht und warum?

Und was ist Recht? Wieder eine unbeantwortete Frage, etwas, dass du einfach vorraussetzt, vorweg definierst, nicht hinterfragst. Wie die meisten es bei dem reziproken Gedanken nicht tun und deswegen den darin steckenden Egoismus nicht erkennen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Auf einer zufälligen Festlegung? Wieso können denn dann die Menschen irgendwie eine Logik und keine Willkür in dieser Festlegung erkennen (selbst die, die diese Philosophie nicht teilen)?
In welcher? Andere deshalb gut zu behandeln, weil man selbst gut behandelt werden will? Nun, Empathie, wie wär's damit? Empathie ist allerdings nur ein dahingeworfenes Wort, mit unterschiedlichen Bedeutungsumfang. Also muss begründet werden. „Ich bin ein empfindendes Wesen. Manche Empfindungen nehme ich als freudvoll, lustvoll wahr, andere als leidvoll. Ich sehe andere Wesen. Die Verhalten sich so ähnlich wie ich. Die könnten deshalb auch so sein wie ich. Ich könnte sie fragen, ob sie ähnliche Empfindungen haben wie ich, dann habe ich größere Gewissheit. ...“ Und so weiter. (Tatsächlich ist die Wurzel eine andere und der Wissenstransfer ist impliziter, aber es ist hier nicht nötig, das anders darzustellen.) Wenn ich dann erfahre, dass andere im Grunde so sind wie ich. Dass sie Schmerz, Leid und Angst empfinden und es mir nicht gut geht, wenn ich Schmerz, Leid und Angst empfinde, warum sollte ich dann andere so behandeln dürfen, dass sie Schmerz., Leid oder Angst empfinden? Welches Recht habe ich dazu? Habe ich überhaupt das Recht dazu? Wann ja, wann nicht und warum? So geht das.

Darauf spare ich mir die Antwort, hättest du verstanden, was ich eigentlich geschrieben habe, hättest du das nicht geschrieben als angeblichen Gegenentwurf zu meinen Aussagen.
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ich habe durchaus vor, dem Gegenüber einen Anreiz zu verschaffen, wenn ein Ausnutzen nicht möglich ist oder eher langfristig Schaden verursachen könnte.
ich sage ja, Du bemerkst es nicht. Hier bist Du komplett vernagelt.. Völlig hoffnungslos.

Ausnutzen ist es, wenn man dem Gegenüber keinen Nutzen verschaffen will und es auch nicht braucht. Wenn man einen Nutzen verschafft, während man dabei Nutzen erhält (was das eigentliche Ziel ist), ist es Kooperation. Man kooperiert, wenn man den eigenen Nutzen sichern will, da man sich seltener sicher ist, dass das Ausnutzen konsequenzenfrei bleibt. Der Unterschied ist der Nutzen für das Gegenüber. Nichts anderes habe ich geschrieben. Sage mir, was ich falsch definiert habe, dann können wir überhaupt weitermachen, aber wenn du mir nur sagst, dass ich etwas falsch mache, sind wir in einer Sackgasse (oder genauer du in deiner Argumentation. Etwas passt dir mal wieder nicht, dein emotionaler Widerpsruch erleubt es dir nicht, deinen Fehler zu erkennen, aber rhetorisch hast du dem nichts mehr entgegenzusetzen. Du wirst dann bockig und unterstellst mir alles mögliche, ohne aufzuzeigen, wo der Fehler ist. ).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich dem gegenüber nützlich bin, kann es mir auch nützlich sein.

Darth, das versteht jeder.
Du wohl leider nicht.
Vollbreit hat geschrieben:Aber was ist, wenn der andere mir nützlich ist, ich ein Egoist und der andere nichts davon hat, dass ich ihn ausnutze?

Nutzen und ausnutzen sind zwei Paar Schuhe. Ich verstehe auch nicht, was deine Frage soll. Wenn es so ist, ist es so. Du hast einen Glücksfall, da du keine Gegenleistung erbringen musst, um Nutzen zu erhalten. Oder du bist einfach nur dämlich, da du dir künftige Kooperationen verbaust, da der Ausgenutzte nicht erneut in diese Lage geraten wollen wird. Also muss aus praktischer Erwägung meist ein Nutzen für den Genutzten Nicht den Ausgenutzte) zum Anreiz generiert werden.
Vollbreit hat geschrieben:Hier beginnen überhaupt erst ethische Fragen, alles andere ist doch überhaupt kein Problem.

Nein, hier beginnen viele dumme Auswüchse aus dem Negieren des egoistischen Willens und einer falsch interpretierten Empathie. Warte, das ist ja äquivalent. :mg:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:So funktioniert Kooperation: Beide nutzen sich gegenseitig, aber eben nicht aus. Da ist kein Widerspruch, wenn du genauer liest.

Es nutzen sich aber nicht immer alle gegenseitig. Es ist nicht alles Kooperation. Ich halte Dir eine Knarre an den Kopf und verspreche Dir, Dich nicht zu erschießen, wenn Du mir all Dein Geld gibst. Da hätten wir doch supernützlich kooperiert. Du lebst, willst Du ja, ich hab Geld, wollte ich ja. Aus utilitaristischer Sicht doch kein Problem , oder?

Nun, du gibst mir immerhin auch die Wahl zu sterben und dir kein Geld zu geben, welches du dir ohnehin nehmen könntest. Das bedeutet, dass du es bevorzugen würdest, mein Geld zu bekommen, ohne mich zu töten. tatsächlich wäre eigentlich das Verhandeln und Bedrohen eine Zeitverschwendung, da du warten müsstest, bis ich das Geld raushole, mir extra sagen musst, was du willst. Das kostet alles mehr Zeit als mich hinterrücks zu erschießen und dir das Geld zu holen. Ich habe aber wiederum die Möglichkeit, dich zum Mörder werden zu lassen und dir zu sagen, dass du wegen der paar Euro nicht in den Knast für 20 Jahre willst (was ja auch allem Anschein nach überhaupt erst dein Antroeb ist, mich nicht sofort abzuknallen. An mein Geld könntest du so oder so rankommen. Aber du hast Schiss, erwischt zu werden).
Insofern ist das Bedrohen mit der Waffe unlogisch und zu risikobehaftet, zu schädlich in den Konsequenzen für den Räuber. Er kann lediglich hoffen, dass sein Opfer genug Angst hat, um die Unlogik nicht zu erkennen. Jedoch ist das keine langfristig nützliche Strategie. Insofern unpraktikabel für einen intelligenten Utilitaristen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Zum einen werde ich nie einen Fuß in diese Dritte-Welt Länder setzen, wo ich diesen exotischen Arten von Tod begegnen könnte, zum anderen geht es ja nicht darum, diese Möglichkeiten alle auf einmal zu beseitigen. Die Angst vor dem Tod wird dadurch kontrollierbar, dass man einen stufenweisen Plan aufstellt, die Sterblichkeiten einzeln auszuschalten. Das bedeutet: Zuerst muss ich mir die wahrscheinlichsten Möglichkeiten zu sterben vornehmen: Herzkreislauf, Krebs, Altern, dann physische Einwirkung (also Autounfälle und dergleichen). Dann kann ich mich um den Rest kümmern.
Ein Lebensansatz der die größtmögliche Anzahl an Enttäuschungen kombiniert. Naja, Dein Bier.

Die Anzahl an Enttäuschungen ist nicht relevant, die Qualität ist entscheidend. Es gibt genug andere Orte, die wunderschön sind und dennoch nicht so gefahrenreich. Der Unterschied besteht in der Zivilisation. Die Enttäuschung, die ich durch so ein Vorgehen vermeide ist die über meinen Willen. Ich kann so zumindest nicht von mir behaupten, ich hätte es nicht versucht. Aber andere kommen dann in die Lage der Midlife-Crisis und stellen erst dann fest, dass ihr Wille zu schwach war, dass sie weniger geleistet haben als sie wollten, nur weil sie zu viel Schiss hatten, etwas zu riskieren, sich anzustrengen. Dieser großen Enttäuschung durch sich selbst entgehe ich. Ich habe zum einen genug Erfahrungen durch meinen Geburtsort gemacht, auf wieviele Arten man sterben könnte. Nicht jeder Tag muss ein Pokerspiel sein, in dem man nur unverschämtes Glück braucht, um zu überleben. Ich werde mein Glück nicht weiter auf die Probe stellen als ich es nicht schon tun musste und mich nur noch innerhalb Europas bewegen, dem zivilisierten Teil Europas.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und warum sollte mir Willkür und Unberechenbarkeit grundsätzlich Angst machen? Weil sie potentiell schädlich/tödlich sein kann. Also habe ich nicht Angst vor Willkür,sondern vor dem potentiellen Schaden.
Nö, vor Kontrollverlust. Das merkst Du dann, wenn Du mal unter etwas leidest, was nicht tödlich ist. Aktuell kannst Du das aber nicht sehen oder verstehen.

Ich habe noch nie unter etwas gelitten, dass durch Kontrollverlust verursacht wurde und nicht schädlich war. Wäre dem so, könnte ich mich auch nicht über zufälliges Glück, Geschenke des Lebens feuen (da ich keine Kontrolle über sie habe). Das tue ich aber durchaus. Deine Unterstellung ist schlichtweg falsch und ermüdend. Falls du dich als Therapeut versuchst, bist du kläglich mit der Diagnose gescheitert. Kontrolle ist ohnehin nur eine Illusion. Ich kann lediglich versuchen, mich anzupassen, die Folgen richtig abzuschätzen und die Gelegenheit ergreifen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Was ist denn an einem Wunsch, die Defizite seines Körpers überwinden zu wollen irrational? Wieso ist man ein Strohmann, wenn man das als rational betrachtet?
Gar nichts. Er ist zutiefst rational. Nur eben die Ausgeburt eine idealen Welt, in der alles kontrollierbar, reparierbar und so weiter ist.

Etwas theoretisch reparieren zu können bedeutet nicht, dass man von tatsächlicher Kontrolle ausgeht. Kontrolle bedeutet, dass ich praktisch davon ausgehe, dass ich ganz sicher erreiche, was ich will. Wenn ich jedoch von der grundsätzlichen Möglichkeit rede, alles, was nicht tot ist, reparieren zu können (und genauer auch nur dem Wunsch!), so bedeutet es nicht, dass man dies tatsächlich schon kann oder immer könnte. Dumme Unwägbarkeiten gibt es immer. Und eigentlich hätte ich dir das gar nicht schreiben müssen, da ich dies diverse male in anderer Art formuliert habe. Ich ging nie von Kontrolle aus, ich rede von Antizipation, nicht sicherem Wissen, ich rede vom Wunsch, nicht von der grundsätzlichen Fähigkeit. Deine Vermutung passt hinten und vorne nicht.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Fr 26. Apr 2013, 08:55

Darth Nefarius hat geschrieben:Und deswegen fällt schon das Kartenhaus wie der Buddhismus in sich zusammen: Die vorangehenden Prämissen sind unlogisch, irrational, ohne Hinweise gesetzt.
Hier liegt das Problem: Du weißt nicht, was Prämissen sind. Prämissen sind nicht unlogisch, die Schlüsse aus Prämissen können unlogisch sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:Zusammengefasst: Das Vorgehen ist zum einen unlogisch, da die Prämissen nicht einleuchten und defizitär sind, zum anderen, da für weiteres Vorgehen die Anhaltspunkte für die Deutung eines göttlichen Willens fehlen.

Für 6 von 7 Milliarden Menschen sind sie offensichtlich = empirisch verifiziert, Grund genug. Die Menschen wollen das so, da Menschen ja Egoisten sind und das machen, was wie wollen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Zudem widerstrebt das Menschenbild von Schicksal und Gut und Böse völlig dem Versuch, andere bekehren zu wollen/zu müssen.
Eigentlich nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Drittens spielt ohnehin nur das Jenseits eine Rolle, also ist jede Interaktion und der Versuch einer Säuberung überhaupt nicht nötig.

Das sieht jede Religion etwas anders.

Darth Nefarius hat geschrieben:Viertens: Wenn man an den ganzen Hokus Pokus der jeweiligen Religion konsequent glaubt, so müsste einem doch klar sein, dass Gott seine Genozide und Morde selbst erledigt, wenn ihm etwas nicht passt. Wozu also die Mühe? Wenn Gott will, dass du deinen Erstgeborenen abstichst, wird er es dich schon noch wissen lassen. :gott:

Deine Argumentation läuft darauf hinaus, dass man die Prämissen nicht glauben muss. Das war aber bereits klar. Worum es geht, ist, dass Logik (aus Prämissen Schlüsse zu ziehen) erst relevant wird, wenn man Prämissen akzeptiert hat. Dann allerdings ist auch die Argumentation eines Selbstmordattentäters logisch = folgerichtig, nach wie vor.
Die Prämissen muss man nicht akzeptieren, das stimmt, aber wenn man es tut, ist das was folgt nicht unlogisch.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ach so, folgerichtig entscheiden für dich andere, was du zu glauben hast, wenn nicht du selbst?! Was ist denn die Motivation, sich für das eine oder das andere zu entscheiden? Etwa nicht, ob wir selbst es für richtig halten oder wollen? Wie entscheidest du denn? Entscheidest du überhaupt oder tun das doch andere? Und wie entscheiden wohl die? Meinst du, sie würfeln, werfen eine Münze? Dass sich Philosophien, Ideologien und Glaube unterscheiden ist richtig, ich habe auch nichts Gegenteiliges geschrieben.
Wer reflexiv zu denken in der Lage ist, entscheidet in der Regel freiwillig, auf dem Boden der von ihm gebilligten Prämissen. Diese sind eine Mischung aus biologischen Gegebenheiten, gesellschaftlicher Prägung verschiedener Art (nicht nur typischen Rollenmuster) und später Reflexionen über diese Rollen und eigene Schlüsse, Erfahrungen und so weiter. Durch meine kulturellen Prägungen bin ich eingebunden in die Vorgaben meiner Gesellschaft und habe diese verinnerlicht, wenn man so will sind Biologie und Prägung unfreiwillig.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die reziproke Argumentation, manifestiert in der goldenen Regel, welche für viele Ethiker das Maß der Dinge ist, hat nur dann eine Bedeutung, wenn vorausgesetzt wird, dass wir gut behandelt werden wollen. "Handle stets so, wie du es von anderen erwatest.", aber was erwarte ich, was will ich? Diese Fragen scheinen selbstverständlich beantwortet zu sein (letztlich sind sie das intuitiv, aber eben nicht ausgesprochen): Ich will, dass die Menschen mich gut behandeln, mir nützlich sind.
Ja, das ist Weltbild eines dreijährigen Kindes oder eines narzisstischen Erwachsenen.
Äh, nein. Kant baut seinen ganzen Mist auf diesem Gedanken auf.
Vergiss es.

Darth Nefarius hat geschrieben:Seine nicht ganz falsche Idee war schließlich aus praktischer Erwägung heraus, eine für alle einsehbare Ethik zu entwickeln, eben auch für Kinder.
Kants kategorische Imperative stehen stehen deshalb in der „Kritik der praktischen Vernunft“, weil Ethik in den Bereich der praktischen Philosophie fällt. Eine Regel wendet sich nicht selbst an, sie muss im Alltag gelebt = interpretiert werden. Du weißt allerdings nicht mal was Ethik ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist ein nachvollziehbarer Gedanke bei einer so fundamentalen Frage, wie man denn handeln will/soll. Wie soll man als einfacher Mensch überhaupt entscheiden, wenn man dafür komplizierte Gedankengänge formulieren muss? Die Idee war, die Moral und Ethik zu Ent-aristokratiseren. Deswegen mussten Ethiken (zumindest diejenigen, die sich auch heute noch einiger Beliebtheit erfreuen) für die breite Masse zugänglich sein, deswegen simpel.
Ethik ist alles andere als simpel. Kant folgt einfach der Linie, dass das freie Individuum selbst die Verantwortung für eine Entscheidung hat. Weg von der Moral, die allen konkret sagt, was gut und richtig ist und somit die Verantwortung delegiert, steht hier das Individuum in der Pflicht und Verantwortung – und gewinnt gerade dadurch seine Freiheit.

Darth Nefarius hat geschrieben:Abgesehen davon teile ich diese Einstellung nicht, da Reziprozität eine Annahme ist und keine Verpflichtung des Gegenübers. Es bedarf eines Anreizes, eines Nutzens für das Gegenüber, um aktiv zu werden. Also muss man verhandeln, eventuell bestechen. Manchmal ist aber auch jemand dumm genug, dass man ihn ausnutzen kann ohne negative Konsequenzen, aber solche Glücksfälle sind seltener.


Kant zielt auf die Gesellschaft ab, nicht auf das direkte Gegenüber. Er ist damit in seiner Einstllung wesentlich utilitaristischer, als Du ahnst.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Die ethische Wendung geht übrigens so: „Da ich gut behandelt werden möchte (hier hat Du gewissermaßen Dein „natürliches“, egoistisches Empfinden), sollte ich andere auch gut behandeln.“ Hier beginnen dann die Abzweigungen.
Wo soll der Unterschied sein? Ich habe mich lediglich daran versucht, den Wortlaut Kants eher wiederzugeben. Es ist beides die gleiche reziproke Aussage. Und abgesehen davon frage ich mich, wieso das nicht Ethik für 3-Jährige sein soll?
Auf dem Boden der Ethik geht man in Vorleistung. So kann man überhaupt etwas wie Würde anerkennen, auf derjenigen, von denen man nichts hat (= keinen egoistischen Nutzen). Du fragst: Was bringt mir der andere? Falls nichts, interessiert er Dich nicht mehr. Das Du den Unterschied nicht erkennst ist klar.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ja, wenn ich Serienvergewaltiger bin, ist es nützlich, sein Opfer zu töten und in Säure aufzulösen, es schützt vor Entdeckung. Also eine „gute“ Handung? Die egoistische Triebe sind dadurch gestillt und der Serienvergewagtiger kann ja nichts dafür, dass er ist, wie er ist, egoistisch, wie die Natur ihn nun mal zufällig schuf. Alles in Butter?
Nein, der Vergewaltiger ist eine unempathische Variation, eine Ausnahme.

Na und? Atheisten sind auch eine Ausnahme. Philosophische Argumentationen richten sich zudem nicht nach der Mehrheit.
Deshalb die Frage nochmal bei der Du gekniffen hast: 20 haben Spaß am quälen, einer nicht. Wer hat die Nützlichkeit auf seiner Seite und warum?

Darth Nefarius hat geschrieben:Und nur darum geht es mir: Zu beschreiben, wie sich etwas verhält.
Spricht ja nichts dagegen das zu machen. Nur leitest Du daraus dann moralische Forderungen ab und das ist ein naturalistischer Fehlschluss. Die meisten Tageszeitungsleser, lesen die Bild-Zeitung, also ist es nützlich die Bild-Zeitung zu lesen. Gilt nicht? Dann gilt: Die meisten sind keine Serienvergewaltiger, also ist es nützlich kein Serienvergewaltiger zu sein auch nicht. In beiden Fällen ist die argumentative Struktur (die keine ist, da es sich um einen naturalistischen Fehlschluss handelt) gleich. Die meisten Menschen sind religiös, was beweist, dass es nützlich ist religiös zu sein, wäre der nächste Bruder in der Reihe.
Ganz deskriptiv und logisch, würdest Du sagen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Die Reziprozität liegt zwar (aber auch das nicht zwingend) ein wenig im Wesen des Utilitarisms, aber keinesfalls im Wesen des Egoismus. Egoismus und Utilitarismus schließen einander in den allermeisten Fällen kategorisch aus, die Überlappungen sind eher gering.
Egoismus bedeutet: Erst komme ich, dann die anderen.
Utilitarimus bedeutet: Das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl. Wenn ich nicht dabei bin, sollte ich zurückstecken.
Du hast wohl nicht verstanden, was Reziprozität bedeutet und wie sie angewandt wird. Die obigen Erläuterungen sollten ausreichen, werden es wohl aber nicht, da du dich weigerst, zu denken.

Lies wiki, die ersten beiden Sätze reichen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Utilitaris ... n_Egoismus

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Hier beginnen aber erst die Fragen, die Du nicht erkennst: Ist jede Art von Glück gleich gut?

Die Fragen sind mir bekannt, die Antwort hat dir schlichtweg nicht gepasst. Abgesehen davon habe ich nach Priorität gefragt, nicht danach, ob etwas "gut" ist. Das ist nämlich nicht näher definiert, eine Priorisierung kann man aber sofort identifizieren.
Falsch, es geht um Werte, also um gleich gut.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn ich glücklich werde, wenn ich jemanden erschießen kann und der anderen unglücklich ist, weil er nicht erschossen werden will, wer hat mehr Recht und warum?
Und was ist Recht? Wieder eine unbeantwortete Frage, etwas, dass du einfach vorraussetzt, vorweg definierst, nicht hinterfragst. Wie die meisten es bei dem reziproken Gedanken nicht tun und deswegen den darin steckenden Egoismus nicht erkennen.

Sophistereien, damit Du Dich drücken kannst. Langweilig.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ausnutzen ist es, wenn man dem Gegenüber keinen Nutzen verschaffen will und es auch nicht braucht. Wenn man einen Nutzen verschafft, während man dabei Nutzen erhält (was das eigentliche Ziel ist), ist es Kooperation. Man kooperiert, wenn man den eigenen Nutzen sichern will, da man sich seltener sicher ist, dass das Ausnutzen konsequenzenfrei bleibt.
Und wenn man sich sicher ist, weil man den anderen in der Hand hat, ist es demzufolge legitim ihn auszunutzen. Egozentrik ohne jede Schranke, ohne dass der andere erkannt wird, respektiert wird, eine Rolle spielt. Scheinbar Deine empathische Lesitungsgrenze.

Darth Nefarius hat geschrieben:Der Unterschied ist der Nutzen für das Gegenüber. Nichts anderes habe ich geschrieben. Sage mir, was ich falsch definiert habe, dann können wir überhaupt weitermachen, aber wenn du mir nur sagst, dass ich etwas falsch mache, sind wir in einer Sackgasse (oder genauer du in deiner Argumentation. Etwas passt dir mal wieder nicht, dein emotionaler Widerpsruch erleubt es dir nicht, deinen Fehler zu erkennen, aber rhetorisch hast du dem nichts mehr entgegenzusetzen. Du wirst dann bockig und unterstellst mir alles mögliche, ohne aufzuzeigen, wo der Fehler ist. ).

Andere Menschen spielen in Deiner „Ethik“ nur die Rolle von Nützlingen oder Schädlingen, für Dich. Das ist reiner Narzissmus, womit Du kein Problem hast, da Du keinerlei Ahnung von dem pathologischen Gehalt des Narzissmus hast. Dir kommt da auch nichts „komisch“ vor, zumal es in sich folgerichtig ist, wie eben ein Selbstmordattentäter auch folgerichtig argumentiert. Beim Selbstmordattentäter erkennst Du die Fragwürdigkeit der Prämissen, doch Du schaffst es nicht die Fragwürdigkeit Deiner Prämissen in den Blick zu bekommen. Du denkst: Wieso, wenn mir einer nützt, dann bin ich doch nett und wenn ich nett bin nützt es dem doch auch? Soweit ist das 3 Eier für 1 Euro, alles in Butter. Schlicht, aber okay. Ethisch relevant wird die Frage, was mit dem ist, der Dir nichts nützt. Hier verstehst Du vermutlich noch nicht mal, warum Du Dich mit jemandem abgeben solltest, der Dir nichts nützt, tut doch (Deinem unhinterfragten Dogma folgend) niemand, schließlich sind alle Menschen Egoisten.
Selbst wenn das so wäre (es ist nicht so, Batson hat den psychologischen Egoismus widerlegt, Du hast ihn aber nicht intellektuell durchdrungen), d.h. dies ein deskriptives Faktum wäre (was es nicht ist), wäre es immer noch eine andere Frage, ob man es wollen sollte (die Frage der Ethik) und der Verweis darauf, dass es doch so ist, kapituliert vor der Möglichkeit des Sollen-Könnens. Heißt, der Mensch kann nicht anders, als er ist.
Die einzige Antwort, die Dein enges biologistisches Denken noch zulässt, warum man sich um jemanden kümmern sollte, der einem nichts nutzt, ist, dass man sich als großer Gönner sonnen kann. Guck mal der arme Wurm, wie toll bin ich doch, dass ich mich mit ihm abgebe. Ansonsten: Sich um Nutzlose kümmern...??? Wozu? Da fällt Dir nichts ein. Oder inzwischen doch?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:So funktioniert Kooperation: Beide nutzen sich gegenseitig, aber eben nicht aus. Da ist kein Widerspruch, wenn du genauer liest.

Es nutzen sich aber nicht immer alle gegenseitig. Es ist nicht alles Kooperation. Ich halte Dir eine Knarre an den Kopf und verspreche Dir, Dich nicht zu erschießen, wenn Du mir all Dein Geld gibst. Da hätten wir doch supernützlich kooperiert. Du lebst, willst Du ja, ich hab Geld, wollte ich ja. Aus utilitaristischer Sicht doch kein Problem , oder?
Nun, du gibst mir immerhin auch die Wahl zu sterben und dir kein Geld zu geben, welches du dir ohnehin nehmen könntest. Das bedeutet, dass du es bevorzugen würdest, mein Geld zu bekommen, ohne mich zu töten. tatsächlich wäre eigentlich das Verhandeln und Bedrohen eine Zeitverschwendung, da du warten müsstest, bis ich das Geld raushole, mir extra sagen musst, was du willst. Das kostet alles mehr Zeit als mich hinterrücks zu erschießen und dir das Geld zu holen. Ich habe aber wiederum die Möglichkeit, dich zum Mörder werden zu lassen und dir zu sagen, dass du wegen der paar Euro nicht in den Knast für 20 Jahre willst (was ja auch allem Anschein nach überhaupt erst dein Antroeb ist, mich nicht sofort abzuknallen. An mein Geld könntest du so oder so rankommen. Aber du hast Schiss, erwischt zu werden).
Insofern ist das Bedrohen mit der Waffe unlogisch und zu risikobehaftet, zu schädlich in den Konsequenzen für den Räuber. Er kann lediglich hoffen, dass sein Opfer genug Angst hat, um die Unlogik nicht zu erkennen. Jedoch ist das keine langfristig nützliche Strategie. Insofern unpraktikabel für einen intelligenten Utilitaristen.

Das ist gut argumentiert und geeignet ein prinzipielles Gegenargument gegen alle asymmetrischen Bedrohungsszenarien zu sein. Aber die werden angewandt und wirken.
Aber Deine Argumentation hat einen prinzipiellen Haken. Denn die Zeitverschwendung liegt in der Verhandlung, darin, dass ich mich nicht traue dich zu erschießen und maximalegoistisch, gleich Nägel mit Köpfen zu machen. Das heißt höchste Aggression bei Nullkooperation wäre besser = nützlicher. Einwände?

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Anzahl an Enttäuschungen ist nicht relevant, die Qualität ist entscheidend. Es gibt genug andere Orte, die wunderschön sind und dennoch nicht so gefahrenreich. Der Unterschied besteht in der Zivilisation.
Hattest Du nicht gesagt, Kultur wird überschätzt? Hattest Du.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 26. Apr 2013, 16:59

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und deswegen fällt schon das Kartenhaus wie der Buddhismus in sich zusammen: Die vorangehenden Prämissen sind unlogisch, irrational, ohne Hinweise gesetzt.
Hier liegt das Problem: Du weißt nicht, was Prämissen sind. Prämissen sind nicht unlogisch, die Schlüsse aus Prämissen können unlogisch sein.

Habe ich schon zig mal gesagt: Eine Annahme ist eine Prämisse. Auch an Prämissen kann ich Anfroderungen stellen. Das Beispiel in Wikipedia war doch ganz gut:
"Sind die Prämissen in einem gültigen Schluss wahr , muss auch die Konklusion wahr sein. Ein Beispiel hierfür ist der obengenannte Schluss, dass aus „Alle Menschen sind sterblich“ und „Sokrates ist ein Mensch“ folgt „Sokrates ist sterblich“. Das Umgekehrte gilt jedoch nicht: Sind die Prämissen (oder einige der Prämissen) falsch, gilt nicht notwendigerweise, dass die Konklusion falsch ist. Beispielsweise folgen aus „Alle Menschen sind Griechen“ und „Sokrates ist ein Mensch“ der Satz „Sokrates ist Grieche“. Hier ist eine Prämisse falsch, dennoch ist die Konklusion wahr." (unterstrichen von mir)
Die Prämisse kann also auch nichts taugen, folglich haben wir Kriterien, sie auszuwählen. Prämissen sind letztlich keine vollsttändigen Konklusionen, dennoch haben sie im Praktischen einen ähnlichen Charakter. Das bedeutet, wir leiten auch Prämissen her und setzen sie nicht willkürlich. Was wiederum die "Prä-prämissen" sind, ist dann interessant: Ist es ein Wunsch (wie beim religiösen Wunschdenken), ist es eine Beobachtung oder wieder was anderes. Die Qualität einer Prämisse kann ich somit bewerten, was ich auch getan habe. Wenn die Prämisse nichts taugt, sind alle darauf basierenden Konklusionen wertlos.
Vollbreit hat geschrieben:Für 6 von 7 Milliarden Menschen sind sie offensichtlich = empirisch verifiziert, Grund genug. Die Menschen wollen das so, da Menschen ja Egoisten sind und das machen, was wie wollen.

Wieder eine falsche Prämisse: Die meisten Menschen wählen nicht nach empirischer Verifizierbarkeit, sondern nach Wunsch. Und auch wenn das so ist, so bestimmt nicht die Masse, was logisch, wahr ist oder eine Tatsache. Wahrheit ist keine Sache der Demokratie, da kannst du deinen Kopf noch so oft gegen die Wand hämmern.
Vollbreit hat geschrieben:
darth Nefarius hat geschrieben:Zudem widerstrebt das Menschenbild von Schicksal und Gut und Böse völlig dem Versuch, andere bekehren zu wollen/zu müssen.

Eigentlich nicht.

Doch natürlich: Wenn jemand böse geboren wurde, ohne die Gnade Gottes die Eltern mit der richtigen Religion zu besitzen, ist er von Grund auf schlecht und landet in der Hölle. Dantes Vorstellungen waren da beispielhaft: Ein Kreis der Hölle ist für die tugendhaften Nicht-Gläubigen reserviert, der nächste für eigentlich unschuldige, aber eben nicht getaufte Totgeburten, usw...
Es bedeutet also, dass manche grundsätzlich zum Verdammten geboren sind, nach Vorstellung der Religionen. Denn wieso landen sie sonst in der Hölle, wenn sie eigentlich nichts zu verschulden haben, außer Pech (=Schicksal) gehabt zu haben?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Drittens spielt ohnehin nur das Jenseits eine Rolle, also ist jede Interaktion und der Versuch einer Säuberung überhaupt nicht nötig.

Das sieht jede Religion etwas anders.

Die Religionen, die Selbstmordattentäter hervorbringen (von denen du reden wolltest) sehen es genau so.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Viertens: Wenn man an den ganzen Hokus Pokus der jeweiligen Religion konsequent glaubt, so müsste einem doch klar sein, dass Gott seine Genozide und Morde selbst erledigt, wenn ihm etwas nicht passt. Wozu also die Mühe? Wenn Gott will, dass du deinen Erstgeborenen abstichst, wird er es dich schon noch wissen lassen. :gott:

Deine Argumentation läuft darauf hinaus, dass man die Prämissen nicht glauben muss.

Wieso? Hier gehe ich doch von der Prämisse aus und versuche logische Konklusionen zu formulieren, du gehst lediglich nicht auf sie ein.
Ich habe eben beides gemacht: Zum einen erklärt, wieso die Prämisse falsch ist, und wieso die auf ihr basierenden Konklusionen fehlerhaft sind, indem ich andere Konklusionen formuliere, die logischer sind (und nicht unüblich für säkularisierte religiöse Argumentation).
Vollbreit hat geschrieben:Das war aber bereits klar. Worum es geht, ist, dass Logik (aus Prämissen Schlüsse zu ziehen) erst relevant wird, wenn man Prämissen akzeptiert hat. Dann allerdings ist auch die Argumentation eines Selbstmordattentäters logisch = folgerichtig, nach wie vor.
Die Prämissen muss man nicht akzeptieren, das stimmt, aber wenn man es tut, ist das was folgt nicht unlogisch.
Du brauchst nur deinen Kopf ein wenig anzustrengen und zu lesen, welche Konklusionen ich formuliert habe, die ich wiederum für logischer halte. Wenn ich Konklusionen formuliert habe, so habe ich doch (zumindest fürs Beispiel) die Prämisse vorerst akzeptiert. Alles, was ich da formuliert habe, sind Konklusionen.
Vollbreit hat geschrieben:Wer reflexiv zu denken in der Lage ist, entscheidet in der Regel freiwillig, auf dem Boden der von ihm gebilligten Prämissen.

Und hast du mal darüber versucht nachzudenken, was die Prämissen sind? Man nennt sie bei der Handlung auch Motive, davor Triebe. Wenn sie einer bestimmten Logik folgen, kann man ihnen eine Tendenz zuschreiben, wie z.Bsp. zum Wohle des eigenen selbst primär handeln zu lassen (wenn es denn so beobachtbar ist). Folglich kann man die Handlungsweise als egoistisch bezeichnen.
Vollbreit hat geschrieben:Diese sind eine Mischung aus biologischen Gegebenheiten, gesellschaftlicher Prägung verschiedener Art (nicht nur typischen Rollenmuster) und später Reflexionen über diese Rollen und eigene Schlüsse, Erfahrungen und so weiter. Durch meine kulturellen Prägungen bin ich eingebunden in die Vorgaben meiner Gesellschaft und habe diese verinnerlicht, wenn man so will sind Biologie und Prägung unfreiwillig.

Erfahrungen und Prägung spielen keine Rolle, wenn die Motive und die Triebe nicht vorhanden sind. Eine Erfahrung gewinnt erst dann einen Wert, wenn du eine bestimmte Tendenz hast, mit ihr umzugehen. Bsp.: Du bist ausgeraubt worden. Das ist deine Erfahrung. Aber eine Erfahrung, ein Wissen, eine Situation, ein Erlebniss verleiten dich nicht zu handeln. Dann kommt der Wille hinzu (welcher eine natürliche Ausprägung im Idealfall hat). Der bewertet und stellt fest, dass du nicht ausgeraubt werden willst (nicht nochmal), dass du deinen Besitz also schützen musst. Usw. Erfahrung und kulturelle Prägung bieten keine Tendenz zur Handlung, der egoistische Wille entscheidet auf deren Grundlage, wie es weitergeht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Äh, nein. Kant baut seinen ganzen Mist auf diesem Gedanken auf.

Vergiss es.

Gut, dann eben nachgewiesen:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

– Immanuel Kant: AA IV, 421[3]
(Aus Wikipedia, für jeden nachlesbar)
Bezeichnend ist "durch die DU zugleich wollen kannst..."Das bedeutet, es hämgt vom eigenen Willen/Wunsch ab. "allgemeines Gesetz" bedeutet, dass wir wieder die Möglichkleit der reziproken Handlung zulassen. Also, dass dieses Gesetz auch für einen selbst gilt. Aber wenn keine Tendenz zum Egoismus besteht, verliert dieser Satz seine Bedeutung: Wenn ich kein Egoist bin, kann ich auch wollen, dass alle sich einen Nagel in den Arsch hämmern, ich habe dann schließlich auch kein Problem damit, dass man mir einen in den Arsch hämmert, wenn ich kein Egoist bin und nicht meinen Arsch schützen will. Es wird wieder willkürlich, was man eigentlich will. Wenn der Wille nicht schon per se als nützlichkeitsorientiert (und zwar für einen selbst!) ist, und man dies als eigentliche Prämisse vorweg nimmt, hat dieser Satz keine filternde Wirkung für beliebige Szenarien und Forderungen. Erst durch den Egoismus wird dieser Ausruf mehr oder weniger nützlich und logisch.
Und simpel ist diese Ethik allemal, die weiteren Ausführungen sind nur Beiwerk, vermeindliche Belege, Beispiele, Herleitungen, Kategorisierungen. Die Kernaussage ist einfach. Ich hatte einen guten Philosophielehrer, der in den Klausuren gefordert hat (egal ob es um Kant, Heidegger, Schopenhauer oder sonstwen ging), dass bei all den Texten, die wir bekommen, trotzdem die Grundaussage auf kaum mehr als einer Seite zusammenfassen sollen. Alles andere ist unnötig für den Kern. Auch in meiner mündlichen Abiprüfung hatte ich nicht genug Zeit, um ausführliche Bücher zu schreiben, um den Kern zu verstehen und zu formulieren reichen 20 Minuten und ein Blatt Papier. Alles weitergehende ist nur noch Beiwerk, Kunst, aber auch oft Geschwätz.
Vollbreit hat geschrieben:
Kant zielt auf die Gesellschaft ab, nicht auf das direkte Gegenüber. Er ist damit in seiner Einstllung wesentlich utilitaristischer, als Du ahnst.

Da besteht kein Unterschied. Die Kollektivintelligenz der Gesellschaft übersteigt nicht die Intelligenz eines Durchschnittsmenschen in politischen, gesellschaftlichen, ethischen Entscheidungen. Eine Analogie zum Vorgehen: Wenn ich eine DNA-Sequenz mit denen in Datenbanken vergleichen will, so ist es nicht unüblich eine Phantomsequenz/eine Durchscnittssequenz zu formen, mit der man wieder eine andere Sequenz vergleicht. Die Masse wird also reduziert auf ein Individuum; genauso kann man auch mit der Gesellschaft umgehen: Ich kann sie zu einem Kooperator reduzieren. Dadurch wird man nicht mehr oder weniger utilitaristisch als vorher.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 26. Apr 2013, 17:00

Vollbreit hat geschrieben:Auf dem Boden der Ethik geht man in Vorleistung. So kann man überhaupt etwas wie Würde anerkennen, auf derjenigen, von denen man nichts hat (= keinen egoistischen Nutzen). Du fragst: Was bringt mir der andere? Falls nichts, interessiert er Dich nicht mehr. Das Du den Unterschied nicht erkennst ist klar.

Deine Formulierung geht also in Vorleistung???? Hier nochmal:
„Da ich gut behandelt werden möchte (hier hat Du gewissermaßen Dein „natürliches“, egoistisches Empfinden), sollte ich andere auch gut behandeln.“
Das hast du formuliert, als Gegenmodell zu meinem, mit der Aussage "Die ethische Wendung geht übrigens so" vorgeschaltet.
Ich habe darauf verwundert gefragt, was denn der Unterschied zu meiner Aussage sein soll. Ich erkenne bei deiner Formulierung nicht, wo da die Vorleistung sein soll, unterstreiche sie ggf.. Ich lese nur am Anfang "Da ich gut behandelt werden möchte..." Ist das etwa nicht egoistisch motiviert???
Abgesehen davon steht nirgends, dass ich in Vorleistung gehen muss, wenn ich Ethik anwenden will. Und über Würde könnte man jetzt auch wieder mal ewog diskutieren, ein schwammiger, unterschiedlich verstandener Begriff. Purer Blödsinn, was du schreibst (und auch noch inkonsequent).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Nein, der Vergewaltiger ist eine unempathische Variation, eine Ausnahme.


Na und? Atheisten sind auch eine Ausnahme. Philosophische Argumentationen richten sich zudem nicht nach der Mehrheit.
Deshalb die Frage nochmal bei der Du gekniffen hast: 20 haben Spaß am quälen, einer nicht. Wer hat die Nützlichkeit auf seiner Seite und warum?

Man, es ist schon erstaunlich, wie weit du dich weigerst, zu lesen und zu denken: Meine Aussagen sind deskriptiv, die Konklusionen basieren auf dem, was beobachtet wird: Es wird beobachtet, dass den meisten Menschen die egoistischen und empathischen Eigenschaften reichen, dann gibt es noch Vergewaltiger, denen du aber auch mit Ethik nicht beikommst. Da gibt es kein "Na und?". Die Absicht war, die funktionierende Realität zu beschreiben, die beinhaltet eben auch Sadisten und Vergewaltiger, allerdings in Minderheit. Und auch alle Ethiken der Welt haben nichts daran geändert.
Folglich würde die Welt also nicht schlechter ohne Ethik und Moral aussehen, da bereits für die Realität lediglich die Berufung auf Empathie und nützlichkeitsdenkendem Egoismus ausreicht. Ethik und Moral bieten lediglich Vorwände, folglich könnte die Welt sogar besser ohne Vorwände aussehen, wenn jeder klar formuliert, was er beabsichtigt.
Vollbreit hat geschrieben:Spricht ja nichts dagegen das zu machen. Nur leitest Du daraus dann moralische Forderungen ab und das ist ein naturalistischer Fehlschluss.

Ich habe keine moralischen Forderungen, ich habe gar keine Forderungen abgeleitet, nur Vorschläge oder Wege, die für mich einleuchtender erscheinen, für die ich mich entschieden habe. Ich biete meinen Gedankengang an und wer will, kann ihn nachvollziehen und sich auch für ihn entscheiden oder auch nicht. Es gibt keine Forderung, nur Konsequenzen, die man aus der Beobachtung, der Beschreibung und Deutung zieht. Ethische Formulierungen sind unnötig. Es entscheidet der persönliche Wille, das Ich, der Egoist.
Vollbreit hat geschrieben:Die meisten Tageszeitungsleser, lesen die Bild-Zeitung, also ist es nützlich die Bild-Zeitung zu lesen. Gilt nicht?

Das ist keine Forderung, sondern eine Schlussfolgerung (und auch noch keine besonders gute, die eine schlechte Analogie zu meinen Ausführungen darstellt).
Vollbreit hat geschrieben:Dann gilt: Die meisten sind keine Serienvergewaltiger, also ist es nützlich kein Serienvergewaltiger zu sein auch nicht. In beiden Fällen ist die argumentative Struktur (die keine ist, da es sich um einen naturalistischen Fehlschluss handelt) gleich. Die meisten Menschen sind religiös, was beweist, dass es nützlich ist religiös zu sein, wäre der nächste Bruder in der Reihe.
Ganz deskriptiv und logisch, würdest Du sagen.

Nun, in gewisser Weise ist es ja nützlich, kein Vergewaltiger oder religiös zu sein. Bestreitest du das etwa? Ein Vergewaltiger hat den Nachteil, dass er im Knast landet, geächtet wird und unfähig zur Empathie ist. Es ist also ein nutzloser Zustand. Ein Religiöser hat die Mehrheit hinter sich, eine jahrhunderte alte Infrastruktur, die Banken, Unternehmen und Politik unterwandert hat. Also ist es formell auch nützlich, religiös zu sein (oder so zu tun; Die Biologie nennt eine Nachahmung Mimikry). Das sind aber eben keine Forderungen. Wenn ich sage "etwas ist nützlich", so ist es wieder nur eine Beschreibung, damit keine Forderung, damit kein Fehlschluss. Ist es so schwierig, das zu erkennen? Ich formuliere die Sätze bereits möglichst kurz für dich, versuche Beispiele anzuwenden. Was ich von dir zurückbekomme sind beleidigende Unterstellungen oder nur Verneinung. Ich versuche immerhin eine Diskussion daraus zu machen, du nicht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Die Fragen sind mir bekannt, die Antwort hat dir schlichtweg nicht gepasst. Abgesehen davon habe ich nach Priorität gefragt, nicht danach, ob etwas "gut" ist. Das ist nämlich nicht näher definiert, eine Priorisierung kann man aber sofort identifizieren.


Falsch, es geht um Werte, also um gleich gut.

Dass es um Werte geht, ist wieder eine Prämisse, die ich (offensichtlich schon längst) abgelehnt habe. Um zu fragen, was ich wie und warum mache, sind Werte bedeutungslos. Und wie kannst du eigentlich auf meine Aussage "ich habe nicht nach dem gefragt, was "gut" ist" mit "falsch" antworten??? Willst du mir jetzt erklären, wonach ich gefragt habe???
Vollbreit hat geschrieben:Und wenn man sich sicher ist, weil man den anderen in der Hand hat, ist es demzufolge legitim ihn auszunutzen. Egozentrik ohne jede Schranke, ohne dass der andere erkannt wird, respektiert wird, eine Rolle spielt.

Ich frage nicht danach, ob etwas legitim ist. Ich habe nicht definiert, was legitim ist. Ich beschreibe lediglich, was passiert: Menschen werden häufig ausgenutzt, wenn es nicht notwendig ist, ihnen eine Gegenleistung anzubieten, um an den Nutzen durch den Menschen heranzukommen. Danach zu fragen, was und ob etwas legitim ist, ist völlig überflüssig für die Realität und den egoistischen Willen. Im zweifelsfall hat jeder die vermeindliche Legitimität einer Handlung schon 100 mal nicht berücksichtigt.
Die Hemmschwelle ist dann nur noch die Empathie, eine biologische Vorraussetzung, um als "gut" zu gelten. Kein Mensch wird sagen, dass er seine Freunde nicht übers Ohr gehauen hat, weil es "nicht legitim ist", sondern weil man ihnen nicht wehtun will, weil man sie nicht beleidigen will, nicht will, dass sie leiden. Also wird bei Respekt und Freundschaft die Emotion des anderen berücksichtigt; das geschieht druch Empathie und ist, wie wir beide erkennen (müssten) formell kein zwingender Grund. Ich wiederum erkenne, dass es ein biologischer, instinktiver Grund für den Menschen ist und damit (in den meisten Fällen, wenn Empathie vorhanden ist) ausreicht. Wieder wird die ethische Argumentation überflüssig.
Vollbreit hat geschrieben:Ethisch relevant wird die Frage, was mit dem ist, der Dir nichts nützt. Hier verstehst Du vermutlich noch nicht mal, warum Du Dich mit jemandem abgeben solltest, der Dir nichts nützt, tut doch (Deinem unhinterfragten Dogma folgend) niemand, schließlich sind alle Menschen Egoisten.

Das hat auch keine ethische Dimension, sondern wieder eine emotionale. Auch allen anderen spielt kein befehl, keine Forderung die Rolle, einen eigentlich nutzlosen Menschen eventuell gut zu behandeln. Meist besteht eine emotionale Komponente, die dazu verleitet (wieder die Empathie, die dies ermöglicht). Ein 80 jähriger Ehemann wird sich nicht um seine senile Frau kümmern, weil die Ethik es ihm gebietet, sondern weil er die Frau liebt, auch wenn sie schon nichts mehr begreift, höchstens noch sein Gesicht erkennt. Der einzige Grund, warum man sich also mit eigentlich nutzlosen Menschen abgibt, ist die Emotion. Diese berücksichtigt die Ethik nicht und versucht durch schlechte Prämissen und falsche Konklusionen sowohl ohne Egosimus als auch ohne Empathie auszukommen. Dadurch gibt es gerade die historischen Irrläufer, die Verbrechen an der Menschheit erst ermöglichen. Egoismus und Emtion scheint durch die Ethik und Moral überflüssig zu werden, deswegen verkümmert logisches, nützlichkeitsorientiertes Denken und auch die Empathie. Gerade die deutsche Geschichte voller Pflichtbewusstsein, Loyalität und Moral zeigt diesen geistigen Schwund und die Konsequenzen dessen.
Vollbreit hat geschrieben: Es nutzen sich aber nicht immer alle gegenseitig. Es ist nicht alles Kooperation.

Das habe ich auch nicht behauptet. Es ging nur darum zu zeigen, dass Kooperation wie ich sie definiere kein Ausnutzen ist. Das habe ich getan, du stellst wieder eine andere Frage.
Vollbreit hat geschrieben:Das ist gut argumentiert und geeignet ein prinzipielles Gegenargument gegen alle asymmetrischen Bedrohungsszenarien zu sein. Aber die werden angewandt und wirken.
Aber Deine Argumentation hat einen prinzipiellen Haken. Denn die Zeitverschwendung liegt in der Verhandlung, darin, dass ich mich nicht traue dich zu erschießen und maximalegoistisch, gleich Nägel mit Köpfen zu machen. Das heißt höchste Aggression bei Nullkooperation wäre besser = nützlicher. Einwände?

Sofern man tatsächlich die Möglichkeit einräumt, jemanden erschießen zu wollen, ist es tatsächlich besser, es gleich zu tun. Aber wenn du anfängst, mich zu bedrohen, hast du wiederum erkannt, dass ich gar nicht so viel Geld in der Tasche haben kann, um es zu riskieren für lebenslänglich einzuwandern. Deswegen bluffst du nur. Wärst du ein Idiot, der es (auch unlogischer Weise) riskiert für 40 Euro einzuwandern, wäre es besser, mich gleich zu erledigen. So verschwendest du nur Zeit. Aber Wenn man eben nach maximalem Nutzen argumentiert, so ist der Überfall grundsätzlich unsinnig, da ich nicht dumm genug bin zu glauben, dass du mich erschießen willst, wenn du es nicht schon längst getan hast, und dass der mögliche Nutzen nicht den potentiellen Schaden aufwiegt. Also lohnt sich das Verbrechen grundsätzlich nicht.
Vollbreit hat geschrieben:
darth Nefarius hat geschrieben:Die Anzahl an Enttäuschungen ist nicht relevant, die Qualität ist entscheidend. Es gibt genug andere Orte, die wunderschön sind und dennoch nicht so gefahrenreich. Der Unterschied besteht in der Zivilisation.

Hattest Du nicht gesagt, Kultur wird überschätzt? Hattest Du.

Ja, die Kultur wird überschätzt. Ich habe sie auch als Luxus bezeichnet. Ich habe mich dem Luxus aber nicht verschlossen, Lucus definiert sich aber eben dadurch, dass er grundsätzlich überflüssig ist. Genuss kann er trotzdem verschaffen. Oder anders: Ich kann den Petersdom aufgrund seiner handwerklichen und historischen Bedeutung bewundern, aber ich werfe mich nicht auf den Boden und fange an zu beten. Ich kann ein Stück luftgetrockneten Schinken aus Spanien genießen, muss aber nicht den Stierkampf vehement verteidigen oder billigen. Luftschinken und Tourismus sind Luxus. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Sa 27. Apr 2013, 09:06

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und deswegen fällt schon das Kartenhaus wie der Buddhismus in sich zusammen: Die vorangehenden Prämissen sind unlogisch, irrational, ohne Hinweise gesetzt.
Hier liegt das Problem: Du weißt nicht, was Prämissen sind. Prämissen sind nicht unlogisch, die Schlüsse aus Prämissen können unlogisch sein.

Habe ich schon zig mal gesagt: Eine Annahme ist eine Prämisse. Auch an Prämissen kann ich Anfroderungen stellen. Das Beispiel in Wikipedia war doch ganz gut:
"Sind die Prämissen in einem gültigen Schluss wahr , muss auch die Konklusion wahr sein. Ein Beispiel hierfür ist der obengenannte Schluss, dass aus „Alle Menschen sind sterblich“ und „Sokrates ist ein Mensch“ folgt „Sokrates ist sterblich“. Das Umgekehrte gilt jedoch nicht: Sind die Prämissen (oder einige der Prämissen) falsch, gilt nicht notwendigerweise, dass die Konklusion falsch ist. Beispielsweise folgen aus „Alle Menschen sind Griechen“ und „Sokrates ist ein Mensch“ der Satz „Sokrates ist Grieche“. Hier ist eine Prämisse falsch, dennoch ist die Konklusion wahr." (unterstrichen von mir)

Eine Prämisse kann falsch sein, aber nicht unlogisch.
Unlogisch, im Sinne von logisch falsch, kann nur ein Schluss sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Prämisse kann also auch nichts taugen, folglich haben wir Kriterien, sie auszuwählen.

Ja, man muss sie nicht akzeptieren, hatten wir bereits.

Darth Nefarius hat geschrieben:Prämissen sind letztlich keine vollsttändigen Konklusionen, dennoch haben sie im Praktischen einen ähnlichen Charakter.

Nein, Konklusionen sind Schlüsse, aus Prämissen. Prämissen sind einfach Annahmen. Nichts weiter.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das bedeutet, wir leiten auch Prämissen her und setzen sie nicht willkürlich.

Teils teils.

Darth Nefarius hat geschrieben:Was wiederum die "Prä-prämissen" sind, ist dann interessant: Ist es ein Wunsch (wie beim religiösen Wunschdenken), ist es eine Beobachtung oder wieder was anderes. Die Qualität einer Prämisse kann ich somit bewerten, was ich auch getan habe. Wenn die Prämisse nichts taugt, sind alle darauf basierenden Konklusionen wertlos.
Das ist richtig, nur kannst Du nicht einfach per Dogma verkünden: Religionen sind Mist. Schokoladeneis schmeckt nicht. Alle Menschen sind Egoisten.
Sind Prämissen logisch falsch aus anderen Schlüssen gezogen, müsstest Du deren Fehler nachweisen. Der Fehler kann aber auch wo anders liegen. Ich könnte sagen: „Der K2 ist der höchste Berg der Erde.“ Oder: „Paris ist die Hauptstadt von England.“ Hier ist die Prämisse falsch, aber es wäre nicht logisch falsch, damit zu argumentieren, wenn richtig geschlossen wird.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Für 6 von 7 Milliarden Menschen sind sie offensichtlich = empirisch verifiziert, Grund genug. Die Menschen wollen das so, da Menschen ja Egoisten sind und das machen, was wie wollen.

Wieder eine falsche Prämisse: Die meisten Menschen wählen nicht nach empirischer Verifizierbarkeit, sondern nach Wunsch.
Durchaus richtig, der Quatsch mit der Verifizierbarkeit ist ja von Dir.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und auch wenn das so ist, so bestimmt nicht die Masse, was logisch, wahr ist oder eine Tatsache.
Jein. Konventionen sind auch Tatsachen. Mal bestimmen das wenige (Pluto ist heute kein Planet, 1980 war er ein Planet), mal viele (Ein Handy zu haben ist ein Muss, 1980 nicht). Logisch wahr ist, was gemäß den Schlussregeln richtig geschlossen wurde. Eine Tatsache ist, was der Fall ist. „Es regnet.“

Darth Nefarius hat geschrieben:Wahrheit ist keine Sache der Demokratie, da kannst du deinen Kopf noch so oft gegen die Wand hämmern.
Bei uns gilt die Todesstrafe nicht, das ist eine Wahrheit unserer Demokratie. Auch ansonsten ist Wahrheit manchmal das, was die (Mehrheit der) Scientific Communitiy dafür hält, bspw. ab wann der Cholesterinspiegel als pathologisch gilt.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
darth Nefarius hat geschrieben:Zudem widerstrebt das Menschenbild von Schicksal und Gut und Böse völlig dem Versuch, andere bekehren zu wollen/zu müssen.
Eigentlich nicht.
Doch natürlich: Wenn jemand böse geboren wurde, ohne die Gnade Gottes die Eltern mit der richtigen Religion zu besitzen, ist er von Grund auf schlecht und landet in der Hölle. Dantes Vorstellungen waren da beispielhaft: Ein Kreis der Hölle ist für die tugendhaften Nicht-Gläubigen reserviert, der nächste für eigentlich unschuldige, aber eben nicht getaufte Totgeburten, usw...
Es bedeutet also, dass manche grundsätzlich zum Verdammten geboren sind, nach Vorstellung der Religionen. Denn wieso landen sie sonst in der Hölle, wenn sie eigentlich nichts zu verschulden haben, außer Pech (=Schicksal) gehabt zu haben?
Man kann konvertieren, das ist der Gedanke der Mission. Billiger geht es doch kaum, stell Dir mal vor Du wärst kein Arier und im Dritten Reich geboren.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Drittens spielt ohnehin nur das Jenseits eine Rolle, also ist jede Interaktion und der Versuch einer Säuberung überhaupt nicht nötig.
Das sieht jede Religion etwas anders.
Die Religionen, die Selbstmordattentäter hervorbringen (von denen du reden wolltest) sehen es genau so.
Andere zu ermorden ist der durchaus nicht unlogische, aber perverse, Versuch, ihre Seele zu retten.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und hast du mal darüber versucht nachzudenken, was die Prämissen sind? Man nennt sie bei der Handlung auch Motive, davor Triebe.

Prämissen sind Annahmen. Es gibt übrigens auch kein „logischer“. Etwas ist logisch wahr oder falsch. Ein bisschen wahr ist wie ein bisschen schwanger.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn sie einer bestimmten Logik folgen, kann man ihnen eine Tendenz zuschreiben, wie z.Bsp. zum Wohle des eigenen selbst primär handeln zu lassen (wenn es denn so beobachtbar ist). Folglich kann man die Handlungsweise als egoistisch bezeichnen.
Natürlich kann man Handlungsweisen als egoistisch bezeichnen, das wurde doch nie bezweifelt. Nur, dass alle Wesen stets egoistisch motiviert sind, ist halt Mist. Hier ist die Argumentation wirklich mal logisch für die Tonne, da auf einem Fehlschluss errichtet, einer petitio principii, wie bereits zum Erbrechen oft von Agent, laie, Nanna, mir und anderen, die sich vergessen habe, ausgeführt.
Nur Du weißt halt nicht was eine petitio principii ist. Das ist ein empirisches Faktum. Übrigens eines, was von der Mehrheit der Wissenden erkannt wird.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Diese sind eine Mischung aus biologischen Gegebenheiten, gesellschaftlicher Prägung verschiedener Art (nicht nur typischen Rollenmuster) und später Reflexionen über diese Rollen und eigene Schlüsse, Erfahrungen und so weiter. Durch meine kulturellen Prägungen bin ich eingebunden in die Vorgaben meiner Gesellschaft und habe diese verinnerlicht, wenn man so will sind Biologie und Prägung unfreiwillig.
Erfahrungen und Prägung spielen keine Rolle, wenn die Motive und die Triebe nicht vorhanden sind.
Was soll die alberne Frontstellung denn schon wieder?

Darth Nefarius hat geschrieben:Eine Erfahrung gewinnt erst dann einen Wert, wenn du eine bestimmte Tendenz hast, mit ihr umzugehen. Bsp.: Du bist ausgeraubt worden. Das ist deine Erfahrung. Aber eine Erfahrung, ein Wissen, eine Situation, ein Erlebniss verleiten dich nicht zu handeln. Dann kommt der Wille hinzu (welcher eine natürliche Ausprägung im Idealfall hat). Der bewertet und stellt fest, dass du nicht ausgeraubt werden willst (nicht nochmal), dass du deinen Besitz also schützen musst.
Was ist denn der Wille, wenn nicht die Fähigkeit gemäß eigener Prämissen zu entscheiden?

Darth Nefarius hat geschrieben:Usw. Erfahrung und kulturelle Prägung bieten keine Tendenz zur Handlung, der egoistische Wille entscheidet auf deren Grundlage, wie es weitergeht.
Handlung wird das Verhalten genannt, was man begründen kann. Kulturleistung. Der Gegensatz wäre ein Reflex, der rein natürlich, angeboren ist.
Es ist aber okay und geboten, die philosophische Definition von Wille und die biologische zu trennen. Keiner der Fraktionen hat ein Hoheitsrecht über den Begriff, man muss sich nur einigen, auf welchem Boden die Argumentation fortschreiten soll. Wenn Du sagst: Alles aus Sicht der Biologie, so ist das vollkommen in Ordnung, das erst mal auszuführen und nicht im Ritt das Pferd zu wechseln. Nur, wenn die Biologen fertig sind dürfen die Philosophen (Spezialisten für Argumente) draufgucken, ob z.B. logisch argumentiert wurde. Und ubiquitärer Egoismus ist eine petitio principii wenn damit argumentiert wird, in der Art wie Biologen das tun. Das dürfen Philosophen monieren. Ist sogar Teil der Evolution. ;-)

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Äh, nein. Kant baut seinen ganzen Mist auf diesem Gedanken auf.

Vergiss es.

Gut, dann eben nachgewiesen:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

– Immanuel Kant: AA IV, 421[3]
(Aus Wikipedia, für jeden nachlesbar)
Bezeichnend ist "durch die DU zugleich wollen kannst..."Das bedeutet, es hämgt vom eigenen Willen/Wunsch ab. "allgemeines Gesetz" bedeutet, dass wir wieder die Möglichkleit der reziproken Handlung zulassen. Also, dass dieses Gesetz auch für einen selbst gilt. Aber wenn keine Tendenz zum Egoismus besteht, verliert dieser Satz seine Bedeutung: Wenn ich kein Egoist bin, kann ich auch wollen, dass alle sich einen Nagel in den Arsch hämmern, ich habe dann schließlich auch kein Problem damit, dass man mir einen in den Arsch hämmert, wenn ich kein Egoist bin und nicht meinen Arsch schützen will. Es wird wieder willkürlich, was man eigentlich will. Wenn der Wille nicht schon per se als nützlichkeitsorientiert (und zwar für einen selbst!) ist, und man dies als eigentliche Prämisse vorweg nimmt, hat dieser Satz keine filternde Wirkung für beliebige Szenarien und Forderungen. Erst durch den Egoismus wird dieser Ausruf mehr oder weniger nützlich und logisch.


Wirres Gefasel.
Kant sagt am ganz Anfang der „Kritik der praktischen Urteilskraft“:

Immanuel Kant hat geschrieben:§1
Erklärung

Praktische G r u n d s ä t z e sind Sätze, welche eine allgemeine Bestimmung des Willens enthalten, die mehrere praktische Regeln unter sich hat. Sie sind subjektiv oder M a x i m e n, wenn die Bedingung nur als für den Willen des Subjekts gültig von ihm angesehen wird; objektiv aber oder praktische G e s e t z e, wenn jene als objektiv, d.i. für den Willen jedes vernünftigen Wesens anerkannt wird.


Darth Nefarius hat geschrieben:Und simpel ist diese Ethik allemal, die weiteren Ausführungen sind nur Beiwerk, vermeindliche Belege, Beispiele, Herleitungen, Kategorisierungen. Die Kernaussage ist einfach. Ich hatte einen guten Philosophielehrer, der in den Klausuren gefordert hat (egal ob es um Kant, Heidegger, Schopenhauer oder sonstwen ging), dass bei all den Texten, die wir bekommen, trotzdem die Grundaussage auf kaum mehr als einer Seite zusammenfassen sollen. Alles andere ist unnötig für den Kern. Auch in meiner mündlichen Abiprüfung hatte ich nicht genug Zeit, um ausführliche Bücher zu schreiben, um den Kern zu verstehen und zu formulieren reichen 20 Minuten und ein Blatt Papier. Alles weitergehende ist nur noch Beiwerk, Kunst, aber auch oft Geschwätz.

Jedem seine Meinung.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Kant zielt auf die Gesellschaft ab, nicht auf das direkte Gegenüber. Er ist damit in seiner Einstllung wesentlich utilitaristischer, als Du ahnst.

Da besteht kein Unterschied. Die Kollektivintelligenz der Gesellschaft übersteigt nicht die Intelligenz eines Durchschnittsmenschen in politischen, gesellschaftlichen, ethischen Entscheidungen.
Darum geht es nicht, sondern um die Beachtung der Konsequenzen meiner Entscheidung für die Gesellschaft. Erstaunlicherweise kann man über manche Philosophen noch einen zweiten Satz verlieren.
Mit kollektiver Intelligenz hat das nichts zu tun.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Auf dem Boden der Ethik geht man in Vorleistung. So kann man überhaupt etwas wie Würde anerkennen, auf derjenigen, von denen man nichts hat (= keinen egoistischen Nutzen). Du fragst: Was bringt mir der andere? Falls nichts, interessiert er Dich nicht mehr. Das Du den Unterschied nicht erkennst ist klar.
Deine Formulierung geht also in Vorleistung????
Nein, auf dem Boden der Ethik geht man in Vorleistung.

Darth Nefarius hat geschrieben:Hier nochmal:
„Da ich gut behandelt werden möchte (hier hat Du gewissermaßen Dein „natürliches“, egoistisches Empfinden), sollte ich andere auch gut behandeln.“
Das hast du formuliert, als Gegenmodell zu meinem, mit der Aussage "Die ethische Wendung geht übrigens so" vorgeschaltet.

Richtig, ich sollte ganz allgemein andere gut behandeln, das ist die Vorleistung, wenn ich mich als leidensfähig erkannt habe und andere als mir ähnlich.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe darauf verwundert gefragt, was denn der Unterschied zu meiner Aussage sein soll. Ich erkenne bei deiner Formulierung nicht, wo da die Vorleistung sein soll, unterstreiche sie ggf.. Ich lese nur am Anfang "Da ich gut behandelt werden möchte..." Ist das etwa nicht egoistisch motiviert???

Nicht ausschließlich, denn ich beziehe ja die Leidensfähigkeit anderer mit ein. Ich könnte ja auch sagen: „Ich möchte gut behandelt werden, aber was mit anderen ist, interessiert mich nicht. Ich behandele die gut, die mir nützlich sind, die mir nichts nützen behandele ich nicht gut, was hab ich denn davon?“ So verstehe ich die Konsequenzen aus Deiner egoistischen Ethik. Wenn ich falsch liege, korrigier mich. Dass Du nur die beachtest, die Dir was bringen finde ich ethisch problematisch.

Darth Nefarius hat geschrieben:Abgesehen davon steht nirgends, dass ich in Vorleistung gehen muss, wenn ich Ethik anwenden will.
Ethik meint allgemein den Austausch über ein Sollen. Wie sollte man/ich handeln? Ethik „steht“ auch nirgendwo, höchstens bestimmte Maximen, da sie die Entscheidung über konkrete Fälle gerade nicht ausformulieret sondern dem einzelnen überlässt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und über Würde könnte man jetzt auch wieder mal ewog diskutieren, ein schwammiger, unterschiedlich verstandener Begriff. Purer Blödsinn, was du schreibst (und auch noch inkonsequent).
Haka haka huka. Schlecht gebrüllt, Löwe.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Nein, der Vergewaltiger ist eine unempathische Variation, eine Ausnahme.
Na und? Atheisten sind auch eine Ausnahme. Philosophische Argumentationen richten sich zudem nicht nach der Mehrheit.
Deshalb die Frage nochmal bei der Du gekniffen hast: 20 haben Spaß am quälen, einer nicht. Wer hat die Nützlichkeit auf seiner Seite und warum?
Man, es ist schon erstaunlich, wie weit du dich weigerst, zu lesen und zu denken: Meine Aussagen sind deskriptiv, die Konklusionen basieren auf dem, was beobachtet wird: Es wird beobachtet, dass den meisten Menschen die egoistischen und empathischen Eigenschaften reichen, dann gibt es noch Vergewaltiger, denen du aber auch mit Ethik nicht beikommst. Da gibt es kein "Na und?". Die Absicht war, die funktionierende Realität zu beschreiben, die beinhaltet eben auch Sadisten und Vergewaltiger, allerdings in Minderheit. Und auch alle Ethiken der Welt haben nichts daran geändert.

Du drückst Dich ja schon wieder. Ich schreibe nicht vom Vergewaltiger, sondern vom kleinen alltäglichen Mobbing, im Büro, der in der Schule. Versagt Deine Nutzenethik bereits da?
Zuletzt geändert von Vollbreit am Sa 27. Apr 2013, 09:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » Sa 27. Apr 2013, 09:07

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Die meisten Tageszeitungsleser, lesen die Bild-Zeitung, also ist es nützlich die Bild-Zeitung zu lesen. Gilt nicht?

Das ist keine Forderung, sondern eine Schlussfolgerung (und auch noch keine besonders gute, die eine schlechte Analogie zu meinen Ausführungen darstellt).

Stimmt, explizite Forderungen fomulierst Du nicht, aber Du bestehst immer darauf, dass der Mensch so handeln müsse, wie er mehrheitlich handelt. Im Kern egoistisch und wenn es ihm nützt, kooperativ. Anders kann er gar nicht, weil die Weinbergschnecke auch so agiert. Dass es gar nicht anders geht, die Natur uns also gebietet, damit bist Du mitten im naturalistischen Fehlschluss. Vom Sein (es ist so und so) aufs Sollen (und darum geht es auch nicht anders, so ist halt die Natur des Menschen).
Und da die Mehrheit der Zeitungs-Leser eben Bild-Zeitung liest, liegt es in der Natur der Zeitungsleser Bild-Zeitung zu lesen, die anderen sind vernachlässigbare Randgruppen, statistische Ausrutscher wie Homosexuelle oder Rothaarige.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Dann gilt: Die meisten sind keine Serienvergewaltiger, aso ist es nützlich kein Serienvergewaltiger zu sein auch nicht. In beiden Fällen ist die argumentative Struktur (die keine ist, da es sich um einen naturalistischen Fehlschluss handelt) gleich. Die meisten Menschen sind religiös, was beweist, dass es nützlich ist religiös zu sein, wäre der nächste Bruder in der Reihe.
Ganz deskriptiv und logisch, würdest Du sagen.
Nun, in gewisser Weise ist es ja nützlich, kein Vergewaltiger oder religiös zu sein. Bestreitest du das etwa?

Darum geht es gar nicht, es geht darum zu zeigen, wie Du argumentierst. Wenn es sich gut anhört, dann erscheint es Dir sonnenklar auf Seiten der Mehrheit zu sein (kein Vergewaltiger), aber bei der Bild-Zeitung oder facebook möchtest Du der Argumentation dann nicht mehr zustimmen. Rosinenpickerei.
Zudem ist es völlig egal für eine ethische Frage - was richtig oder falsch ist -, was die Mehrheit tut. Wenn die meisten mobben, ist das dann automatisch richtig?
Wann beginnt denn die Mehrheitsrichtigkeit? Bei 51% oder bei 75% oder bei 98,7%? Und von welcher Population? Der Hamburger, der Nordeutschen, der Europäer, der Welt? Alles Fragen, die Du nicht beantworten kannst. Und wenn die satte 6/7 Mehrheit der Gläubigen nicht Grund genug ist den Glauben, Deiner eigenen Doktrin nach, als nützlich und damit richtig anzusehen, was dann? Du eierst hier nur rum.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ein Vergewaltiger hat den Nachteil, dass er im Knast landet, geächtet wird und unfähig zur Empathie ist. Es ist also ein nutzloser Zustand.

Was für ein Unfug. Und wenn er nicht im Knast landet? Übrigens, Knast, ist das ein Naturprodukt? Warum sollte es einen Vergewaltiger stören, wenn er unfähig zur Empathie ist? Super Sache, plagt ihn wenigstens kein schlechtes Gewissen, sehr nützlich. Ist halt einfach nur eine etwas egoistischere Spielart der Evolution. Alles kein Problem. Wer aggressiver ist, kommt in einer nichtaggressiven Gesellschaft weiter, muss ich Dir ja wohl nicht erklären.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ein Religiöser hat die Mehrheit hinter sich, eine jahrhunderte alte Infrastruktur, die Banken, Unternehmen und Politik unterwandert hat. Also ist es formell auch nützlich, religiös zu sein (oder so zu tun; Die Biologie nennt eine Nachahmung Mimikry). Das sind aber eben keine Forderungen.

Gut, das wollte ich mal lesen, schön dass Du das neben ganimed nun auch anerkennst. Es ist nützlich religiös zu sein. Zum kaputtlachen, dass Atheisten auf dem Boden ihrer halbgaren Argumente, die sie für die alles überlegenen, harten, wissenschaftlich abgesicherten halten immer wieder zu diesem Schluss kommen müssen.
Immerhin bleibst Du, wie weiland ganimed, hier ehrlich und folgst Deinen Argumenten treu ins diskursive Grab.
Sollte Dir dennoch zu denken geben, dass die Richard Dawkins Argumentationslinie am Ende darauf hinaus läuft, dass es nützlich ist religiös zu sein.

Wenn Du Dich je für Philosophie interessieren solltest, speziell für Ethik, kannst Du lernen, wie Du diesen Mattstellung argumentativ und logisch gültig kassierst. Bislang bleibt Dir nur, das was die Mehrheit macht als nützlich anzusehen, denn da alle egoistisch ihrem Nutzen/Glück folgen (Deine Version von Utilitarismus) und der Mensch nicht anders kann (egoistische Gene und so) folgt zwingend, dass Religion nützlich ist und glücklich macht. Jo, Glückwunsch.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich sage "etwas ist nützlich", so ist es wieder nur eine Beschreibung, damit keine Forderung, damit kein Fehlschluss. Ist es so schwierig, das zu erkennen?
Für Dich ganz offensichtlich. Denn leider hast Du Deine eigene Prämisse vergessen, dass der Mensch (wie jedes Leben) ja gar nicht anders kann, als stets nach dem Nützlichen zu streben. So sind wir programmiert, sagst Du. Und was die Mehrheit macht, ist dann kooperativer und für alle noch etwas nützlicher. Das beißt sich zwar nach wie vor, weil Egoismus und Utilitarismus sich schlicht ausschließen, aber immer erkennt man hier, Du möchtest eigentlich Kooperation. Nur willst Du halt nicht Kooperation aus rationaler Einsicht (wie Kant fordert, den Du chronisch missverstehst), sondern aus biologischem Antrieb eines genetisch prädisponierten Willens (was Du für Utilitarismus hältst).
Aber vergessen wie die Widersprüche mal für einen Moment: Wenn gilt, dass der Mensch (das Leben) stets nach dem Nützlichen strebt, wird aus der Deskripton implizit, aber postwendend ein Imperativ. Kapiert? Nein, darum noch mal langsam: Deskription, dass die Mehrheit nun mal so und nicht anders handelt, ist ja eine Beschreibung eines Ist-Zustandes. Die Mehrheit handelt aber nicht einfach so „so und nicht anders“, sondern, aufgrund eines Einpendelns auf dem maximal nützlichen Level. Man muss nicht, man könnte auch anders, aber damit verletzt man das Spiel und mutiert zum Schädling. Und in einer egoistischen Welt erfährt jemand der Dir nichts nützt, keine Beachtung. Ergo: Wenn Du gut behandelt (oder überhaupt beachtet) werden willst, dann spiel' mit, bei dem nützlichen Spiel der größten Zahl. Damit hast Du ein implizites ethisches Gebot formuliert.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Und wenn man sich sicher ist, weil man den anderen in der Hand hat, ist es demzufolge legitim ihn auszunutzen. Egozentrik ohne jede Schranke, ohne dass der andere erkannt wird, respektiert wird, eine Rolle spielt.
Ich frage nicht danach, ob etwas legitim ist. Ich habe nicht definiert, was legitim ist. Ich beschreibe lediglich, was passiert: Menschen werden häufig ausgenutzt, wenn es nicht notwendig ist, ihnen eine Gegenleistung anzubieten, um an den Nutzen durch den Menschen heranzukommen.
Eben, wer selbst nichts nützt, darf ausgenutzt werden. Dann nützt er wenigstens, als Spaßbeschaffer für die Vielen. Faschos dürfen Penner zusammentreten, da Penner sowieso nutzlos sind, nutzlose Frauen dienen dem Vergewaltiger als Fickpüppchen, so bekommen sie wenigstens noch eine Nutzenfunktion. Und Du weißt nicht, wie Du dieser Argumentation etwas entgegensetzen sollst und dichtest Dir was von Kooperation zusammen und dass ja alle Nazis und Vergewaltiger immer in den Knast kommen.
Aber Darth, es ist gar nicht Deine Unfähigkeit, denn das Problem ist, dass diese Sicht – wie laie Dir schon vollkommen zurecht nahezubringen versuchte – aus Deinen Prämissen folgt. Du willst nicht, dass es folgt – und es ist nebenbei auch nicht zwingend für DEN Utilitarismus, weil es von diesem Spielarten gibt – aber aus Deiner favorisierten Variante folgt leider genau das. Du kannst es nämlich Gewaltorgien jeder Art nur durch die Gestaltung einer Phantasiewelt delegetimieren, in der am Ende, wie im Kitschfilm, der Böse geschnappt wird und seine gerechte Strafe bekommt und das Gute siegt. Star Wars meets Dawkins.
Kurz und gut, die Prämissen sind Murks, wer hätte das gedacht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Danach zu fragen, was und ob etwas legitim ist, ist völlig überflüssig für die Realität und den egoistischen Willen. Im zweifelsfall hat jeder die vermeindliche Legitimität einer Handlung schon 100 mal nicht berücksichtigt.
Die Hemmschwelle ist dann nur noch die Empathie, eine biologische Vorraussetzung, um als "gut" zu gelten. Kein Mensch wird sagen, dass er seine Freunde nicht übers Ohr gehauen hat, weil es "nicht legitim ist", sondern weil man ihnen nicht wehtun will, weil man sie nicht beleidigen will, nicht will, dass sie leiden.

Völlig in Ordnung und ein nobler Zug, nur: Woher weißt Du denn, dass Deine Freunde leiden? DU fühlst es ja nicht. Nicht mal bei intakten Spiegelneuronen. Du fühlst dann nur Dein Leid, ausgelöst von einem anderen. Der Egoist muss nicht sagen: „Hey, ich fühl mich immer depri wenn mein Kumpel in meiner Nähe ist, also muss ich denn mal fragen, was mit ihm los ist, vielleicht kann ich ihm helfen.“ Ein Egoist kann auch sagen: „Boah, was ziehst Du mich immer runter, Arschloch. Verpiss dich und geh mir auch der Sonne, bis deine Scheißlaune endlich wieder vorbei ist.“ Kann eben nicht jeder gut drauf sein und warum sollte man sich von anderen runterziehen lassen? Der Deprivogel nützt mir nichts.

Darth Nefarius hat geschrieben:Also wird bei Respekt und Freundschaft die Emotion des anderen berücksichtigt; das geschieht druch Empathie und ist, wie wir beide erkennen (müssten) formell kein zwingender Grund. Ich wiederum erkenne, dass es ein biologischer, instinktiver Grund für den Menschen ist und damit (in den meisten Fällen, wenn Empathie vorhanden ist) ausreicht. Wieder wird die ethische Argumentation überflüssig.

Tja, nur leider gibt es völlig unempathische, aber hochintelligente Menschen. Erfolgreich, zielstrebig, aber chronisch desinteressiert an anderen, kommen sie sogar gesellschaftlich oben an. Das Leben sorgt halt nicht dafür, dass die Bösen immer dumm und häßlich sind und das Gute gewinnt. Meinst Du es hat noch kein Psychopath geschafft seine Nummer bis ans Ende durchzuziehen?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ethisch relevant wird die Frage, was mit dem ist, der Dir nichts nützt. Hier verstehst Du vermutlich noch nicht mal, warum Du Dich mit jemandem abgeben solltest, der Dir nichts nützt, tut doch (Deinem unhinterfragten Dogma folgend) niemand, schließlich sind alle Menschen Egoisten.

Das hat auch keine ethische Dimension, sondern wieder eine emotionale. Auch allen anderen spielt kein befehl, keine Forderung die Rolle, einen eigentlich nutzlosen Menschen eventuell gut zu behandeln.
Du verwechselst zwei Dinge. Ethik und den Zwang/Wunsch sich dran zu halten. Richtig ist, kein ethisches Gebot und kein Gesetz (und stünde die Todesstrafe auf seine Übertretung) muss zwingend eingehalten werden. Immer werden einige Menschen sich nicht an Gebote und Gesetze halten. Aber das macht eine Tat nicht gut oder richtig, sie bleibt falsch und ggf. verachtenswert. Und darum geht es.
Emotional, also biologisch angeboren, wird aus der Welt auch keine bessere, denn egal wie die Masse tickt (lassen wir sie meinetwegen kooperieren) Ausreißer gibt es immer. Es gibt auch keinen biologischen Automatismus zum Gutsein, Affen bringen andere auch um, einfach weil sie stärker sind.
Das ethische Problem ist das des „nutzlosen“ Menschen. Es gibt keinen nutzlosen Menschen. Bzw. man kann das schon so formulieren und sagen, wer einen IQ von unter 60 hat oder im Jahr weniger als 10.000 Euro verdient oder keine blonden Haare hat oder nicht mindestens drei Kinder gezeugt hat oder was auch immer, der sei „nutzlos“. Nur sind die Kriterien der Nutzlosigkeit willkürlich, gefährlich und menschenverachtend. Wäre ein Hawking, der geniale Physiker, beim vorherigen Genscreening nicht besser abgetrieben worden, der nutzlose Krüppel? Ein Hawking doch nicht, dieser Meisterdenker, dieses Willenstier. Tja, hätte Mutter Hawking beim Genscreening erkannt, welche schwere Krankheit das Kind mal bekommt, wäre es nicht besser gewesen ihr zu raten den potentiell Nutzlosen, den biologischen unfitten abzutreiben?
Die Krankheit erst ermöglicht es ihm, sich als Willenstier zu exponieren. Ansonsten wäre er einfach ein sehr guter Physiker, von denen es Dutzende andere gibt, denen niemand zu Füßen liegt.
Wer mit „Nutzen“ agiert hat immer die Nutzlosigkeit im Gepäck. Und das geht sehr schnell schief, weil die Kriterien eben willkürlich sind und sein müssen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Meist besteht eine emotionale Komponente, die dazu verleitet (wieder die Empathie, die dies ermöglicht). Ein 80 jähriger Ehemann wird sich nicht um seine senile Frau kümmern, weil die Ethik es ihm gebietet, sondern weil er die Frau liebt, auch wenn sie schon nichts mehr begreift, höchstens noch sein Gesicht erkennt. Der einzige Grund, warum man sich also mit eigentlich nutzlosen Menschen abgibt, ist die Emotion.

Und damit ist der Mensch nicht mehr nutzlos, wenn er für andere eine emotionale Bedeutung hat, unabhängig von seiner biologischen Fitness. Somit ist die emotionale Komponente eine ethische Größe. Das überwindet die reine Nutzenrechnung, den argumentativen Weg bist Du selbst gegangen. Eine demente Mutter, ein behindertes Kind: „Nutzlos“, aber geliebt. Du wärst einer der ersten, die jemanden, wenn aus dem Kreise Deiner Lieben jemand „nutzlos“ geworden sei, in der Luft zerreißen würde, der Dir entfernten Bekannten verstehen, der entsetzt ist, wenn man ihm rät die lästige Mutter doch einfach zu entsorgen, auch wenn Du diese Mutter nicht liebst. Du verstehst aber den entfernten Freund. Nun musst Du nur noch den leichten Schritt hin zu einem allgemeinen Gesetz machen und kapieren, dass es ein gültiges Argument ist, dass man so mit Menschen nicht umgehen sollte und so ganz nebenbei hättest Du dann auch zum ersten Mal Kant verstanden. Das meinte der Knabe aus Königsberg.

Darth Nefarius hat geschrieben:Diese berücksichtigt die Ethik nicht und versucht durch schlechte Prämissen und falsche Konklusionen sowohl ohne Egosimus als auch ohne Empathie auszukommen.
Empathie ist eine Voraussetzung für Ethik, nur können allgemeine Sittengesetze nicht einzig und allein vom Grad der Zuneigung abhängig gemacht werden, da dies rein subjektiv wäre. Wenn ich kenne und mag den schütze ich, der Rest ist mir egal. Das in Indien vergewaltigte 5-Jährige Mädchen kenne ich nicht, also ist es mir egal was mit ihm und andere Kindern passiert? Geht irgendwie nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Dadurch gibt es gerade die historischen Irrläufer, die Verbrechen an der Menschheit erst ermöglichen. Egoismus und Emtion scheint durch die Ethik und Moral überflüssig zu werden, deswegen verkümmert logisches, nützlichkeitsorientiertes Denken und auch die Empathie. Gerade die deutsche Geschichte voller Pflichtbewusstsein, Loyalität und Moral zeigt diesen geistigen Schwund und die Konsequenzen dessen.

Völliger Stuss, ich weiß nicht warum Du Dich so übertrieben darauf einschießt. Das sind wirre Mischungen aus Schlüssen die nicht folgen, Projektionen und Wut. Irrational. Gerade die düstersten Stunden der deutschen Geschichte hat Menschen als UNNÜTZES Leben, als Schädlinge dehumanisiert. Der schäbige, arglistige und gierige Jud der uns nichts bringt, aber an unsere Frauen und unser Geld will. Die Nazis waren schon nahe bei Biologismus. Angestrebt wurde der arische, reine, gesunde Volksköper. Frei von Krankheit, Schwäche, Behinderung, Homosexualität und allem Unarischen. Blond, blauäugig, groß, stolz, an Geistes- und Körperkraft allen überlegen. „Triumph des Willens“. Ein sehr nutzenorientierter, triumphaler und grandioser Ansatz, wie man zugeben muss. Nur eben durch und durch menschenverachtend.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Es nutzen sich aber nicht immer alle gegenseitig. Es ist nicht alles Kooperation.

Das habe ich auch nicht behauptet. Es ging nur darum zu zeigen, dass Kooperation wie ich sie definiere kein Ausnutzen ist. Das habe ich getan, du stellst wieder eine andere Frage.
Aber so wie Du es definierst, schließt es ein Ausnutzen auch nicht aus.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das ist gut argumentiert und geeignet ein prinzipielles Gegenargument gegen alle asymmetrischen Bedrohungsszenarien zu sein. Aber die werden angewandt und wirken.
Aber Deine Argumentation hat einen prinzipiellen Haken. Denn die Zeitverschwendung liegt in der Verhandlung, darin, dass ich mich nicht traue dich zu erschießen und maximalegoistisch, gleich Nägel mit Köpfen zu machen. Das heißt höchste Aggression bei Nullkooperation wäre besser = nützlicher. Einwände?
Sofern man tatsächlich die Möglichkeit einräumt, jemanden erschießen zu wollen, ist es tatsächlich besser, es gleich zu tun. Aber wenn du anfängst, mich zu bedrohen, hast du wiederum erkannt, dass ich gar nicht so viel Geld in der Tasche haben kann, um es zu riskieren für lebenslänglich einzuwandern. Deswegen bluffst du nur. Wärst du ein Idiot, der es (auch unlogischer Weise) riskiert für 40 Euro einzuwandern, wäre es besser, mich gleich zu erledigen. So verschwendest du nur Zeit. Aber Wenn man eben nach maximalem Nutzen argumentiert, so ist der Überfall grundsätzlich unsinnig, da ich nicht dumm genug bin zu glauben, dass du mich erschießen willst, wenn du es nicht schon längst getan hast, und dass der mögliche Nutzen nicht den potentiellen Schaden aufwiegt. Also lohnt sich das Verbrechen grundsätzlich nicht.
Darth, das ist wirklich nett, aber wenn am Ende des Biologismus nur rauskommt, was jede Deutsche Vorabendserie verkündet, dann kannst Du auch in die Kirche gehen. Verbrechen lohnt nicht, Homosexualität soll nicht, da statistische Randerscheinung, ansonsten sollte man sich gegenseitig helfen, das ist die Botschaft vom dunklen Darth, dem Sprecher der dunklen Seite der Macht, dem egozentrischen Nihilisten? Das ist hat für mich was von Rosamunde Pilcher oder Papst Irgendwer IV.
Ein so langer Anlauf um dann beim, „Zieh dir die Schuhe aus und wasch dir die Hände“-Wohlfühlkonservativismus zu landen?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
darth Nefarius hat geschrieben:Die Anzahl an Enttäuschungen ist nicht relevant, die Qualität ist entscheidend. Es gibt genug andere Orte, die wunderschön sind und dennoch nicht so gefahrenreich. Der Unterschied besteht in der Zivilisation.

Hattest Du nicht gesagt, Kultur wird überschätzt? Hattest Du.
Ja, die Kultur wird überschätzt. Ich habe sie auch als Luxus bezeichnet. Ich habe mich dem Luxus aber nicht verschlossen, Lucus definiert sich aber eben dadurch, dass er grundsätzlich überflüssig ist. Genuss kann er trotzdem verschaffen. Oder anders: Ich kann den Petersdom aufgrund seiner handwerklichen und historischen Bedeutung bewundern, aber ich werfe mich nicht auf den Boden und fange an zu beten. Ich kann ein Stück luftgetrockneten Schinken aus Spanien genießen, muss aber nicht den Stierkampf vehement verteidigen oder billigen. Luftschinken und Tourismus sind Luxus. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden.
Sicher, dagegen ist nichts einzuwenden. Nur ist die Rosinenpickerei die Du betreibst ein scharfer Kontrast zur stilisierten Selbstdarstellung des immer nur logisch Argumentierenden.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon stine » Sa 27. Apr 2013, 09:22

Vollbreit hat geschrieben:Ein so langer Anlauf um dann beim, „Zieh dir die Schuhe aus und wasch dir die Hände“-Wohlfühlkonservativismus zu landen?
Das hat sich eben bewährt und kommt weiter!
Schön ist aber doch zu beobachten, dass am Ende aller Diskussionen doch noch jeder selber drauf kommt.

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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 27. Apr 2013, 16:16

Vollbreit hat geschrieben:Eine Prämisse kann falsch sein, aber nicht unlogisch.
Unlogisch, im Sinne von logisch falsch, kann nur ein Schluss sein.

Ich habe ja plausibel genug geschrieben, wieso Prämissen eigentlich Beinahe-Konklusionen sind. Prämissen werden nicht willkürlich gesetzt, auch sie haben eine Herleitung und damit sind sie nie echte Prämissen, sondern eher Konklusionen zweiter Klasse. Diese kann man als rational oder irrational einstufen, als logisch oder unlogisch.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Prämissen sind letztlich keine vollsttändigen Konklusionen, dennoch haben sie im Praktischen einen ähnlichen Charakter.

Nein, Konklusionen sind Schlüsse, aus Prämissen. Prämissen sind einfach Annahmen. Nichts weiter.

Annahmen basieren auch auf etwas: Wunsch, Beobachtung, etc.. Beispiel: Wir sind uns ja mehr oder wenig einig gewsen, dass die Annahme einer Gottesexistenz eine Prämisse ist (ich sage in diesem Satz also nur Annahme=Annahme). Aber wie kommen Menschen zu dieser Annahme? Ist sie willkürlich gesetzt? Ist es Zufall, ob man Atheist oder Gläubiger wird? Nein, denn der Glaube basiert auf Wunsch; die Annahme, dass es einen Gott geben muss, folgt auf den Wunsch, dass es einen geben muss. Wenn es auf etwas folgt, ist es eine Schlussfolgerung. Allein dadurch, dass die Prämisse nie am Anfang stehen kann, ist sie nie eine echte Prämisse. Auch diese leiten sich letztlich aus Wille und Wunsch, aus der Natur des Menschen, seiner Triebe und Motive her. Wille, Wunsch und Instinkt stehen vor Wissen und Glaube, sie setzen die abstrakten Prämissen für unsere Philosophien. Aber dadurch werden auch Prämissen letztlich zu indirekten Konklusionen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Was wiederum die "Prä-prämissen" sind, ist dann interessant: Ist es ein Wunsch (wie beim religiösen Wunschdenken), ist es eine Beobachtung oder wieder was anderes. Die Qualität einer Prämisse kann ich somit bewerten, was ich auch getan habe. Wenn die Prämisse nichts taugt, sind alle darauf basierenden Konklusionen wertlos.
Das ist richtig, nur kannst Du nicht einfach per Dogma verkünden: Religionen sind Mist. Schokoladeneis schmeckt nicht. Alle Menschen sind Egoisten.

Habe ich ja auch nicht ohne Kontext: Beobachtung, die Basis für meine Prämissen. Aus meiner Philosophie (dem Empirismus, u.a.) folgere ich, dass die aus Beobachtung hergeleiteten Prämissen mehr Wert besitzen als die aus willkürlichem Glauben und Wunsch. Warum? Weil Willkür als Grundlage nicht zum Handeln taugt, weil der Umgang in der realen Welt nur durch Prämissen, die auf realer Beobachtung (direkt oder indirekt) basieren, zielführend, praktisch ist. Wenn eine ganze Einstellung, eine Philosophie/ein Glaube letztlich nur auf Wunsch basiert (dem, was der Prämisse vorgeht), ist es Mist. Was ist denn die Definition von Mist? Feces, Exkremente; also Material, welches durch Stoffwechselprozesse übrig bleibt und uns nichts nützt. Religion ist damit Mist, wir verstoffwechseln einiges, während wir uns mit ihr beschäftigen, aber es kommt nur Mist raus.
Vollbreit hat geschrieben:Sind Prämissen logisch falsch aus anderen Schlüssen gezogen, müsstest Du deren Fehler nachweisen. Der Fehler kann aber auch wo anders liegen. Ich könnte sagen: „Der K2 ist der höchste Berg der Erde.“ Oder: „Paris ist die Hauptstadt von England.“ Hier ist die Prämisse falsch, aber es wäre nicht logisch falsch, damit zu argumentieren, wenn richtig geschlossen wird.

Nun, diese Prämissen sind nicht willkürlich gesetzt (also diese gewiss, aber diejenigen, auf denen Religionen oder Philosophien aufgebaut sind, nicht). Du hast entweder den Wunsch, oder die Beobachtung, die dich zu solchen Aussagen treibt. Sich Prämissen nach Wunsch zu basteln ist unlogisch (oder besser irrational).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wieder eine falsche Prämisse: Die meisten Menschen wählen nicht nach empirischer Verifizierbarkeit, sondern nach Wunsch.
Durchaus richtig, der Quatsch mit der Verifizierbarkeit ist ja von Dir.
Verifizierbarkeit bedeutet, dass ich sagen kann, ob etwas "falsch" oder "richtig" ist. Du hast ein paar Zeilen oben lediglich bestritten, dass Prämissen logisch oder unlogisch sein können. Aber wie gesagt, da wir unsere Prämissen nicht willkürlich wählen, haben sie auch eine Herleitung, wieder andere Prämissen (die vielleicht nur diffuse Triebe oder genauere Motive sind).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und auch wenn das so ist, so bestimmt nicht die Masse, was logisch, wahr ist oder eine Tatsache.
Jein. Konventionen sind auch Tatsachen.

Nein, Konventionen sind Konventionen und Tatsachen Tatsachen. Abgesehen davon betreffen Konventionen dieser Art nicht ein Volk, sondern meist Experten (zumindest wenn es um soetwas wie Tatsachen geht). Damit ist es eher eine Angelegenheit (wenn überhaupt) von sprichwörtlichen Aristokraten (also den Besten, nicht der Masse).
Und das ist auch keine Demokratie. Wenn der Name einer chemischen Verbindung entschieden wird, bestimmt ihn JUPAC, niemand anderes zumindest sind sie diesbezüglich die Autorität).
Vollbreit hat geschrieben:Mal bestimmen das wenige (Pluto ist heute kein Planet, 1980 war er ein Planet), mal viele (Ein Handy zu haben ist ein Muss, 1980 nicht). Logisch wahr ist, was gemäß den Schlussregeln richtig geschlossen wurde. Eine Tatsache ist, was der Fall ist. „Es regnet.“

Es ist ja keine Tatsache, dass ein Handy ein "Muss" ist. Ich muss keines besitzen, also ist es kein Muss. EInige besitzen immer noch keins und können trotzdem überleben, arbeiten, konsumieren, kooperieren. Ich bin nicht bei Facebook, werde es auch nie sein. Also auch kein Muss. Modeströmungen sind keine Tatsachen, es sind nichtmal richtige Konventionen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wahrheit ist keine Sache der Demokratie, da kannst du deinen Kopf noch so oft gegen die Wand hämmern.
Bei uns gilt die Todesstrafe nicht, das ist eine Wahrheit unserer Demokratie.

Das ist nur ein Beschluss, keine Wahrheit. Übrigens ist bei Cholesterin wichtiger, wie das HDL-LDL-Verhältnis ist. Gesetzliche Krankenkassenuntersuchungen sagen dir das nicht, aber nachfragen lohnt sich. Du kannst auch mit einem erhöhte Cholesterinspiegel kerngesund sein, wenn dein Verhältnis günstig ist (soviel vom Biochemiker). :klugscheisser:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Dantes Vorstellungen waren da beispielhaft: Ein Kreis der Hölle ist für die tugendhaften Nicht-Gläubigen reserviert, der nächste für eigentlich unschuldige, aber eben nicht getaufte Totgeburten, usw...
Es bedeutet also, dass manche grundsätzlich zum Verdammten geboren sind, nach Vorstellung der Religionen. Denn wieso landen sie sonst in der Hölle, wenn sie eigentlich nichts zu verschulden haben, außer Pech (=Schicksal) gehabt zu haben?
Man kann konvertieren, das ist der Gedanke der Mission. Billiger geht es doch kaum, stell Dir mal vor Du wärst kein Arier und im Dritten Reich geboren.

Konvertiten wurden und werden noch heute nicht als Vollwertig betrachtet. Und ein Selbstmordattentäter versucht ja nichtmal zu konvertieren, also geht er offensichtlich davon aus (wie ich es darstellte), dass das nichts bringt und die Leute gleich in die Luft gejagt werden müssen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Religionen, die Selbstmordattentäter hervorbringen (von denen du reden wolltest) sehen es genau so.
Andere zu ermorden ist der durchaus nicht unlogische, aber perverse, Versuch, ihre Seele zu retten.

Das geschieht durch Verbrennung, Steinigung, und andere geheiligte Formen der "Reinigung". Aber soweit ich weiß, gehört "in die Luft jagen" nicht zu diesem Katalog. Hier geht es nur um eins: Vernichtung.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und hast du mal darüber versucht nachzudenken, was die Prämissen sind? Man nennt sie bei der Handlung auch Motive, davor Triebe.

Prämissen sind Annahmen. Es gibt übrigens auch kein „logischer“. Etwas ist logisch wahr oder falsch. Ein bisschen wahr ist wie ein bisschen schwanger.

Es gibt immer Grauzonen. Eine Schwangerschaft wird durch Hormonspiegel im Blut untersucht, diese können aber auch nur mal ausufern. Selbst eine Befruchtung muss nicht zur Schwangerschaft führen, sofern einige letale Mutationen dies gar nicht erst erlauben. Die Frau merkt dann nicht mal, dass sie "schwanger" war.
Vollbreit hat geschrieben:Natürlich kann man Handlungsweisen als egoistisch bezeichnen, das wurde doch nie bezweifelt. Nur, dass alle Wesen stets egoistisch motiviert sind, ist halt Mist. Hier ist die Argumentation wirklich mal logisch für die Tonne, da auf einem Fehlschluss errichtet, einer petitio principii, wie bereits zum Erbrechen oft von Agent, laie, Nanna, mir und anderen, die sich vergessen habe, ausgeführt.
Nur Du weißt halt nicht was eine petitio principii ist. Das ist ein empirisches Faktum. Übrigens eines, was von der Mehrheit der Wissenden erkannt wird.

Das ist kein empirisches Faktum, die Wissenschaftler (also die Naturwissenschaftler, nicht Soziologen) kannst du gern zitieren. Und ich habe schon diverse male die Definitionen zum Erbrechen von petito principii vorgetragen, obwohl es gar nicht nötig war, immer wieder Rechenschaft abzulegen. Eine petito principii ist nur eine besondere Form der Prämisse (eine Prämisse ist auch kein empirisches Faktum), aber was ich über den Egoismus schreibe, sind Konklusionen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Eine Erfahrung gewinnt erst dann einen Wert, wenn du eine bestimmte Tendenz hast, mit ihr umzugehen. Bsp.: Du bist ausgeraubt worden. Das ist deine Erfahrung. Aber eine Erfahrung, ein Wissen, eine Situation, ein Erlebniss verleiten dich nicht zu handeln. Dann kommt der Wille hinzu (welcher eine natürliche Ausprägung im Idealfall hat). Der bewertet und stellt fest, dass du nicht ausgeraubt werden willst (nicht nochmal), dass du deinen Besitz also schützen musst.
Was ist denn der Wille, wenn nicht die Fähigkeit gemäß eigener Prämissen zu entscheiden?
Das ist richtig, aber die Prämissen stehen nicht vor dem Willen, der Wille existiert vor den Prämissen. Der Wille ist die wohl einzige echte Prämisse, Erfahrung schrenkt ihn dann soweit ein, dass er zwischen Optionen entscheiden kann. Aber Erfahrung und Kultur bestimmen letztlich nicht, was du für Prämissen setzt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Usw. Erfahrung und kulturelle Prägung bieten keine Tendenz zur Handlung, der egoistische Wille entscheidet auf deren Grundlage, wie es weitergeht.
Handlung wird das Verhalten genannt, was man begründen kann. Kulturleistung. Der Gegensatz wäre ein Reflex, der rein natürlich, angeboren ist.
Es ist aber okay und geboten, die philosophische Definition von Wille und die biologische zu trennen. Keiner der Fraktionen hat ein Hoheitsrecht über den Begriff, man muss sich nur einigen, auf welchem Boden die Argumentation fortschreiten soll. Wenn Du sagst: Alles aus Sicht der Biologie, so ist das vollkommen in Ordnung, das erst mal auszuführen und nicht im Ritt das Pferd zu wechseln.
Keine Ahnung, wo ich das Pferd gewechselt haben soll. :ka: Die Unterscheidung zwischen Wille aus Kulturleistung und Wille aus Reflex ist unsinnig, sofern du darauf anspielst.
Vollbreit hat geschrieben:
Immanuel Kant hat geschrieben:§1
Erklärung

Praktische G r u n d s ä t z e sind Sätze, welche eine allgemeine Bestimmung des Willens enthalten, die mehrere praktische Regeln unter sich hat. Sie sind subjektiv oder M a x i m e n, wenn die Bedingung nur als für den Willen des Subjekts gültig von ihm angesehen wird; objektiv aber oder praktische G e s e t z e, wenn jene als objektiv, d.i. für den Willen jedes vernünftigen Wesens anerkannt wird.


Widerspricht keineswegs meinen Folgerungen: Letztlich kommt dem Willen die filternde Funktion zu. Also die, zwischen den Optionen zu entscheiden. Praktische Regeln haben erst dann einen Wert, da sie entweder gewollt oder ungewollt sind (bzw. ihre erhofften Konsequenzen). Und dann fragt sich, was der Wille eigentlich will. Kant hat den Egoismus nicht erkannt und sich zirkelschlüssig in einem "guten" und einem "bösen" Willen gewunden. Aber sogar er hat nunmal erkannt, dass es letztlich auf den Willen ankommt, um die Prämissen, die Formen für den Filter zu bewerten und erwünscht auszufüllen. Nur durch den Egoismus wird dann auch aus den reziproken Annahmen, dem kat. Imperativ mehr oder weniger etwas Taugliches.
Vollbreit hat geschrieben:Darum geht es nicht, sondern um die Beachtung der Konsequenzen meiner Entscheidung für die Gesellschaft. Erstaunlicherweise kann man über manche Philosophen noch einen zweiten Satz verlieren.
Mit kollektiver Intelligenz hat das nichts zu tun.

Wie gesagt, es geht dann um Interaktion und die Wirkung für das Gegenüber. Entweder ist das gegenüber ein Individuum oder ein Kollektiv. Deine Unterscheidung ist sinnlos.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Deine Formulierung geht also in Vorleistung????
Nein, auf dem Boden der Ethik geht man in Vorleistung.
Du drehst dich im Kreis. Versuchst einerseits zu argumentieren, was nicht selten dazu führt, dass es keinen Unterschied zu meiner Argumentation gibt und dann kritisierst du genau das, was unsere Argumente oder Thesen gemeinsam haben. Also wie willst du jemanden vom Gegenteil überzeugen, wenn du dir permanent selbst ins Bein schießt?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe darauf verwundert gefragt, was denn der Unterschied zu meiner Aussage sein soll. Ich erkenne bei deiner Formulierung nicht, wo da die Vorleistung sein soll, unterstreiche sie ggf.. Ich lese nur am Anfang "Da ich gut behandelt werden möchte..." Ist das etwa nicht egoistisch motiviert???

Nicht ausschließlich, denn ich beziehe ja die Leidensfähigkeit anderer mit ein.

Die Leidensfähigkeit anderer miteinzubeziehen fällt nicht unter Wille, sondern unter Erfahrungswert, welcher den Willen letztlich kanalysiert. Es steht dann wieder dein Beispiel des Vergewaltigers im Raum, der vielleicht sogar die Leidensfähigkeit seiner Opfer erkennt, sie ihn aber nicht stört. Es kommt dann auf die Ausfallsicherung an (die biologische, instinktive): Empathie. Auch in deiner Formulierung baust du letztlich nur auf Egoismus und Empathie. Also wieder kein Unterschied zu meiner Argumentation. Du stocherst im Nebel, obwohl du letztlich auf das selbe wie ich hinauswillst.
Vollbreit hat geschrieben: Ich könnte ja auch sagen: „Ich möchte gut behandelt werden, aber was mit anderen ist, interessiert mich nicht. Ich behandele die gut, die mir nützlich sind, die mir nichts nützen behandele ich nicht gut, was hab ich denn davon?“ So verstehe ich die Konsequenzen aus Deiner egoistischen Ethik. Wenn ich falsch liege, korrigier mich. Dass Du nur die beachtest, die Dir was bringen finde ich ethisch problematisch.
Dazu habe ich genug geschrieben: Stichworte Egoismus, Empathie/Emotion.
Es ist ja nicht so, dass uns alle Menschen gleich viel bedeuten. Den meisten eben nur die, die sie persönlich kennen und schätzen und die, die ihnen nützlich sind. Mag unethisch sein, aber dann taugen die Bedingungen der Ethik nichts. Immer wieder zu sagen, dass etwas ethisch problematisch ist, überzeugt mich nicht. Das ist kein Argument, da Ethik kein Argument bietet, sondern nur fordert (ohne Nachvollziehbarkeit).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Abgesehen davon steht nirgends, dass ich in Vorleistung gehen muss, wenn ich Ethik anwenden will.
Ethik meint allgemein den Austausch über ein Sollen. Wie sollte man/ich handeln? Ethik „steht“ auch nirgendwo, höchstens bestimmte Maximen, da sie die Entscheidung über konkrete Fälle gerade nicht ausformulieret sondern dem einzelnen überlässt.

Tja, und ein Sollen bedeutet nicht, dass ich nicht nach einem "Warum" fragen darf. Warum soll ich? Ein Sollen bedeutet nicht, dass man von Vorleistungen befreit ist, oder von den Ansprüchen befreit sein muss, etwas als Gegenleistung zu verlangen.
Vollbreit hat geschrieben:Du drückst Dich ja schon wieder. Ich schreibe nicht vom Vergewaltiger, sondern vom kleinen alltäglichen Mobbing, im Büro, der in der Schule. Versagt Deine Nutzenethik bereits da?

Ethik bringt bei mangelnder Empathie auch nichts. Soweit ich mich erinnere, hat ein "Du sollst ihn nicht schlagen" den Mitschülern auch nicht dazu gebracht, dass sie es lassen. Ein härterer Schlag als Antwort allerdings schon. Und du schreibst ja von Vergewaltigern, das war dein Beispiel, also drück du dich nicht, wenn ich auf deine Beispiele eingehe. Mobbing bedeutet nur alsoziales Verhalten, Abneigung. Es fehlt die Annahme von Nützlichkeit und die Fähigkeit zur Empathie bei Abschaum, welcher mobbt. Es sind dumme (da sie den Nutzen eines Menschen nicht erkennen) und unempathische (da sie nichtmal die Emotion von Gewalt abhält) Kreaturen, die oft nur Schläge wie ungebändigte Tiere verdienen. Nur das taugt oft als Gegenmaßnahme: Gewalt erwidern (und dann nicht unbedingt mit Schlägen, in der Schule mag das noch praktikabel und einfach sein, aber dann eben mit den eigenen Waffen). Ein "du sollst" hat nach meiner Erfahrung noch nie funktioniert. Es muss entweder einen emotionalen oder einen intellektuellen, praktischen Anreiz geben. Deswegen funktionieren Selbstanzeigen bei Steuerhinterziehern nicht, funktioniert ein Gesetzesbuch nicht ohne Polizei.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 27. Apr 2013, 18:06

Vollbreit hat geschrieben:Stimmt, explizite Forderungen fomulierst Du nicht, aber Du bestehst immer darauf, dass der Mensch so handeln müsse, wie er mehrheitlich handelt.

Nein, ich will letztlich immer nur darauf hinaus, dass Ethik und Moral überflüssig sind, oft sogar schädlich. Wenn wir ohnehin alle egoistisch und empathisch handeln, so reicht es aus, diverse Szenarien durchzugehen und über Nutzen nachzudenken. Welche Arten von Nutzen es gibt. Training zur Empathie wäre die zweite Absicherung. Aber beides wird durch Moral und Ethik eher unterdrückt, kümmerlich gehalten, da sie versuchen einen Ersatz für Gefühl und Egoismus darzustellen. Das sind weder implizite noch explizite Forderungen. Du liest nur welche heraus, ist aber nicht meine Schuld. Es bringt meiner Meinung nach schlichtweg nichts, zu fordern. Entweder überzeuge ich die Gegenseite oder nicht. Entweder will die Gegenseite so handeln oder nicht. Ich kann nur den Willen durch Argumente beeinflussen, mehr nicht. Das ist kein Fordern, da ist kein Sollen. Höchstens eine Anleitung, eine Empfehlung.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nun, in gewisser Weise ist es ja nützlich, kein Vergewaltiger oder religiös zu sein. Bestreitest du das etwa?

Darum geht es gar nicht, es geht darum zu zeigen, wie Du argumentierst. Wenn es sich gut anhört, dann erscheint es Dir sonnenklar auf Seiten der Mehrheit zu sein (kein Vergewaltiger), aber bei der Bild-Zeitung oder facebook möchtest Du der Argumentation dann nicht mehr zustimmen. Rosinenpickerei.

Richtig, denn nicht alles, was die Mehrheit tut ist auch nützlich. Ich entscheide nicht nach der Mehrheit, sondern nach dem Nutzen. Für mich ist etwas nicht dann zwangsläufig nützlich, wenn es die Mehrheit tut. Es ist lediglich die Möglichkeit, dass es so ist (die Beobachtung, die These, das Indiz). Und ich erinnere mich noch an den Ausspruch eines Politikers, der es eben deshalb für nützlich hielt, die "Bild, Bams und Bunte" zu lesen, da die Mehrheit es tat. Also ist der Gedanke erstmal nicht abwägig. Dann fragt sich nur, was man anstrebt: Als Politiker muss ich natürlich der Meinung folgen, die Meinung bilden und beeinflussen. Als Naturwissenschaftler mit weniger sozialer Interaktion kann ich mich auf rudimentäre Runtimes beschränken und brauche deswegen Facebook und co. nicht. Eine Rosinenpickerei, die wieder durch Nützlichkeits- und Notwendigkeitserwägungen begründet ist. Egoist zu sein ist rudimentärer, essentieller als die Bild zu lesen. Zur Gläubigkeit habe ich ja geschrieben, dass es ausreicht vorzugeben, dass man einer ist, wenn man schon keiner ist (Mimikry).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ein Vergewaltiger hat den Nachteil, dass er im Knast landet, geächtet wird und unfähig zur Empathie ist. Es ist also ein nutzloser Zustand.

Was für ein Unfug. Und wenn er nicht im Knast landet? Übrigens, Knast, ist das ein Naturprodukt? Warum sollte es einen Vergewaltiger stören, wenn er unfähig zur Empathie ist?

Es geht nicht darum, den Vergewaltiger zu stören, sondern ihn aus dem Verkehr zu schaffen. Und Empathielosigkeit bedeutet nicht, dass er sich nicht noch selbst leid tun kann (er sitzt ja im Knast, er ist offensichtlich zumindest zur Feude fähig, leider durch Vergewaltigung. Also ist es naheliegend, dass er auch zum Leiden fähig ist). Und Knast steht für soziale Ächtung, Strafe, eine (natürliche) Konsequenz der nicht Vergewaltigenden Mehrheit. Früher wurde ihnen einfach der Schädel eingeschlagen, die Eier abgeschnitten, wenn es störte.
Vollbreit hat geschrieben:Super Sache, plagt ihn wenigstens kein schlechtes Gewissen, sehr nützlich. Ist halt einfach nur eine etwas egoistischere Spielart der Evolution. Alles kein Problem. Wer aggressiver ist, kommt in einer nichtaggressiven Gesellschaft weiter, muss ich Dir ja wohl nicht erklären.

Die gesellschaft ist in Summe sehr aggressiv. Auch wenn die meisten einzelnen Individuen aus Opportunisten bestehen, so schaukeln sich Massen zur Aggression hoch und fühlen sich stärker. Von den Schwächlingen als "Gruppenzwang" bezeichnet.
Vollbreit hat geschrieben:Gut, das wollte ich mal lesen, schön dass Du das neben ganimed nun auch anerkennst. Es ist nützlich religiös zu sein.

Es ist auch nützlich ein Idiot zu sein, es ist nützlich, nicht denken zu müssen, sich nicht seiner Sterblichkeit bewusst zu sein, nicht über Leid nachzudenken, nicht über Ungerechtigkeit. Das ist alles nützlich, aber eben bei intelligenteren Menschen nicht möglich. Intelligenz, Wissen, Erkenntnis mehrt das Leid. Eine abartige Ironie. Das bedeutet noch lange nicht, dass ich Religion für nützlich halte. Ein Zombie unter Zombies überlebt nunmal, wird nicht auseinandergerissen und gefressen. Es ist deswegen noch lange nicht wünschenswert auch einer zu sein, die Zombieseuche wäre dann immer noch schädlich. Die Religion ist schädlich, aber solange es viele Religiöse gibt, ist es nützlich religiös zu wirken. Die meisten sind es tatsächlich, die anderen betreiben Mimikry. Der Rest stößt an Probleme.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich sage "etwas ist nützlich", so ist es wieder nur eine Beschreibung, damit keine Forderung, damit kein Fehlschluss. Ist es so schwierig, das zu erkennen?
Für Dich ganz offensichtlich. Denn leider hast Du Deine eigene Prämisse vergessen, dass der Mensch (wie jedes Leben) ja gar nicht anders kann, als stets nach dem Nützlichen zu streben. So sind wir programmiert, sagst Du.

Und das alles ist noch keine Forderung. Also kein Fehlschluss. Du hast es nicht begriffen.
Vollbreit hat geschrieben:Und was die Mehrheit macht, ist dann kooperativer und für alle noch etwas nützlicher.

Ein Kind begreift schon diesen Zusammenhang. Warum du nicht? Affen imitieren sich untereinander, betrachten die Problemlösungsstrategien, um meinetwegen einen Ameisenhügel richtig auszunehmen. Wenn die meisten einen Stock und keinen Stein benutzen, hat es offensichtlich einen Nutzen. Die Mehrheit ist kein sicheres Indiz für maximalen Nutzen, aber eine gute Annäherung. Aber wenn man besser mit selteneren Konzepten auskommt, hat man sogar einen gewissen Vorteil gegenüber der Masse. Solche Ausprägungen gibt es hin und wieder. Fällt alles unter Variation und die Fähigkeit, etwas zu hintergfragen.
Vollbreit hat geschrieben:Aber vergessen wie die Widersprüche mal für einen Moment: Wenn gilt, dass der Mensch (das Leben) stets nach dem Nützlichen strebt, wird aus der Deskripton implizit, aber postwendend ein Imperativ. Kapiert? Nein, darum noch mal langsam: Deskription, dass die Mehrheit nun mal so und nicht anders handelt, ist ja eine Beschreibung eines Ist-Zustandes. Die Mehrheit handelt aber nicht einfach so „so und nicht anders“, sondern, aufgrund eines Einpendelns auf dem maximal nützlichen Level. Man muss nicht, man könnte auch anders, aber damit verletzt man das Spiel und mutiert zum Schädling. Und in einer egoistischen Welt erfährt jemand der Dir nichts nützt, keine Beachtung. Ergo: Wenn Du gut behandelt (oder überhaupt beachtet) werden willst, dann spiel' mit, bei dem nützlichen Spiel der größten Zahl. Damit hast Du ein implizites ethisches Gebot formuliert.

Nein, ich habe gefolgert, dass es möglicherweise nützlicher ist. Ob ich es so mache, ist eine andere Frage. Natürlich reicht der Anreiz, nicht ausgestoßen zu werden und einen Nutzen davon zu haben aus, um eine Tendenz zu implizieren, aber das wäre immer noch kein Sollen. Es reicht der Wille, ein Sollen ist illusorisch. Hier erfolgt eine Handlung nur aus einer Schlussfolgerung, die wiederum aus einer Beobachtung erfolgt. Ich erkenne eine günstige Handlungsoption und kann mich für sie entscheiden. Keine Ethik. Was mich verleitet, diese Option zu wählen, ist mein Wille.
Vollbreit hat geschrieben:Eben, wer selbst nichts nützt, darf ausgenutzt werden.

Nein, von "dürfen" habe ich nichts gesagt. Es spielt für die Realität keine Rolle, ist oft wiedersinnig (dort ist es erlaubt, dort nicht), also verdient es keine Betrachtung.
Vollbreit hat geschrieben: Dann nützt er wenigstens, als Spaßbeschaffer für die Vielen. Faschos dürfen Penner zusammentreten, da Penner sowieso nutzlos sind, nutzlose Frauen dienen dem Vergewaltiger als Fickpüppchen, so bekommen sie wenigstens noch eine Nutzenfunktion. Und Du weißt nicht, wie Du dieser Argumentation etwas entgegensetzen sollst und dichtest Dir was von Kooperation zusammen und dass ja alle Nazis und Vergewaltiger immer in den Knast kommen.

Kein Dürfen wurde postuliert, die ethische Kategorisierung ist untauglich, da inkonsequent und nicht bindend. Nur der Wille ist das. Der Wille setzt sich aus dem egoistischen Antrieb zusammen und der Empathie. Der Verstand kann den egoistischen Antrieb formen und überlegen lassen, nach dem maximalen, eigenen Nutzen durch verschiedene Methoden suchen lassen (bevorzugt beim Menschen: Kooperation). Manche Menschen besitzen weder noch und werden zu Verbrechern. Ich habe weder einen Verbot, noch eine Erlaubnis für irgendetwas ausgesprochen, krieg das in deinen Schädel. Ich formuliere nur Beschreibungen und Schlussfolgerungen. Die Schlussfolgerungen zu asozialem Verhalten sind, da sie nicht erwünscht sind, zu verhindern oder zu bestrafen sind. Das tut eine Polizei, ein Strafapparat. Forderungen bringen nichts, nur Konsequenzen ziehen.
Vollbreit hat geschrieben:Du kannst es nämlich Gewaltorgien jeder Art nur durch die Gestaltung einer Phantasiewelt delegetimieren, in der am Ende, wie im Kitschfilm, der Böse geschnappt wird und seine gerechte Strafe bekommt und das Gute siegt. Star Wars meets Dawkins.

Ehrlich gesagt finde ich Star Wars höchst ungerecht: Die verdammten Jedi und die dreckigen Rebellen gewinnen, werden trotz Kriegstreiberei/Terrorismus als Helden betrachtet. Und Emotion, Leidenschaft und Menschlichkeit werden als Vorstufe zum Bösen betrachtet und dargestellt. Tragische Unvermeidlichkeiten des Handelns werden als Ergebnis von unverschuldeten, dummen Zufällen oder Manipulationen, die auch unverschuldet sind, dargestellt: Wenn du eine Frau liebst, wenn du dich manipulieren lässt, verdienst du es, dass deine Körperteile abgesäbelt werden. Meist schaue ich mir nur Episode V und III an, da ist das Leben noch irgendwie gerecht (denn die vermeindlich Bösen gewinnen, oder die vermeindlich Guten bekommen ordentlich auf die Fresse).
Nein, die Welt sieht für mich so nicht aus. Ich formuliere es so: Ich beobachte etwas, ich bewerte es und dann ziehe ich die Konsequenzen. Ich gehe nicht davon aus, dass alles schon irgendwie gut wird, sondern ich (wie in der Natur herauszulesen) für das, was ich will, arbeiten/kämpfen muss.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Danach zu fragen, was und ob etwas legitim ist, ist völlig überflüssig für die Realität und den egoistischen Willen. Im zweifelsfall hat jeder die vermeindliche Legitimität einer Handlung schon 100 mal nicht berücksichtigt.
Die Hemmschwelle ist dann nur noch die Empathie, eine biologische Vorraussetzung, um als "gut" zu gelten. Kein Mensch wird sagen, dass er seine Freunde nicht übers Ohr gehauen hat, weil es "nicht legitim ist", sondern weil man ihnen nicht wehtun will, weil man sie nicht beleidigen will, nicht will, dass sie leiden.

Völlig in Ordnung und ein nobler Zug, nur: Woher weißt Du denn, dass Deine Freunde leiden? DU fühlst es ja nicht. Nicht mal bei intakten Spiegelneuronen. Du fühlst dann nur Dein Leid, ausgelöst von einem anderen.

Ich fühle Leid durch Empathie, durch Spiegelneuronen. Die Ursache des Leids ist das Leid des Freundes/der Freundin/des geliebten Menschen/der geliebten Menschen. Also ist es zwar richtig, dass ich genaugenommen nicht wissen kann, dass die Freunde leiden, sondern dass ich es annehme. Aber ich kann wie gesagt gar nichts wissen, ich nehme immer nur an. Und es ist eine instinktive und somit zuverlässige Annahme, dass sie leiden, wenn ich Mitleid empfinde. Unsere Wahrnehmung von Licht, von Geräuschen ist auch instinktiv, wir wissen genaugenommen nichts über die tatsächlichen Eigenschaften, wir leiten sie uns durch unsere Wahrnehmung und unsere instinktive Interpretation her.
Vollbreit hat geschrieben: Der Egoist muss nicht sagen: „Hey, ich fühl mich immer depri wenn mein Kumpel in meiner Nähe ist, also muss ich denn mal fragen, was mit ihm los ist, vielleicht kann ich ihm helfen.“ Ein Egoist kann auch sagen: „Boah, was ziehst Du mich immer runter, Arschloch. Verpiss dich und geh mir auch der Sonne, bis deine Scheißlaune endlich wieder vorbei ist.“ Kann eben nicht jeder gut drauf sein und warum sollte man sich von anderen runterziehen lassen? Der Deprivogel nützt mir nichts.

Der Deprivogel kann einem immer noch emotional wichtig sein, deswegen ist es adäquater ihm zu helfen, wenn man nicht die Beziehung verschlechtern oder beenden will. Emotionen können binden, für soziale Wesen ist es auch ein Wunsch, ein Motiv, die Bindung aufrecht zuerhalten. Damit fällt der Vorschlag weg, sich zu verpissen.
Vollbreit hat geschrieben:Tja, nur leider gibt es völlig unempathische, aber hochintelligente Menschen. Erfolgreich, zielstrebig, aber chronisch desinteressiert an anderen, kommen sie sogar gesellschaftlich oben an. Das Leben sorgt halt nicht dafür, dass die Bösen immer dumm und häßlich sind und das Gute gewinnt. Meinst Du es hat noch kein Psychopath geschafft seine Nummer bis ans Ende durchzuziehen?
Doch gewiss. Aber nur weil es mir nicht gefällt, kann ich daraus keine Forderung ableiten, die etwas an diesen Situationen verändert. Wie du schon festgestellt hast: Die Welt ist kein Happy End. Ich fordere nicht, weil mir alles gefällt, sondern weil es nichts bringt. Ich muss handeln, wollen. Ethik ist nutzlos.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 27. Apr 2013, 18:10

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das hat auch keine ethische Dimension, sondern wieder eine emotionale. Auch allen anderen spielt kein befehl, keine Forderung die Rolle, einen eigentlich nutzlosen Menschen eventuell gut zu behandeln.
Du verwechselst zwei Dinge. Ethik und den Zwang/Wunsch sich dran zu halten. Richtig ist, kein ethisches Gebot und kein Gesetz (und stünde die Todesstrafe auf seine Übertretung) muss zwingend eingehalten werden. Immer werden einige Menschen sich nicht an Gebote und Gesetze halten. Aber das macht eine Tat nicht gut oder richtig, sie bleibt falsch und ggf. verachtenswert. Und darum geht es.

Und um die Tat zu verachten brauche ich auch keine Ethik. Also, wenn sie weder praktisch nützlich ist, noch notwendig ist, um zu erkennen, was ich will und was nicht, wozu taugt sie dann? Zu gar nichts. Es geht nur darum, was ich will (du moralisierst deinen Willen, erhebst ihn auf das, was richtig/gut ist. Ich nicht).
Vollbreit hat geschrieben:Emotional, also biologisch angeboren, wird aus der Welt auch keine bessere, denn egal wie die Masse tickt (lassen wir sie meinetwegen kooperieren) Ausreißer gibt es immer. Es gibt auch keinen biologischen Automatismus zum Gutsein, Affen bringen andere auch um, einfach weil sie stärker sind.

Richtig, und Ethik und Moral haben daran auch nichts geändert, es sogar verschlimmert.
Vollbreit hat geschrieben:Das ethische Problem ist das des „nutzlosen“ Menschen. Es gibt keinen nutzlosen Menschen. Bzw. man kann das schon so formulieren und sagen, wer einen IQ von unter 60 hat oder im Jahr weniger als 10.000 Euro verdient oder keine blonden Haare hat oder nicht mindestens drei Kinder gezeugt hat oder was auch immer, der sei „nutzlos“. Nur sind die Kriterien der Nutzlosigkeit willkürlich, gefährlich und menschenverachtend.

Ja, sie sind willkürlich, und eventuell gefährlich, aber gewiss nicht menschenverachtend! Was dem beikommen würde, wäre das Training zum Denken, zum Überlegen, Planen, Antizipieren. Besser als jeder Religions- oder Ethikunterricht. Ja, jeder entscheidet selbst, was nützlich ist und was nicht. Manche sind verschwenderisch, andere sparsam, verwerten wieder. Man müsste also die clevere Betrachtung von Nutzen erziehen, dann würde auch jeder noch so kleine Nutzen entdeckt werden. Früher hat man Müll nicht recycelt, jetzt wird er als "Rohstoff" betrachtet. Je intelligenter oder Erfahrener man mit der Umgebung ist, desto mehr potentiellen Nutzen erkennt man. Und wenn jemand einem auch mal nicht nützlich erscheint, so ist das kein Grund der Person zu schaden. Ich ignoriere solche einfach, es würde mir schließlich auch keine Freude bereiten, ihnen zu schaden (das wiederum könnte mir schaden). Also selbst wenn man den Nutzen nicht erkennt, so folgt daraus kein schlechtes Behandeln, sondern nur Distanz. Ich muss einen nutzlosen Menschen nicht verachten, ich ignoriere ihn einfach. Also ist es nicht menschenverachtend. Es ist aber eben auch keine Philanthropie.
Vollbreit hat geschrieben: Tja, hätte Mutter Hawking beim Genscreening erkannt, welche schwere Krankheit das Kind mal bekommt, wäre es nicht besser gewesen ihr zu raten den potentiell Nutzlosen, den biologischen unfitten abzutreiben?

Wenn damals Genscreening möglich gewesen wäre, wären auch PIDs möglich gewesen, ebenso genetische Modifikationen zur Heilung dieses Defizits. Heute könnte man bereits vieles beheben, man will es nur nicht und tötet lieber als zu manipulieren, zu optimieren. Das scheint paradoxerweise "ethischer".
Vollbreit hat geschrieben:Wer mit „Nutzen“ agiert hat immer die Nutzlosigkeit im Gepäck.

Nutzlosigkeit ist dann einfach zu ignorieren, es kommt nur darauf an, dass sie nicht schädlich ist.
Vollbreit hat geschrieben:Und damit ist der Mensch nicht mehr nutzlos, wenn er für andere eine emotionale Bedeutung hat, unabhängig von seiner biologischen Fitness. Somit ist die emotionale Komponente eine ethische Größe.

Nein, die emotionale Komponente ist ein Bestandteil des egoistischen Nutzenkalküls (wie du ja hier selbst schreibst, wird ein "Nutzen" erfüllt). Das Nutzenkalkül ist nur nicht immer so gut, dass es zwangsläufig mehr Fitness bedeutet. Das ist ein inkauf genommener Irrläufer, der für einen 80-Jährigen, der sowieso selbst nicht mehr viel nützen kann oder auf Fitness noch wert zu legen hat, auch nicht wichtig (genauso wie es für ihn unwichtig ist, noch alle Haare auf dem Kopf zu haben oder gesund zu sein. Sein fruchtbares, konkurrenzfähiges Alter hat er dann schon überschritten und kann grau werden, Arthritis bekommen, seine Frau pflegen). Was du zu meiner Mutter schreibst, ist Unsinn und widersprüchlich. Ich habe nie behauptet, dass ich unempathisch bin oder meine Mutter nicht liebe.
Vollbreit hat geschrieben:Empathie ist eine Voraussetzung für Ethik, nur können allgemeine Sittengesetze nicht einzig und allein vom Grad der Zuneigung abhängig gemacht werden, da dies rein subjektiv wäre.

Müssen sie auch nicht, wir sind ja immer subjektiv. Und ich erkenne nicht, wieso ich ein Sittengesetz überhaupt formulieren soll. Ich komme mit Empathie und Nutzenkalkül aus.
Vollbreit hat geschrieben: Wenn ich kenne und mag den schütze ich, der Rest ist mir egal. Das in Indien vergewaltigte 5-Jährige Mädchen kenne ich nicht, also ist es mir egal was mit ihm und andere Kindern passiert? Geht irgendwie nicht.

Doch schon, es ist ja auch Realität. Beobachte mal die Berichterstattung: Zuerst kommt der nächste Skandal zu Uli Hoeneß, dann vielleicht die Todesopfer eines Bebens in China. Zuerst die Loveparade mit 20 Toten, dann ganz beiläufig noch vor dem Sport und dem Wetter vielleicht die Überschwemmungsopfer in Pakistan mit ihren tausenden Toten. Das muss ich von einer Gesellschaft ertragen, die mir Moral predigt. Empathie ist aber leider immer selektiv, Ethik und Moral ändern nichts daran. Aber bei mir verursacht das größere Leid auch mehr Mitleid, auch wenn es eben nicht in Deutschland passiert. Und das ohne Moral oder Ethik.
Vollbreit hat geschrieben:Gerade die düstersten Stunden der deutschen Geschichte hat Menschen als UNNÜTZES Leben, als Schädlinge dehumanisiert.

Nein, das Leben war nützlich, aber durch die Betonung von Moral, Pflicht und Ethik verkümmerte der Verstand, welcher Nützlichkeit hätte erkennen lassen, oder die Empathie, welche noch die letzte Hürde darstellte. Ein Mensch kann grundsätzlich nützlich sein, er ist zumindest durch seinen Tod nicht nützlicher. Empathie weckt er bei einem gesunden Verstand meist auch. Das wurde aberzogen, nur Befehl, nur Sitte, nur Moral und Ethik waren wichtig. Nicht was gewollt oder gefühlt wurde, sondern was getan werden muss, war entscheidend.
Vollbreit hat geschrieben:Der schäbige, arglistige und gierige Jud der uns nichts bringt, aber an unsere Frauen und unser Geld will.

Ja, ein Vorurteil, welches aus verkümmertem Verstand erwuchs. Der Verstand, die Fähigkeit Nutzen zu erkennen, wurden nicht gefördert und sogar als schlecht betrachtet (wie heute).
Vollbreit hat geschrieben:Angestrebt wurde der arische, reine, gesunde Volksköper. Frei von Krankheit, Schwäche, Behinderung, Homosexualität und allem Unarischen. Blond, blauäugig, groß, stolz, an Geistes- und Körperkraft allen überlegen. „Triumph des Willens“. Ein sehr nutzenorientierter, triumphaler und grandioser Ansatz, wie man zugeben muss. Nur eben durch und durch menschenverachtend.

Blödsinn. Es war weder nutzenorientiert, noch grandios, sich zuerst einen Teil des eigenen Volkes und dann Europa und die ganze Welt zum Feind zu machen, allen das Recht auf Leben abzusprechen, die nicht den willkürlich gesetzten Kriterien entsprechen (Blond zu sein bedeutet formell kein Vorteil, es ist genaugenommen ein genetischer Deffekt, da die Farbstoffproduktion, wie bei blauen Augen nicht richtig funktioniert. Aber in manchen Regionen war es eben auch kein Nachteil, deswegen irrelevant). Es war eine logische Konsequenz, dass diese kranke Ideologie bekämpft und besiegt wurde, aber nicht moralisch zwingend. Der Rest der Welt war eben meist nicht arisch und wollte deswegen nicht vernichtet werden, also hat man reagiert. Nicht aus Pflichtbewusstsein, sondern weil man irgendwann selbst angegriffen wurde. Die Amis haben auch erst wirklich eingegriffen, als sie angegriffen wurden. Jeder war sich selbst der nächste. Diese Einstellung hat gesiegt, führte zur Kooperation, zu Bündnissen, die bis heute verhindern sollen, dass ein erneuter Weltkriegausbricht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Es nutzen sich aber nicht immer alle gegenseitig. Es ist nicht alles Kooperation.

Das habe ich auch nicht behauptet. Es ging nur darum zu zeigen, dass Kooperation wie ich sie definiere kein Ausnutzen ist. Das habe ich getan, du stellst wieder eine andere Frage.
Aber so wie Du es definierst, schließt es ein Ausnutzen auch nicht aus.

Doch, denn Ausnutzen bedeutet, dass man dem Gegenüber nicht nützt. Kooperation schließt damit das ausnutzen aus. Allerdings schließt grundsätzliches Nutzenkalkül das Ausnutzen nicht aus. Insofern richtig. Nur gibt es kaum Situationen, die soetwas ermöglichen oder nahelegen.
Vollbreit hat geschrieben:Darth, das ist wirklich nett, aber wenn am Ende des Biologismus nur rauskommt, was jede Deutsche Vorabendserie verkündet, dann kannst Du auch in die Kirche gehen. Verbrechen lohnt nicht, Homosexualität soll nicht, da statistische Randerscheinung

Zur Homosexualität habe ich eben nur gesagt, dass sie eine Mutation darstellt, einen Polymorphismus höchstens. Ich habe daraus nichts weiteres abgeleitet. Schließlich können Homosexuelle immer noch Steuern zahlen, arbeiten, denken, kooperieren. Also was soll ich gegen sie haben, wenn sie keinen Schaden sondern meist wie die meisten Menschen Nutzen generieren?
Inwiefern ich aufgrund deiner 2 Annahmen, von denen eine falsch ist, zu den Konservativen zählen soll, ist mir schleierhaft. Auch zu kooperieren ist wohl kaum ein Alleinstellungsmerkmal der Konservativen. Das predigen die meisten Politiker. Am Ende hast du nur festgestellt, dass ich Verbrechen für nutzlos halte und Kooperation für nützlich. Daraus kannst du keine politische Gesinnung ableiten. Als Böse kann man mich deswegen betrachten, weil ich Religion, Glaube, Moral, Ethik und Altruismus und Genügsamkeit mit dem Leben, Unantastbarkeit des Lebens als Konzepte ablehne. Diese Haltung wird historisch als "Böse" betrachtet.
Vollbreit hat geschrieben: Sicher, dagegen ist nichts einzuwenden. Nur ist die Rosinenpickerei die Du betreibst ein scharfer Kontrast zur stilisierten Selbstdarstellung des immer nur logisch Argumentierenden.

Ich argumentiere ja immer noch logisch, wenn ich sage, dass ein trieborientierter Egoist hin und wieder seinem Trieb unterliegt und ein Stück Serrano zu sich nimmt. Verlangen muss befriedigt werden, Entspannung hilft die Kräfte besser einzuteilen (besonders bei einem Marathon wie dem auf dem Weg zur Unsterblichkeit). Ich will ja keinen Herzinfakt bekommen, bevor ich meinen Master schaffe. Das ist auch Logik.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 28. Apr 2013, 10:58

Darth Nefarius hat geschrieben: Wenn der Name einer chemischen Verbindung entschieden wird, bestimmt ihn JUPAC, niemand anderes zumindest sind sie diesbezüglich die Autorität).

Ich meinte natürlich IUPAC, falls sich jemand gewundert hat: International Union of Pure and Applied Chemistry
Der Rechtschreibfehler ist mir peinlich. :ops:
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 28. Apr 2013, 11:37

Prämissen:
Die kann man setzen, wie man lustig ist und logisch falsch sind sie nur, wenn sie nachweisbar gegen Schlussregeln verstoßen.
Man kann Prämissen allerdings bezweifeln, insofern kann man schauen, ob z.B. in ihrer Herleitung logische Fehler sind. Oder ob eine Prämisse auf einem bloßen Dogma beruht, aber auch das muss man kennzeichnen, oder vielleicht auf einem Irrtum, der legendär falsche Eisengehalt des Spinates.
Danke übrigens für den HDL/LDL-Hinweis, das war mir zwar zufällig bekannt, aber ich bin immer offen für Hinweise jeder Art.
Letztendlich vertreten wir ja beide die Einstellung, dass man sich, wechselseitig helfen sollte, welche Herleitung man beutzt, ist zwar m.E. nicht unwicht, aber im Ergebnis ist das vermutlich die Einstellung die so gut wie alle im Forum einen würden.

Was mich wirklich interessieren würde, wäre ein Blick in die Biochemie der Spontanremissionen bei Krebs und anderen Erkrankungen, aber Krebs kann da ruhig im Mittelpunkt stehen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Modeströmungen sind keine Tatsachen, es sind nichtmal richtige Konventionen.

Tatsachen sind einfach das, was der Fall ist. Das von den U 30ern bei uns nahezu jeder bei fb ist, ist so eine Tatsache.
Interessant wird es dann, wenn man versucht sozusagen das philosophisch/logischen „Atom“ zu finden. Das sind die sogenannten Evidenzen und sie zeichnet aus, dass sie, ohne jede weitere Erklärung, sich jedem denkenden Menschen unmittelbar erschließen. Von hier aus ergeben sich dann die weiteren Abzweigungen: Logische Schlüsse, empirische Fakten, pragmatische Grenzen, gesellschaftliche Konventionen, die sich alle auf je unterschiedliche Weise in unseren Sprachspielen verbinden.

Es ist wirklich ein schwieriger Schritt, weil wir anders konditioniert sind, den gewohnten Blick (der auch nur eine Konvention ist, aber bei dem so getan wird, als sei er der einzig mögliche oder gar ein Naturgesetz) mal von der naturwissenschaftlichen Betrachtung die meistens die Ursache im früheren und kleineren sucht, überhaupt mal versuchsweise wegzubewegen um zu erkennen, dass es prinzipiell andere Ansätze überhaupt gibt.
Anders ist aber auch nicht per se besser, hier muss sich erweisen, wer welche Aspekte der Welt besser erklärt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Konvertiten wurden und werden noch heute nicht als Vollwertig betrachtet.

Das sind doch oft die allerschlimmsten.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist richtig, aber die Prämissen stehen nicht vor dem Willen, der Wille existiert vor den Prämissen. Der Wille ist die wohl einzige echte Prämisse, Erfahrung schrenkt ihn dann soweit ein, dass er zwischen Optionen entscheiden kann. Aber Erfahrung und Kultur bestimmen letztlich nicht, was du für Prämissen setzt.
Überleg mal wirklich selbst, ob da stimmt: Was soll ich wollen, wenn der Wille sich nicht auf irgendein Ziel (dies zu erreichen/jedes zu vermeiden), was ich ja erst mal kennen (=erfahren haben) muss, ausrichtet.
Aber wie gesagt, zwischen den Fakultäten muss man sich da abstimmen, keiner hat die Hoheit.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Immanuel Kant hat geschrieben:§1
Erklärung

Praktische G r u n d s ä t z e sind Sätze, welche eine allgemeine Bestimmung des Willens enthalten, die mehrere praktische Regeln unter sich hat. Sie sind subjektiv oder M a x i m e n, wenn die Bedingung nur als für den Willen des Subjekts gültig von ihm angesehen wird; objektiv aber oder praktische G e s e t z e, wenn jene als objektiv, d.i. für den Willen jedes vernünftigen Wesens anerkannt wird.


Widerspricht keineswegs meinen Folgerungen: Letztlich kommt dem Willen die filternde Funktion zu. Also die, zwischen den Optionen zu entscheiden.

Damit bist Du durchaus noch bei Kant, dessen Quelle nicht die Biologie, sondern die Philosophie ist – obwohl er, wie viele zu seiner Zeit, auch ganz selbstverständlich Naturphilosoph war, was in etwas dem Naturwissenschaftler heutiger Zeit entspricht.
Was aber alle denkenden Wesen eint, ist, dass die nichts anderes Tun als permanent zu urteilen, also zwischen Optionen zu unterscheiden, wie Du sagst.

Darth Nefarius hat geschrieben:Praktische Regeln haben erst dann einen Wert, da sie entweder gewollt oder ungewollt sind (bzw. ihre erhofften Konsequenzen).

Es sind Abstraktionen einzelner gewollter Ereignisse.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und dann fragt sich, was der Wille eigentlich will. Kant hat den Egoismus nicht erkannt und sich zirkelschlüssig in einem "guten" und einem "bösen" Willen gewunden.
Nein, das müsstest Du am Text belegen und das steht da nicht. Kant unterscheidet den rein subjektiven Willen und dessen Maximen, von den objektiven praktischen/ethischen Gesetzen. Wer seine Oma liebt, wird wollen, dass es ihr gut geht, aber was kann ich von jemandem verlangen, der meien Oma gar nicht kennt?

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Leidensfähigkeit anderer miteinzubeziehen fällt nicht unter Wille, sondern unter Erfahrungswert, welcher den Willen letztlich kanalysiert.
Na siehste, hier formulierst Du es doch selbst, dass Wille ohne Welt nicht geht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es steht dann wieder dein Beispiel des Vergewaltigers im Raum, der vielleicht sogar die Leidensfähigkeit seiner Opfer erkennt, sie ihn aber nicht stört. Es kommt dann auf die Ausfallsicherung an (die biologische, instinktive): Empathie. Auch in deiner Formulierung baust du letztlich nur auf Egoismus und Empathie. Also wieder kein Unterschied zu meiner Argumentation. Du stocherst im Nebel, obwohl du letztlich auf das selbe wie ich hinauswillst.

Doch, es gibt einen Unterschied. Man braucht nicht Egoismus und Empathie, sondern Altruismus und Emapthie. Der Egoismis ist insofern wichtig, dass man auch sich selbst nicht vergisst, das eigene Wohlergehen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es ist ja nicht so, dass uns alle Menschen gleich viel bedeuten. Den meisten eben nur die, die sie persönlich kennen und schätzen und die, die ihnen nützlich sind. Mag unethisch sein, aber dann taugen die Bedingungen der Ethik nichts. Immer wieder zu sagen, dass etwas ethisch problematisch ist, überzeugt mich nicht. Das ist kein Argument, da Ethik kein Argument bietet, sondern nur fordert (ohne Nachvollziehbarkeit).

Damit kommst Du nie über die Einstellung: Verhungernde Kinder in Afrika gehen mir am Arsch vorbei nicht hinaus. Wo ist der Kooperationsgedanke hin? Du kannst natürlich sagen. Tja, verhungernde Blagen mit Aszites-Bäuchen nutzen mir leider nichts. Was folgt daraus? Dass sie einfach krepieren sollten? Man kann so denken, was schützt dann Deine Liebsten davor, wenn sie mal dummerweise in der Situation sind, für die Mehrzahl der Menschen nutzlos zu sein? Der sabbernde Greis macht eben auch keinen glücklich und nützt nichts. Die Frage die Kant stellt, ist, wie man hier die Kurve kriegt. Dass fast jeder seine Nächsten mag, ist nun kein Kunststück und keine Leistung. Denn in einer Welt zu leben, in der sich keine Sau für den anderen interessiert, es sei denn, der zahlt dafür oder ich bin mal zufällig mit dem zur Schule gegangen, ist das die Welt in der Du leben möchtest? Ein kalt-funktionales Miteinander ist ein Albtraum, da darf man dem Tod dankbar sein.
Und erzähl mir nicht, dass Du das geil findest, ich habe auch gelesen, wie wütend und enttäuscht Du warst, dass Deine Eltern, gestandene Akademiker, hier erst mal in die Mühlen der Burokratie gerieten – und glaub mir, die liebt auch keiner der hier geboren ist – bei dem vermutlich alles seine formal richtigen Gang lief, nämlich den, wie es statistisch am nützlichsten ist. Da werden dann Qualifikationen nicht anerkannt und die Akademiker von eben, werden zu Bittstellern. Alles total vernünftig, rational, bürokratisch.
Dein, vermutlich berechtigter Einwand wäre, dass man hier einfach Potential verschenkt, dass das alles andere als klug ist und dass es sicher Möglichkeiten gibt, auf kürzeren Dienstwegen mal ihre tatsächlichen Fähigkeiten zu prüfen … und vermutlich hast Du Recht. Aber was im Einzelfall sein könnte (und der Beamte könnte sagen: Ich kenne die Leute ja nicht, erst mal bin ich mir selbst der nächste, dann komm meine Familie, dann meine Freunde, dann meine Arbeitskollegen, dann die deutsche Gesellschaft, was interessieren mich eine paar Sowjet-Einwanderer? - und er würde in Deinem Sinne argumentieren), wäre dann vielleicht, ganz kühl rational, statistisch eine Verlustrechnung. Vielleicht verschenkt man Potential, aber dafür hält man sich vielleicht irgendwelche Minderleister mit dubiosen Abschlüssen vom Leib, also ist doch alles perfekt gelaufen. Erst mal gucken, ob der andere nützlich ist und so lange kann der andere gefrustet versauern. Ungefähr so hast Du es beschrieben und es hat Dich massiv geärgert, vermutlich zurecht.
Ich würde hier für einen unbürokratischeren, menschlicheren Umgang plädieren, für mich hieße das eben die Menschen – jeden – erst mal als Menschen mit Würde zu betrachten. Das ist im Alltag schwer und anspruchsvoll, aber dafür hängen ethische Prinzipien auch als Ideal über uns.

Darth Nefarius hat geschrieben:Tja, und ein Sollen bedeutet nicht, dass ich nicht nach einem "Warum" fragen darf. Warum soll ich? Ein Sollen bedeutet nicht, dass man von Vorleistungen befreit ist, oder von den Ansprüchen befreit sein muss, etwas als Gegenleistung zu verlangen.

Doch. Gerade Kant ist das stur rational und erklärt alles Länge mal Breite. Ich würde ihm vorwerfen, dass er zu sehr auf den Menschen als Vernunftswesen setzt, Kant sind die emotionalen Seiten des Menschen hoch suspekt und ich glaube, dass das ganze Projekt Aufklärung darunter leidet, denn Menschen primär als Wesen zu sehen, in den man nur genügend Wissen und Bildung stopfen muss, der Rest ergibt sich dann schon. Noch Freud, dessen Hellsichtigkeit bemerkenswert war, zuckte hier zurück und bürdete abermals dem Verstand mehr auf, als er tragen kann. Hier bin ich u.a. den Biologen, den Entwicklungspsychologen und auch den Hirnforschern dankbar, dass sie uns unermüdlich immer wieder auch auf die andere Seite hingewiesen haben, dass der Mensch nicht nur eine fleischumhüllte Rechenmaschine ist. Auch das ist Evolution oder Dialektik, wie man will.


Vollbreit hat geschrieben:Du drückst Dich ja schon wieder. Ich schreibe nicht vom Vergewaltiger, sondern vom kleinen alltäglichen Mobbing, im Büro, der in der Schule. Versagt Deine Nutzenethik bereits da?
Ethik bringt bei mangelnder Empathie auch nichts.[/quote]
Ethik fällt bei mangelnder Empathie auch aus, das machst Vergewaltigung dennoch verachtenswert.

Darth Nefarius hat geschrieben:Soweit ich mich erinnere, hat ein "Du sollst ihn nicht schlagen" den Mitschülern auch nicht dazu gebracht, dass sie es lassen. Ein härterer Schlag als Antwort allerdings schon.
Ja, es gibt eben ein dynamisches Antwortspektrum, vom besseren Argument bis zum Schlag in die Fresse und man ist zuweilen gut beraten ein breites Spektrum zu haben. Empathie heißt aber eben auch, zu erkennen, wie mein Gegenüber tickt und wenn nicht zu erwarten ist, dass der mich ausrauben will, sondern vielleicht über die Gestaltung der Zukunft reden versucht man eben das jeweils höchste mögliche Niveau anzustreben. Dauerkampf ist einfach zermürbend und erzwingt nahezu von selbst Absprachen mit dem Feind, um seine Ruhe zu haben. So kommen eben die Stufen der Moral in die Welt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Und du schreibst ja von Vergewaltigern, das war dein Beispiel, also drück du dich nicht, wenn ich auf deine Beispiele eingehe. Mobbing bedeutet nur alsoziales Verhalten, Abneigung. Es fehlt die Annahme von Nützlichkeit und die Fähigkeit zur Empathie bei Abschaum, welcher mobbt. Es sind dumme (da sie den Nutzen eines Menschen nicht erkennen) und unempathische (da sie nichtmal die Emotion von Gewalt abhält) Kreaturen, die oft nur Schläge wie ungebändigte Tiere verdienen.
Die nächste Runde reiner Gewalt. Besser ist es immer, den Keislauf zu durchbrechen. Die Täter von heute sind fast immer die Opfer von gestern und auch dazu gehört Empathie, auch wenn man sie nicht mögen muss. Verstehen heißt nicht verzeihen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nur das taugt oft als Gegenmaßnahme: Gewalt erwidern (und dann nicht unbedingt mit Schlägen, in der Schule mag das noch praktikabel und einfach sein, aber dann eben mit den eigenen Waffen). Ein "du sollst" hat nach meiner Erfahrung noch nie funktioniert. Es muss entweder einen emotionalen oder einen intellektuellen, praktischen Anreiz geben. Deswegen funktionieren Selbstanzeigen bei Steuerhinterziehern nicht, funktioniert ein Gesetzesbuch nicht ohne Polizei.

Ich bin kein Feind von Gewalt und Gesetz, aber warum subtilere Regulative verschenken? Moral kann man nicht einklagen, Recht aber auch erste, wenn es zu spät ist. Fakt ist aber auch, dass nicht mal die Todesstrafe die schlimmsten Täter von ihrer Tat abbringt, zumal die schlimmsten Täter ohnehin davon ausgehen, dass sie allen anderen überlegen sind und also Gesetz, Polizei, Anwälte locker manipulieren können. Aber eine funktionierende Moral, die bestimmte Dinge sozial ächtet, ist oft wirksamer als Knast, vor allem hat sie für die Gesamtbevölkerung einen erzieherischen Wert. Am Grad des Ekels und der Verachtung, wenn über jemanden gesprochen, erkannt man, was einem selbst blühen würde, zudem hat man ein Regulativ, für die eigenen Aggressionen. Man kann das Böse hassen, da ist der Hass ganz gut geparkt.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Stimmt, explizite Forderungen fomulierst Du nicht, aber Du bestehst immer darauf, dass der Mensch so handeln müsse, wie er mehrheitlich handelt.

Nein, ich will letztlich immer nur darauf hinaus, dass Ethik und Moral überflüssig sind, oft sogar schädlich. Wenn wir ohnehin alle egoistisch und empathisch handeln, so reicht es aus, diverse Szenarien durchzugehen und über Nutzen nachzudenken.
Ich habe Dir ja Gegenbeispiel genannt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Welche Arten von Nutzen es gibt. Training zur Empathie wäre die zweite Absicherung.
Wertevermmittlung in der Erziehung ist Training in Empathie.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber beides wird durch Moral und Ethik eher unterdrückt, kümmerlich gehalten, da sie versuchen einen Ersatz für Gefühl und Egoismus darzustellen. Das sind weder implizite noch explizite Forderungen. Du liest nur welche heraus, ist aber nicht meine Schuld. Es bringt meiner Meinung nach schlichtweg nichts, zu fordern. Entweder überzeuge ich die Gegenseite oder nicht. Entweder will die Gegenseite so handeln oder nicht. Ich kann nur den Willen durch Argumente beeinflussen, mehr nicht. Das ist kein Fordern, da ist kein Sollen. Höchstens eine Anleitung, eine Empfehlung.

Du kannst Werte setzen. Die wahren Tabus, sind immer das Ausgesparte, nie explizit Erwähnte. Und jede verächtlich-wegwerfende Geste des Vaters, wenn er über jemanden redet, der spöttisch verzogene Mund den man in frühen Jahren sieht, wirkt mehr, als ein verkopft-krampfiges Seminar über Empathie und die Vorteile des empathischen Handels. Weil wir, keine Rechenmaschinen sind, sondern biologischen Wesen, mit Emotionen. Nimm Dich doch mal an der Stelle ernst.
Wir sind nicht entweder Vernunftwesen oder Triebwesen, die man konditionieren muss, sondern wir sind immer beides und es ist alles in allem einfacher und meinetwegen nützlicher, wenn die Menschen auf Argumente ansprechen, als auf Schmerzen. Aber, wir wollen auch wirklich was davon haben und in die Reize dieser Welt muss man die Leute, die sich dafür eigenen erst einführen. Bildung, Wissenschaft, Philosophie ist nicht dazu dazu, dass man damit Kohle verdient, oder die Gesellschaft befriedet ist und besser funktioniert, sondern eine differenzierte Innenwelt ist für das Subjekt ein Genuss. Das gilt es zu vermitteln, um von dem idiotischen „um zu“ Denen wegzukommen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Richtig, denn nicht alles, was die Mehrheit tut ist auch nützlich. Ich entscheide nicht nach der Mehrheit, sondern nach dem Nutzen. Für mich ist etwas nicht dann zwangsläufig nützlich, wenn es die Mehrheit tut.
Was auch In Ordnung ist, aber nicht utilitaristisch, nach Deiner Version. Was Du versuchst, ist im Grunde in einen – für Dich – konstruktiven Dialog mit dem Mainstream zu kommen, so dass nicht er Dich beherrscht, sondern Du ihn nutzen kannst. Du weißt, dass ist ein Spiel des Gebens und Nehmens, Du kennst die Regeln und der Rest ist einfach der mühsame Weg den eigenen Stil zu finden. Soweit ist das lebenstechnisch alles okay, was fürchterlich schräg ist, ist der von Dir gewählte Argumentationsweg. Hier hast Du Dich einfach verstiegen und mir ist es persönlich egal, ob Du Dich da mit Gott und der Welt anlegst und der ganzen Philosophenschar unterstellst, sie sei irrational, der eine oder anderen kommt zur Einsicht, andere füllen Seiten des Internets mit ihrer Privatphilosophie und entwickeln sich über die Jahre immer mehr zur Monade, aber zu Deinem Alter gehört durchaus der Versuch die eigene Sichtweise radikal durchzusetzen, passt schon.

Darth Nefarius hat geschrieben:Zur Gläubigkeit habe ich ja geschrieben, dass es ausreicht vorzugeben, dass man einer ist, wenn man schon keiner ist (Mimikry).

Da werden dann aber auch praktische Einlösungen der Festlegungen erwartet, aber es ist völlig in Ordnung nicht gläubig zu sein.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Vollbreit » So 28. Apr 2013, 11:39

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Gut, das wollte ich mal lesen, schön dass Du das neben ganimed nun auch anerkennst. Es ist nützlich religiös zu sein.

Es ist auch nützlich ein Idiot zu sein, es ist nützlich, nicht denken zu müssen, sich nicht seiner Sterblichkeit bewusst zu sein, nicht über Leid nachzudenken, nicht über Ungerechtigkeit. Das ist alles nützlich, aber eben bei intelligenteren Menschen nicht möglich. Intelligenz, Wissen, Erkenntnis mehrt das Leid. Eine abartige Ironie.

Es gibt ganz gute Interpretationen des christlichen Mythos vom Sündenfall, die genau das besagen. Aber auch der Prometheus-Mythos sagt uns das. Wer vom Baum der Erkenntnis isst oder den Himmlischen das Feuer (= Licht des Intellekts/Verstnadeskraft) raubt, ist erst mal, dadurch dass er erkennt, kräftig am Arsch. Diese Ironie des Wissens, ist uralt, aber die stimmt. Deshalb die regressiven Träume bei einigen. Ach, wüsst' ich doch bloß nicht, dass ich sterblich bin. Weiß man aber nun mal.
Also heißt es: Blick nach vorne, sich diesem Wissen stellen und Antworten finden, die es einem ermöglichen, sich nicht das Leben zu versauen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Und was die Mehrheit macht, ist dann kooperativer und für alle noch etwas nützlicher.

Ein Kind begreift schon diesen Zusammenhang. Warum du nicht? Affen imitieren sich untereinander, betrachten die Problemlösungsstrategien, um meinetwegen einen Ameisenhügel richtig auszunehmen. Wenn die meisten einen Stock und keinen Stein benutzen, hat es offensichtlich einen Nutzen. Die Mehrheit ist kein sicheres Indiz für maximalen Nutzen, aber eine gute Annäherung. Aber wenn man besser mit selteneren Konzepten auskommt, hat man sogar einen gewissen Vorteil gegenüber der Masse. Solche Ausprägungen gibt es hin und wieder. Fällt alles unter Variation und die Fähigkeit, etwas zu hintergfragen.

Stimmt ja alles, aber es fällt nicht unter Deine Version des Utilitarismus. Gut ist, was die Masse macht, manchmal aber auch nicht. Ja, stimmt, aber so als Lebensregel völlig unbrauchbar. Es muss geklärt werden, wann es gut ist der Masse zu folgen und wann nicht. Und zwar nicht am Einzelfall, sondern prinzipiell. Und wenn Du denkst, ganz schön langatmig und kompliziert, dann hast Du Recht, aber genau das ist das Geschäft der Ethik.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ich habe gefolgert, dass es möglicherweise nützlicher ist. Ob ich es so mache, ist eine andere Frage. Natürlich reicht der Anreiz, nicht ausgestoßen zu werden und einen Nutzen davon zu haben aus, um eine Tendenz zu implizieren, aber das wäre immer noch kein Sollen.

Richtig, weil das noch immer egozentrisch ist, aber hier hast Du bereits andere im Blick. Ich kriege was von denen, Schutz, Anerkennung, Nahrung und muss dafür was leisten, mich grob an die Spielregeln halten. Freuds Triebverzicht als Wurzel der Kultur. Ich muss mich etwas bändigen, aber dafür erwächst mir auch Lohn.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es reicht der Wille, ein Sollen ist illusorisch. Hier erfolgt eine Handlung nur aus einer Schlussfolgerung, die wiederum aus einer Beobachtung erfolgt. Ich erkenne eine günstige Handlungsoption und kann mich für sie entscheiden. Keine Ethik. Was mich verleitet, diese Option zu wählen, ist mein Wille.

Es ist einfach der nächste Abstraktionsschritt. Das Wollen gehört insofern dazu, als dass man sich freiwillig – aus Einsicht in de Richtigkeit – unter das (Sitten)Gesetz stellt, das man rationalerweise als allgemein richtig erkannt hat. Sonst landet man in der narzisstischen Version (und ich meine Dich jetzt hier ausdrücklich nicht), dass Gesetze gut und nützlich sind, solange sich die anderen dran halten. Aber für mich gelten selbstverständlich andere Regeln, da ich nicht, wie die anderen bin.
Damit kann man Ethikprofessor werden, der nach Hause kommt und erst mal seinen Hund tritt und die Frau verprügelt, aber ansonsten brillante Vorlesen hält.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Eben, wer selbst nichts nützt, darf ausgenutzt werden.
Nein, von "dürfen" habe ich nichts gesagt. Es spielt für die Realität keine Rolle, ist oft wiedersinnig (dort ist es erlaubt, dort nicht), also verdient es keine Betrachtung.
Vollbreit hat geschrieben: Dann nützt er wenigstens, als Spaßbeschaffer für die Vielen. Faschos dürfen Penner zusammentreten, da Penner sowieso nutzlos sind, nutzlose Frauen dienen dem Vergewaltiger als Fickpüppchen, so bekommen sie wenigstens noch eine Nutzenfunktion. Und Du weißt nicht, wie Du dieser Argumentation etwas entgegensetzen sollst und dichtest Dir was von Kooperation zusammen und dass ja alle Nazis und Vergewaltiger immer in den Knast kommen.
Kein Dürfen wurde postuliert, die ethische Kategorisierung ist untauglich, da inkonsequent und nicht bindend.

Nix da, Du verkennst, dass es kein die ethischen Regeln widerlegendes Argument ist, dass sich Leute nicht dran halten.
Mord ist schlecht, daran ändert die Tatsache nichts, dass es Mörder gibt. Es macht die Lüge nicht bessern, dass gelogen wird.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nur der Wille ist das. Der Wille setzt sich aus dem egoistischen Antrieb zusammen und der Empathie. Der Verstand kann den egoistischen Antrieb formen und überlegen lassen, nach dem maximalen, eigenen Nutzen durch verschiedene Methoden suchen lassen (bevorzugt beim Menschen: Kooperation). Manche Menschen besitzen weder noch und werden zu Verbrechern.
Ja eben, was bindet denn da. Der eine will eben anständig sein, der andere morden, genau das passiert ja auch. Du kannst ja gerade nicht erklären, warum das nicht sein sollte, wenn es so ist, dass manche einfach nicht kooperieren wollen. Das ist den Rohzustand der Natur. Dem stellen die Menschen Moral und Ethik gegenüber, die besagen, dass nicht jeder das was er will, umsetzen sollte, zum Wohle des Ganzen. Nur, dass das Ganze eben nicht einer biologischen Zufälligkeit folgt, sondern dem das die Gesellschaft sich selbst als Gesetz, nach vernünftiger Absprache, gibt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, die Welt sieht für mich so nicht aus. Ich formuliere es so: Ich beobachte etwas, ich bewerte es und dann ziehe ich die Konsequenzen. Ich gehe nicht davon aus, dass alles schon irgendwie gut wird, sondern ich (wie in der Natur herauszulesen) für das, was ich will, arbeiten/kämpfen muss.
Aber so im Großen und Ganzen verlässt Du Dich darauf, dass das, was die Natur Dir und uns allen mitgegeben hat, schon automatisch zum Guten/Nützlichen führen wird. Da klemmt es halt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich fühle Leid durch Empathie, durch Spiegelneuronen. Die Ursache des Leids ist das Leid des Freundes/der Freundin/des geliebten Menschen/der geliebten Menschen.
Woher weißt Du das? Du musst es eben schließen, vor 20 Jahren waren Spiegelneuronen unbekannt, die Menschen aber dennoch empathisch.

Darth Nefarius hat geschrieben:Also ist es zwar richtig, dass ich genaugenommen nicht wissen kann, dass die Freunde leiden, sondern dass ich es annehme.
Genau, es ist eine Theorie oder These.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber ich kann wie gesagt gar nichts wissen, ich nehme immer nur an. Und es ist eine instinktive und somit zuverlässige Annahme, dass sie leiden, wenn ich Mitleid empfinde.
Hier hast Du einen Vorteil, Du könntest fragen. Empathie heißt ja die Weltsicht des anderen immer umfassender zu verstehen. Nicht nur am Gesichtsausdruck und der Körperhaltung erkennen zu können, wie der gute Freund drauf ist, sondern auch anhand einer e-mail zu wissen, was gerade in dem vorgeht. Beides spielt zusammen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Der Egoist muss nicht sagen: „Hey, ich fühl mich immer depri wenn mein Kumpel in meiner Nähe ist, also muss ich denn mal fragen, was mit ihm los ist, vielleicht kann ich ihm helfen.“ Ein Egoist kann auch sagen: „Boah, was ziehst Du mich immer runter, Arschloch. Verpiss dich und geh mir auch der Sonne, bis deine Scheißlaune endlich wieder vorbei ist.“ Kann eben nicht jeder gut drauf sein und warum sollte man sich von anderen runterziehen lassen? Der Deprivogel nützt mir nichts.

Der Deprivogel kann einem immer noch emotional wichtig sein, deswegen ist es adäquater ihm zu helfen, wenn man nicht die Beziehung verschlechtern oder beenden will. Emotionen können binden, für soziale Wesen ist es auch ein Wunsch, ein Motiv, die Bindung aufrecht zuerhalten. Damit fällt der Vorschlag weg, sich zu verpissen.

Nicht zwingend, es ergeben sich (mindestens) zwei Strategien: 1) Leid des anderen nervt mich, ich halte mir die anstregenden andern konsequent von Leib, um mich nicht runterziehen zu lassen. Damit stimmt mein Emotionshaushalt und da ich immer ein Sunnyboy bin, können die anderen ja wiederkommen, wenn es ihnen besser geht, ich bin dann gut drauf und die können Spaß mit mir haben. Wenn ich mich um ihren Mist kümmern muss, bin ich auch nicht mehr gut drauf und ich kann nicht mehr die Stimmungskanone sein, also ist es nützlich für die anderen mich mit ihren Problemen in Ruhe zu lassen. Da leidende Menschen aber oft den klaren Blick verlieren, entscheide ich das für sie und halte mir sie vom Leib, erkläre ihnen aber gerne, warum das auch für sie nützlich ist. 2) Ich kümmere mich, vielleicht wirklich weil mir Beziehungen wichtig sind. Oder weil es mir ja auch mal schlecht gehen könnte und wenn ich da nichts geboten haben, hilft mir auch keiner.
Das Problem erkennt man klarer bei Punkt 1), der keineswegs unlogisch ist, sondern ekelhaft logisch und folgerichtig argumentiert.
Was diesen Punkt letztlich problematisch macht, ist, dass der von sich ausgeht und nie die Perspektive anderer einnimmt. Logisch geschlossen, aber kalt und egozentrisch. Der Auswegs wäre die Meinung der anderen zuzulassen und sie zu fragen, was sie jetzt gerade brauchen, erwarten, was ihnen gut täte. Erst so wird daraus echte Gegenseitigkeit.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Tja, nur leider gibt es völlig unempathische, aber hochintelligente Menschen. Erfolgreich, zielstrebig, aber chronisch desinteressiert an anderen, kommen sie sogar gesellschaftlich oben an. Das Leben sorgt halt nicht dafür, dass die Bösen immer dumm und häßlich sind und das Gute gewinnt. Meinst Du es hat noch kein Psychopath geschafft seine Nummer bis ans Ende durchzuziehen?
Doch gewiss. Aber nur weil es mir nicht gefällt, kann ich daraus keine Forderung ableiten, die etwas an diesen Situationen verändert. Wie du schon festgestellt hast: Die Welt ist kein Happy End. Ich fordere nicht, weil mir alles gefällt, sondern weil es nichts bringt. Ich muss handeln, wollen. Ethik ist nutzlos.
Es geht hier auch nicht darum, ob Dir das gefällt, nur argumentierst Du gerne so als würde Verbrechen sich nicht lohnen, weil ja jeder immer erwischt wird. Und das stimmt eben nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das ethische Problem ist das des „nutzlosen“ Menschen. Es gibt keinen nutzlosen Menschen. Bzw. man kann das schon so formulieren und sagen, wer einen IQ von unter 60 hat oder im Jahr weniger als 10.000 Euro verdient oder keine blonden Haare hat oder nicht mindestens drei Kinder gezeugt hat oder was auch immer, der sei „nutzlos“. Nur sind die Kriterien der Nutzlosigkeit willkürlich, gefährlich und menschenverachtend.

Ja, sie sind willkürlich, und eventuell gefährlich, aber gewiss nicht menschenverachtend!
Doch wenn ich alle ausrotte, die ALS haben, mit dem tollen Argument, man müsse den Genpool fit halten, ist leider auch Hawking übern Jordan. Ich könnte natürlich auch alle mit Sommersprossen als minderwertig ansehen, oder alle die keine 5 Kniebeuegen schaffen und dann ein dumpfes Bumm – Genicksschuss. Das ist nicht menschenverachtend? Was dann? Beten müssen?

Darth Nefarius hat geschrieben:Was dem beikommen würde, wäre das Training zum Denken, zum Überlegen, Planen, Antizipieren. Besser als jeder Religions- oder Ethikunterricht. Ja, jeder entscheidet selbst, was nützlich ist und was nicht.

Super, einen Monat töten wir dann Rothaarige, einen Monat Juden, einen Monat Philosophen...

Darth Nefarius hat geschrieben:Manche sind verschwenderisch, andere sparsam, verwerten wieder. Man müsste also die clevere Betrachtung von Nutzen erziehen, dann würde auch jeder noch so kleine Nutzen entdeckt werden. Früher hat man Müll nicht recycelt, jetzt wird er als "Rohstoff" betrachtet. Je intelligenter oder Erfahrener man mit der Umgebung ist, desto mehr potentiellen Nutzen erkennt man. Und wenn jemand einem auch mal nicht nützlich erscheint, so ist das kein Grund der Person zu schaden. Ich ignoriere solche einfach, es würde mir schließlich auch keine Freude bereiten, ihnen zu schaden (das wiederum könnte mir schaden). Also selbst wenn man den Nutzen nicht erkennt, so folgt daraus kein schlechtes Behandeln, sondern nur Distanz. Ich muss einen nutzlosen Menschen nicht verachten, ich ignoriere ihn einfach. Also ist es nicht menschenverachtend. Es ist aber eben auch keine Philanthropie.

Was macht es denn für Dich so abstoßend ein Menschenfreund zu sein? Klingt ja fast wie Fußpilz bei Dir? Ansonsten geht das doch schwer in Richtung Diskursethik.
Jeder bringt seien Präferenzen ein, wir reden drüber und versuchen das Beste umzusetzen. Wo ist das Problem?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Tja, hätte Mutter Hawking beim Genscreening erkannt, welche schwere Krankheit das Kind mal bekommt, wäre es nicht besser gewesen ihr zu raten den potentiell Nutzlosen, den biologischen unfitten abzutreiben?

Wenn damals Genscreening möglich gewesen wäre, wären auch PIDs möglich gewesen, ebenso genetische Modifikationen zur Heilung dieses Defizits. Heute könnte man bereits vieles beheben, man will es nur nicht und tötet lieber als zu manipulieren, zu optimieren. Das scheint paradoxerweise "ethischer".
Das ist ein gutesArgument von Dir, zielt aber an dem vorbei, was ich meinte. Jeder aktuelle Schaden kann ja doch noch seinen Nutzen haben.

Darth Nefarius hat geschrieben:Müssen sie auch nicht, wir sind ja immer subjektiv.

Stimmt, aber anders, als Du denkst.
Aber, insgesamt ein guter Beitrag von Dir, wenn man Dich zwingt, mal auszuformulieren, kommen zwar logischen Widersprüche zutage (was ich aber nicht schlimme finde), aber ein weitaus besserer Charakter, als der, den Du hier kratzbürstig zur Schau stellst. Finde ich erfreulich und die Unausgegorenheit, darf schon sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Wenn ich kenne und mag den schütze ich, der Rest ist mir egal. Das in Indien vergewaltigte 5-Jährige Mädchen kenne ich nicht, also ist es mir egal was mit ihm und andere Kindern passiert? Geht irgendwie nicht.
Doch schon, es ist ja auch Realität. Beobachte mal die Berichterstattung: Zuerst kommt der nächste Skandal zu Uli Hoeneß, dann vielleicht die Todesopfer eines Bebens in China.
Stimmt, mir ist es an dem Marathon-Anschlag aufgefallen. Drei Tote und das Resultat ist mediale Überflutung, wenn dann in Indien bedeutend mehr Arbeitssklaven verrecken, ist das auch ne Meldung wert, irgendwo weit hinten.

Darth Nefarius hat geschrieben:Zuerst die Loveparade mit 20 Toten, dann ganz beiläufig noch vor dem Sport und dem Wetter vielleicht die Überschwemmungsopfer in Pakistan mit ihren tausenden Toten. Das muss ich von einer Gesellschaft ertragen, die mir Moral predigt. Empathie ist aber leider immer selektiv, Ethik und Moral ändern nichts daran. Aber bei mir verursacht das größere Leid auch mehr Mitleid, auch wenn es eben nicht in Deutschland passiert. Und das ohne Moral oder Ethik.

Ein einsamer Kampf gegen Begriffe ist aber auch auf lange Sicht keine Lösung, was Du inhaltlich anprangerst ist ja okay.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Gerade die düstersten Stunden der deutschen Geschichte hat Menschen als UNNÜTZES Leben, als Schädlinge dehumanisiert.
Nein, das Leben war nützlich, aber durch die Betonung von Moral, Pflicht und Ethik verkümmerte der Verstand, welcher Nützlichkeit hätte erkennen lassen, oder die Empathie, welche noch die letzte Hürde darstellte.
Das „Argument“ war das des Unnützen, des Schädlings, des Ungeziefers. Wenn Du sagst, hier müsse man den Begriff anders definieren, bist Du ja schon in einer philosophischen Diskusion.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Angestrebt wurde der arische, reine, gesunde Volksköper. Frei von Krankheit, Schwäche, Behinderung, Homosexualität und allem Unarischen. Blond, blauäugig, groß, stolz, an Geistes- und Körperkraft allen überlegen. „Triumph des Willens“. Ein sehr nutzenorientierter, triumphaler und grandioser Ansatz, wie man zugeben muss. Nur eben durch und durch menschenverachtend.

Blödsinn. Es war weder nutzenorientiert, noch grandios, sich zuerst einen Teil des eigenen Volkes und dann Europa und die ganze Welt zum Feind zu machen, allen das Recht auf Leben abzusprechen, die nicht den willkürlich gesetzten Kriterien entsprechen (Blond zu sein bedeutet formell kein Vorteil, es ist genaugenommen ein genetischer Deffekt, da die Farbstoffproduktion, wie bei blauen Augen nicht richtig funktioniert. Aber in manchen Regionen war es eben auch kein Nachteil, deswegen irrelevant).
Ganz falscher Weg, da spielst Du den Nazis nachträglich noch in die Karten, indem Du sagst, die Idee ist ja super nur sind gibt es eben Detailfehler und braune Augen sind besser. Grandios war das ganz sicher und im Rahmen dessen was die Nazis so dachten, war das sehr effizient, inklusive der hochrationalen Tötungsmaschinerie in den Konzentratitionslagern. Streng sachlich, mit eingebautem Nutzenkalkül, die nützlichen Juden wurden geschont und besser versorgt, bis sie eben entkräftet, krank und damit unnütz wurden.
Dass Nutzenkalkül wurde bei den Nazis vielleicht historisch (zumindest in neueren Zeit) maximal pervertiert. Übrigens war auch Hitler ungeheuer pragmatisch, sogar Elemente des Marxismus hat er sich angeeignet, aber egal, das ist ein anderes Thema.
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Re: Jährliche 'Edge'-Frage

Beitragvon Darth Nefarius » So 28. Apr 2013, 20:09

Vollbreit hat geschrieben:Prämissen:
Die kann man setzen, wie man lustig ist und logisch falsch sind sie nur, wenn sie nachweisbar gegen Schlussregeln verstoßen.

Man setzt sie aber nicht wie man lustig ist, außer man bastelt sich seltsame Gedankenexperimente. Die Prämissen, die wir uns fürs Leben setzen, sind letztlich halbe Konklusionen, ich habe geschrieben warum und worauf sie selbst wiederum basieren.
Vollbreit hat geschrieben:Man kann Prämissen allerdings bezweifeln, insofern kann man schauen, ob z.B. in ihrer Herleitung logische Fehler sind.

Aha, wenn man also Prämissen herleiten kann, sind es keine richtigen Prämissen, sondern eher Konklusionen. Wenn man in der Herleitung logische Fehler findet, ist die sogenannte Prämisse also auch unlogisch. Wenn ich in der Herleitung der Prämisse, dass es einen Gott gibt, keine Logik erkenne, ferner, dass diese auf einem Wunsch basiert und keiner Beobachtung, so kann ich dieses Vorgehen und somit die Prämisse selbst als unlogisch nach empirischen Maßstäben bezeichnen.
Vollbreit hat geschrieben: Oder ob eine Prämisse auf einem bloßen Dogma beruht, aber auch das muss man kennzeichnen, oder vielleicht auf einem Irrtum, der legendär falsche Eisengehalt des Spinates.

In deiner Ausführung musst du doch selbst erkennen, dass wir Prämissen nicht willkürlich setzen und sie deswegen keine wirklichen sind. Hier schreibst du, dass es auf einem Dogma beruhen kann. Auch ein Dogma kann ich bewerten (und genaugenommen beist sich die Katze hier in den Schwanz, denn Dogmen sind irgendwie auch als Prämissen zu betrachten). Deine Kritik an meinem Umgang mit Prämissen ist also nicht stichhaltig oder zielführend.
Vollbreit hat geschrieben:Was mich wirklich interessieren würde, wäre ein Blick in die Biochemie der Spontanremissionen bei Krebs und anderen Erkrankungen, aber Krebs kann da ruhig im Mittelpunkt stehen.

Da gibt es noch Probleme. Bei der Strahlentherapie reicht es aus, um radioaktiv markierte Glucose im Körper sichtbar zu machen. Die Idee ist, dass proliferierender Krebs eine höhere Stoffwechselaktivität hat. An entsprechenden Stellen würde sich Glucose also sammeln und leuchten. In selteneren Fällen (mir ist eigentlich nur einer bekannt) kann man einen spezifischen Antikörper nachweisen, aber wenn du nicht schon daran gestorben bist, hast du diese Sorte Krebs auch nicht (und wirst sie nie haben). Aber einen grundsätzlichen Unterschied im Stoffwechsel kann man nicht recht nachweisen (insofern dass ein besonderes Abbauprodukt entsteht). Daten werden mit TMAs gesammelt, aber das sind eben statistische Erhebungen, die noch kaum etwas aussagen. Und dann gibt es noch verschiedene Arten Krebs zu bekommen, verschiedene Stadien.... Es ist keine klassische Krankheit, sondern eine sehr ärgerliche Fehlfunktion des eigenen Körpers, die sich hochschaukelt.
Vollbreit hat geschrieben:Tatsachen sind einfach das, was der Fall ist. Das von den U 30ern bei uns nahezu jeder bei fb ist, ist so eine Tatsache.

Richtig, aber daraus leitet sich nicht ab, dass mein bei U30 bei fb sein muss. Also keine Konvention.
Vollbreit hat geschrieben:Es ist wirklich ein schwieriger Schritt, weil wir anders konditioniert sind, den gewohnten Blick (der auch nur eine Konvention ist, aber bei dem so getan wird, als sei er der einzig mögliche oder gar ein Naturgesetz) mal von der naturwissenschaftlichen Betrachtung die meistens die Ursache im früheren und kleineren sucht, überhaupt mal versuchsweise wegzubewegen um zu erkennen, dass es prinzipiell andere Ansätze überhaupt gibt.
Anders ist aber auch nicht per se besser, hier muss sich erweisen, wer welche Aspekte der Welt besser erklärt.

Es hat sich erwiesen, dass die naturwissenschaftliche Betrachtung die Welt besser erklärt, da sie uns die meisten Möglichkeit bietet, gezielt und beabsichtigt in die Welt einzugreifen und die zu beeinflussen. Das Konzept mit welchem ich am meisten anfangen kann, welches die präzisesten und korrektesten Vorraussagen macht ist für mich das beste.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Konvertiten wurden und werden noch heute nicht als Vollwertig betrachtet.

Das sind doch oft die allerschlimmsten.

Ja, so wie ich und meine Eltern. Ich kann mich noch heute lebhaft erinnern, wie der Pastorenhund mich angebellt hat, als ich in der Grundschule aus pragmatischen Gründen konvertieren musste. Der Pastor meinte, das würde er eigentlich nie tun. Der Hund riecht wohl Atheisten. :veg:
Vollbreit hat geschrieben:Was soll ich wollen, wenn der Wille sich nicht auf irgendein Ziel (dies zu erreichen/jedes zu vermeiden), was ich ja erst mal kennen (=erfahren haben) muss, ausrichtet.
Aber wie gesagt, zwischen den Fakultäten muss man sich da abstimmen, keiner hat die Hoheit.

Die grundlegenden Ziele sind kulturunabhängig, wir teilen sie mit den Tieren, die keine Kultur besitzen: Leben, Überleben, Essen, Paaren. Manifestiert in den Trieben. Das ist der rudimentäre Wille, er ist angeboren und kulturunabhängig. Du sollst gar nichts wollen, es IST gewollt, es ist angeboren.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Widerspricht keineswegs meinen Folgerungen: Letztlich kommt dem Willen die filternde Funktion zu. Also die, zwischen den Optionen zu entscheiden.

Damit bist Du durchaus noch bei Kant, dessen Quelle nicht die Biologie, sondern die Philosophie ist – obwohl er, wie viele zu seiner Zeit, auch ganz selbstverständlich Naturphilosoph war, was in etwas dem Naturwissenschaftler heutiger Zeit entspricht.
Was aber alle denkenden Wesen eint, ist, dass die nichts anderes Tun als permanent zu urteilen, also zwischen Optionen zu unterscheiden, wie Du sagst.

Richtig. Aber die Entscheidungen fallen nicht willkürlich. Andernfalls wäre die Berufung auf den Willen eine Berufung auf Willkür. Aber Kant geht nicht ganz zu Unrecht von einer Motivbasis des Menschen aus, welche ihn "gut" entscheiden lässt. Er geht von einem "guten Willen" aus. Dies hat er aber nicht näher definiert und dann auch noch widersprüchlich zum bösen Willen. Nein, die Tendenz, die den Willen "gut" erscheinen lässt (also eigentlich erwünscht), ist der Egoismus und die Empathie, welche zur Kooperation und zur Hilfe tendieren lassen. Wie gesagt, Reziprozität könnte auch bedeuten, dass sich alle gegenseitig die Köpfe einschlagen wollen und es begrüßen könnten, dass ihnen der Kopf eingeschlagen wird. Als wäre es selbstverständlich, schließt der Utilitarismus diese Option aus, aus genannten Gründen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und dann fragt sich, was der Wille eigentlich will. Kant hat den Egoismus nicht erkannt und sich zirkelschlüssig in einem "guten" und einem "bösen" Willen gewunden.
Nein, das müsstest Du am Text belegen und das steht da nicht. Kant unterscheidet den rein subjektiven Willen und dessen Maximen, von den objektiven praktischen/ethischen Gesetzen.

Kein Problem:
http://www.ethik-werkstatt.de/Kant_guter_Wille.htm#Hochsch%C3%A4tzung_des__guten_Willens
Aber wie gesagt, Kant hat sich gewunden, da er den Egoismus nicht erkannt hat.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Leidensfähigkeit anderer miteinzubeziehen fällt nicht unter Wille, sondern unter Erfahrungswert, welcher den Willen letztlich kanalysiert.


Na siehste, hier formulierst Du es doch selbst, dass Wille ohne Welt nicht geht.

Leidensfähigkeit anderer miteinbeziehen zu können fällt nicht unter "Welt". Die Empathie basiert auf natürlichen Gruneigenschaften, die im frühkindlichen Alter erst kalibriert werden (Gesichtserkennung, Erkennen von Emotionen anhand dieser,....). Und kanalysieren bedeutet nicht verursachen.
Vollbreit hat geschrieben: Man braucht nicht Egoismus und Empathie, sondern Altruismus und Emapthie. Der Egoismis ist insofern wichtig, dass man auch sich selbst nicht vergisst, das eigene Wohlergehen.

Lustig, als hat die Evolution nicht jeden, der sich selbst vergessen hat nicht selektiert. :lachtot: Logischerweise bleiben dann nur diejenigen übrig, die mindestens Egoisten sind, wenn du mal überlegst. Eine essentielle Eigenschaft stirbt nicht aus. Wenn es wichtig zum überleben ist, auf seine Haut zu achten, dann wird es sich halten. Diejenigen, die keine Egoisten sind, geraten unter die Räder. In nächster Generation gibt es sie schon nicht mehr. Aus dem Altruismus erwächst nicht die Logik, auf sich selbst aufzupassen; aus dem Egoismus jedoch kann die Fähigkeit zur Kooperation hergeleitet werden. Mein Konzept benötigt weniger Prämissen: Egoismus+Empathie, du benötigst 3, weil du falsch priorisierst und die Zusammenhänge einfach nicht erkennen willst.
Vollbreit hat geschrieben:Damit kommst Du nie über die Einstellung: Verhungernde Kinder in Afrika gehen mir am Arsch vorbei nicht hinaus.

Tja, andere kommen auch mit deiner Einstellung darüber nicht hinaus, obwohl sie ihnen theoretisch gebietet, es zu tun. Meine Einstellung ist somit wenigstens ehrlich. Oder spendest du für alle Caritas-Unternehmen der Welt? Mich hat richtig angewidert, dass ich von einigen hörte, dass man schon altruistisch sein kann, den Hunger in der Welt schlecht finden und eine cosmopolitische Schwu..el sein muss. Wenn ich denjenigen dann frage, ob er denn auch etwas gegen die Probleme tut, bekomme ich immer "nein" zu hören, und das meist ohne Scham. Offensichtlich geht es den meisten nur um den Anschein von Menschlichkeit, von Moral und Ethik. Wenn es drauf ankommt tun sie weniger als ich.
Vollbreit hat geschrieben: Wo ist der Kooperationsgedanke hin? Du kannst natürlich sagen. Tja, verhungernde Blagen mit Aszites-Bäuchen nutzen mir leider nichts. Was folgt daraus? Dass sie einfach krepieren sollten?

Daraus folgt lediglich, dass ich sie wie die meisten Menschen einfach vergesse, ignoriere. Aber ich bin damit wenigstens ehrlich, ich gebe zu, wieso ich sie vergesse.
Vollbreit hat geschrieben:Man kann so denken, was schützt dann Deine Liebsten davor, wenn sie mal dummerweise in der Situation sind, für die Mehrzahl der Menschen nutzlos zu sein?

Außer mir vielleicht nichts. Gut möglich, nicht selten in der Welt bei anderen auch der Fall. Eine Ethik oder Moral würde daran aber auch nichts ändern, ebensowenig wie sie an den hungernden Kindern etwas geändert hat.
Vollbreit hat geschrieben:Der sabbernde Greis macht eben auch keinen glücklich und nützt nichts. Die Frage die Kant stellt, ist, wie man hier die Kurve kriegt. Dass fast jeder seine Nächsten mag, ist nun kein Kunststück und keine Leistung. Denn in einer Welt zu leben, in der sich keine Sau für den anderen interessiert, es sei denn, der zahlt dafür oder ich bin mal zufällig mit dem zur Schule gegangen, ist das die Welt in der Du leben möchtest? Ein kalt-funktionales Miteinander ist ein Albtraum, da darf man dem Tod dankbar sein.

Es geht nicht darum, wie ich es gern hätte, sondern dass es so ist. Auf der Grundlage des egoistischen Menschen muss man dann eben das beste machen. Und so wie ich das sehe, wird das Potenzial noch stark unterschritten, durch die Krankheiten Moral und Ethik. Die Schärfung des Nützlichkeitsdenkens und der Empathie würde die Welt angenehmer machen. Altruismus würde als Lüger erkannt werden, die oft Grausamkeiten hervorbrachte. Bürokratien sind kein Ergebnis von Egoismus und Rationalität, sondern einfach Resultate von Inkompetenz, einem überladenen Apparat, dem widerwertigen Föderalismus.
Vollbreit hat geschrieben:Aber was im Einzelfall sein könnte (und der Beamte könnte sagen: Ich kenne die Leute ja nicht, erst mal bin ich mir selbst der nächste, dann komm meine Familie, dann meine Freunde, dann meine Arbeitskollegen, dann die deutsche Gesellschaft, was interessieren mich eine paar Sowjet-Einwanderer? - und er würde in Deinem Sinne argumentieren), wäre dann vielleicht, ganz kühl rational, statistisch eine Verlustrechnung. Vielleicht verschenkt man Potential, aber dafür hält man sich vielleicht irgendwelche Minderleister mit dubiosen Abschlüssen vom Leib, also ist doch alles perfekt gelaufen. Erst mal gucken, ob der andere nützlich ist und so lange kann der andere gefrustet versauern. Ungefähr so hast Du es beschrieben und es hat Dich massiv geärgert, vermutlich zurecht.
Ich würde hier für einen unbürokratischeren, menschlicheren Umgang plädieren, für mich hieße das eben die Menschen – jeden – erst mal als Menschen mit Würde zu betrachten. Das ist im Alltag schwer und anspruchsvoll, aber dafür hängen ethische Prinzipien auch als Ideal über uns.

:lachtot: Und du erzählst mir, dass ich die Welt zu einem Star Wars-Abklatsch erkläre? Wie stellst du dir mal ganz praktisch dien bürokratischen Apparat vor, der so mit den Menschen umgeht? Ich glaube ja nichtmal, dass die meisten Bürokraten so eine Philosophie haben wie ich; es ist wie du sagst: Potential wird verschenkt, weil das System ineffizient ist. Mehr nutzenbasiertes Kalkül könnte dem beikommen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Tja, und ein Sollen bedeutet nicht, dass ich nicht nach einem "Warum" fragen darf. Warum soll ich? Ein Sollen bedeutet nicht, dass man von Vorleistungen befreit ist, oder von den Ansprüchen befreit sein muss, etwas als Gegenleistung zu verlangen.

Doch.

Nein, du siehst ja, dass ich mich weigere. Ich sage einfach: Nein, ich soll nicht, ich will einen Nutzen. So läuft es auch bei anderen.
Vollbreit hat geschrieben:Ich würde ihm vorwerfen, dass er zu sehr auf den Menschen als Vernunftswesen setzt, Kant sind die emotionalen Seiten des Menschen hoch suspekt und ich glaube, dass das ganze Projekt Aufklärung darunter leidet, denn Menschen primär als Wesen zu sehen, in den man nur genügend Wissen und Bildung stopfen muss, der Rest ergibt sich dann schon.

Ja, er hat die Natur des Menschen ignoriert und Eigennutz, Triebhaftigkeit als unmoralisch betrachtet. Sein Fehler, aber auf beildung zu setzen, auf Rationalität ist nicht falsch. Seine Vernunftargumentation läuft lediglich ins Leere, da er die Logik der Natur nicht begriff.
Vollbreit hat geschrieben:Ethik fällt bei mangelnder Empathie auch aus, das machst Vergewaltigung dennoch verachtenswert.

Nur für denjenigen, der Empathie besitzt. Und auch der empfindet Verachtung nicht weil es sich so geziemt. Wie gesagt, die Ethik ändert nichts an mangelnder oder vorhandener Empathie.
Vollbreit hat geschrieben:Ja, es gibt eben ein dynamisches Antwortspektrum, vom besseren Argument bis zum Schlag in die Fresse und man ist zuweilen gut beraten ein breites Spektrum zu haben. Empathie heißt aber eben auch, zu erkennen, wie mein Gegenüber tickt und wenn nicht zu erwarten ist, dass der mich ausrauben will, sondern vielleicht über die Gestaltung der Zukunft reden versucht man eben das jeweils höchste mögliche Niveau anzustreben. Dauerkampf ist einfach zermürbend und erzwingt nahezu von selbst Absprachen mit dem Feind, um seine Ruhe zu haben. So kommen eben die Stufen der Moral in die Welt.

Es ist ja nicht so, dass ich die einfache Lösung der Kooperation vorziehe. Aber manche Menschen sind keine klugen, empathischen Geschöpfe, sondern nur dumme Tiere. Mit einem Tier kann man nicht verhandeln, das habe ich durch gescheiterte Versuche gelernt.
Vollbreit hat geschrieben:Die nächste Runde reiner Gewalt. Besser ist es immer, den Keislauf zu durchbrechen. Die Täter von heute sind fast immer die Opfer von gestern und auch dazu gehört Empathie, auch wenn man sie nicht mögen muss. Verstehen heißt nicht verzeihen.

Du kennst diese Lage offensichtlich nicht. Ich habe zugunsten des Kooperationswillens viele Erniedrigungen geduldet, aber irgendwann ist Schluss. Ja, ich verstehe, dass einige einfach nur dumm sind und ihnen die Fähigkeit zur Empathie fehlt, sie sind daran nicht Schuld. Aber wenn ein Hund einen Menschen beißt, wird er eingeschläfert - und wenn ein anderer dich schlägt und dann auf Worte nicht reagiert, verdient er auch einen Schlag.
Vollbreit hat geschrieben:Ich bin kein Feind von Gewalt und Gesetz, aber warum subtilere Regulative verschenken?

Das tue ich ja nicht, die Regulativen wurden überprüft und existierten nicht. Es wird natürlich nach ihnen gesucht.
Vollbreit hat geschrieben:Moral kann man nicht einklagen, Recht aber auch erste, wenn es zu spät ist. Fakt ist aber auch, dass nicht mal die Todesstrafe die schlimmsten Täter von ihrer Tat abbringt, zumal die schlimmsten Täter ohnehin davon ausgehen, dass sie allen anderen überlegen sind und also Gesetz, Polizei, Anwälte locker manipulieren können.

Und dann unterliegen sie einem Trugschluss. Oder sie werden Opfer ihresgleichen.
Vollbreit hat geschrieben:Aber eine funktionierende Moral, die bestimmte Dinge sozial ächtet, ist oft wirksamer als Knast, vor allem hat sie für die Gesamtbevölkerung einen erzieherischen Wert.

Nicht die Moral ächtet, sondern die Menschen, welche Empathie für die Opfer empfinden. Das ist keine Leistung von Moral.
Vollbreit hat geschrieben:Am Grad des Ekels und der Verachtung, wenn über jemanden gesprochen, erkannt man, was einem selbst blühen würde, zudem hat man ein Regulativ, für die eigenen Aggressionen. Man kann das Böse hassen, da ist der Hass ganz gut geparkt.
Das Böse existiert nicht. Ich empfinde Hass nicht für eine abstrakte Kategorie, sondern für konkrete Dinge. "Das Böse" zu postulieren ist gefährlich, da es Empathie durch moralische Kategorisierung unterdrückt. Dadurch wird der Teufelskreis nicht durchbrochen, sondern angefacht.
Vollbreit hat geschrieben:Wertevermmittlung in der Erziehung ist Training in Empathie.

Nein, Werte sind abstrakt, irreal, inkonsequent, oft unlogisch. Empathie ist entweder vorhanden oder nicht. Ich habe keine moralischen Werte, trotzdem bin ich zur Empathie fähig. Werte sind einfach nur dämliche Postulate von angeblich erwünschten Dingen. Es gibt keine logische Herleitung, nur ein "du sollst", und das überzeugt mich nicht.
Vollbreit hat geschrieben:Du kannst Werte setzen.

Genauso nutzlos wie zu fordern.
Vollbreit hat geschrieben:Wir sind nicht entweder Vernunftwesen oder Triebwesen, die man konditionieren muss, sondern wir sind immer beides und es ist alles in allem einfacher und meinetwegen nützlicher, wenn die Menschen auf Argumente ansprechen, als auf Schmerzen. Aber, wir wollen auch wirklich was davon haben und in die Reize dieser Welt muss man die Leute, die sich dafür eigenen erst einführen. Bildung, Wissenschaft, Philosophie ist nicht dazu dazu, dass man damit Kohle verdient, oder die Gesellschaft befriedet ist und besser funktioniert, sondern eine differenzierte Innenwelt ist für das Subjekt ein Genuss. Das gilt es zu vermitteln, um von dem idiotischen „um zu“ Denen wegzukommen.

Das "um zu" hast du auch hier formuliert: Genuss des (egoistischen) Subjekts. Meine Motive hast du nicht wiedergegeben, obwohl du sie mittlerweile kennen müsstest.
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