Vollbreit hat geschrieben:Einsteins Theorien sagten voraus, dass die Gravitation des Merkur, das Licht eines Sternes „dahinter“ würde ablenken müssen, der Stern sollte am Himmel an einer anderen Position erscheinen als bisher.
Das ist eine robuste und falsifizierbare Prognose – obendrein eine, die wirklich eintrat.
stine hat geschrieben:Ich verstehe auch nicht, warum menschliche Erlebnisse in der Welt des Realismus vorsätzlich mit dem Argument der hormonellen Hirnstromvorgänge abgetötet werden müssen. Selbstverständlich kann man heute alle Vorgänge im menschlichen Körper irgendwie nachmessen.
mat-in hat geschrieben:Scheinerklärungen die keine Prognosen erlauben wie in der Physik? Frag mal nen Physiker, ob er dir von einem Wassermolekül von dem wir genau wissen wo es ist in einem Topf Wasser den wir kochen sagen kann wo das Molekül in 3 Minuten ist... Er wird sich nicht mal festnageln lassen, ob es noch im Topf ist.
laie hat geschrieben:Genau, dieser Planet, der zuerst nur prognostiziert, aber nicht "entdeckt" wurde, bekam den Namen "Neptun".
laie hat geschrieben:Ich bin mir grad nicht sicher, ob ich verstehe, wohin die "Reise" geht. Es geht jetzt nicht mehr nur darum, ob religiöse Menschen "gute Wissenschaftler" sein können, also in irgendeiner Weise (und von uns noch gar nicht diskutiert) ihren Glauben und wissenschaftliches Arbeiten verbinden können. Dass es solche Menschen gibt, steht wohl ausser Frage.
laie hat geschrieben:Vollbreit scheint nun die zweite Stufe eingeleitet zu haben. Jetzt geht es auch darum, mit welcher Rechtfertigung ein wissenschaftliches Denk- und Rechtfertigungssystem den Vorrang erhalten soll vor vorwissenschaftlichen oder besser, weil weniger wertend: nicht-wissenschaftlichen Überzeugungssystemen.
Ist das soweit richtig, @Vollbreit?
Es wäre durchaus denkbar, das System auch im Kern zu verändern, also die zweiwertige Prädikatenlogik zu kippen, aber darüber einigt sich die Sprachgemeinschaft und die sah wohl bisher keine Notwendigkeit.
Vollbreit hat geschrieben:Der Naturalismus als Weltbild, als Geschichte, hat uns nicht viel zu bieten, er berührt die Fragen, die Menschen haben nicht einmal. Warum man so krampfhaft versucht auch in diesen Fragen an ihm festzuhalten, verstehe ich nicht. Da muss man dann schauen, ob die Differenzierung nicht zur Dissoziation wurde. Die Fragen des Zusammenlebens sind rein formal kaum andere als vor 3000 Jahren und die Antworten von damals haben mitunter heute noch ihre Gültigkeit oder sollten zumindest mit bedacht werden.
Nanna hat geschrieben:Was mir hier nicht gefällt, ist, dass du implizit die Fragen des Zusammenlebens mit Religion und Mystik verknüpfst und somit wieder unterstellt wird, dass wir Naturalisten eigentlich nach religiösen Regeln leben würden und das nur irgendwie abspalten würden. Das ist einfach falsch und ich empfinde es auch ehrlich gesagt als unfair.
Nanna hat geschrieben:Die Religion war einfach früher da und hat früher ihre Statements abgeben können, aber sie ist als Narrativ nicht notwendig, um moralisch zu sein, respektvoll zusammenzuleben oder achtsam mit sich selbst umzugehen. Ich habe auch kein Problem damit, mit Religiösen über Moral zu sprechen oder beispielsweise den Begriff der Würde sehr ernst zu nehmen, nur dass ich eben davon ausgehe, dass der rein diskursiv hergestellt und absolut dieseitig ist.
Nanna hat geschrieben:Darüberhinaus möchte ich widersprechen, dass der Naturalismus Fragen, die "die Menschen" haben, nicht berührt. Ich erlebe das ganz anders und ich bin genauso Teil "der Menschen" wie du oder der ja auch nur als gedachtes Abstraktum existierende Durchschnittsreligiöse.
Da offenbart sich meiner Meinung nach auch ein etwas problematischer Zug deiner Sehnsucht nach einer mythischen Großerzählung für unsere Zeit: So eine Erzählung bügelt letztlich alles glatt und ruiniert alle Ansätze, die nicht zu seinen Prämissen passen.
Nanna hat geschrieben:Du schreibst ja selber, dass du es als ärgerlich empfindest, dass keine Theorie alles erklären kann. Das empfinde ich als Wissenschaftler zwar auch unbefriedigend, aber ich habe akzeptiert, dass es kein einzelnes Brennglas gibt, durch das man die Welt erkennen kann, sondern dass jede wissenschaftliche Theorie ihre Klarsichtigkeit und auch ihre blinden Flecken hat. Ich sehe das eher so, dass gerade die Vielfalt an Theorien am Ende ein aussagekräftiges Gesamtbild ergeben kann, das mit Glück das leistet, was Popper mit seiner "Annäherung an die Wirklichkeit" versucht, vielleicht vergleichbar mit einer Collage, die bei entfernter Betrachtung ein größeres Bild enthüllt (ohne dass daran etwas Magisches wäre). Mehr, nicht weniger Pluralismus ist die Antwort, mit gewissen Mindeststandards verbunden natürlich (weder kann ein Nazi sich im politischen Bereich noch ein Esoteriker im wissenschaftlichen Bereich auf Pluralismus berufen).
Nanna hat geschrieben:Nimm mir bitte nicht übel, dass ich da einfach einen kalten rationalistischen Blick drauf behalte und es weiterhin als unwahrscheinlich ansehe, dass es da draußen "mehr" gibt. Das ist mir zu schwärmerisch.
Nanna hat geschrieben:Zuletzt noch: Warum immer dieses Paketdenken? Natürlich ist das, was vor 3000 Jahren gedacht wurde, noch relevant. Über die Goldene Regel reden wir ja heute noch. Muss ich es mir als Naturalist aber deshalb laufend gefallen lassen, dass mir damit weitere Sachen untergejubelt werden sollen, so wie mir dauernd irgendwelche Programme bei der Installation irgendwelche Toolbars auschwatzen wollen?
Nanna hat geschrieben: Wer unbedingt sein Gerechtigkeitsempfinden alttestamentarisch begründen will, kann das von mir aus gerne machen, ich bin sogar bereit, mit demjenigen darüber zu reden, nur würde ich beispielsweise nicht wollen, dass Gerechtigkeit dann unauflöslich alttestamentarisch abgeleitet und interpretiert würde, ich also entweder AT und Gerechtigkeit zusammen kriege oder gar nichts. Umgekehrt habe ich auch Verständnis, dass ein katholischer Wissenschaftler nicht will, dass man ihm sagt, er könne Wissenschaft nur im Paket mit Atheismus bekommen.
Die Frage wohin sich das Leben am Donnerstag in 250000 Jahren entwickelt hat läßt sich ungefähr so präzise voraussagen wie der Wetterbericht für diesen Tag. Das bedeutet aber nicht, daß man keine Vorhersagen treffen kann die dann eintreffen! In überschaubaren Systemen ist das alles nicht nur kein Problem, man nutzt es sogar ganz gezielt für die Arbeit! Ohne könnt ich das Labor dicht machen...Vollbreit hat geschrieben:... sie können auch exaktere Prognosen machen. Das können Biologen durchaus auch, nur eben nicht mit der Evolutionstheorie. Dort ist die Aussage eher, was passiert, passiert und nachher erklären wir vielleicht, warum es passiert ist.
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