Päpstliche Evolutionskonferenz

Für Artikel, Video- oder Audiomaterialien, die im Zusammenhang mit der Thematik der Brights-Bewegung stehen.

Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon Myron » Mo 9. Mär 2009, 19:07

"Evolution ja, Kreationismus nein: Auf der vom Vatikan veranstalteten Konferenz zur Evolution erteilten Theologen fundamentalistischen Evolutionsgegnern eine klare Absage. Der Philosoph Jürgen Mittelstraß erklärt im SPIEGEL-ONLINE-Interview, wieso die Kirche mit Darwin kein Problem hat."

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 73,00.html
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon LinuxBug » Mo 9. Mär 2009, 19:23

Also sehr informativ ist dieses Interview nicht. Das einzige was ich rauslese ist, dass sich die Anwesenden "unisono" gegen Kreationismus und für Wissenschaft entscheiden (was auch immer das bedeuten mag...) und komische Fragen, haben die sich da gestellt: "Wenn es eine Kontroverse gab, dann um die Frage, ob die Evolution voraussagbar sei." Was soll das überhaupt heißen? :skeptisch:
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon El Schwalmo » Mo 9. Mär 2009, 20:34

LinuxBug hat geschrieben:Also sehr informativ ist dieses Interview nicht. Das einzige was ich rauslese ist, dass sich die Anwesenden "unisono" gegen Kreationismus und für Wissenschaft entscheiden (was auch immer das bedeuten mag...) und komische Fragen, haben die sich da gestellt: "Wenn es eine Kontroverse gab, dann um die Frage, ob die Evolution voraussagbar sei." Was soll das überhaupt heißen? :skeptisch:

mal in's Blaue, ohne den Beitrag gelesen zu haben.

In der Evolutionsbiologie gibt es Menschen wie Gould, die behaupten, ein 're-running the tape' würde jedesmal einen anderen Verlauf der Evolution ergeben. Zufälle spielen immer eine Rolle, daher ist es nicht wahrscheinlich, dass die gleichen oder auch nur ähnliche Ergebnisse herauskommen.

Es gibt aber auch Menschen wie Conway Morris, die davon ausgehen, dass sehr viel 'kanalisiert' ist. Wenn man das durchdenkt, dann würde jedes Mal dasselbe Ergebnis herauskommen. Das klingt auf den ersten Blick unglaublich, ist aber gar nicht so abseitig. Bestimmte Aufgaben kann man beispielsweise nur mit bestimmten Molekülen erledigen. Das schränkt die Möglichkeiten des Zufalls ein.
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon LinuxBug » Mo 9. Mär 2009, 21:34

hm... ist das nicht einfach Konvergenz? Unterschiedliche Wege zum selben Ziel? Naja, ich halte es doch eher für unwahrscheinlich, dass genau "dasselbe Ergebnis" herauskommt (sofern man nicht von einer deterministischen Welt, mit absolut gleichen Startbedingungen und ohne jeglichen Zufall ausgeht). Ziemlich ähnlich? Ja, also dass es wieder mehrzellige Lebewesen geben kann, mit Chorda, Nerven, Fell, Schuppen, Federn... halte ich für durchaus möglich... aber dass die Welt im re-run dann von Tieren bewohnt sind, die wir (in unserer) Katzen nennen würden oder Elefanten?... also gewisse Abweichung sollte mMn schon möglich sein.. (bzw. auch soviel, dass sich überhaupt keine Wirbeltiere entwickeln und nur Insektenartige Wesen die Erdoberfläche beherrschen oder so.) :^^:
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon El Schwalmo » Mo 9. Mär 2009, 21:43

LinuxBug hat geschrieben:hm... ist das nicht einfach Konvergenz? Unterschiedliche Wege zum selben Ziel? Naja, ich halte es doch eher für unwahrscheinlich, dass genau "dasselbe Ergebnis" herauskommt (sofern man nicht von einer deterministischen Welt, mit absolut gleichen Startbedingungen und ohne jeglichen Zufall ausgeht). Ziemlich ähnlich? Ja, also dass es wieder mehrzellige Lebewesen geben kann, mit Chorda, Nerven, Fell, Schuppen, Federn... halte ich für durchaus möglich... aber dass die Welt im re-run dann von Tieren bewohnt sind, die wir (in unserer) Katzen nennen würden oder Elefanten?

so in etwa.

Conway Morris, S. (2003) 'Life's Solution. Inevitable Humans in a Lonely Universe' Cambridge; New York; New Rochelle; Melbourne; Sydney, Cambridge University Press
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon Myron » Mo 9. Mär 2009, 22:58

Im Blog habe ich erklärt, der Theismus und die Evolutionstheorie seien logisch vereinbar; doch inzwischen bin ich mir da nicht mehr 100%ig sicher. Betrachten wir das folgende Argument:

1. Wenn ein allgütiger Gott existiert, der seine Absichten durch evolutionäre Sekundärursachen verwirklicht, dann sorgt er dafür, dass durch genetische Zufallsmutationen keine Erbkrankheiten entstehen.
2. Es ist nicht der Fall, dass Gott dafür sorgt, dass durch genetische Zufallsmutationen keine Erbkrankheiten entstehen.
3. Folglich ist es nicht der Fall, dass ein allgütiger Gott existiert, der seine Absichten durch evolutionäre Sekundärursachen verwirklicht.

Warum hat der allgütige Gott in seinem Schöpfungsplan im Hinblick auf das Spektrum der möglichen Zufallsmutationen keine differenzielle Wahrscheinlichkeitsverteilung festgelegt, die denjenigen Zufallsmutationen die Wahrscheinlichkeit 0 zuweist, die für den Organismus schädlich sind und dessen Überlebenschancen und Lebenserwartung erheblich verringern?
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon Myron » Di 10. Mär 2009, 03:42

Und wie lässt sich der Zufallsfaktor im Evolutionsprozess mit der die Zukunft einschließenden Allwissenheit Gottes vereinbaren? Schließlich folgt aus "Gott weiß, dass X geschehen wird", dass X geschehen wird.
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon LinuxBug » Di 10. Mär 2009, 06:20

Die Wege des Herren sind unergründlich. :^^:

Ich bin zwar kein Theist, aber woher willst du wissen, dass der theistische Schöpfer ein "allgütiger Gott" ist? Oder dass er seine "Allgüte" durch solche Eingriffe manifestieren würde? Ich halte die Bezeichnung "allgütig" nicht für eine konstituierende, faktisch zutreffende, sondern als eine unterwerfende... so wie sich Monarchen früher als allgütig oder allmächtig bezeichnen haben lassen, obwohl sie in manchen Fällen mitleidslos geherrscht haben und eher inkompetent waren...

Folglich wird man einfach deine erste Prämisse angreifen... und bestreiten, dass ein "allgütiger Gott" "keine Erbkrankheiten entstehen" zulassen würde. Das Problem halte ich nicht für ein logisch lösbares, da es für Gläubige egal ist, was logisch wäre oder nicht und dass die Leute, die predigen auch keine logischen Argumente machen, sondern eher rhetorische, die nicht auf Wahrheit aus sind, sondern darauf, Menschen zu überzeugen oder in ihren Voreinnahmen zu bestätigen...
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon El Schwalmo » Di 10. Mär 2009, 08:51

Myron hat geschrieben:Und wie lässt sich der Zufallsfaktor im Evolutionsprozess mit der die Zukunft einschließenden Allwissenheit Gottes vereinbaren? Schließlich folgt aus "Gott weiß, dass X geschehen wird", dass X geschehen wird.

'Zufall' hat in der Evolutionsbiologie eine spezielle Bedeutung. 'Zufall' bedeutet dort nur 'ohne Zusammenhang mit den Selektionsbedingungen'. Vollständig kausal determinierte Phänomene können in diesem Sinne 'zufällig' sein.

Wie 'zufällig' im Sinne von 'kontingent' die Evolution insgesamt ist, ist eine umstrittene Frage.
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon HF******* » Di 10. Mär 2009, 10:47

„Zufall“ bedeutet hinsichtlich der Evolutionstheorie, dass die genauen Ursachen nicht bekannt sind.

Richtig ist, dass es einen allwissenden Gott nur in einer vollständig determinierten Welt geben kann. Die Calvinisten waren wohl so ziemlich die einzigen Christen, die diese Nummer gewählt haben, wobei ich jetzt nicht weiß, ob die Gottheit selbst bei denen auch determiniert war, ich vermute, dass sie da eine Ausnahme gemacht haben.
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon El Schwalmo » Di 10. Mär 2009, 11:00

HFRudolph hat geschrieben:„Zufall“ bedeutet hinsichtlich der Evolutionstheorie, dass die genauen Ursachen nicht bekannt sind.

ich lade Dich ein, mir in einem evolutionstheoretischen Werk Deiner Wahl eine Belegstelle zu zeigen. Ich werde Dir dann Belegstellen aus einschlägigen Arbeiten zitieren.

Zunächst mal allgemein: ich zeige Dir eine Kausalkette auf, wie eine Mutation in einer Base in der DNA erfolgte, ganz deterministisch. Warum sollte so eine Mutation 'zufällig' sein? Du kannst wahlweise auch untersuchen, wie groß die Wahrscheinlichkeit für Mutationen bestimmter Positionen auf einer gegebenen DNA ist. Sind die 'zufällig', wenn die Wahrscheinlichkeit unterschiedlich ist?
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon ostfriese » Di 10. Mär 2009, 15:15

HFRudolph,

ich erinnere mich dunkel an eine ähnliche Diskussion, als Du mit den Physikern hier über die Interpretation der Begriffe 'Zufall' und 'Kausalität' im Bereich der Quantenmechanik diskutieren wolltest.

Es mag zwar für die Wissenschaftsvermittlung ungünstig sein, wenn Physiker, Biologen etc. solchen Begriffen je nach Kontext andere Bedeutungen verleihen, die mit dem populären Verständnis (gibt es das überhaupt bei diesen problematischen Konzepten?) nicht unbedingt kongruent sind; aber als Laie musst Du das einfach zur Kenntnis nehmen. El Schwalmo hat natürlich recht, so wie unsere Physiker damals.
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon Myron » Mi 11. Mär 2009, 00:53

LinuxBug hat geschrieben:Ich bin zwar kein Theist, aber woher willst du wissen, dass der theistische Schöpfer ein "allgütiger Gott" ist?


Ohne den Glauben, dass Gott ein vollkommen gutes Wesen, ja der Inbegriff des Guten schlechthin ist, wird die Verehrung und Anbetung Gottes und damit der ganze Theismus in praktischer Hinsicht witzlos.
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon Myron » Mi 11. Mär 2009, 00:55

HFRudolph hat geschrieben:„Zufall“ bedeutet hinsichtlich der Evolutionstheorie, dass die genauen Ursachen nicht bekannt sind.


Ich denke, hier geht es schon um "echten" Zufall, d.h. um den Begriff des Zufalls in einem nicht bloß erkenntnistheoretischen Sinn.
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon LinuxBug » Mi 11. Mär 2009, 02:26

Myron hat geschrieben:Ohne den Glauben, dass Gott ein vollkommen gutes Wesen, ja der Inbegriff des Guten schlechthin ist, wird die Verehrung und Anbetung Gottes und damit der ganze Theismus in praktischer Hinsicht witzlos.

Ich halte Glauben auch für eine eher witzlose Angelegenheit (witzig wird es doch nur als Ungläubiger). :tropf:
Aber für den wahrhaft Gläubigen ist vieles einfach nur Gotteslästerung, die zu bestrafen ist... Humor auf eigene Kosten ist etwas, wozu bigotte Menschen nicht wirklich fähig sind bzw. zu sein scheinen... (Vergiss nicht, "Blasphemie" ist immer noch strafbar; in manchen Ländern sogar mit der Todesstrafe... )
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon ganimed » Mi 11. Mär 2009, 21:27

Myron hat geschrieben:Ohne den Glauben, dass Gott ein vollkommen gutes Wesen, ja der Inbegriff des Guten schlechthin ist, wird die Verehrung und Anbetung Gottes und damit der ganze Theismus in praktischer Hinsicht witzlos.

Da ist was dran. Deshalb würde ich auch anders gegen dein Argument argumentieren. Der allgütige Gott merzt Erbkrankheiten deshalb nicht aus, so könnte man glauben, weil sie gar nicht "schlecht" sind, bzw. wenn sie "schlecht" sind, dann doch aber nicht überflüssig. Vielleicht sind es notwendige Prüfungen oder im Falle tödlicher Sachen auch Heimrufungen (irgendwie muss das Leben ja beendet werden).

Ich habe früher, als ich noch glaubte, hin und wieder auch die Frage gestellt, wieso Gott das Leiden in der Welt zulässt. Die gängigen Antworten konnte ich nie so recht verstehen. Aber offenbar gibt es Antworten. Nicht besonders plausible vielleicht, aber immerhin. Ich nehme an, Erbkrankheiten fallen in diese Kategorie der "Leiden", die ein Gott zulässt.
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon LinuxBug » Fr 13. Mär 2009, 08:03

Sowieso, könnte man auch einfach (wie es z.B. Frankl tut) postulieren, dass schicksalsbedingtes Leiden notwendig ist um geistige Größe zu zeigen. Wer nie mit Leiden konfrontiert wird, kann als Person nicht wachsen, kann nicht sein Leiden in Leistung umwandeln in dem er nicht verzweifelt und so seinem Leben nicht den höchsten Sinn geben... (Natürlich nur, wenn es notwendiges Leiden wäre, Masochismus hätte nichts damit zu tun.)

Ich persönlich halte das für Blödsinn, da ich es zum einen für unvertretbar halte, Leiden so zu glorifizieren. Wer leidet, sollte etwas an seiner Situation ändern anstatt sich einen höheren Sinn dahinter einreden... und mir zum anderen auch kaum ein Leiden einfällt, welches wirklich notwendig ist. (Vielleicht das Leiden der Juden im Konzentrationslager, wo diese nichts anderes tun konnten, wenn sie denn überleben wollten...) :no:
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Re: Päpstliche Evolutionskonferenz

Beitragvon stefan2 » Di 24. Mär 2009, 19:27

zu dem Zitat:
" Conway Morris, S. (2003) 'Life's Solution. Inevitable Humans in a Lonely Universe' Cambridge; New York; New Rochelle; Melbourne; Sydney, Cambridge University Press"

Das gibt es jetzt auch in Deutsch (wobei 3 (kosmologisch orientierte Kapitel nicht übersetzt wurden)):
Jenseits des Zufalls - Wir Menschen im einsamen Universum
Berlin University Press

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