Staatliche Bekenntnisschulen

Für Artikel, Video- oder Audiomaterialien, die im Zusammenhang mit der Thematik der Brights-Bewegung stehen.

Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon Myron » Di 1. Sep 2009, 19:39

Staatliche Bekenntnisschulen
Andersgläubige müssen draußen bleiben

"In Nordrhein-Westfalen tobt ein grotesker Glaubensstreit. Bei der Schulwahl zählt der Taufschein an einem Drittel der staatlichen Bildungseinrichtungen mehr als die Nähe zum Wohnort. Die Folge: Katholische Kinder bleiben unter sich, vor allem Muslime werden ausgegrenzt."

http://www.spiegel.de/schulspiegel/wiss ... 31,00.html

Ein absoluter Skandal! :motz:
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon stine » Di 1. Sep 2009, 20:35

Mutter Sandra Bock sieht das ganz anders. "Ich konnte unserer Fee nicht erklären, warum sie an der Donatus-Schule nicht genommen wurde." Immer wieder habe sich das Mädchen eingeredet: "Ich bin nicht gut genug. Ich hab' irgendwas Schlimmes, dass ich wegbleiben muss."
Die Frage ist, warum hat sich das Mädchen solcherlei Gedanken gemacht? Könnte doch auch so sein, dass sie "zu gut" für diese Schule gewesen wäre. Nach vielerlei atheistischem Gedankenaustausch bin ich der Meinung, dass nicht religiöse Eltern froh sein müssten, wenn ihren Kindern das Los der konfessionellen Schule erspart bleibt.
Hier verstehe ich das Meutern nicht.

Die Befürworter, vor allem aus der FDP, sehen in der Neuerung einen Wettbewerbsanreiz unter den Schulen, ein Druckmittel zur Qualitätssicherung und Profilierung.
Diesen Wettbewerb sehe ich auch. Es ist ganz klar, dass hier eine humanistische (atheistische) Alternative dringend gefragt wäre.

Insgesamt heißt es in diesem Artikel, dass bei nicht Vollbesetzung auch Ungetaufte mitunterrichtet werden. War halt dumm, dass die Klasse schon voll war.

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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon stine » Di 1. Sep 2009, 20:57

@Myron: Prinzipiell geb ich dir recht: Konfessionsgebundene Schulen sind ein Rückschritt. Allerdings würde ich meine Kinder auch nicht eine islamische oder eine evangelikale Schule schicken wollen.

Liebe Grüße
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon Myron » Di 1. Sep 2009, 23:12

stine hat geschrieben:Nach vielerlei atheistischem Gedankenaustausch bin ich der Meinung, dass nicht religiöse Eltern froh sein müssten, wenn ihren Kindern das Los der konfessionellen Schule erspart bleibt.
Hier verstehe ich das Meutern nicht.


Der Oberskandal ist, dass es überhaupt staatliche Bekenntnisschulen gibt, was ich gar nicht wusste.

"Solche Bekenntnisschulen sind eine Spezialität in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Anders als konfessionelle Privatschulen befinden sie sich in hundertprozentiger staatlicher oder kommunaler Trägerschaft - das gilt auch für die Finanzierung."

Das heißt, die atheistischen oder nichtchristlichen Eltern finanzieren diese an sich öffentlichen Schulen steuermäßig mit, aber wenn sie ihre Kinder dahin schicken wollen, dann haben sie das Nachsehen—einfach unglaublich!
Wenn ich Multimillionär wäre, würde ich jetzt eine große Anwaltskanzlei damit beauftragen, sich in dieser Sache notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht hochzuklagen.
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon stine » Mi 2. Sep 2009, 08:15

Auch andere Privatschulen, die nicht konvessionell sind, werden vom Staat bezuschusst, oder zum größten Teil übernommen. Der Staat "spart" sich damit selbst die Organisation der Schule und einen großen Teil der Ausgaben für Bildung.
Eine bezuschusste oder ganz getragene "Eliteschmiede" kann auch nicht von jedermann besucht werden. Da schreit aber niemand nach Gerechtigkeit.

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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon Ari » Mi 2. Sep 2009, 14:15

Stine weil wir eine Trennung von Staat und Religion haben! Oder zumindest haben sollten.

Religöse Propaganda und beeinflussung sollte nicht durch den Staat gefördert werden. Daher sind solche religösen Schulen meiner meinung nach nicht akzeptabel
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon Myron » Mi 2. Sep 2009, 15:04

stine hat geschrieben:Eine bezuschusste oder ganz getragene "Eliteschmiede" kann auch nicht von jedermann besucht werden. Da schreit aber niemand nach Gerechtigkeit.


"Von den 3500 Grundschulen in Nordrhein-Westfalen sind 1100 katholisch und 100 evangelisch."

Es geht um 34% der öffentlichen Grundschulen, auch Volksschulen genannt, in NRW!
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon stine » Mi 2. Sep 2009, 19:58

Grundschulen sind Sprengelschulen und MÜSSEN alle Kinder im Umkreis aufnehmen; genauso die Hauptschulen. Ich denke, wenn überhaupt, kann sich nur eine weiterführende Schule eine Abweisung erlauben.
Um welche Schulart handelte es sich eigentlich in dem Artikel? Ich hab's leider nicht herausgefunden.

Sicherlich hast du recht, dass eine vom Staat mitfinanzierte oder voll getragene Schule sich keinen konfessionsgebundenen Raum erlauben dürfen sollte, aber ich kann auch verstehen, dass Menschen immer wieder den Versuch starten, unter ihres gleichen Kulturkreises zu bleiben. Im Zweifelsfalle sollte man sich halt taufen lassen und später wieder austreten. Aber so groß ist die Liebe zur konfessionsgebundenen Schule dann auch wieder nicht.
Und mal ganz ehrlich: Der Staat spart an dieser Sache am meisten, sonst würde er das nicht zulassen. Da bin ich mir ziemlich sicher!

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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon Spriggan » Mo 14. Sep 2009, 10:23

Die Aussiebung auf weiteren Schulen kann jede Schule mit ihren eigenen Mitteln aussuchen. Bei mir war es so, dass bevorzugt die Kinder genommen wurden, wo auch die Geschwister bereits auf der Schule waren. Und vorzugsweise lange Zeit keine stark gläubige Kinder. Zumindest war es zu meiner Zeit so, die christliche Identität wurde nur mit einem recht erfolgreichen Schulchor der europaweit in Kirchen auftrat offen gelegt. Immerhin war diese Schule eine humanistische Schule - dank Latein in der 5., Alt-Griechisch zur Wahl ab der 9. und Philosophie ab der 11. Früher zumindest empfand ich als Jehovas Zeugen-Kind keine Ungleichheit. Religion war nur dazu da, damit man eine gute Note bekam. Letztes Jahr allerdings war ich ein wenig irritiert auf dem Abi Foto eine Schülerin mit Kopftuch zu sehen - ganz klar wurde der humanistische Lehrauftrag nicht erfüllt. Ich verstehe auf jeden Fall, weshalb manche Direktoren bei streng gläubigen Muslimen vorsichtig sind, es gibt jedoch auch immer Ausnahmen. Einige Schulen in NRW (Leverkusen und Düsseldorf) haben extra Kopftuchfreie Schulen - religionsfreie Schulen im Vertrag stehen - den jedes Elternpaar unterschreiben muss. Siehe Schulstreit mit dem Schulschwimmen und ähnliches in der Emma, weshalb auch immer nur eine Frauenzeitschrift genauer davon schreibt...:
http://www.emma.de/kein_kopftuch_in_der ... 009_5.html
Die Wichtigkeit bestimmte Werte allen Menschen zu vermitteln sehe ich nur in einem Verbot, wie in Frankreich, alle Religiösen Symbole zu verbannen - den Sikh-Turban sowie das Kreuzchen als Modeschmuck. Da jedoch - vor allem die evangelische Kirche (warum immer die evangelische Kirche?) für freien Glauben ist, den man öffentlich leben sollte - man fragt sich wann die erste öffentliche Steinigung nach der Scharia bei uns passiert - wird sich da nicht viel ändern. Die Aufgabe ist es der Politiker diese Gesetze durchzusetzen, die de facto schon vorhanden sind. Allerdings ist die Angst der Kirche da, vor allem hier in Deutschland, ihre hohe Vormachtsstellung zu verlieren. Deshalb nimmt man das augenscheinlich kleinere Übel in Kauf, anstatt die Säkularisierung Deutschlands weiter durchzusetzen. Leider investiert die Kirche in unser Bildungssystem - nimmt man sie ganz raus hat der Staat mehr Kosten, die der Staat aber nicht tragen will. Es ist schon alles ein "Teufelskreis"...

Wenn ich heutzutage die Wahl hätte auf welche Schule ich mein Kind schicken würde, dann würde ich immer noch eine Schule wählen, die den Auftrag das humanistische Weltbild zu lehren ernst nimmt. Unsere Lehrer haben in Geschichte und alten Sprachen gezielt uns zum Denken angeregt. Und ich finde es auch richtig, dass jeder Direktor subjektiv auswählen darf, wer auf die eigene Schule kommt. Als Mutter würde ich in dem aufgezeigten Fall jedoch nicht an die Presse gehen, denn nun würde ich selbst als Direktor diese Frau nicht mehr nehmen. Ein Gespräch mit dem Direktor hätte vielleicht alle Missverständnisse ausräumen können. Die Mutter kommt mir in diesem Fall ein wenig merkwürdig vor (allein ihre Aussage über ihre Tochter) - ich als Direktor an einer Schule würde auf jeden Fall sicherstellen, dass die Werte für die die Schule steht hoch gehalten werden.

Auch in dem Artikel wird auf die Angst der Überfremdung hingewiesen vor anderem Glauben. Deshalb sollte also allgemein das Ziel sein nicht gleiche Rechte für alle auf einen Platz, sondern nur gleiche Rechte, wenn sie die Religion völlig außen vor lassen. Und so atheistisch ich bin - eigentlich sollte man sich wundern warum so viele ausgerechnet die Kinder auf eine "religiöse" Schule schicken wollen. Hier sollte man einfach mal sehen, dass viele staatlich nicht religiöse Schulen einfach keine Werte vermitteln (wollen). Dieses Problem ist allerdings hausgemacht. Eine gutes Gymnasium kann auch ohne katholische Strenge erfolgreich sein.

Ganz schlimm fände ich allerdings solche Zustände wie in Berlin unter rot-rot: Kinder werden ausgelost, ob sie auf diese Schule dürfen oder nicht. Meiner Ansicht nach noch schlimmer für die Kinder und Eltern als die subjektive Willkür der Direktoren.
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon Sappy » Di 15. Sep 2009, 20:28

Bei mir in der Nähe gibt es eine private Realschule, die auch schwer auf der christlichen Schiene fährt (überwiegend Katholiken). Da müssen Eltern Monate vorher einen Termin ausmachen um dem werten Herrn Direktor in einem Gespräch zu erklären warum ihr Kind unbedingt auf diese Schule gehen sollte. Und wenn es dann geglückt ist, hat das Kind die große Ehre jeden Morgen beten zu dürfen, wöchentlich Gottesdienst zu halten und von ein paar Pinguinen unterrichtet zu werden (gibt auch "normale" Lehrer - aber alles Katholiken).

Ich persönlich würde ja nichtmal im Traum auf die Idee kommen mein Kind auf so eine Schule zu schicken, vor allem weil es hier wirklich viele Alternativen gibt, aber extrem viele Eltern sehen das absolut anders. Schließlich ist das ja "die gute Schule"...
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon stine » Mi 16. Sep 2009, 08:13

Spriggan hat geschrieben:Auch in dem Artikel wird auf die Angst der Überfremdung hingewiesen vor anderem Glauben.
Bei der Angst vor Überfremdung geht es nicht um die Angst, vor dem anderen Glauben, im Sinne des Glaubensinhaltes. Das glaub ich einfach nicht :^^: .
Bei der Angst vor Überfremdung geht es darum, sich vor einer frauen- und lebensfeindlichen Staatsform überrollt zu fühlen. Ob jemand in der Moschee oder in der Kirche betet ist doch völlig wurscht - aber die Tatsache, dass dies öffentlicher Ausdruck anderer Herkunft und politischer Einstellung ist, macht es zum Stein des Anstoßes. Wenn ich eine Frau in Burka sehe, zwei Kinder vorrauslaufend, eins an der Hand, eins im Buggy und ein kommendes erkennbar im Bauch, begleitet von einem Bodygard, dann frag ich mich ganz klar, welchen Anblick wird unsere Bevölkerung in der übernächsten Generation bieten? Gibt es dann überhaupt noch jemanden ohne Burka oder Kopftuch? Dürfen Frauen dann noch ohne Mann aus dem Haus? Werden diese Menschen uns ihre scheinbar freiwillige Unfreiheit aufzwingen? Werden wir Frauen wieder zum austauschbaren Eigentum der Männer? Zum Wegwerfartikel?

Hilfe!!!!
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon musicman » Do 17. Sep 2009, 21:14

@stine,

ab dem Zeitpunkt x wird es - sollte die demographische Entwicklung konstant bleiben - eine Mehrheit geben, die sich zum Islam bekennt. Diese Mehrheit wird demokratisch legitimiert ihre Interessen durchsetzen können, von Aufzwingen kann dann nicht mehr die Rede sein.
Ob dies so kommt, hängt mE von zahlreichen Faktoren ab, unter anderem davon, ob die westliche Kultur in der Lage ist, ihre Werte offensiv zu vertreten.

vallahu, musicman

PS, ich vergaß mich vorzustellen, ich bin von Hause aus sagen wir mal Agnostiker mit atheistischen Tendenzen und habe bis zu meiner Suspendierung im Atheisten Forum geschrieben, Platon und Apostat werden mich kennen, spezielle Grüße an die beiden und ein Hallo an alle anderen hier im Forum.
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon Myron » Do 17. Sep 2009, 23:48

musicman hat geschrieben:PS, ich vergaß mich vorzustellen, ich bin von Hause aus sagen wir mal Agnostiker mit atheistischen Tendenzen und habe bis zu meiner Suspendierung im Atheisten Forum geschrieben, Platon und Apostat werden mich kennen, spezielle Grüße an die beiden und ein Hallo an alle anderen hier im Forum.


Herzlich willkommen!
:brights:
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon stine » Fr 18. Sep 2009, 06:42

Grüß dich musicman!

musicman hat geschrieben:Ob dies so kommt, hängt mE von zahlreichen Faktoren ab, unter anderem davon, ob die westliche Kultur in der Lage ist, ihre Werte offensiv zu vertreten.schrieben, Platon und Apostat werden mich kennen, spezielle Grüße an die beiden und ein Hallo an alle anderen hier im Forum.
Was verstehst du denn dann unter westlicher Kutur?

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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon musicman » Sa 19. Sep 2009, 11:10

stine hat geschrieben:dann frag ich mich ganz klar, welchen Anblick wird unsere Bevölkerung in der übernächsten Generation bieten? Gibt es dann überhaupt noch jemanden ohne Burka oder Kopftuch? Dürfen Frauen dann noch ohne Mann aus dem Haus? Werden diese Menschen uns ihre scheinbar freiwillige Unfreiheit aufzwingen? Werden wir Frauen wieder zum austauschbaren Eigentum der Männer? Zum Wegwerfartikel?


Hallo stine,

darunter versehe ich z.B., daß von Dir oben Genanntes in unserer Kultur nicht der Fall ist. Das dies so ist mußte z.T. hart erkämpft werden, es war nicht immer selbstverständlich. Mit westlicher Kultur meine ich die Ziele der franz.Revolution (egalite, liberte ect.) und Werte der Aufklärung.
Das war ein langer Weg und heute nehmen wir es als gegeben und verwechseln es allzu oft mit Coca-Cola, wenn die Rede davon ist. Dazu gehört auch Religionsfreiheit - wenngleich ich dazu tendiere - Religion in den privaten Bereich zu verlagern, aber es muß eben möglich sein, ohne Repressalien glauben zu dürfen was man für sich persönlich als richtig erachtet.
Das ist ganz klar ein Wert unserer westlichen Kultur, aber z.B. nicht des Islams, diese Freiheit stellt für ihn keinen positiven Wert an sich dar. Um es deutlich zu sagen, ich denke nicht, daß die christliche Religion von ihrer Tendenz her humanistischer ist als der Islam, aber wir haben sie doch soweit an der "Kandarre", daß sie keine Bedrohung darstellt. Jedenfalls nicht momentan.
Picasso sagte einmal, daß es in der Kunst keine Freiheit gibt, wenn man sie sich nicht nimmt, das meine ich dann damit offensiv unsere Werte vertreten.
Zu sagen, das ist uns wichtig, unter diesen Level gehen wir nicht mehr.

vallahu, musicman
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon stine » Sa 19. Sep 2009, 19:19

Ja, ich sehe das auch so, dass Meinungsfreiheit, die Gleichstellung der Geschlechter und die Bildungschancen für jedermann, sofern er sie nur möchte, erkämpfte Zugewinne aus einem mittelalterlichen religiös- und adelsherrschaftlich geführten System sind, die unsere westliche Kultur bis heute geprägt haben.
Gratis dazu gibt es keine feste Kleiderordnung mehr, keine religiösen Verhaltensvorgaben im öffentlichen Leben, geschlechtsneutrales Aussehen, ungefragte Meinungsäußerungen, respektloses Miteinander innerhalb öffentlicher Räume, fehlende Hilfsbereitschaft, Mobbing, überzogene Eigenliebe, Übersättigung in allen Bereichen und keine Distanz mehr vor dem, was anderen heilig ist. Auch das ist unsere westliche Kultur.

Ich würde mich gerne zwischen den Extremen wiederfinden. Sehe das aber im Augenblick noch nicht.

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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon Nanna » Sa 19. Sep 2009, 20:56

stine hat geschrieben:
Gratis dazu gibt es keine feste Kleiderordnung mehr, keine religiösen Verhaltensvorgaben im öffentlichen Leben, geschlechtsneutrales Aussehen, ungefragte Meinungsäußerungen, respektloses Miteinander innerhalb öffentlicher Räume, fehlende Hilfsbereitschaft, Mobbing, überzogene Eigenliebe, Übersättigung in allen Bereichen und keine Distanz mehr vor dem, was anderen heilig ist. Auch das ist unsere westliche Kultur.

Was ist problematisch am Fehlen fester Kleiderordnungen, religiöser Verhaltensvorgaben im öffentlichen Leben (hat mit Höflichkeit und angemessenem Verhalten in einer Zivilgesellschaft rein GAR nichts zu tun), geschlechtsneutralem Aussehen und ungefragten Meinungsäußerungen? Orientiere dich an den dress-codes deines sozialen Milieus, halte dich an die religiösen Verhaltensvorgaben deiner bevorzugten Religionsgemeinschaft, wenn du den öffentlichen Raum entsprechend mitprägen willst, kleide dich betont weiblich und halte den Mund, wenn dich keiner gefragt hat - mehr, als dass andere dem eigenen Vorbild folgen kann man ohnehin selten erwarten (mache ich für meinen Teil jedenfalls nicht). Was du sonst noch genannt hast, halte ich nicht für ein Problem des Fehlens von Religion, sondern für ein fehlendes Bewusstsein für die Zusammenhänge innerhalb einer Gesellschaft oder ganz banal ausgedrückt einen fehlenden Gemeinsinn. Den muss man aber nicht über religiöse Normen herstellen, es würde schon reichen, den Leuten, insbesondere den Kindern in der Schule, beizubringen, dass wir auf diesem Planeten alle in demselben Boot sitzen und nur dieses eine Leben haben, also unser bestes dafür tun sollten, es gut zu gestalten, unser Glück mit anderen Menschen zu teilen und uns nicht gegenseitig unser persönliches Glück mies zu machen. Ich bezweifle, dass man mit guter Begründung sagen kann, dass eine religiös-konservative Kultur besonders dazu geeignet ist, diese Ziele zu verwirklichen. Ja, die moderne westliche Kultur hat Schwächen, warum versucht man nicht, sie weiterzuentwickeln, anstatt immer wieder nach der Rückkehr von - noch dazu verklärten - Mustern zu schreien, die längst gescheitert sind?
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Re: Staatliche Bekenntnisschulen

Beitragvon musicman » So 20. Sep 2009, 07:54

Nanna hat geschrieben: es würde schon reichen, den Leuten, insbesondere den Kindern in der Schule, beizubringen, dass wir auf diesem Planeten alle in demselben Boot sitzen und nur dieses eine Leben haben, also unser bestes dafür tun sollten, es gut zu gestalten, unser Glück mit anderen Menschen zu teilen und uns nicht gegenseitig unser persönliches Glück mies zu machen.


Das sehe ich auch so, möchte aber noch hinzufügen, daß mE Religionen dabei eher hinderlich sind aufgrund ihrer Tendenz Andersdenkende auszugrenzen, speziell durch die in ihrem System begründete Annahme, im Besitz der entgültigen Wahrheit zu sein.
Deshalb befürworte ich auch - um zum Fred zurück zu kommen - eine strikte Trennug von Staat und Religion und in der Schule den Religionsunterricht lediglich als Lehrfach und nicht als Bekenntnisunterricht.

Mit der Kleiderordnung ist das so eine Sache, ich seh manchmal eine Frau die nicht meinem Schöheitsideal gemäß gewandet ist, da muß ich leben mit, ich gefalle wahrscheinlich auch nicht allen Frauen :( , die Alternative wäre ja zB die Burka, dann sieht man sofort Zelt- aha Frau. Ungefragte Meinungsbekundungen sind natürlich eine Sauerei, aber jetzt mal ernsthaft, auch damit muß ich leben, daß andere Leute eine andere Meinung haben und die von Zeit zu Zeit kund tun ohne mich zu fragen.

Die von stine genannten Negativbeispiele sind, so habe ich jedenfalls die Erfahrung gemacht, keine speziellen Eigenschaften westlicher Kulturen. Ich habe drei Jahre in Afrika bei den Samburus gelebt und der Tripe, von dem meine Frau stammt hatte das Glück aufgrund seiner geographischen Lage nicht in den Genuß christlicher/muslimischer Missionierung zu kommen. Der Wertekanon den die Samburus haben ist im großen Ganzen nicht so weit von unseren Vorstellungen entfernt und auch ohne 10 Gebote und Scharia gilt dort, du klaust mein Kamel nicht und ich laß meine Finger von deinen Frauen und die Ältesten verdienen Respekt. Aber auch dort gibt es Mißgunst und Neid und Schlimmeres.
Um diesen unschönen Verhaltensweisen Einhalt zu gebieten - zumindest so weit es möglich ist, erscheint mir (jedenfalls für uns) der Kantsche Imperativ besser geeignet als einzelne, speziell herausgesuchte Textstellen aus der Bibel oder dem Koran.

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