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Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Di 29. Sep 2009, 19:10
von Myron
"Er wollte in der Schule ein Gebet nach muslimischem Ritus sprechen, doch die Direktorin verbot es ihm. Jetzt hat der 16-jährige Yunus M. sein Recht auf tägliches Beten vor einem Berliner Gericht durchgesetzt. Der Senat, der 'Glaubensinseln' in den Lehranstalten befürchtet, wird wohl in Berufung gehen."

http://www.spiegel.de/schulspiegel/wiss ... 98,00.html

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Di 29. Sep 2009, 23:07
von Nanna
Oje, da hat die Direktorin ein problematisches Fass aufgemacht. Im Artikel wird geschildert, dass Yunus M. vorher jeweils in den Pausen auf dem Flur betete. Meiner Meinung nach hätte nichts dagegen gesprochen, das beizubehalten, sofern er dabei keine anderen Schüler störte. Klar, die Schulen sollten weltanschaulich neutrale Orte sein, das gilt meiner Meinung nach aber primär für die Unterrichtsinhalte und das Auftreten und das äußere Erscheinungsbild der Lehrer. Schülern sollte es erlaubt sein, dezente weltanschauliche Symbole zu tragen - sofern nicht verfassungswidrig - und ihre Pausen nach eigenem Belieben zu gestalten, ob das nun miteinander reden, herumlaufen, Seilspringen, meditieren oder eben beten ist. Die Direktorin hat es sicherlich gut gemeint, aber in diesem Fall wäre es besser gewesen, einfach von Anfang an die Dinge ihren Weg gehen zu lassen, schließlich scheint Yunus M. ja insgesamt keinem damit auf die Nerven gegangen zu sein. Dass er jetzt formaljuristisch ein Sonderrecht eingeräumt bekommen hat, finde ich hochproblematisch, das Gericht hätte besser darauf hinweisen sollen, dass der Junge in seinen Pausen machen kann, was er will, solange er sich an die Hausordnung hält, und damit wäre es gut gewesen.

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Mi 30. Sep 2009, 02:28
von Myron
Was ist, wenn in Zukunft Dutzende orthodoxe Moslems an einer Schule darauf bestehen, täglich in der Pause zu beten?
Dieser Gedanke ist angesichts der gegebenen und weiter steigenden Anzahl moslemischer Schüler in Deutschland keineswegs abwegig.
Dann müsste (mindestens) ein Schulraum zum festen Gebetsraum erklärt werden. Als solcher könnte zwar auch ein normales Klassenzimmer dienen, aber die Einrichtung solcher Gebetsräume hielte ich dennoch für ziemlich bedenklich.

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Mi 30. Sep 2009, 07:14
von stine
Myron hat geschrieben:Dann müsste (mindestens) ein Schulraum zum festen Gebetsraum erklärt werden.

Das ist ja, wie den Teufel mit dem Beelzebub austreiben :lachtot: .
Hätte das mal ein katholischer Priester gefordert!

LG stine

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Mi 30. Sep 2009, 09:44
von Nanna
Myron hat geschrieben:Was ist, wenn in Zukunft Dutzende orthodoxe Moslems an einer Schule darauf bestehen, täglich in der Pause zu beten?
[...]
Dann müsste (mindestens) ein Schulraum zum festen Gebetsraum erklärt werden.


Hier komm ich nicht ganz mit - gibt es einen weiteren Grund, der das notwendig macht, von diesem Urteil als Präzedenzfall abgesehen? Ich meine, sollen sie doch in der Pausenhalle oder in einem Gang eine ruhige Ecke suchen und da ihre Gebetsteppiche entfalten, dafür muss kein gesonderter Raum geöffnet werden. Es werden für die Schüler, die Seilspringen wollen, auch keine eigenen Räume eingerichtet oder für solche, die meditieren wollen. Was ich noch nachvollziehen kann, sind Ruheräume, die dann aber keinem bestimmten Zweck, wie dem Beten, gewidmet sind, dafür aber genutzt werden können, sofern das Gebet in absoluter Stille stattfindet.
Grundsätzlich sollen die Schüler in den Pausen in den vorgeschriebenen beaufsichtigten Aufenthaltsbereichen tun und lassen können, was sie wollen, sofern es niemandem schadet. Das beinhaltet Rumhängen, reden und den Klassenstar anhimmeln genauso wie über eine Lehrkraft zu diskutieren, Breakdancen oder still in einer ruhigen Ecke meditieren oder beten. Mich stört nicht, dass die Schüler beten, sondern, dass es einen gesonderten Gebetsraum gibt. Das beißt sich mit der weltanschaulichen Neutralität des Staates genauso wie mit der simplen Grundregel, dass an einer Schule mit begrenztem Platzangebot nicht für private Partikularinteressen der Schüler jeweils eigene Räume eingerichtet werden können. Es ist genug Platz in den Aufenthaltsbereichen, an die anderen herumstehenden Schüler muss man sich halt gewöhnen, das ist definitiv zumutbar, und so hat Yunus M. es ja auch anfangs gehandhabt, bis die Direktorin in einem Anfall von Übermotivation ihm auch das Beten auf den Gängen verboten hat, wenn ich das richtig verstehe.

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Mi 30. Sep 2009, 16:08
von Klaus
@Myron, informier dich mal. Das Gericht beruft sich auf Seite 3 seiner Begründung des Urteils auf Frau Schirrmacher, als Islamexpertin. Die Dame ist ne evangelikale Fundamentalistin, die mit ihren Mann im entsprechenden Verlag und in der Evangelischen Allianz die Grundlagen dafür schafft, dass z.B. der Sexual-Kunde-Unterricht in Berlin schon fast nicht mehr realisiert werden kann. Die Evangelikalen unterstützen die Muslime, weil damit Religion generell aufgewertet werden.
Katholiken sind da vorsichtig, die bumsen lieber kleine Kinder in der Schule, zumindestens die Geistlichen von denen.

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Mi 30. Sep 2009, 17:38
von Myron
Nanna hat geschrieben:Hier komm ich nicht ganz mit - gibt es einen weiteren Grund, der das notwendig macht, von diesem Urteil als Präzedenzfall abgesehen? Ich meine, sollen sie doch in der Pausenhalle oder in einem Gang eine ruhige Ecke suchen und da ihre Gebetsteppiche entfalten, dafür muss kein gesonderter Raum geöffnet werden.


Wenn nicht einer, sondern mehrere islamische Schüler in der Pause gemeinsam beten wollen, dann reicht dafür irgendeine "ruhige Ecke" gewiss nicht aus.

Nanna hat geschrieben:Grundsätzlich sollen die Schüler in den Pausen in den vorgeschriebenen beaufsichtigten Aufenthaltsbereichen tun und lassen können, was sie wollen, sofern es niemandem schadet.


Stelle dir mal vor, zehn oder zwanzig oder noch mehr islamische Schüler wollen in Zukunft täglich demonstrativ auf dem Flur oder dem Schulhof beten.

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Mi 30. Sep 2009, 17:43
von stine
Klaus hat geschrieben:...Katholiken sind da vorsichtig, die bumsen lieber kleine Kinder in der Schule, zumindestens die Geistlichen von denen.
Mit solchen Behauptungen wäre ich ganz vorsichtig. Ich möchte auch keine Atheisten pauschalisieren.
LG stine

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Mi 30. Sep 2009, 20:27
von Myron
Hier ein Kommentar aus dem ZEIT-Blog:

http://blog.zeit.de/joerglau/2008/03/13 ... chten_1093

"Der Gedanke, daß es hier vielleicht auch darum geht, in den weltanschaulich neutralen Raum einer öffentlichen Schule eine kleine Bastion mit Sonderrechten einzubauen, ist den Richtern offenbar nicht gekommen. Sie sollten Ed Husains 'The Islamist' lesen. Da wird genau beschrieben, daß dies die Strategie der Islamisten in England war, den säkulären, neutralen öffentlichen Raum zu durchwirken und zu besetzen. (...)
Diese Berliner Strategie ist meiner Meinung nach der sichere Weg in die Selbstaufgabe: Keinen ordentlichen (christlichen und islamischen) Religionsunterricht unter Aufsicht der Schulbehörde, dafür aber Preisgabe des öffentlichen Raums an die reaktionärsten Kräfte des Islams."

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Do 1. Okt 2009, 06:40
von stine
Myron, ganz im Ernst: Hier ist doch die erste Aufgabe der Brights in Deutschland- das oben zitierte zu verhindern!
An die Öffentlichkeit gehen und publik machen, worum es einem reaktionären Staatssystem wirklich geht.
Nicht Integration, sondern im Gegenteil halbfriedliche Besetzung ist angesagt. Ich frage mich wirklich warum das im Lande kein Politiker offensichtlich ernst nimmt und alle mit der rosaroten Brille einer Claudia Roth herumlaufen.
Bereits gelungene Einschüchterung fällt mir hier auf.

LG stine

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Do 1. Okt 2009, 20:26
von Sappy
stine hat geschrieben:Ich frage mich wirklich warum das im Lande kein Politiker offensichtlich ernst nimmt und alle mit der rosaroten Brille einer Claudia Roth herumlaufen.


Von unseren Politikern (die ja eigentlich absolut hinter der Demokratie stehen sollten!) vermisse ich auch das ein oder andere kritische Statement. Das Prolbem ist ja schließllich nicht nur, dass in Zukunft womöglich viele muslimische Schüler in der Schule beten wollen, sondern auch, dass man dann allen anderen das Recht dazu geben muss, solange es auch nur EIN EINZIGER Christ, Jude, Buddhist - oder was auch immer - verlangt.
Na wenn das nicht lustig wird!

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Fr 2. Okt 2009, 20:03
von Zappa
Also ich finde Nanna hat das Ganze gut auf den Punkt gebracht.

Alternativ könnte ich für meinen Sohn ja einen Pastaraum für die Aufnahme von Nudelgerichten zu Ehren des Fliegenden Spaghettimonster in der örtlichen Schule einklagen :kg:

Re: Muslimischer Gymnasiast darf in Schule beten

BeitragVerfasst: Mo 22. Mär 2010, 19:53
von Charles Dawkins
Zappa hat geschrieben:Alternativ könnte ich für meinen Sohn ja einen Pastaraum für die Aufnahme von Nudelgerichten zu Ehren des Fliegenden Spaghettimonster in der örtlichen Schule einklagen :kg:


Gute Idee.
Wenn es um religiöse Freiheit geht darf man die Anhänger seiner Nudeligkeit nicht übergehen! In meiner letzten Schule gabs übrigends noch ein Holzkreuz. Vielleicht hätte ich ein FSM danebenhängen sollen. Immer fallen einem diese Sachen ein, wenn es dafür schon lange zu spät ist... :(

Naja... ich hab wenigstens meine Vier in Religion als Andenken. Kommt halt davon, wenn man dem Lehrer (der nebenbei eine Ausbildung zum Pastor hatte...) ziemlich direkt sagt was man von dem ganzen Glauben hält. :mg: