Lumen hat geschrieben:Meine Absicht ist die eines Gegenarguments. Meine Absicht ist nicht, mir Gründe dafür auszudenken, warum das Christentum oder Religionen doch noch toll ist. Wenn jemand eine Behauptung aufstellt, und diese Behauptung sich nicht halten lässt, dann ist es mindestens legitim, diese Behauptung anzufechten. Die Behauptung, dass das Christentum eine positive Kraft darstellt, ist aus meiner Sicht nicht haltbar.
Das Argument von Frau Toft war
Toft hat geschrieben: Wenn Sie sich anschauen, welche Länder sich seit den 1970er Jahren demokratisiert haben, haben religiöse Akteure in 63 Prozent der Fälle die Demokratisierung vorangetrieben. Eine politische Theologie, die das Individuum in den Mittelpunkt stellt, hat automatisch einen engen Bezug zur Demokratie; sie lebt vom Grundsatz »eine Person, eine Stimme«. Einen besonderen Anteil hatte Papst Johannes Paul II. in Osteuropa, er förderte Solidarność und kritisierte autokratische Regime. Katholische Bischöfe in Lateinamerika haben für die Freiheit gekämpft. In Indonesien fordern muslimische Gruppen Mitbestimmung. Und auch die Muslimbrüder in Ägypten nutzen die entstehende Demokratie.
http://www.zeit.de/2012/23/Interview-Toft/seite-2
Ich kann mir einige Gegenargumente dazu vorstellen, aber das einfach nur zu leugnen ist doch ein wenig dünn
Lumen hat geschrieben:Auch die Behauptung, dass Christentum und Moral einen positiven Zusammenhang haben, ist nicht haltbar.
Selbstverständlich ist die haltbar, wenn ich etwas kritisieren würde, dann eher das Verhältnis von Moral und Ethik in der Religion.
Lumen hat geschrieben:Die Bibel ist zum Beispiel keine gute Quelle für moralische Maßstäbe. Kleriker als Gesamtgruppe auch nicht. Wer dann? Drittes Reich, Hexenverfolgung, Religionskriege, Kreuzzüge und so weiter sind in der Tat plakativ. Es gibt auch komplexere Ansatzpunkte, vom himmlischen Überwacher-Diktator bis hin zum Verhältnis von Christen (oder Religionen allgemein) zu Menschenrechten (Stichworte: Homosexualität, Rolle der Frau im Katholozismus oder Islam, Arbeitsrecht in religiösen Einrichtungen). Das ist der Sachverhalt.
Jetzt hast Du wieder ein Sammelsurium aller negativen Aspekte geliefert, die sind ja nun jedem bekannt, schau doch mal, ob Du irgendwas Positives findest.
Lumen hat geschrieben:Die Motivation für das Anfechten der Behauptung besteht darin, dass die christliche Position mit Unterstellungen arbeitet, die meinen Interessen (und der der Brights) zuwiderlaufen. Christen sind nicht demokratischer und (das wird häufig unterstellt) Atheisten sind nicht undemokratischer.
Wer hat das denn behauptet? Frau Toft, ich?
Oder argumentierst Du da eher gegen eine virtuelle Phantasigestalt des katholischen Evangelikalen, mit dem muslimischen Schwert in der Hand, der insgeheim nur darauf wartet, dass er wieder steinigen, foltern und unterdrücken kann.
Lumen hat geschrieben:Da haben wir einen Doppelstandard. Eine Truppe in Sonstwostan, die ihren Glauben nicht ausüben darf, und sich deshalb für Demokratie einsetzt, wird zum positiven, leuchtenden Beispiel für das positive Wirken der Religion. Aber die Lord Resistance Army in Afrika, mit ihren zahlreichen, grausamsten Menschenrechtsverletzungen, ist irgendwie nicht religiös. Da sind es dann ganz schnell "ethnische" Konflikte, so wie auch im ehemaligen Jugoslawien.
Wer leugnet denn, dass es religiös motivierte Konflikte in der Welt gab und gibt?
Es gibt für Konflikte in aller Regel mehr als eine Ursache und wer sogar den zweiten Weltkrieg zum Religionskrieg machen will, der ist eigentlich schon nicht mehr ernst zu nehmen.
Lumen hat geschrieben:Der Knackpunkt ist wie oben kurz angerissen, dass Kommunikation nicht nur auf rein sachlicher Ebene abläuft. Eine Behauptung wie "Hitler war Bartträger" kann eine Motivation haben, und sogar ein Appell sein ("Hitler ist schlecht, Hitler trug einen Bart, also sollte man keien Bärte tragen"). Der Appell ist bei der Beschäftigung mit der Materie hinreichend bekannt und zielt auf "christliche Werte" und dergleichen ab, für die es bislang keinen einzigen brauchbaren Beleg gibt.
Dafür dass es christliche Werte gibt?
Aha, es wird zwar immer gegen die christlichen Moralvorstellungen polemisiert und gesagt, das Paradies liege jenseits von Gut und Böse, aber eigentlich gibt es diese Moralvorstellungen gar nicht.
Lumen hat geschrieben:Diese fiktive Konstruktion hat es dennoch bis in die höchsten Etagen der Politik geschafft. In Zeiten wo Christen nichtmal kirchlich heiraten dürfen, wenn sie den verkehrten Konfessionen angehören, finde ich diese "christliche" Eintracht höchst suspekt. Zumindest in den USA ist das gemeinsame christliche Label ein Produkt von Agenda-Setting und gezielter Meinungsmache gewesen. Ich würde mich nicht wundern, wenn es hier nicht genauso wäre. Jedenfalls ist es legitim, dem als bright zu widersprechen.
Absolut, aber eben lieber mit Argumenten, hier lieferst Du ja durchaus welche.
Lumen hat geschrieben:Davon abgesehen ist das Muster ja bekannt.
Christ behauptet "(nur) Christen sind moralisch verantwortungsvoll"
Gegner sagt dann... "Also, gut, was war hier und da und hier und da los?"
Christ: "Hasserfüllter Atheist! Böser Atheist! Kommunismus! Mao!
Gott hasst Schwuchtel!"*
Es tut mir leid, es fällt mir schwer Dich ernst zu nehmen, wenn Du ständig Deine eigenen Strohmänner abfackelst. Ich habe in dem verlinkten Interview nicht gelesen, dass nur Christen moralisch verantwortungsvoll seien und mir ist auch nicht bekannt, dass ich je behauptet hätte, nur Christen seien moralisch verantwortungsvoll. Warum schreibst Du also ständig in der Art, als hätte irgendwer das behauptet. Irgendwer behauptet das bestimmt, aber schreibt das dann doch auch dem Betreffenden und nicht mir. Vielen Dank.
Ich meine, in dem Thread geht es um das Interview und die These, dass ein Jahrhundert der Religionen angebrochen sei und weniger um die moralische Überlegenheit des Christentum, da in dem Artikel zudem auch von mehreren Religionen die Rede ist.
Die konkrete Behauptung geht um die Rolle der Religionen bei der Demokratisierung und auch das hat in meinen Augen nichts mit moralischer Überlegenheit zu tun.