in einem anderen Forum (Keltologieforum, ich studiere ja Keltologie...) habe ich im Moment auch eine Diskussion, wo ich auch darüber gesprochen habe, dass man zum Beispiel Religionsunterricht mit der Zeit ersetzen sollte und Kinder erst mit der 'Volljährigkeit' entscheiden lassen sollte welches Weltbild sie haben wollen. Und da würde ich doch mal um ein wenig Schützenhilfe bitten, denn ich weiß nicht so recht, wie ich in diesem Fall argumentieren soll.
Hier der spezielle Beitrag, um den es geht (die Zitate hinter > sind Stellen aus meinem vorhergegangenen Beitrag):
> Dann zähl mir dochh bitte die Werte auf, die auf der christlichen Lehre basieren, und die ohne diese fehlen würden. Also meine Werte sind vor allem die Menschenrechte. Sag mir doch bitte, inwieweit die christlich bedingt sind...
Die Konzeption universeller Menschenrechte, wie sie heute besteht, ist ohne einige Jahrhunderte Ideologiegeschichte davor, die eben jüdisch-christlich geprägt sind und nicht buddhistisch, in ihrer historisch gewachsenen Form nicht vorstellbar. Auch die Aufklärung ist nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern auf den religiös geprägten kulturellen Wurzeln des christlichen Abendlands. Auch etwas, was sich als Überwindung des Christentums versteht, existiert ja nicht ohne das, was es überwinden will.
Ad Aufzählen: folgende Konzepte sind über das Christentum in unseren Kulturkreis eingesickert (bei weitem nicht erschöpfende Liste):
-"Nächstenliebe", wobei im christlichen Verständnis der "Nächste" nicht der eigenen Gruppe angehören muß = übernationale und überkonfessionelle Solidarität
-angeborene Gleichwertigkeit aller Menschen
-Ende brutaler kultischer Opferhandlungen an Menschen und/oder Tieren und deren Ersatz durch ein symbolisch wiederholtes Selbstopfer des eigenen Gottes
-Monogamie und damit erstens deutliche gesellschaftliche Aufwertung der Frauen gegenüber polygamen Gesellschaften. Zweitens ist das heute verbreitete Konzept einer liebenden Lebensgemeinschaft zweier gleichwertiger Partner nicht denkbar ohne das christliche Verbot, Ehefrauen nach Gutdünken zu verstoßen.
Es geht hier um die Konzepte, nicht um deren bis heute in keinem (auch keinem christlich geprägten) Kulturkreis erschöpfend erfolgte Umsetzung.
>Und deshalb muss man Kinder damit verschonen, bis sie alt genug sind, zu entscheiden. Es ist nicht gerecht, dass Kinder automatisch das Weltbild der Eltern übernehmen sollen.
Was mich da interessieren würde, ist folgendes: bist du von deinen Eltern antiklerikal geprägt worden, oder hast du dir dein Weltbild sozialisationsprägungsfrei selbst erworben?
Wenn du die Bibel nicht kennst, fehlt dir übrigens ein großes Stück europäischer Allgemeinbildung: ein wichtiges Stück von Literatur und Legenden, ohne das du die vieltausendfache literarische und künstlerische Rezeption dieses Stoffs nicht verstehen kannst. Das heißt dann auch, daß du (als Keltologe) nicht mitbekommst, wenn in altirischen Sagen biblische Motive parodiert werden usw. Es handelt sich da also um ein wissenschaftliches Handicap.
(Wenn ihr mal den ganzen Thread lesen wollt, dann dort: http://www.keltologie.org/forum/index.php?topic=231.0 ; aber bitte postet nicht selber da, denn das ist ein Forum für die Keltologen in Deutschland und Österreich (von denen es nicht gerade viele gibt) und ich weiß nicht, wie die das so finden würden...)
Mein Problem hier ist, dass ich nicht weiß, was man einem entgegnen soll, der Dinge wie Menschenrechte und andere Fortschrittlichkeiten für Errungenschaften der christlichen Religion hält...
Danke im Vorraus.