Popper

Popper

Beitragvon Kival » Do 8. Feb 2007, 23:41

Ich bitte kurz um Mithilfe.

Das soll nur eine grobe Zusammenfassung des popperschen Kritischen Rationalismus darstellen - fehlt hier noch etwas wesentliches? Danke schonmal.

(Anmerkung: Ich begrenze mich nicht auf die erwähnten Auszüge)

Karl R. Popper und der kritische Rationalismus

Zusammenfassung der Auszüge aus „Logik der Forschung“, „Vermutungen und Widerlegungen, Teilband I“, „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde Band 2“ und „Objektive Erkenntnis“ zitiert in „Karl R. Popper: Wissenschaftlicher Fortschritt durch Falsifikation“ in „Zugänge zur Philosophie 2“; Cornelsen; S. 107 – 114

Als erstes muss man klar sagen, dass Popper eines nicht war: Positivist. Diese Vorwürfe seitens der deutschen Philosophie sind völlig verfehlt, denn der Engländer entwickelte seine Erkenntnistheorie – die man genauer als Wissenschaftstheorie ansehen sollte – gerade in der Abgrenzung zu den klassischen Positivisten. Die Grundannahme jener, dass allein Erfahrungsurteile Anspruch auf Gültigkeit hätten und alles andere nur spekulative Metaphysik sei, kritisiert Popper. Der Induktionsschluss vom Einzelnen, Vielen aufs Gesamte sei nicht möglich. Der Versuch der Positivisten alle Wissenschaft nur auf Erfahrungsschlüsse zurückzuführen ist demnach unmöglich und mit dem Untergang der Metaphysik geht auch die Naturwissenschaft zu Grunde.

Popper schlägt daher ein ganz anderes Konzept vor: An die Stelle der Induktion tritt die Deduktion und an die Stelle der Verifizierbarkeit die Falsifizierbarkeit. Wie jemand zu seinen Vermutungen kommt, interessierte den englischen Philosophen nicht, das gehöre zum Bereich der Erkenntnispsychologie nicht zur Erkenntnistheorie. Entscheidend seien aber die aus einer Hypothese logisch-deduktiv gewonnenen Schlüsse, die schlussendlich zu überprüfbaren Aussagen führt. Nach der Überprüfung dieser im Vergleich mit anderen Sätzen (z.b. auf Äquivalenz, Ableitbarkeit, Vereinbarkeit, Widerspruch u.ä.) ergebe sich eine Theorie, die Progonosen stelle, die durch empirische Überprüfung widerlegt werden könne. Erweist sich eine Vorhersage eines Systems als falsch, gelte das gesamte System als falsifiziert.

Das Kriterium für die Wissenschaftlichkeit einer Theorie ist nun nicht mehr die Verifizierbarkeit sondern die Falsifizierbarkeit. Während ersteres bei allgemeinen Sätzen eben wegen des Induktionsproblems nicht möglich sei, bedeutet letzteres nur, dass die gemachten Aussagen empirisch widerlegt – d. i. falsifziert - werden können. Im heutigen Sprachgebrauch nennt man dies die hypothetisch-deduktive Methode des kritischen Rationalismus. Rationalismus, weil die Theorien zunächst rational-logisch gewonnen werden, kritisch, weil sie keine Absolutheitsgarantie haben und empirisch widerlegbar sein müssen.

Damit wird das Konzept der wahren Theorien aufgegeben und nur noch von bewährten Theorien gesprochen, wenn eine Theorie eine Unzahl an Widerlerungsversuchen überstanden hat. Man könne zwar nie sicher sein, die Wahrheit gefunden zu haben, da man aber meist zwischen zwei Theorien die bessere leicht erkennen könne, sei eine immer weitergehende Annäherung an die Wahrheit möglich: „Auf unserer Suche nach der Wahrheit [haben wir] die wissenschaftliche Sicherheit durch den wissenschaftlichen Fortschritt ersetzt (...)“ (S. 112).

Am Rande sei hier erwähnt, dass der Engländer damit nicht nur eine Methode für die Wissenschaft vorschlagen wollte, sondern sogar meinte, hiermit das Handeln der Wissenschaftler zu beschreiben. Seine Wissenschaftstheorie hat also nicht nur normative, sondern auch deskriptive Ansprüche. Im zweiten Punkt wurde er mehrfach kritisiert, meiner Meinung nach gab es aber noch keine stichhaltigen Argumente gegen den kritischen Rationalismus.


Der Rest ist optional:

Im Kapitel „Pankritischer Rationalismus und Fallibilismus“ möchte ich noch einmal kurz darlegen, wie ich persönlich zu Poppers Philosophie stehe, vorher möchte ich aber noch einen kleinen Exkurs zum Münchhausentrillema machen, dass die Problematik der Letztbegründung noch einmal betont. Diese weitere Grundlage des kritischen Rationalismus wurde vielfach von Hans Albert ausgearbeitet, dem deutschen Potentaten des kritischen Rationalismus, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, eben jenen gegen Kritiker zu verteidigen.
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Beitragvon Tapuak » Fr 9. Feb 2007, 01:00

Die allerwichtigsten Sachen sind m.E. drin. Ein kleiner Fehler hat sich aber noch eingeschlichen. Du schreibst: "...in der Abgrenzung zu den klassischen Positivisten." Es waren aber gerade die Neopositivisten (oder "logischen Empiristen"), von denen Popper sich abgrenzen wollte.

Man könnte vielleicht noch ergänzen, dass sich die kritisch-rationale Denkweise nicht in der Wissenschaft erschöpft. Das Konzept des Erkenntnisfortschrittes durch "Versuch und Irrtum" (Theorie und Widerlegung) bezieht sich ja nicht nur auf wissenschaftliche Hypothesen, sondern praktisch auf alle Arten von Aussagen und Lebensbereiche. Es ist also in allen Bereichen illusionär, sicheres Wissen zu erreichen, aber trotzdem ist in allen Bereichen Erkenntnisfortschritt möglich. Alles Wissen bleibt also hypothetisch, aber es kann verbessert werden. Sowohl der Dogmatismus ("Wir haben sicheres Wissen") als auch der Skeptizismus ("Wir können überhaupt nichts wissen") werden damit durchbrochen. Das ist für mich der eigentliche Kern des KR.
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Beitragvon Kival » Fr 9. Feb 2007, 01:42

Danke, das werde ich ändern (Neopositivisten mein ich).

Allerdings bin ich etwas unsicher bei Poppers Einstellung gegenüber Philosophie/Metaphysik - den KR auch auf diese auszuweiten hatte er doch eigentlich nicht beabsichtigt, oder? Ich habe von Popper leider bisher wenig im Orginal gelesen, deshalb kann ich das auch nicht wirklich beurteilen.

Diesen Kern sehe ich ähnlich, das gehört aber dann eher zum optionalen Teil.
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Beitragvon Nox » Fr 9. Feb 2007, 14:10

Tapuak hat geschrieben:Das Konzept des Erkenntnisfortschrittes durch "Versuch und Irrtum" (Theorie und Widerlegung) bezieht sich ja nicht nur auf wissenschaftliche Hypothesen, sondern praktisch auf alle Arten von Aussagen und Lebensbereiche.


Mathematik? Die ist afaik ziemlich endgültig wenn man was bewiesen hat :)
Später können noch Probleme auftauchen wie Fehler in Beweisen oder Inkonsistenzen.
Über Mathematik muss da noch explizit etwas dazu, wenn man die Aussagen verallgemeinert.
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Beitragvon Kival » Fr 9. Feb 2007, 14:23

Die Mathematik ist aber keine Real- sondern eine Strukturwissenschaft. Als "Wissenschaft" erarbeitet sie nur aus Axiomen Ableitungen. Mathematik und Logik treffen zunächst keinerlei Aussagen über die Realität. Wo man Mathematik anwendet, müssen ihre Ergebnisse immer noch in der Welt bestehen (bzw. falsifizierbar sein). Die Mathematik ist ein Werkzeug wie es andere Sprachen auch sind - nur ein sehr exaktes und in sich widerspruchsfreies System.
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Beitragvon Nox » Fr 9. Feb 2007, 15:08

Ne, eben nicht... es mehr als Sprache und Werkzeug und Widerspruchsfreiheit ist nichttrivial: teileise nicht gegeben, teilweise nicht beweisbar. Wie real zB "Zahlen" sind darüber kann man auch streiten. In einem abstrakten Sinne existieren sie ja...

Wollte auch keine große Diskussion darüber vom Zaun brechen, sondern nur drauf hinweisen, dass Pauschalisierungen wie "praktisch auf alle Arten von Aussagen" (Tapuak) problematisch seien können.
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Beitragvon Tapuak » Fr 9. Feb 2007, 16:13

Nox hat geschrieben:
Tapuak hat geschrieben:Das Konzept des Erkenntnisfortschrittes durch "Versuch und Irrtum" (Theorie und Widerlegung) bezieht sich ja nicht nur auf wissenschaftliche Hypothesen, sondern praktisch auf alle Arten von Aussagen und Lebensbereiche.


Mathematik? Die ist afaik ziemlich endgültig wenn man was bewiesen hat :)

Hm, das sehe ich nicht so. Sätze der Mathematik sind ja nicht "wahr" oder "unwahr" in dem Sinn, dass sie selbst mit realen Tatsachen übereinstimmen, sondern höchstens "folgerichtig" auf der Grundlage bestimmter Konventionen. Sie sind also letztlich nichtssagend. Ihre Ausgangpunkte (also z.B. die Axiome und Konventionen) sind aber keineswegs "endgültig wahr" oder "bewiesen". Sie stellen entweder gar nicht den Anspruch, wahr zu sein, oder sie sind genauso fehlbar wie alle anderen Konstrukte.
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Beitragvon Tapuak » Fr 9. Feb 2007, 16:26

Kival hat geschrieben:Allerdings bin ich etwas unsicher bei Poppers Einstellung gegenüber Philosophie/Metaphysik - den KR auch auf diese auszuweiten hatte er doch eigentlich nicht beabsichtigt, oder?

Doch, das würde ich schon sagen. Man kann metaphysische Theorien natürlich per Definition nicht empirisch prüfen, aber laut Popper kann man sie dennoch kritisieren, z.B. im Hinblick darauf, ob sie das Problem, mit dem sie sich beschäftigen, besser lösen als konkurrierende metaphysische Theorien. Damit wird das Prinzip der Kritik auf die Metaphysik ausgedehnt, und somit fällt die Metaphysik nicht der völligen Irrationalität anheim (was ja der Fall wäre, wenn man wie die logischen Empiristen die Einstellung vertritt, dass metaphysische Theorien von vornherein sinnlos - und damit beliebig - sind).

Ich empfehle dir zu diesem Thema Poppers Aufsatz "Metaphysik und Kritisierbarkeit" (im "Karl-Popper-Lesebuch" und in "Vermutungen und Widerlegungen, also ziemlich gut verfügbar).
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Beitragvon Kival » Fr 9. Feb 2007, 22:25

Danke für die Empfehlung - mal schaun, ob ich mir den noch besorge, bevor ich den Text abschließe. (Irgendwie werden die Sachen, die ich lesen will immer mehr und die tatsächlich gelesenen relativ dazu immer weniger...)

@Nox

M. E. existieren Abstrakte gerade nicht, aber das wollen wir nun nicht weiter erörtern ,-)
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Beitragvon Liberto » Mi 14. Feb 2007, 12:37

Bitte, wo kann ich den Aufsatz von Popper:
"Von den Quellen unseres Wissens und unserer Unwissenkheit"
finden.
Danke
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Beitragvon Tapuak » Mi 14. Feb 2007, 13:09

http://www.juristenzeitung.de/v/uebersetzung4.htm hat geschrieben:Popper, Karl R., ›On the Sources of Knowledge and of Ignorance‹, Proceedings of the British Academy 46 (1960), S. 39–71; abgedr. in: Ders., Conjectures and Refutations, (1963), S. 3–30; deutsch: ›Von den Quellen unseres Wissens und unserer Unwissenheit‹, in: Ders., Vermutungen und Widerlegungen I, Tübingen 1994: Mohr Siebeck, S. 2–44; Teilabdr. ›Erkenntnis ohne Autorität‹ [Abschnitte XIII bis XVII], in: Karl Popper Lesebuch, Tübingen 1995: Mohr Siebeck (UTB 2000), S. 26–39.
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Beitragvon Kival » Mi 21. Feb 2007, 00:40

Den letzten Absatz habe ich gestrichen und nun noch zwei Kapitel hinzugefügt (Münchhauentrilemma und Bedeutung des KR außerhalb der Wissenschaft):


Hans Albert und das Münchhausentrilemma

Neben der Kritik am Induktionsschluss, gibt es von Seiten Hans Albert noch die Kritik am unkritischen Intellektualismus, einem reinen Rationalismus. Die Logik könne keinen Gehalt erzeugen, denn die logische Deduktion garantiere nur:
„a) den Transfer des positiven Wahrheitswertes – der Wahrheit – von der Prämissen- Menge auf die Konklusionen; und damit auch:
b) den Rücktransfer des negativen Wahrheitswertes – der Falschheit – von der Konklusion auf die Prämissenmenge.“1
Wenn man nun Gewissheit haben wolle, müsse man jede Aussage auf unbezweifelbare Grundaussagen zurückführen. Wenn man dabei aber logisch schließen will, kommt man zu drei Alternativen, die Albert als das Münchhausen-Trilemma bezeichnet. Die erste Möglichkeit ist der unendliche Regress, der jede Behauptung wieder begründet. Da dies praktisch unmöglich ist, kann hier keine Sicherheit gefunden werden. Die zweite Möglichkeit ist die des logischen Zirkels, der wieder Rückbezug auf ein begründungsbedürftige Aussage nimmt, also den Versuch einer Begründung durch sich selbst darstellt und daher auch keine Gewissheit garantieren kann. Letztlich bleibt nur noch der Abbruch des (Begründungs-)Verfahrens an einer Stelle, die als nicht mehr begründungsbedürftig bezeichnet wird. Diese Methode, die er auch als Rekurs auf das Dogma bezeichnet, wurde sowohl von Intellektualismus als auch vom Empirismus betrieben, die eine beliebige und willkürlich gewählte Stelle als Offenbarungsquelle der Wahrheit ansehen.2 Welches Dogma man aber nun wählt, ist jedem selbst überlassen und die Wahrheit wird zur subjektiven Scheingewissheit.

Das Problem der klassischen Erkenntnislehren ist nach Albert die Suche nach dem archimedischen Punkt der Erkenntnis, von dem aus man alles andere mit Gewissheit logisch ableiten kann. Das Verständnis, das Wahrheit und Gewissheit gleichsetzt führe zu dem oben aufgeführten Münchhausen-Trilemma, das nicht aufzulösen sei.

Es gibt also keine Lösung der Legitimationsproblematik und deswegen gibt man den Anspruch am besten auf und versucht es mit einer ganz anderen Methode: Die der kritischen Überprüfung, die ich im ersten Kapitel bereits dargestellt habe. So gibt es dann auch keine falsche Gewissheit mehr, sondern nur noch den Versuch, sich der Wahrheit durch das Prinzip von Versuch und Irrtum anzunähern.

Quelle: Hans Albert: „Traktat über kritische Vernunft“, UTB, 5. Auflage von 1991; S. 9-34


Abschließende Worte zur Bedeutung der kritischen Rationalismus außerhalb der Wissenschaft

Der kritische Rationalismus beschränkt sich nicht darauf Wissenschaftstheorie zu sein, sondern hat ebenfalls Konsequenzen für Ethik und Politik sowie Religions- und Ideologiekritik. Gerade in der Ethik tritt sie dem reinen Subjektivismus entgegen und betont trotz der Unmöglichkeit der direkten Ableitung ethischer Systeme (des Sollens) aus der Wissenschaft (dem Sein), deren Bedeutung für solche Systeme, da sie sie insbesondere in der Frage der Machbarkeit der ethischen Forderungen vieles lehren kann und auch die Herkunft von Ethik und Moral sozialwissenschaftlich und biologisch untersuchen kann und sollte. Dieses Brückenprinzip zwischen Sein und Sollen wurde vor allem von Albert ausgearbeitet, der auch noch weitere solche Verbindungen aufführt.

Die soziale Problematik die mit dem erkenntnistheorethischen Dogmatismus einhergeht, sieht man gerade in den religiösen Heilslehren wie auch in den säkularen Ideologien, die einen quasi-theologischen Impetus haben, wie der Faschismus und der Staatssozialismus. Popper und Albert betonen u. a. daher die Bedeutung der kritischen Methode für die offene Gesellschaft. Sie begrenzt sich daher gerade nicht auf die Wissenschaft, sondern ein Engagement zum Kritizismus bedeutet, ihn auf alle Lebensbereiche anzuwenden und keine Überzeugungen gegen Kritik zu immunisieren. Die damit verbundene liberale Auffassung – auch wenn diese Bezeichnung dank der realen Politik (wirtschafts-)liberaler Parteien etwas in Verruf gekommen ist – impliziert eine kritische Toleranz wegen ihres theoretischen Pluralismus. Das bedeutet entgegen anderslautender Behauptungen aber keinesfalls einen absoluten Relativismus3 – und steht daher mit der Postmoderne eher auf dem Kriegsfuß –, sondern einen konsequente Suche nach besseren Alternativen und eine Kritik aller dogmatischen und freiheitsgefährdenden Ideologien.

1 H. Albert: „Traktat über kritische Vernunft“, UTB, 5. Auflage von 1991; S. 14
2 Diese Methode findet sich gerade in der modernen Theologie sehr häufig vgl. u.a. H. Albert, a.a.O.; S. 124-155
3 Dass dieser eigentlich eine contradictio in adjecto darstellt, sei hier bei Seite gelassen. Inwieweit Feyerabend sein „Anything goes“ wörtlich gemeint hat und inwieweit er noch dem kritischen Rationalismus anzurechnen ist (trotz Beeinflussung wohl eher nicht), kann hier auch nicht weiter bearbeitet werden.
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Re: Popper

Beitragvon Kival » Mi 21. Feb 2007, 16:55

Abgesehen von dem neuen Text, zu dem einer etwas sagen will, was haltet ihr eigentlich von der Einschätzung Poppers, dass das ende der Metaphysik auch das Ende der Naturwissenschaft wäre?

Kival hat geschrieben: Der Versuch der Positivisten alle Wissenschaft nur auf Erfahrungsschlüsse zurückzuführen ist demnach unmöglich und mit dem Untergang der Metaphysik geht auch die Naturwissenschaft zu Grunde.


Ich kann auch noch die Originaltextstelle zitieren, wenn die Diskussion hier jemanden interessiert :^^:
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Beitragvon Tapuak » Mi 21. Feb 2007, 20:18

Ich finde deine Zusammenfasung gut, auch wenn mir jetzt schon wieder etliche Details einfallen, die man noch ergänzen könnte. Aber dann würde das irgendwann eine Kette ohne Ende. ;) Als Überblick reicht es m.E. allemal.

Ich kann auch noch die Originaltextstelle zitieren, wenn die Diskussion hier jemanden interessiert ^^

Ja, würde mich interessieren, weil ich gerade nicht wichtig weiß, was gemeint ist (kannst mir sonst auch den entsprechenden Aufsatz ö.Ä. nennen).
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Beitragvon Kival » Mi 21. Feb 2007, 21:50

Es steht auf den ersten Seiten von Logik der Forschung (S.9f.,14f.), die hab ich aber nicht hier, ich zitiere nur aus „Zugänge zur Philosophie 2“; Cornelsen; S. 107ff.:

Dort: "Der positivistische Radikalismus vernichtet mit der Metaphysik auch die Naturwissenschaft: Auch die Naturgesetze sind auf elementare Erfahrungsgrundsätze nicht zurückführbar". Allerdings merke ich gerade, dass die Aussage hier etwas anders ist. Dennoch: Wie steht ihr zur Metaphysik?
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Beitragvon Tapuak » Do 22. Feb 2007, 23:18

Kival hat geschrieben:Dort: "Der positivistische Radikalismus vernichtet mit der Metaphysik auch die Naturwissenschaft: Auch die Naturgesetze sind auf elementare Erfahrungsgrundsätze nicht zurückführbar". Allerdings merke ich gerade, dass die Aussage hier etwas anders ist.

Ist damit einfach gemeint, dass auch der Wissenschaft bestimmte metaphysische Annahmen zugrunde liegen? Wenn ja, ist das das natürlich zutreffend. Man kommt wohl nicht ganz ohne Metaphysik aus. Das typische Beispiel dafür wäre ja der Realismus. Er ist eine metaphysische "Theorie", die nicht prüfbar ist wie eine wissenschaftliche Theorie. Dennoch ist es durchaus vernünftig, sie vorauszusetzen, weil gute Argumente für sie sprechen und sie viele Probleme löst (z.B. das Problem des Scheiterns von Theorien). Komplett "sinnlos" sind metaphysische Theorien also nicht, solange man sie einer rationalen Diskussion zugänglich macht.

(Zum Realismus und seiner Unverzichtbarkeit für die Wissenschaft hat der hier immer wieder gern zitierte G. Vollmer ja einige kluge Dinge geschrieben, wenn ich mich da richtig erinnere).
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Beitragvon Kival » Do 22. Feb 2007, 23:32

Das könnte gemeint werden, es wird aber aus dem Auszug leider nicht wirklich klar. Ich habe persönlich immer noch ein sehr ambivalentes Verhalten zur Metaphysik und favorisiere insgesamt doch eher eine antimetaphyische Deutung des kritischen Rationalismus - ich stehe da steps Denken sehr nahe, bin mir aber alles andere als sicher, ob es nicht doch metaphysische Grundlagen gibt. Die Frage ist sicherlich, inwieweit die wissenschaftliche Forschung einen metaphysischen Realismus wirklich voraussetzt. Vielleicht überzeugen mich Vollmer oder Mahner und Bunge ja doch von ihrer hypothetischen Metaphysik :^^:
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Beitragvon ostfriese » Fr 23. Feb 2007, 00:44

Kival, bereits die Entscheidung gegen den Solipsismus ist eine metaphysische. Denn alle Wissenschaft ist hinfällig, wenn nichts existiert als das, was Dir gerade bewusst ist. Ganz ohne Metaphysik geht es nicht. Der hypothetische Realismus ist streng genommen eine metaphysische Position. Tapuak hat bereits erwähnt, was sie so stark macht.
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Beitragvon Kival » Fr 23. Feb 2007, 01:18

Ich versuche einmal anzudeuten, wie ich das Sehe: Für mich ist der Realismus eine Hypthese, die sich tausendfach bewährt hat, aber ich mache es mir schwer daraus einen ontologischen Status zu machen, dafür besteht mir ein Funken zu viel UNsicherheit. Zugegenermaßen sind für mich Hypothese und Metyphsik ein Widerspruch,;was fallibel ist, ist nach meinem Verständnis eben keine Metaphysik.

Deswegen: Ich bin hypthetischer Realist, Naturalist and so on, aber es metyaphysisch oder ontologisch zu nennen, erscheint mir nicht-sinnig. Ich schließe eben nicht aus, von anderen Modellen überzeugt zu werden, ich kann mir auch vorstellen, dass der Naturalismus scheitert (er ist m. E. falsifzierbar). Und in dem Moment ist es eben keine Metaphysik mehr.
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Beitragvon Kival » Mo 5. Mär 2007, 16:52

Ich habe heute in der Klausur quasi einen Essay über den kritischen Rationalismus geschrieben. Wenn ich sie zurückhabe, kann ich den ja auch mal abtippen...
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