Wertefundamentalismus - Wertebegründung - Werterelativismus

Beitragvon gavagai » Sa 5. Mai 2007, 22:18

Der Autor hat geschrieben:
Man muss nicht essen. Man muss nur essen, wenn man weiterleben will.

Das ist genau der Satz, den ich erwartet habe.
Dann passt es ja.
Der Autor hat geschrieben:Wahrscheinlich sagst du als Nächstes, dass es ja auch Leute gibt, die nicht weiterleben wollen und man die Regel deshalb nicht verallgemeinern kann.
Da liegst du daneben.
Der Autor hat geschrieben: Noch immer hast du dich nicht klar geäußert: Bist du für die Menschenrechte oder nicht?
Das hast jetzt du völlig überlesen: ich habe es schon mehrfach gesagt und sogar schon ein begründungargument gegeben. Aber hier nochmals für dich. Ich bin nicht nur für Menschenrechte: ich habe mehrere Webseiten pro Grundgesetz, pro Menschenrechte, pro Bürgerrechte; ich bin in mehreren Menschenrechtsorganisationen Mitglied.
Grundrechte in der Bundesrepublik Deutschland http://www.gavagai.de/gg/HHD09.htm (Dort Links zu vielen einzelnen Grundrechtsartikeln)
Kirche, Verfassung und Menschenrechte http://www.gavagai.de/gg/HHD0902.htm
Überwachung des Bürgers durch den Staat http://www.gavagai.de/gg/HHD91GB.htm
Kindersoldaten http://www.gavagai.de/krieg/HHD319.htm
usw. usw. usw.
ich bin in mehreren Menschenrechtsorganisationen Mitglied.
Freiwillige Mitgliedschaften http://www.gavagai.de/person/HHI10.htm
BTW meine Schuhgrösse ist 39 oder 40.
Was hat das alles mit der Diskussion zu tun?
Selbst wenn viele oder gar alle Lebewesen nicht gefoltert werden wollen, heisst das noch lange nicht, dass Foltern schlecht ist.

Der Autor hat geschrieben:Doch. Genau da liegt der Sinn von Wertungen, um solche Fälle zu bewerten.
Ja, das ist der Sinn von Wertungen. Aber in dem Zitat von mir ist im 1. Teilsatz keine Wertung. Er beschreibt die Wirklichkeit. Wie schaffst du den Übergang?
(1) alle Lebewesen wollen nicht gefoltert werden.
(2) Foltern ist schlecht.
Nochmals: wie schaffst du den Übergang von (1) zu (2)? Es führt kein unmittelbarer logischer Weg von (1) zu (2).
Satz (1) sagt etwas über die Beschaffenheit der Welt. Satz (2) sagt etwas über ein Wertung, die im Satz (1) nirgends steht.
Der Autor hat geschrieben:Klar bewerten das Menschen,.
Ja eben. Du musst zwischen (1) und (2) den bewertungsvorgang dazwischen schieben, damit ein gültiges Argument draus wird.
Einfaches Beispiel extra für dich:
(1) Der Unterricht beginnt um 8 Uhr.
(2) Emil ist zu spät dran.
Wie folgt (2) aus (1)? Überhaupt nicht.
Dagegen:
(1) Der Unterricht beginnt um 8 Uhr.
(2) Emil schaut auf 1 km vor der Schule auf seine Uhr und vergleicht mit der Kirchturmuhr: es ist 9 Uhr
(3) Emil ist zu spät dran.
Jetzt ist das Argument schlüssig.
Also: es bleibt dabei, Hume, Bunge, Mahner, Russell, Wittgenstein, gavagai, haben recht: aus dem IST kann man kein SOLL ableiten.
Wenn's nicht so wäre, dann ginge auch:
(1) IST: Die meisten Arten sterben aus.
(2) SOLL: Die meisten Arten sollen aussterben.
Ich hoffe, du siehst wenigstens ein, dass dieser Schluß (so er gültig wäre) zu einer völlig krampfigen Ethik führt: Genozid wäre das moralische Gebot!
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Beitragvon Andreas Müller » Sa 5. Mai 2007, 22:42

Dann habe ich wohl vor allem ein sprachliches Problem mit deiner Art, etwas zu erklären. Lassen wir es bleiben.
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Beitragvon HF******* » So 6. Mai 2007, 18:22

Bitte nicht als Nachkarten zu verstehen:

Der Autor schrieb:
...eine für alle Menschen hinreichend begründbare universelle Ethik aus ihren gemeinsamen Bedürfnissen, basierend auf ihrer gemeinsamen Natur, ableiten kann.


Angenommen wir haben eine gemeinsame Natur und können uns daher auf eine Ethik einigen, die dieser Natur entspricht: Inwieweit muss oder darf es eine Ethik geben, die darüber hinaus geht? Wäre die Forderung nicht naturalistisch basierter Ethik automatisch reine Gängelei?
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Beitragvon Andreas Müller » So 6. Mai 2007, 18:28

Wäre die Forderung nicht naturalistisch basierter Ethik automatisch reine Gängelei?


Es wäre sinnlos bis gefährlich. Die Kirche fordert schließlich eine Moral, die der menschlichen Natur widerspricht, z. B. Sexualmoral, und wir sehen ja, was dabei herauskommt.
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Beitragvon HF******* » So 6. Mai 2007, 18:55

Ich frage mich gerade, ob ich den moralisch/ethischen Bereich ebenso rational sehe (oder sehen muss), wie den Bereich der Vorstellung von der Welt, Maßstäbe der Wahrheitserkenntnis.

Kann ich jeden Punkt der Ethik einer Verstandskontrolle unterziehen und ihn nur bei Übereinstimmung mit der Rationalität billigen? Meines Erachtens geht das bereits wegen des Wertungsaktes nicht (siehe gavagais Ausführungen).

Jeder Form von Ethik oder Moral geht ein Bereich der puren Willkür voraus. Sehr deutlich wird das im Manifest der evolutionären Humanisten zum Thema Tierschutz. Es findet eine reine Interessenabwägung statt. :furz:

Ethik kann auch allein damit begründet werden, dass ich sie so will. Damit Du jetzt keine Angst vor mir bekommst, bin ich auch bereit meine Ethik offen zu legen und mich daran zu halten: Das ist meines Erachtens im Zusammenhang mit Ethik und Moral weitaus wichtiger als die Frage, ob die Ethik rational begründbar sein muss.
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Beitragvon gavagai » So 6. Mai 2007, 19:28

HFRudolph hat geschrieben:Ethik kann auch allein damit begründet werden, dass ich sie so will.

Ich meine, dass dieser subjektive Akt (wie man ihn einordnet ist IMO sekundär, ob als Willensakt oder subjektive Einschätzung oder ...) in einer Begründung von Ethik unbedingt dabei sein muß. Anders geht es nicht.
Selbst der Christ hat es da nur geringfügig leichter. Bei ihm ist der Akt wahrscheinlich der Glaubensakt: "Ich glaube an ..xyz . Daher lasse ich xyz meine Ethik begründen." Der Christ (und viele andere Religionen) delegiert quasi den von dir genannten Akt an seine supranaturale Macht. Deshalb ist die christliche Ethik IMO eine intellektuelle Bankrotterklärung: nicht der Religiöse bestimmt, was gut und schlecht ist, sondern er lässt es sich vorschreiben. Und das ist auch eine Erklärung für den grottentiefen Unfug, der teilweise in den religiösen Geboten drinsteht. Einmal falsch abgeschrieben, zweimal falsch ausgelegt und schon wird die Klitorisbeschneidung zur religiösen Pflicht.
Und für den Unfug greifen die Gläubigen dann leider oft genug auch zu Schwert, Gewehr oder Bomben.
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Beitragvon HF******* » So 6. Mai 2007, 19:40

@gavagai:
Ich behaupte einfach mal, dass Religiöse sich teilweise überhaupt keine Gedanken darum machen, ob die von ihnen vertretene "Moral" - oder besser gesagt die Folgen - gut oder schlecht sind. In diesem Sinne:

Blindes Befolgen althergebrachter Rieten, Moralvorstellungen und Werte unter Verweigerung jeder Selbstkontrolle fördert bösartiges Handeln. Wer handelt, ohne überhaupt gut handeln zu wollen oder sich einer moralischen Selbstkontrolle verschließt, nimmt bösartige Folgen des Handelns in Kauf.

Das bedeutet allerdings ebensowenig, das Althergebrachtes ansich schlecht sein muss: Es braucht ja nicht alles neu erfunden zu werden.
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Beitragvon gavagai » So 6. Mai 2007, 19:51

HFRudolph hat geschrieben: Wer handelt, ohne überhaupt gut handeln zu wollen ...
Das unterstelle ich jetzt den Religiösen nicht. Fast im Gegenteil: manche von denen wurden so konditioniert, dass, wenn sie mal gegen ihre Gebote verstossen, die absonderlichsten Reaktionen (Selbstgeißelung !) möglich sind. Sie wollen also IMO schon, nur lassen sie das, was Gut ist, fremdbestimmen und damit trifft dein nächster Satz voll ...
HFRudolph hat geschrieben: oder sich einer moralischen Selbstkontrolle verschließt, nimmt bösartige Folgen des Handelns in Kauf.
Selbstkontrolle in dem Sinne, dass die göttlichen Gebote hinterfragt oder gar bezweifelt werden, findet kaum statt. Und damit gibt es so Querschläger, dass man ungeborenes Leben so extrem schützt, dass man dafür sogar einen Abtreibungsarzt tötet. Eine angemessene Abwägung findet nicht statt.
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Beitragvon HF******* » Mo 7. Mai 2007, 09:28

gavagai schrieb:
Und damit gibt es so Querschläger, dass man ungeborenes Leben so extrem schützt, dass man dafür sogar einen Abtreibungsarzt tötet. Eine angemessene Abwägung findet nicht statt.


Die Bibel kennt keine Angemessenheit, Güter oder Interessenabwägung. Selbst Jesus ist radikal. Das ist einer der Gründe, warum sich niemand wirklich an das hält, was er gesagt hat.

Um ehrlich zu sein: Ich weiß gar nicht, ob sich der Schutz des ungeborenen Lebens tatsächlich direkt aus der Bibel ergibt.
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Beitragvon HF******* » Mo 7. Mai 2007, 09:34

Die radikalen Religiösen halten eine Norm für gut, weil die Kirche das so sieht oder weil es in der Bibel steht. Sie meinen, dass die Folge automatisch gut sein müsse.

Tatsächlich muss man aber sehen, ob eine bestimmte Folge gut oder schlecht ist und dann prüfen, ob die Norm geeignet ist, die gewünschte Folge herbeizuführen.
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