stine hat geschrieben:El Schwalmo hat geschrieben:Stell' Dir mal vor, dass eine Schlange ein Gift entwickelt, das bei keinem Amphib oder Fisch vorkommt. Bewirkt diese Besonderheit, dass sich Schlangen nicht aus gemeinsamen Vorfahren mit Fischen und Amphibien entwickeln konnten?
Das ist ein gutes Beispiel. Aber wenn diese Schlange dann als alleinige im Besitz dieses Giftes ist, dann hat sie damit eine neue Art kreirt, oder sehe ich das falsch?
diese Frage ist schwer zu beantworten, denn sie hängt davon ab, was man unter einer 'Art' versteht. In der Evolutionsbiologie gibt es über zwei Dutzend, sich teilweise widersprechender, Artbegriffe. Der wohl wichtigste Artbegriff ist der 'biologische Artbegriff'. Nach dieser Auffassung gehören alle Organismen zu einer Art, die sich miteinander fruchtbar kreuzen lassen. Nun stell Dir mal vor, es gäbe eine Population von Schlangen, die durch eine geographische Barriere getrennt sind (beispielsweise, weil die Art am Anfang eines Canyons entstand, und sich dann im Lauf der Zeit links und rechts des Canyons ausbreitete, weil die Schlangen nicht weit wandern, treffen die, die auf der einen Seite des Canyons leben, nie auf Schlangen, die auf der anderen Seite leben). Wenn nun eine Schlange auf der einen Seite des Canyons das Gift entwickelt, sich aber noch mit den übrigen Mitgliedern der Population paart, ist keine neue Art enstanden. Angenommen, das Gift macht die Schlange extrem 'fit' gegenüber den Schlangen, die das Gift nicht haben, und die Eigenschaft zur Bildung dieses Gifts ist erblich, werden nach einigen Generationen alle Schlangen der Population das Gift aufweisen. Wenn sich diese Schlangen nun aber immer noch mit den Schlangen auf der anderen Seite des Canyons, die das Gift nicht haben, paaren, ist keine neue Art enstanden. Man spricht dann von Rassen, Varietäten, Unterarten oder was auch immer, das ist relativ willkürlich.
stine hat geschrieben:El Schwalmo hat geschrieben:Dort herrschten Selektionsbedingungen, die das, was den Menschen zu Menschen macht
Ist es denn nachweislich so, dass der Homo Sapiens die Savanne als Zwischenstufe brauchte oder hat er sich parallel dazu auch im Urwald weiterentwickelt?
Wenn ich richtig informiert bin, wird davon ausgegangen, dass der Mensch in der Savanne entstand. Menschen sind dann erst sekundär wieder in die Urwälder eingedrungen.
Es ist aber auch nicht so, dass es eine Lebensform gab, die sich dann zum Menschen entwickelte. Es gab eine ganze Reihe recht ähnlicher Wesen, von denen sich eins dann letztlich zum Menschen entwickelte. Es gibt eher 'Stammbüsche' als 'Stammbäume', das Kozept der 'scala naturae', also einer Stufenleiter des Seienden, die von Mineralien über Pflanzen, Tiere und Menschen schließlich zu Engeln führt, ist längst obsolet.
Genau hier, bei dem, was den Menschen zum Menschen macht, gerät die Theologie in massivste Probleme. Welches dieser Wesen entsprach 'Adam', also dem personalen Gegenüber, zu dem Gott 'Du' sagte? Ein für mich prägendes Erlebnis war eine Podiumsdiskussion, bei der ein Biologe und ein Theologe gemeinsam referierten. Mehr aus Zufall kamen busladungsweise meist ältere Teilnehmer einer Tagung der Evangelischen Landessynode hinzu. Die Referate waren wenig kontrovers, in der Diskussion fragte dann ein Frau den Theologen das, was ich oben anführte (ab wann ist der Mensch 'Adam'). Der Theologe wand sich wortreich, die Frau fragte drei Mal ganz konkret dasselbe nach, ohne dass der Theologe auch nur ansatweise trotz sehr vieler Worte, die er sagte, irgendetwas äußerte, was die Frage dieser Frau beantwortet hätte. Es ist auch kein Zufall, dass in den USA nie verboten war, Evolution an den öffentlichen Schulen zu unterrichten, verboten war durch den Butler Act und ähnliche Gesetze nur, zu lehren, dass der Mensch nicht-menschliche Vorfahren hatte. Solange dem Menschen eine Sonderstellung eingeräumt wurde, gab es einen Burgfrieden mit der Theologie.
Obwohl ich Dutzende von Darstellungen von Theologen gelesen habe, kenne ich keine Antwort auf die Frage der Frau, die mich auch nur ansatzweise überzeugt hätte. Die einzige 'Lösung' scheint mir darin zu bestehen, es als Geheimnis stehen zu lassen. Auf Menschen wie mich, die nicht davon ausgehen, dass es einen Gott gibt, existieren natürlich viel stringentere Alternativen.