Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon Nanna » Mi 24. Okt 2012, 01:59

ganimed hat geschrieben:Das Schema geht so: ich nenne einen Sachverhalt mit Allquantor (alle Menschen sind unfrei, alle Lebewesen unterliegen einem Mechanismus). Dann zerredest du das mit dem folgenden Trick: "wenn man Freiheit/Mechanismus so definiert, dass alle unfrei/unterliegend sind, dann hat das keinen Sinn, weil das grenzt ja nirgendwo von ab". Dann sage ich: "aber es ist doch nun einmal so." Dann sagst du: "wie müsste die Komplementärmenge aussehen?" Dann sage ich: "die ist leer." Dann fragst du: "wie müsste sie denn sein, damit sie nicht leer ist?" Usw. und so ermüdend.

Es geht eigentlich an Agent und ich antworte dir in den nächsten Tagen auch auf deine Antworten/Fragen an mich, aber das nur vorab, weil ich es gerade recht wichtig finde und ich verstehen möchte, warum du denkst, wie du denkst:
Findest du das Spiel mit Definitionsmöglichkeiten und theoretischen Konzepten tatsächlich so langweilig?
Bist du tatsächlich der Meinung, dass es keinerlei Erkenntnisgewinn bringt, mithilfe theoretischer Überlegungen und Kategorisierungen Möglichkeitena auszuloten, wie man mit Grundfragen des Lebens umgehen könnte?
Du hast mal irgendwann berichtet, dass dir der Spieltrieb abhanden gekommen ist und du dich insgesamt der Welt gegenüber manchmal etwas miesepetrig fühlst (ist jetzt auch ein wenig eine dreiste Unterstellung, nichts für ungut). Glaubst du, dass das etwas mit deiner fatalistischen Sichtweise auf das Leben und die Philosophie zu tun haben könnte?

Ich würde an der Stelle gerne kurz nochmal eine Lanze zugunsten der Kultur gegenüber dem szientistischen Reduktionismus brechen (den du meines Erachtens vertrittst), und zwar in Form eines Hinweises auf den Artikel Töten ist menschlich, der vor kurzem in der ZEIT erschien. Er handelt unter anderem von der Ohmacht der Hirnforscher beim Erkennen und Therapieren von Mördern und von der Macht von Kultur gegenüber Gewalt. Er gehört nur randständig in dieses Thema, aber ich bin der Meinung, dass es ein exzellentes Beispiel dafür ist, in welch unproduktive Richtungen es führt, wenn man menschliches Verhalten auf Vorgänge in "sublime[n] Hirnbezirke[n] mit kaputten Spiegelneuronen" reduziert und jegliche Hermeneutik in den Wind schießt.

Wie gesagt, der Rest kommt dann später, außer dieses eine noch und das kommt jetzt wirklich aus dem Klugscheißermodus: Es heißt "per definitionem. Akkusativ.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ujmp » Mi 24. Okt 2012, 06:02

Nanna hat geschrieben:Den statistischen Zusammenhang kann man mittels Linearer Regression analysieren, dann kommt eine Steigungsgerade raus, so eine z.B.:

Bild

Eine Regressionsgerade beschreibt den Zusammenhang, kann ihn aber nicht erklären oder Kausalitäten nachweisen! Ebenso macht sie keine qualitativen Aussagen, sondern beschreibt quantitativ die Stärke eines Zusammenhangs.

Natürlich kann der Zusammenhang an sich kausal sein, aber das ist quantitativ nicht nachweisbar, sondern muss mit einer qualitativen Theorie begründet werden. Wenn man es dennoch tut, so wie du es hier penetrant versuchst, begeht man einen Fehlschluss vom Typ cum hoc ergo propter hoc.


Hab den Beitrag grad zufällig enteckt... Manche Abhandlungen über Statistik reden vorsichtshalber nicht von "Zusammenhang" sondern davon, dass die eine Variable den Wert der anderen "vorhersagt" (predict).

Übrigens: Je mehr Himbeereis verkauft wird, um so mehr Badeunfälle gibt es! ;-)
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 6. Nov 2012, 22:25

Ich bin nicht ganz sicher, ob dieses Thema genug an Aktualität und Dringlichkeit eingebüßt hat, um besser als ausgelaufen und beendet zu gelten. Ich versuche einfach mal, wenigstens das letzte Wort zu behalten. Was ja als Motiviation für Diskussionen nicht zu unterschätzen ist.

AgentProvocateur hat geschrieben:Was soll man sich unter X vorstellen können, wenn NICHT-X logisch unmöglich ist?

Mit dem X hatten wir Lebewesen gemeint, die dem Evolutionsmechanismus unterliegen. Das tun sie meiner Meinung nach per Definition. Du willst aber offenbar argumentieren, dass X nur vorstellbar ist, wenn Nicht-X logisch möglich ist? Ansonsten mache die Definition keinen Sinn?

Nehmen wir ein anderes X, ein X1. X1 seien Lebewesen, die einmal gelebt haben. Das haben sie meiner Meinung nach per Definition. Du würdest hier analog argumentieren, dass X1 nur vorstellbar ist, wenn Nicht-X1 logisch möglich wäre. Aber auch hier würde ich behaupten, dass es logisch keine Lebewesen gibt, die nie am Leben waren. Und so gäbe es viele Definitionen, die natürlich Sinn machen, die für dich aber keinen Sinn machen würden, wenn dein Argument richtig wäre. Dein Argument ist also offenbar falsch.

AgentProvocateur hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Die Eigenschaft muss auch noch etwas mit Konkurrenz, mit Sieg oder Niederlage (im Fall der Evolution mit dabei bleiben oder ausscheiden) zu tun haben. Beziehungsweise und allgemeiner: der allen gemeinsame Mechanismus muss wertende Eigenschaften haben, selektieren, bevorzugen, benachteiligen, vermehren, verringern, etc.
Warum? Hört sich so an wie ein reines Postulat.

Ich will aus dem quantitativen Maßstab eines Lebewesens einen qualitativen Maßstab ableiten. Damit das funktioniert, so fiel mir mit deiner Hilfe auf, muss für den quantitativen Maßstab eben doch bereits eine qualitative Bewertung enthalten, damit verknüpft oder per Definition angehängt sein. Beim Fußballspiel ist das einfach die irgendwann um 1850 willkürlich festgelegte Wettkampfregel: Tore schießen ist gut, Tore kassieren ist schlecht. Diese Regel erlaubt es oder legt zumindest nahe, aus dem quantitativen Maßstab "geschossene Tore" den qualitativen Maßstab "beste Mannschaft" abzuleiten.
Nun wurde 1850 nicht willkürlich festgelegt, dass lange leben und Gene weitergeben gut ist und kurz leben und aussterben schlecht wäre. Aber die Regel wäre zusammen mit der Attestierung eines Wettkampfcharakters um knappe Ressourcen eine naheliegende Interpretation der Evolution.
Dein Beispiel mit den Netzgeräten funktioniert deshalb nicht, weil dein quantitativer Maßstab nicht so ohne weiteres aus einem qualitativen Bewertungszusammenhang herleitbar ist.

AgentProvocateur hat geschrieben:Du nimmst nun das Kriterium "die Art, die länger überlebt, ist besser". Ich habe nichts gegen das Kriterium, das darfst Du nehmen und dann können wir die Rangliste erstellen. Aber wir können eben auch ein völlig anderes Kriterium nehmen und eine andere Rangliste erstellen.

Bei dir hört sich das so an, als wäre jedes Kritierum gleich gut, als wäre "länger überleben" also völlig gleichwertig zu "mehr Bewusstsein haben". Genau da würde ich widersprechen. Die Zauberworte aus meiner Argumentation sind hier "naheliegend", "herleitbar", "quantitativ", "objektiv". Ich kann nicht erkennen, dass der Bewusstseins-Maßstab da mithalten kann. Der glänzt eher durch "willkürlich" und "subjektiv".

AgentProvocateur hat geschrieben:Deine bisherigen Bemühungen, Dein Kriterium als das Beste, Höchste und einzig Richtige darzustellen, haben zumindest mich nicht überzeugt.

Deine bisherigen Bemühungen, meine Position zu verstehen, können mich auch noch nicht restlos überzeugen. Ich habe nämlich nicht ein Kriterium als das Beste genannt, sondern eine Klasse von Kriterien genannt, die ich für besser und richtiger halte als den Bewusstseinsmaßstab. Länge der Individuallebenszeit, Länge des Artbestehens, Länge der unveränderten Weitergabe bestimmter Genabschnitte, Verbreitungsgrade von Arten oder Genen, es gibt viele Kriterien aus dieser Klasse. Ihnen ist nur gemeinsam, dass sie quantitativ messbar sind und sich aus ihrem evolutiven Wettkampfcharakter ein qualitativer Maßstab ableiten lässt. Meine Aussage ist also: "Lebensdauer einer Art" oder etwas in der Art ist ein viel besseres und begründbareres und herleitbareres und naheliegenderes Kriterium als stines wenig begründbares und willkürliches Bewusstseinskriterium. Findest du allen ernstes diese beiden Kriterien gleichwertig? (vielleicht habe ich dich ja ebenso misverstanden wie du mich).
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 6. Nov 2012, 23:14

Nanna hat geschrieben:Findest du das Spiel mit Definitionsmöglichkeiten und theoretischen Konzepten tatsächlich so langweilig?

Natürlich nicht. Diese Spiele sind unverzichtbar bei logischen Argumenten. Ich werfe dem Agenten nur vor, dass sein Argument eben nicht gut ist, zu nichts führt, lediglich reflexartig und destruktiv angewendet wird, zum Zerreden und Angreifen. Eben genau weil dieses Argument fast beliebig einsetzbar ist, sobald der Gegner einen Allquantor verwendet. Solche Spiele erscheinen sicher nicht nur mir fad.

Nanna hat geschrieben:Du hast mal irgendwann berichtet, dass dir der Spieltrieb abhanden gekommen ist und du dich insgesamt der Welt gegenüber manchmal etwas miesepetrig fühlst (ist jetzt auch ein wenig eine dreiste Unterstellung, nichts für ungut). Glaubst du, dass das etwas mit deiner fatalistischen Sichtweise auf das Leben und die Philosophie zu tun haben könnte?

Deine mehrfachen Hinweise auf den Unterschied zwischen Korrelation und ursächlichem Zusammenhang konnte ich nicht immer in einen sinnvollen Zusammenhang mit der eigentlichen Argumentation bringen. Aber hier wäre es vielleicht tatsächlich mal sinnvoll zu überlegen, ob ich miesepetrig bin, weil ich Philosophie für Wischiwaschi-Geschwätz halte oder ob nicht eine oder mehrere Eigenschaften X von mir eher die gemeinsamen Ursachen für Miesepetrigkeit und Philosophieverachtung wären. Ich zweifle aber, dass überhaupt eine Korrelation vorliegt. Gibt es nicht vielleicht doch auch einige miesepetrige Philosophen?

Nanna hat geschrieben:Ich würde an der Stelle gerne kurz nochmal eine Lanze zugunsten der Kultur gegenüber dem szientistischen Reduktionismus brechen (den du meines Erachtens vertrittst), und zwar in Form eines Hinweises auf den Artikel Töten ist menschlich, der vor kurzem in der ZEIT erschien. Er handelt unter anderem von der Ohmacht der Hirnforscher beim Erkennen und Therapieren von Mördern und von der Macht von Kultur gegenüber Gewalt. Er gehört nur randständig in dieses Thema, aber ich bin der Meinung, dass es ein exzellentes Beispiel dafür ist, in welch unproduktive Richtungen es führt, wenn man menschliches Verhalten auf Vorgänge in "sublime[n] Hirnbezirke[n] mit kaputten Spiegelneuronen" reduziert und jegliche Hermeneutik in den Wind schießt.

Der Artikel ist nur schwer zu lesen für mich. Auf Seite 2 hat meine Miesepetrigkeit gesiegt und ich verlor die Geduld mit diesem Unsinn. Mörder würden von Hirnforschern als nicht normal eingestuft? Ist das so? Ich muss lachen. Hirnforscher (ein paar und längst nicht alle) versuchen sicher, Korrelationen und ursächliche Zusammenhänge zwischen bestimmten Hirneigenschaften und dem Verhalten von Menschen herzustellen. "Mörder" ist dabei sensationell unspezifisch und völlig unbrauchbar. Wenn im Artikel notorische Gewaltverbrecher, Triebtäter und Psychophaten mit Soldaten, Nazis, ideologisch Verblendeten oder durch besondere Umstände begünstigte Morddelikte in einen Topf "Mörder" geworfen werden, ist jedes Weiterlesen aus meiner Sicht sinnlos. Dieses undifferenzierte Gewäsch muss dich ja sehr in deinen liebgewonnenen Ansichten bestätigen und so deine Sympathien gewonnen haben, dass deine Reflexion über den Gehalt und die Validität der Argumente derartig außer Kraft gesetzt wurde.

Und überhaupt wundert mich deine Frontlinie zwischen Kultur und szientistischen Reduktionismus. Ich sehe da kein Gegeneinander oder Widerspruch. Schon eher zwischen Philosophie und Wissenschaft, die eine muss interpretiert, geglaubt und gemocht werden, die andere kann überprüft werden. Was finde ich wohl besser?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon Vollbreit » Di 6. Nov 2012, 23:29

ganimed hat geschrieben:Und überhaupt wundert mich deine Frontlinie zwischen Kultur und szientistischen Reduktionismus. Ich sehe da kein Gegeneinander oder Widerspruch. Schon eher zwischen Philosophie und Wissenschaft, die eine muss interpretiert, geglaubt und gemocht werden, die andere kann überprüft werden. Was finde ich wohl besser?


Ist nach dem Offenbarunsgeid nicht mehr wirklich interessant.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Di 6. Nov 2012, 23:29

ganimed hat geschrieben:Ich bin nicht ganz sicher, ob dieses Thema genug an Aktualität und Dringlichkeit eingebüßt hat, um besser als ausgelaufen und beendet zu gelten. Ich versuche einfach mal, wenigstens das letzte Wort zu behalten. Was ja als Motiviation für Diskussionen nicht zu unterschätzen ist.

Ja, aber ob Dir das gelingen wird? ;)

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Was soll man sich unter X vorstellen können, wenn NICHT-X logisch unmöglich ist?
Mit dem X hatten wir Lebewesen gemeint, die dem Evolutionsmechanismus unterliegen. Das tun sie meiner Meinung nach per Definition. Du willst aber offenbar argumentieren, dass X nur vorstellbar ist, wenn Nicht-X logisch möglich ist? Ansonsten mache die Definition keinen Sinn?

So ist es.

ganimed hat geschrieben:Nehmen wir ein anderes X, ein X1. X1 seien Lebewesen, die einmal gelebt haben. Das haben sie meiner Meinung nach per Definition. Du würdest hier analog argumentieren, dass X1 nur vorstellbar ist, wenn Nicht-X1 logisch möglich wäre. Aber auch hier würde ich behaupten, dass es logisch keine Lebewesen gibt, die nie am Leben waren. Und so gäbe es viele Definitionen, die natürlich Sinn machen, die für dich aber keinen Sinn machen würden, wenn dein Argument richtig wäre. Dein Argument ist also offenbar falsch.

Naja, es ergibt insofern keinen Sinn, keinen zusätzlichen Sinn, weil es doppelt gemoppelt wäre. Ein Lebewesen, das nicht lebt, wäre kein Lebewesen. "X ist ein Lebewesen" enthält schon die Eigenschaft "X lebt". Es ist also logisch nicht möglich, dass es ein Lebewesen gibt, das nicht lebt. "Lebewesen, das nicht lebt" wäre also eine logisch unmögliche Definition, darunter könnte ich mir nichts vorstellen. So, wie wenn man wie folgt definieren würde: "Freiheit ist, wenn die eigenen Entscheidungen und Handlungen von nichts abhängen und wenn sie gleichzeitig von meinen Erfahrungen, Überlegungen, Ansichten und Meinungen abhängen". Das ist eine Null-Definition, völlig nutzlos, weil nicht vorstellbar.

Was verstehst Du eigentlich nochmal genau unter "Evolutionsmechamismus"?

ganimed hat geschrieben:Ich will aus dem quantitativen Maßstab eines Lebewesens einen qualitativen Maßstab ableiten. Damit das funktioniert, so fiel mir mit deiner Hilfe auf, muss für den quantitativen Maßstab eben doch bereits eine qualitative Bewertung enthalten, damit verknüpft oder per Definition angehängt sein. Beim Fußballspiel ist das einfach die irgendwann um 1850 willkürlich festgelegte Wettkampfregel: Tore schießen ist gut, Tore kassieren ist schlecht. Diese Regel erlaubt es oder legt zumindest nahe, aus dem quantitativen Maßstab "geschossene Tore" den qualitativen Maßstab "beste Mannschaft" abzuleiten.

Wenn wir uns auf eine gemeinsame Regel einigen und uns auch darauf einigen, dass ein Erfüllen dieser Regel besser ist, als ein Nichterfüllen dieser Regel, dann ist, diese Prämisse vorausgesetzt, das eine besser als das andere. Ja. Wenn wir sagten: "wer mehr Spiele gewinnt, ist besser", dann ist der besser, der mehr Spiele gewinnt. Weil wir uns auf diese Prämisse geeinigt hätten, unter Zugrundelegung dieser von uns anerkannten Prämisse.

ganimed hat geschrieben:Nun wurde 1850 nicht willkürlich festgelegt, dass lange leben und Gene weitergeben gut ist und kurz leben und aussterben schlecht wäre. Aber die Regel wäre zusammen mit der Attestierung eines Wettkampfcharakters um knappe Ressourcen eine naheliegende Interpretation der Evolution.

Weil?

ganimed hat geschrieben:Dein Beispiel mit den Netzgeräten funktioniert deshalb nicht, weil dein quantitativer Maßstab nicht so ohne weiteres aus einem qualitativen Bewertungszusammenhang herleitbar ist.

Genau. Dafür war das Beispiel auch gedacht, für diese Erkienntnis. Gleiches gilt aber auch für Deine Herleitung, die ist ebenso unmöglich.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Du nimmst nun das Kriterium "die Art, die länger überlebt, ist besser". Ich habe nichts gegen das Kriterium, das darfst Du nehmen und dann können wir die Rangliste erstellen. Aber wir können eben auch ein völlig anderes Kriterium nehmen und eine andere Rangliste erstellen.

Bei dir hört sich das so an, als wäre jedes Kritierum gleich gut, als wäre "länger überleben" also völlig gleichwertig zu "mehr Bewusstsein haben". Genau da würde ich widersprechen. Die Zauberworte aus meiner Argumentation sind hier "naheliegend", "herleitbar", "quantitativ", "objektiv". Ich kann nicht erkennen, dass der Bewusstseins-Maßstab da mithalten kann. Der glänzt eher durch "willkürlich" und "subjektiv".

Genau, jedes Kriterium ist gleich gut bzw. gleich schlecht. Man kann die Kriterien nicht unterscheiden, wenn man keine Ziele angibt, die erreicht werden sollen, keinen Maßstab, anhand dessen man messen kann. Auf gemeinsame Ziele könnte man sich zwar einigen, aber das macht sie in keiner Weise "objektiv". Ziele sind immer subjektiv - was zwar nicht heißt, dass sie unabhängig von Gegebenheiten und Bedürfnissen wären, was aber sehr wohl heißt, dass sie - und zwar genau deswegen, weil sie von Bedürfnissen und Gegebenheiten abhängen - nicht unabhängig davon gelten können.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Deine bisherigen Bemühungen, Dein Kriterium als das Beste, Höchste und einzig Richtige darzustellen, haben zumindest mich nicht überzeugt.

Deine bisherigen Bemühungen, meine Position zu verstehen, können mich auch noch nicht restlos überzeugen.

Okay, kein Problem.

ganimed hat geschrieben:Ich habe nämlich nicht ein Kriterium als das Beste genannt, sondern eine Klasse von Kriterien genannt, die ich für besser und richtiger halte als den Bewusstseinsmaßstab. Länge der Individuallebenszeit, Länge des Artbestehens, Länge der unveränderten Weitergabe bestimmter Genabschnitte, Verbreitungsgrade von Arten oder Genen, es gibt viele Kriterien aus dieser Klasse. Ihnen ist nur gemeinsam, dass sie quantitativ messbar sind und sich aus ihrem evolutiven Wettkampfcharakter ein qualitativer Maßstab ableiten lässt. Meine Aussage ist also: "Lebensdauer einer Art" oder etwas in der Art ist ein viel besseres und begründbareres und herleitbareres und naheliegenderes Kriterium als stines wenig begründbares und willkürliches Bewusstseinskriterium. Findest du allen ernstes diese beiden Kriterien gleichwertig? (vielleicht habe ich dich ja ebenso misverstanden wie du mich).

Gleichwertig in Bezug auf was? Mein Problem ist wohl schlicht, dass ich Deinen Ansatz, hier irgendwie ein objektives Kriterium, das losgelöst von aller Realität ist, ein Gut, das von allem unabhängig gut sein soll, noch nicht mal im Ansatz nachvollziehen kann. Mir ist noch nicht mal klar, was das überhaupt im Ansatz bedeuten könnte.

Nenne mir Deine Ziele, dann können wir vergleichen, ob die mit meinen Zielen übereinstimmen und dann können wir etwas danach bewerten.

Aber einfach so, mal eben auf die Schnelle, ganz ohne Bewertungsmaßstab bewerten zu können, was besser sei? Das ist für mich nur Absurdistan, da kann ich mich nur am Kopf kratzen.

Wenn wir uns darauf einigten, dass eine Art, die eine insgesamt gesehen längere Lebensdauer hätte, besser sei, dann wäre Art X besser. Wenn wir uns darauf einigten, dass eine Art, deren Individuen am längsten lebten, besser sei, dann wäre Art Y besser. Wenn wir uns daruf einigten, dass eine Art, deren Individuen im Durchschnitt am größten würden, besser sei, dann wäre Art Z besser. etc. pp.

Der Punkt ist immer noch, dass Du aus einem mir bisher unerfindlichen Grunde zu meinen scheinst, Bewertungskriterien nach einem mir unbekannten objektiven Bewertungsmaßstab einordnen zu können.

Du müsstest also mal erstens diese Gründe nennen und zweitens den von Dir verwendeten Bewertungsmaßstab. "Länge der Individuallebenszeit, Länge des Artbestehens, Länge der unveränderten Weitergabe bestimmter Genabschnitte, Verbreitungsgrade von Arten oder Genen" sind ja nun unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe, je nachdem, welchen man verwendet, kommen unterschiedliche Ergenisse bei raus.

Wir einigen uns auf einen bestimmten Maßstab und erstellen demnach eine Rangliste der Lebewesen anhand dieses Kriteriums, (oder auch anhand mehrerer Kriterien): kein Problem. Aber einen objektiv richtigen Maßstab, unabhängig von bestimmten Zielen, der auch noch allen anderen Maßstäben überlegen sein soll: no way.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Di 6. Nov 2012, 23:34

ganimed hat geschrieben:Ich werfe dem Agenten nur vor, dass sein Argument eben nicht gut ist, zu nichts führt, lediglich reflexartig und destruktiv angewendet wird, zum Zerreden und Angreifen. Eben genau weil dieses Argument fast beliebig einsetzbar ist, sobald der Gegner einen Allquantor verwendet. Solche Spiele erscheinen sicher nicht nur mir fad.

Welches Argument meinst Du? (Habe etwas den Faden verloren.)
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Mi 7. Nov 2012, 00:28

AgentProvocateur hat geschrieben:Welches Argument meinst Du?

Soweit ich Nanna verstanden hatte, meinte er das von mir als ermüdend bezeichnete Spielchen mit der angeblichen Sinnlosigkeit wenn logische Nichtexistenz nicht vorstellbar ist.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ein Lebewesen, das nicht lebt, wäre kein Lebewesen. "X ist ein Lebewesen" enthält schon die Eigenschaft "X lebt". Es ist also logisch nicht möglich, dass es ein Lebewesen gibt, das nicht lebt.

Deinem eigenen Trick zufolge müsste aber genau deshalb jetzt die Definition von "Lebewesen = etwas, das lebt" sinnlos und unverständlich sein. Ich finde den Trick nicht nur ermüdend, sondern du wendest ihn nicht einmal besonders konsequent an.
Wieso ist die Aussage: "alle Lebewesen leben" ok für dich. Und wieso ist die Aussage: "alle Lebewesen unterliegen dem Evolutionsmechanismus" nicht ok für dich?

AgentProvocateur hat geschrieben:Was verstehst Du eigentlich nochmal genau unter "Evolutionsmechamismus"?

Im engeren Sinne meines Wettkampfargumentes wäre unter dem Mechanismus wohl vor allem die Selektion (der Kampfrichter) zu verstehen. Das und zum Beispiel Artenbildung (damit Arten bewertet werden können) und Fortpflanzung durch Weitergabe von Genen (damit Gene bewertet werden können).

AgentProvocateur hat geschrieben:Wenn wir uns auf eine gemeinsame Regel einigen und uns auch darauf einigen, dass ein Erfüllen dieser Regel besser ist, als ein Nichterfüllen dieser Regel, dann ist, diese Prämisse vorausgesetzt, das eine besser als das andere. Ja. Wenn wir sagten: "wer mehr Spiele gewinnt, ist besser", dann ist der besser, der mehr Spiele gewinnt.

Es stimmt, dass das eine Verhandlungssache ist, eine Einigung voraussetzt. Ich kann nicht beweisen, dass die Herleitung meines Maßstabs objektiv richtig ist. Ich kann es nur bewerben und du stimmst irgendwann zu (oder auch nicht). Ohne Kooperation geht es in keiner Diskussion voran. Wenn du also auf der Position beharrtest, dass die Engländer zwar irgendwann diese Torregel so abgefasst hätten, du daraus aber nichts ableiten möchtest und lieber den Blauanteil in der Trikotfarbe einer Mannschaft als Maßstab nehmen wolltest, könnte ich weder dich noch stine daran hindern. Ich könnte mir theoretisch höchstens Mehrheiten beschaffen und argumentieren, dass mehr Menschen wohl meine Herleitung aus der Torregel etwas plausibler und überzeugender finden. (Bei diesem Mehrheitenproblem waren wir mit der Intuitivität von deinem und meinem Freiheitsbegriff auch schonmal, fällt mir da ein.)
Ich argumentiere sozusagen, dass die Herleitung aus dem Evolutionsmechanismus naheliegender, sinnvoller, plausibler ist als eine Herleitung aus einer willkürlich gewählten Eigenschaft (Bewusstsein).
Also: nur weil wir uns auf jede Herleitung einigen müssten (so wie du es richtig sagst) sind deshalb noch lange nicht alle Herleitungen gleich gut. Manche Einigungen fallen erheblich leichter als andere.

AgentProvocateur hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Aber die Regel wäre zusammen mit der Attestierung eines Wettkampfcharakters um knappe Ressourcen eine naheliegende Interpretation der Evolution.
Weil?

Dein "Weil" interpretiere ich hier als Ablehnung einer Einigung. Sicher, wenn du die Plausibilität nicht einsehen willst, kann man dich nicht zwingen. Einen Überlebenserfolg als positiv zu werten, weil letztendlich auch genau deshalb das Wort "Erfolg" dafür verwendet wird, ist zwar naheliegend, aber nicht völlig zwingend.

AgentProvocateur hat geschrieben:Genau, jedes Kriterium ist gleich gut bzw. gleich schlecht. Man kann die Kriterien nicht unterscheiden, wenn man keine Ziele angibt, die erreicht werden sollen, keinen Maßstab, anhand dessen man messen kann.

Stimmt. Aber wer sagt denn, dass ich keine Ziele angeben kann? Was soll also das Ziel für die Verwendung des Lebewesen-Bewertungsmaßstabes sein? Ich schlage vor (denn auch auf das Ziel müssen wir uns wieder einigen): Ziel ist es, einen fairen, objektiven, plausiblen, begründbaren Maßstab anzuwenden um dem Ideal einer objektiven Wahrheit möglichst nahe zu kommen und uns damit besser zu fühlen.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ziele sind immer subjektiv - was zwar nicht heißt, dass sie unabhängig von Gegebenheiten und Bedürfnissen wären, was aber sehr wohl heißt, dass sie - und zwar genau deswegen, weil sie von Bedürfnissen und Gegebenheiten abhängen - nicht unabhängig davon gelten können.

Subjektiv ist nicht beliebig! Ziele sind zwar subjektiv (natürlich) aber deswegen nicht alle gleich gut. Das verwechselst du hier. Sie hängen von Bedürfnissen ab, ganz richtig. Und es gibt seltene Bedürfnisse bei Menschen, es gibt welche, die kein Mensch jemals hatte und es gibt sehr häufig auftretende. Ein objektiv gut zu nennendes Ziel ist demnach eines, welche aus sehr häufigen Bedürfnissen entsteht. Zum Beispiel entsteht mein Ziel aus dem Bedürfniss nach Fairniss, Neutralität, Objektivität und Rationalität. Das sind Bedürfnisse, die relativ weit verbreitet sind. Ich halte eine Einigung auf mein Ziel deshalb für wahrscheinlicher als eine Einigung auf die Ziele, die hinter stines Maßstab vermutet werden können: Selbstbestätigung und Arroganz. Auch sehr weit verbreitete Bedürfnisse, aber weniger hoch angesehen und deshalb nicht mit so viel Wohlfühleffekt ausgestattet. Mein Ziel ist besser, lass uns uns darauf einigen.

AgentProvocateur hat geschrieben:Aber einfach so, mal eben auf die Schnelle, ganz ohne Bewertungsmaßstab bewerten zu können, was besser sei? Das ist für mich nur Absurdistan, da kann ich mich nur am Kopf kratzen.

Ja ich gebe ja gerne zu, dass da tausend Implikationen mitschwingen, die ich nicht genannt hatte (und ohne Hilfe auch niemals alle angeben könnte). Aber das ist bei jeder Äußerung im normalsprachlichen Umfeld der Fall. Es ist ein wenig billig, seine Gegenargumentation auf das angebliche Fehlen von solch stillschweigend vorausgesetzten Konventionen aufzubauen (so interpretier ich jetzt deinen "einfach so" Vorwurf). Und es ist ganz einfach falsch, die scheinbar natürliche Gegenposition einzunehmen, dass ohne die genannten Konventionen eben alles willkürlich, frei schwebend und gleich sei. Das mag theoretisch so sein, wenn man sich wirklich konsequent dumm stellt und vorgibt, von den stillschweigenden Konventionen keine Ahnung gehabt zu haben. Aber wer will sich schon dumm stellen?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 7. Nov 2012, 00:59

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Ein Lebewesen, das nicht lebt, wäre kein Lebewesen. "X ist ein Lebewesen" enthält schon die Eigenschaft "X lebt". Es ist also logisch nicht möglich, dass es ein Lebewesen gibt, das nicht lebt.

Deinem eigenen Trick zufolge müsste aber genau deshalb jetzt die Definition von "Lebewesen = etwas, das lebt" sinnlos und unverständlich sein. Ich finde den Trick nicht nur ermüdend, sondern du wendest ihn nicht einmal besonders konsequent an.
Wieso ist die Aussage: "alle Lebewesen leben" ok für dich. Und wieso ist die Aussage: "alle Lebewesen unterliegen dem Evolutionsmechanismus" nicht ok für dich?

Aber so habe ich "Lebewesen" nicht definiert! Ich habe lediglich gesagt, dass die Rede von einem "nicht lebenden Lebewesen" mir sinnlos vorkäme, als ein Widerspruch in sich.

Die Aussage "alle Lebewesen unterliegen dem Evolutionsmechanismus" ist aber etwas anderes, denn in "Lebewesen" ist "unterliegen dem Evolutionsmechanismus" nicht enthalten. Also muss "Evolutionsmechanismus" etwas Zusätzliches sein.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Was verstehst Du eigentlich nochmal genau unter "Evolutionsmechamismus"?
Im engeren Sinne meines Wettkampfargumentes wäre unter dem Mechanismus wohl vor allem die Selektion (der Kampfrichter) zu verstehen. Das und zum Beispiel Artenbildung (damit Arten bewertet werden können) und Fortpflanzung durch Weitergabe von Genen (damit Gene bewertet werden können).

Aber demnach unterliegen nicht alle Lebewesen diesem Evolutionsmechanismus. Auch ein Lebewesen, das sich nicht fortpflanzen, das seine Gene nicht weitergeben kann, wäre dennoch ein Lebewesen. In diesem Satz steckt kein logischer Widerspruch, nicht? Und wenn so, sehe ich nicht, wieso dieses spezielle Lebewesen irgendwie schlechter als andere Lebewesen, die dem Evolutionsmechanismus unterliegen, sein sollte. Wieso auch, (außer man setzte eben die Prämisse, dass ein Lebewesen, dass sich nicht fortpflanzen kann, schlechter sei, als eines, das sich fortpflanzen könne - aber die Frage wäre ja hier, warum man diese Prämisse setzen, bzw. akzeptieren sollte)?

ganimed hat geschrieben:Also: nur weil wir uns auf jede Herleitung einigen müssten (so wie du es richtig sagst) sind deshalb noch lange nicht alle Herleitungen gleich gut. Manche Einigungen fallen erheblich leichter als andere.

Stimmt. Aber aus: "gemessen an bestimmten Bedürfnissen und Zielen sind bestimmte Einigungen besser als andere" folgt doch nun mitnichten: "es gibt einen allem übergeordneten Maßstab".

ganimed hat geschrieben:Subjektiv ist nicht beliebig! Ziele sind zwar subjektiv (natürlich) aber deswegen nicht alle gleich gut. Das verwechselst du hier.

Nein, verwechsle ich ganz und gar nicht. Wir können uns auf bessere und schlechtere Ziele einigen, abhängig von unseren Bedürfnissen, Zielen und Wünschen. Und dann sind selbstverständlich nicht alle gleich gut. Habe ich aber auch nicht behauptet, ich habe lediglich behauptet, dass unabhängig von Zielen, Bedürfnissen und Wünschen, sozusagen von einem völlig neutralen god's point of view, alle Kriterien und Ziele gleich, weil ununterscheidbar, weil ohne Bewertungsmaßstab seien.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Aber einfach so, mal eben auf die Schnelle, ganz ohne Bewertungsmaßstab bewerten zu können, was besser sei? Das ist für mich nur Absurdistan, da kann ich mich nur am Kopf kratzen.

Ja ich gebe ja gerne zu, dass da tausend Implikationen mitschwingen, die ich nicht genannt hatte (und ohne Hilfe auch niemals alle angeben könnte). Aber das ist bei jeder Äußerung im normalsprachlichen Umfeld der Fall. Es ist ein wenig billig, seine Gegenargumentation auf das angebliche Fehlen von solch stillschweigend vorausgesetzten Konventionen aufzubauen (so interpretier ich jetzt deinen "einfach so" Vorwurf). Und es ist ganz einfach falsch, die scheinbar natürliche Gegenposition einzunehmen, dass ohne die genannten Konventionen eben alles willkürlich, frei schwebend und gleich sei. Das mag theoretisch so sein, wenn man sich wirklich konsequent dumm stellt und vorgibt, von den stillschweigenden Konventionen keine Ahnung gehabt zu haben. Aber wer will sich schon dumm stellen?

Nochmal: Du! hast behauptet, einen Bewertungsmaßstab zu besitzen, der allen anderen übergeordnet sei! Und es war mein Anliegen hier, zu zeigen, dass das nicht stimmt.

Und ich meine weiterhin, dass das nicht stimmt. Und ich meine weiterhin, dass wir, nachdem! wir uns auf einen Bewertungsmaßstab geeinigt haben, danach! eine Liste von "besser <-> schlechter" aufstellen können und zwar besser und schlechter anhand der zugrundegelegten Kriterien. Aber nicht mehr, das hätte keinerlei Bedeutung darüber hinaus.

(Noch ein paar persönliche Anmerkungen: ich kann Dich gut leiden und es liegt mir fern, Dir irgendwie zu nahe treten zu wollen. Mag zwar sein, dass ich ab und an irgendwelche Diskussionstricks verwende, aber das ist dann unabsichtlich, unbewusst.)
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Fr 9. Nov 2012, 02:36

AgentProvocateur hat geschrieben:Auch ein Lebewesen, das sich nicht fortpflanzen, das seine Gene nicht weitergeben kann, wäre dennoch ein Lebewesen. In diesem Satz steckt kein logischer Widerspruch, nicht?

Ein Lebewesen, das sich nicht fortpflanzt? Da würde jeder Biologe wohl zweifeln, ob das noch als Lebewesen zu bezeichnen wäre. Ich glaube nicht, dass es so etwas wirklich gibt. Und wenn doch, na dann fällt es eben aus dem Gültigkeitsbereich meiner Maßstäbe raus. Eine eher theoretische Spitzfindigkeit von dir. Praktisch würde ich schon sagen, dass alle Lebewesen dem Evolutionsmechanismus unterliegen und er deshalb geeignet wäre, bei einem Vergleich aller Lebewesen als Ausgangspunkt herangezogen zu werden.

AgentProvocateur hat geschrieben:Wir können uns auf bessere und schlechtere Ziele einigen, abhängig von unseren Bedürfnissen, Zielen und Wünschen. Und dann sind selbstverständlich nicht alle gleich gut.

Na dann sind wir uns ja einig.

AgentProvocateur hat geschrieben:ich habe lediglich behauptet, dass unabhängig von Zielen, Bedürfnissen und Wünschen, sozusagen von einem völlig neutralen god's point of view, alle Kriterien und Ziele gleich, weil ununterscheidbar, weil ohne Bewertungsmaßstab seien.

Ich kann nicht sehen, wieso jemand diesen exotischen Standpunkt einnehmen sollte. Es sei denn, er wollte mir unbedingt widersprechen. In der Sache fühle ich mich also bestätigt und halte es nicht ganz für so wichtig wie du, die sehr weit entfernten Ränder des Gültigkeitsbereichs meiner Maßstabsbehauptungen zu erforschen. Wenn wir so ungefähr im Reich der Menschen bleiben und so ungefähr die üblichen Ziele und Bedürfnisse von Menschen zugrunde legen, dann denke ich, sind meine Maßstäbe (die biologischen, quantifizierbaren) denen von stine (den antroposophisch, subjektiven) überlegen.

AgentProvocateur hat geschrieben:Nochmal: Du! hast behauptet, einen Bewertungsmaßstab zu besitzen, der allen anderen übergeordnet sei!

Na, einen Versuch, das Misverständnis aufzuklären, spendiere ich noch. Also, wie bereits angedeutet, ich habe eine ganze Klasse von Maßstäben (die biologisch herleitbaren), die einer anderen Klasse (den willkürlichen) überlegen sind. Dass sie ALLEN anderen Maßstäben, die sonst noch denkbar wären, überlegen sind, will ich nicht behaupten.

AgentProvocateur hat geschrieben:Und ich meine weiterhin, dass das nicht stimmt.

Es stimmt aber nur dann nicht, wenn du anfängst, alle theoretisch möglichen Ziele in Betracht zu ziehen und damit alle Maßstäbe und Bewertungen künstlich zu egalisieren, dich also auf deinen superneutralen God's Point Of View zurückzuziehen. Erlaube mir, mich im Recht zu wähnen, wenigstens hier im Reich der Menschen, solange du keine weltlichen Argumente findest.

AgentProvocateur hat geschrieben:Und ich meine weiterhin, dass wir, nachdem! wir uns auf einen Bewertungsmaßstab geeinigt haben, danach! eine Liste von "besser <-> schlechter" aufstellen können und zwar besser und schlechter anhand der zugrundegelegten Kriterien.

Dann gib mal bitte ein Beispiel für einen halbwegs plausiblen Bewertungsmaßstab an, der mehrheitsfähig sein könnte, und demzufolge stines Bewusstseins-Maßstab besser ist als meine biologischen Evolutionsmaßstäbe. Auf welche Ziele müssten für uns dabei einigen?

AgentProvocateur hat geschrieben:(Noch ein paar persönliche Anmerkungen: ich kann Dich gut leiden und es liegt mir fern, Dir irgendwie zu nahe treten zu wollen. Mag zwar sein, dass ich ab und an irgendwelche Diskussionstricks verwende, aber das ist dann unabsichtlich, unbewusst.)

Vielen Dank für diese nette Bemerkung. Die Diskussionen mit dir sind für mich unzweifelhaft die besten. Und Diskussionstricks verwende ich, soweit ich sie kenne, vermutlich ja auch ständig. Völlig ok alles. Es ist bezeichnend für die Bedrängnis, in die mich deine Argumente bringen, wenn ich zu so unschönen Mitteln greife wie eine Metadiskussion über deine oder meine Diskussionstricks anzufangen. Besser wäre natürlich, wenn ich in der Sache geantwortet hätte. Aber man ist eben nicht jeden Tag in Form. Manchmal ist man eher müde und nicht so gut gelaunt und fängt dann an rumzumaulen.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Sa 10. Nov 2012, 20:03

Wir müssen unterscheiden zwischen einzelnen Lebewesen, die sehr wohl unfruchtbar/unfähig oder auch nur unwillig dazu sein können, ihre Gene weiterzugeben und Arten, also einer statistischen Betrachtung vieler Angehöriger einer bestimmten Art, wobei das einzelne Individuum keine Rolle bei der Betrachtung spielt.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Und ich meine weiterhin, dass wir, nachdem! wir uns auf einen Bewertungsmaßstab geeinigt haben, danach! eine Liste von "besser <-> schlechter" aufstellen können und zwar besser und schlechter anhand der zugrundegelegten Kriterien.

Dann gib mal bitte ein Beispiel für einen halbwegs plausiblen Bewertungsmaßstab an, der mehrheitsfähig sein könnte, und demzufolge stines Bewusstseins-Maßstab besser ist als meine biologischen Evolutionsmaßstäbe. Auf welche Ziele müssten für uns dabei einigen?

Nun, ich weiß nicht, auf welche Ziele wir uns einigen könnten, die mehrheitsfähig sein könnten. Mal ein vorläufiger Vorschlag: möglichst vielen bewussten Individuen zu ermöglichen, ein erfülltes, langes und friedliches Leben zu führen.

Problem wäre dabei wohl, dass dieses Ziel nicht auf Arten (Arterhaltung, Weitergabe der Gene) abhebt und somit nicht Deinem bereits zugrundegelegten Kriterium entspricht. Nur glaube ich nun, dass das mehrheitsfähiger wäre als das Ziel, die eigene Art möglichst lange zu erhalten. (Und überhaupt: warst Du es nicht, der für ein sozialverträgliches Aussterben unserer Art plädiert hat?)

Und Problem ist weiterhin, dass ich immer noch meine, dass eine (normative) Einordnung in "besser" und "schlechter" nicht aus rein deskriptiven Sätzen herleitbar ist. Wir könnten nun deskriptive Sätze folgender Art erstellen: "der Mensch ist dasjenige Lebewesen, das sich am besten und schnellsten auf geänderte Umstände einstellen kann, weil er nicht auf evolutionäre Änderungen seiner selbst (seines Körpers) warten muss, (die relativ lange dauern), sondern er hat zusätzlich die Fähigkeit, die geänderten Umstände abzuschätzen/erkennen zu können und sich darauf einzustellen, (heizen, Kleidung, Transport, Kooperation, etc.)", "der Mensch ist dasjenige Lebewesen, das am weitesten auf dem Erdball vertreten ist, er kann sich am besten anpassen, indem er seine Erkenntnisfähigkeit nutzt", "der Mensch ist dasjenige Lebewesen, das die Erde am meisten geprägt/verändert hat", "ein Mensch ist das einzige Lebewesen, das in diesem Forum schreiben kann, (die Fähigkeit dazu hat)". Oder so oder anders. Und ganz egal, ob das jeweils stimmt oder nicht: daraus folgte immer noch nichts (übergeordnet) normatives.

Und das ist doch der Punkt hier, und zwar für Euch beide (sowohl für stine als auch für Dich): Ihr behauptet irgendwie, dass was Normatives aus solchen Sätzen folgen könne, etwas Normatives, das über die reine Beschreibung des jeweiligen Faktums hinausginge. Und ich glaube, dass Ihr beide unrecht habt.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Mo 12. Nov 2012, 22:57

AgentProvocateur hat geschrieben:Mal ein vorläufiger Vorschlag: möglichst vielen bewussten Individuen zu ermöglichen, ein erfülltes, langes und friedliches Leben zu führen.

Vielleicht hatte ich dich vorher falsch verstanden. Ich dachte, es ginge jetzt darum, sich auf einen Maßstab zu einigen, mit dem man die Lebewesen-Maßstäbe bewerten kann, um so ein für allemal feststellen zu können, welcher besser ist.
Also in der Übersicht:
A : stines Maßstab: das höchste und beste Lebewesen ist der Mensch, weil er ein Bewusstsein hat.
B : mein Maßstab (Maßstabsklasse) : das höchste und beste Lebewesen ist die Art, welche bei der Evolution den meisten, quantitativ messbaren Erfolg hat.

Um A und B bewerten zu können, müssen wir uns auf Gütekriterien einigen, also welchen Zielen soll ein guter Maßstab genügen. Meine Argumentation dazu: ich schlage die folgenden Ziele/Bedürfnisse vor: Objektiv sein, fair sein, rational sein, ein gutes Gefühl dabei haben. Diesen Zielen kommen wir durch Anwendung von B näher, weil B objektiver und begründbarer (herleitbar aus dem Evolutionsmechanismus) ist.

Jetzt wollte ich von dir erfragen, welche attraktiven Ziele es alternativ geben könnte, die einen anderen Maßstabsbewertungsmaßstab nahelegten, demzufolge A der bessere Maßstab wäre.

AgentProvocateur hat geschrieben:Und Problem ist weiterhin, dass ich immer noch meine, dass eine (normative) Einordnung in "besser" und "schlechter" nicht aus rein deskriptiven Sätzen herleitbar ist.

Das Problem kann ich erkennen und verstehen. Aber ich finde es sehr künstlich. Denn das Wörtchen "rein" hat sich in deinen Satz nicht zufällig eingeschlichen. Du meinst das knallhart und sehr wörtlich. REIN deskriptive Sätze, ohne jede unterschwellige und nicht explizit genannte Konvention über übliche Ziele, Wertevorstellungen, Denkweisen. Ja, ohne das alles, also wirklich rein und vom God's point of view betrachtet ein Problem. Und wenn etwas nur in einem exotischen Winkel des Universums ein Problem ist und hier unter uns normalen Menschen nicht, na dann nenne ich es "kein Problem".
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Di 13. Nov 2012, 01:30

ganimed hat geschrieben:Vielleicht hatte ich dich vorher falsch verstanden. Ich dachte, es ginge jetzt darum, sich auf einen Maßstab zu einigen, mit dem man die Lebewesen-Maßstäbe bewerten kann, um so ein für allemal feststellen zu können, welcher besser ist.
Also in der Übersicht:
A : stines Maßstab: das höchste und beste Lebewesen ist der Mensch, weil er ein Bewusstsein hat.
B : mein Maßstab (Maßstabsklasse) : das höchste und beste Lebewesen ist die Art, welche bei der Evolution den meisten, quantitativ messbaren Erfolg hat.

Um A und B bewerten zu können, müssen wir uns auf Gütekriterien einigen, also welchen Zielen soll ein guter Maßstab genügen. Meine Argumentation dazu: ich schlage die folgenden Ziele/Bedürfnisse vor: Objektiv sein, fair sein, rational sein, ein gutes Gefühl dabei haben. Diesen Zielen kommen wir durch Anwendung von B näher, weil B objektiver und begründbarer (herleitbar aus dem Evolutionsmechanismus) ist.

Jetzt wollte ich von dir erfragen, welche attraktiven Ziele es alternativ geben könnte, die einen anderen Maßstabsbewertungsmaßstab nahelegten, demzufolge A der bessere Maßstab wäre.

Das Ziel, das höchste und beste Lebewesen (bzw. die höchste und beste Art) feststellen zu wollen, halte ich zwar immer noch für verfehlt, (und zwar nicht aus prinzipiellen Gründen, sondern aus pragmatischen Gründen - will heißen: theoretisch könnte es durchaus ein Lebewesen/eine Art geben, das/die in allen möglichen Belangen die Nase vorne hätte und dann könnte man wohl berechtigt sagen, dass eben dieses Lebewesen/diese Art die höchste und beste wäre - aber praktisch sehe ich sowas nicht), aber, wenn wir Bewertungsmaßstäbe bewerten wollen, dann gibt es dabei mE durchaus Meta-Bewertungskriterien, die wir anlegen können, einige hast Du ja schon genannt. Im Gegensatz dazu wäre das Bewertungskriterium, das Du hier stine andichtest, sehr viel schlechter. ("Andichtest" = ich zumindest hatte stine nicht so verstanden. Aber das soll sie besser selber sagen.)

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Und Problem ist weiterhin, dass ich immer noch meine, dass eine (normative) Einordnung in "besser" und "schlechter" nicht aus rein deskriptiven Sätzen herleitbar ist.

Das Problem kann ich erkennen und verstehen. Aber ich finde es sehr künstlich. Denn das Wörtchen "rein" hat sich in deinen Satz nicht zufällig eingeschlichen. Du meinst das knallhart und sehr wörtlich. REIN deskriptive Sätze, ohne jede unterschwellige und nicht explizit genannte Konvention über übliche Ziele, Wertevorstellungen, Denkweisen. Ja, ohne das alles, also wirklich rein und vom God's point of view betrachtet ein Problem.

Das ist alles absolut korrekt, das "rein" hat sich da nicht zufällig reingeschlichen, ich meine das knallhart und sehr wörtlich. Das ist das, was man gemeinhin den "naturalistischen Fehlschluss" nennt: aus rein/ausschließlich deskriptiven Sätzen auf etwas Normatives folgern.

ganimed hat geschrieben:Und wenn etwas nur in einem exotischen Winkel des Universums ein Problem ist und hier unter uns normalen Menschen nicht, na dann nenne ich es "kein Problem".

Naja, das ist aber unter einigen Menschen durchaus ein Problem. Aber egal, wenn wir beide uns dabei erst mal einig sind, dann ist es zumindest zwischen uns kein Problem mehr.

Eine Anmerkung noch dazu: es ist meine Meinung/Überzeugung, dass aus rein Deskriptivem nichts Normatives folgt, ich will keineswegs was anderes behaupten; ich will nicht behaupten, dass diese meine Ansicht objekiv richtig sei. Es gibt sehr wohl auch philosophische Ansichten, die das anders sehen als ich.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon stine » Di 13. Nov 2012, 13:38

ganimed hat geschrieben:Vielleicht hatte ich dich vorher falsch verstanden. Ich dachte, es ginge jetzt darum, sich auf einen Maßstab zu einigen, mit dem man die Lebewesen-Maßstäbe bewerten kann, um so ein für allemal feststellen zu können, welcher besser ist.
Also in der Übersicht:
A : stines Maßstab: das höchste und beste Lebewesen ist der Mensch, weil er ein Bewusstsein hat.
B : mein Maßstab (Maßstabsklasse) : das höchste und beste Lebewesen ist die Art, welche bei der Evolution den meisten, quantitativ messbaren Erfolg hat.

Um A und B bewerten zu können, müssen wir uns auf Gütekriterien einigen, also welchen Zielen soll ein guter Maßstab genügen. Meine Argumentation dazu: ich schlage die folgenden Ziele/Bedürfnisse vor: Objektiv sein, fair sein, rational sein, ein gutes Gefühl dabei haben. Diesen Zielen kommen wir durch Anwendung von B näher, weil B objektiver und begründbarer (herleitbar aus dem Evolutionsmechanismus) ist.

Ich seh, schon, du hast mich immer noch nicht verstanden. Also, dann erklär mir doch mal, wie du das: "Meine Argumentation dazu: ich schlage die folgenden Ziele/Bedürfnisse vor: Objektiv sein, fair sein, rational sein, ein gutes Gefühl dabei haben " bei anderen Tieren ohne bewusstes Leben hinbekommst?

LG stine
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 13. Nov 2012, 21:50

stine hat geschrieben:Ich seh, schon, du hast mich immer noch nicht verstanden.

Soweit ich verstanden hatte, konntest du nicht begründen oder argumentieren, wieso dein Maßstab besser wäre als meine. Wenn ich dich nun also angeblich falsch verstanden habe, dann tut es mir leid. Sorry. Dann habe ich möglicherweise Argumente übersehen und Begründungen außer Acht gelassen. Auch jetzt, als ich mir noch einmal die letzten drei Seiten zu Gemüte geführt habe. Vielleicht übersehe ich was, aber ehrlich gesagt, glaube ich das noch nicht so recht.

stine hat geschrieben:Also, dann erklär mir doch mal, wie du das: "Meine Argumentation dazu: ich schlage die folgenden Ziele/Bedürfnisse vor: Objektiv sein, fair sein, rational sein, ein gutes Gefühl dabei haben " bei anderen Tieren ohne bewusstes Leben hinbekommst?

Die von mir genannten Ziele dienen als Qualitätskriterium für Maßstäbe. Mein Maßstab schneidet übrigens (wenn ich alles richtig verstanden hätte) deutlich besser ab als deiner. Und mein besser abschneidender Maßstab bewertet Lebewesen (Arten) nach evolutionären Kriterien. Ich kann ihn deshalb problemlos auf alle Tierarten anwenden, über die es entsprechende Daten gibt. So also bekomme ich das hin.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 13. Nov 2012, 22:03

AgentProvocateur hat geschrieben:Das ist alles absolut korrekt, das "rein" hat sich da nicht zufällig reingeschlichen, ich meine das knallhart und sehr wörtlich. Das ist das, was man gemeinhin den "naturalistischen Fehlschluss" nennt: aus rein/ausschließlich deskriptiven Sätzen auf etwas Normatives folgern.

Ich muss da gerade an einen Rein-Raum denken, wo man versucht, möglichst wenig Staub und Verunreinigungen aufkommen zu lassen. Und Regeln, die nur dort gelten, sind sicher irgendwie richtig, aber eben auch irgendwie wenig interessant, weil die meisten Räume eben doch keine Reinräume sind.
Deine Regel: man kann nicht "aus rein/ausschließlich deskriptiven Sätzen auf etwas Normatives folgern" kommt meiner Ansicht nach fast nie zur Anwendung. Denn wer hätte schon jemals nur deskriptive Sätze auf Lager und nichts anderes? Eigentlich nur Gott, oder andere völlig neutrale Wesen, und selbst die wollen alle irgendwie immer was. Menschen, ja sogar Wissenschaftler gehören jedenfalls zu den verunreinigten, die gar nicht anders können als überall auch Werte, eigene Vorstellungen und Neigungen in ihre Gedanken einzubauen. Das Bild vom völlig deskriptiven ist eine ideelle Zielscheibe für Strohmann-Argumente.

AgentProvocateur hat geschrieben:es ist meine Meinung/Überzeugung, dass aus rein Deskriptivem nichts Normatives folgt

Ich teile diese Meinung ja sogar sofort. Ich bin lediglich etwas sensibilisiert durch die Diskussion auch mit Nanna und auch im anderen Thread, wo es im Grunde ja auch um diese Frage geht, um den naturalistischen Fehlschluss. Ich nehme hier jetzt mal mit für mich, dass das Gegenargument wohl lautet: ja, aber es handelt sich nicht um rein Deskriptives. Das copy und paste ich jetzt mal vor Nannas Nase, mal sehen ob es wirkt :)
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Di 13. Nov 2012, 22:32

Es ist ja schön, wenn Du meiner Meinung bist, aber da ich so eine Art Geist bin, der immer widersprechen muss, muss ich an der Stelle darauf hinweisen, dass das sehr wohl strittig ist, (wie fast alles in der Philosophie). Siehe dazu z.B. dort, (Kognitivismus versus Nonkognitivismus - ethischer Realismus vs. ethischer Antirealismus).

Und außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass auch das Argument des Naturalistischen Fehlschlusses nicht allgemein akzeptiert wird.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 13. Nov 2012, 23:41

AgentProvocateur hat geschrieben:aber da ich so eine Art Geist bin, der immer widersprechen muss

Ich weiß leider nicht sehr viel über dich, aber genau das war mir auch schon aufgefallen :) und zwar sehr positiv. Genau die richtige Eigenschaft für schöne Diskussionen. Und danke für den Link. Soviel ist klar: ich bin tatsächlich alles andere als ein Nonkognitivist.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon stine » Mi 14. Nov 2012, 08:19

ganimed hat geschrieben:Die von mir genannten Ziele dienen als Qualitätskriterium für Maßstäbe. Mein Maßstab schneidet übrigens (wenn ich alles richtig verstanden hätte) deutlich besser ab als deiner. Und mein besser abschneidender Maßstab bewertet Lebewesen (Arten) nach evolutionären Kriterien. Ich kann ihn deshalb problemlos auf alle Tierarten anwenden, über die es entsprechende Daten gibt. So also bekomme ich das hin.
O.K., dann ist dein Maßstab der bessere, aber auch mit deinem Maßstab gemessen ist das Tier Mensch im Augenblick das erfolgreichste. Weil es deine maßstäblichen Kriterien bewusst steuern kann.
Also wat nu?

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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Mi 14. Nov 2012, 19:51

stine hat geschrieben:aber auch mit deinem Maßstab gemessen ist das Tier Mensch im Augenblick das erfolgreichste

Welchen meiner Maßstäbe meinst du genau? Anzahl der Individuen? Da liegen Insektenarten sicher vor uns. Auch bei dem Kriterium der Langlebigkeit, also wie lange es eine Art fast unverändert gibt, sind wir ziemlich abgeschlagen. Ich könnte mir vorstellen, dass unsere Art derzeit die meiste Biomasse auf die Waage bringt. Also ein paar Kriterien wird es bestimmt geben, wo der Mensch tatsächlich führt.

stine hat geschrieben:Also wat nu?

Das Fazit für diesen Thread lautet aus meiner Sicht eigentlich so wie zwischendurch schonmal. Ich danke für die Gegenstimmen und Gegenargumente. Ich sehe meine Position stark verfeinert und differenzierter, musste auch hier und da korrigieren und fühle mich jetzt insgesamt in meinen Annahmen bestätigt und gestärkt. Ein gutes Gefühl eigentlich.
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