ganimed hat geschrieben:Ich bin nicht ganz sicher, ob dieses Thema genug an Aktualität und Dringlichkeit eingebüßt hat, um besser als ausgelaufen und beendet zu gelten. Ich versuche einfach mal, wenigstens das letzte Wort zu behalten. Was ja als Motiviation für Diskussionen nicht zu unterschätzen ist.
Ja, aber ob Dir das gelingen wird? ;)
ganimed hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:Was soll man sich unter X vorstellen können, wenn NICHT-X logisch unmöglich ist?
Mit dem X hatten wir Lebewesen gemeint, die dem Evolutionsmechanismus unterliegen. Das tun sie meiner Meinung nach per Definition. Du willst aber offenbar argumentieren, dass X nur vorstellbar ist, wenn Nicht-X logisch möglich ist? Ansonsten mache die Definition keinen Sinn?
So ist es.
ganimed hat geschrieben:Nehmen wir ein anderes X, ein X1. X1 seien Lebewesen, die einmal gelebt haben. Das haben sie meiner Meinung nach per Definition. Du würdest hier analog argumentieren, dass X1 nur vorstellbar ist, wenn Nicht-X1 logisch möglich wäre. Aber auch hier würde ich behaupten, dass es logisch keine Lebewesen gibt, die nie am Leben waren. Und so gäbe es viele Definitionen, die natürlich Sinn machen, die für dich aber keinen Sinn machen würden, wenn dein Argument richtig wäre. Dein Argument ist also offenbar falsch.
Naja, es ergibt insofern keinen Sinn, keinen zusätzlichen Sinn, weil es doppelt gemoppelt wäre. Ein Lebewesen, das nicht lebt, wäre kein Lebewesen. "X ist ein Lebewesen" enthält schon die Eigenschaft "X lebt". Es ist also logisch nicht möglich, dass es ein Lebewesen gibt, das nicht lebt. "Lebewesen, das nicht lebt" wäre also eine logisch unmögliche Definition, darunter könnte ich mir nichts vorstellen. So, wie wenn man wie folgt definieren würde: "Freiheit ist, wenn die eigenen Entscheidungen und Handlungen von nichts abhängen und wenn sie gleichzeitig von meinen Erfahrungen, Überlegungen, Ansichten und Meinungen abhängen". Das ist eine Null-Definition, völlig nutzlos, weil nicht vorstellbar.
Was verstehst Du eigentlich nochmal genau unter "Evolutionsmechamismus"?
ganimed hat geschrieben:Ich will aus dem quantitativen Maßstab eines Lebewesens einen qualitativen Maßstab ableiten. Damit das funktioniert, so fiel mir mit deiner Hilfe auf, muss für den quantitativen Maßstab eben doch bereits eine qualitative Bewertung enthalten, damit verknüpft oder per Definition angehängt sein. Beim Fußballspiel ist das einfach die irgendwann um 1850 willkürlich festgelegte Wettkampfregel: Tore schießen ist gut, Tore kassieren ist schlecht. Diese Regel erlaubt es oder legt zumindest nahe, aus dem quantitativen Maßstab "geschossene Tore" den qualitativen Maßstab "beste Mannschaft" abzuleiten.
Wenn wir uns auf eine gemeinsame Regel einigen und uns auch darauf einigen, dass ein Erfüllen dieser Regel besser ist, als ein Nichterfüllen dieser Regel, dann ist, diese Prämisse vorausgesetzt, das eine besser als das andere. Ja. Wenn wir sagten: "wer mehr Spiele gewinnt, ist besser", dann ist der besser, der mehr Spiele gewinnt. Weil wir uns auf diese Prämisse geeinigt hätten, unter Zugrundelegung dieser von uns anerkannten Prämisse.
ganimed hat geschrieben:Nun wurde 1850 nicht willkürlich festgelegt, dass lange leben und Gene weitergeben gut ist und kurz leben und aussterben schlecht wäre. Aber die Regel wäre zusammen mit der Attestierung eines Wettkampfcharakters um knappe Ressourcen eine naheliegende Interpretation der Evolution.
Weil?
ganimed hat geschrieben:Dein Beispiel mit den Netzgeräten funktioniert deshalb nicht, weil dein quantitativer Maßstab nicht so ohne weiteres aus einem qualitativen Bewertungszusammenhang herleitbar ist.
Genau. Dafür war das Beispiel auch gedacht, für diese Erkienntnis. Gleiches gilt aber auch für Deine Herleitung, die ist ebenso unmöglich.
ganimed hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:Du nimmst nun das Kriterium "die Art, die länger überlebt, ist besser". Ich habe nichts gegen das Kriterium, das darfst Du nehmen und dann können wir die Rangliste erstellen. Aber wir können eben auch ein völlig anderes Kriterium nehmen und eine andere Rangliste erstellen.
Bei dir hört sich das so an, als wäre jedes Kritierum gleich gut, als wäre "länger überleben" also völlig gleichwertig zu "mehr Bewusstsein haben". Genau da würde ich widersprechen. Die Zauberworte aus meiner Argumentation sind hier "naheliegend", "herleitbar", "quantitativ", "objektiv". Ich kann nicht erkennen, dass der Bewusstseins-Maßstab da mithalten kann. Der glänzt eher durch "willkürlich" und "subjektiv".
Genau, jedes Kriterium ist gleich gut bzw. gleich schlecht. Man kann die Kriterien nicht unterscheiden, wenn man keine Ziele angibt, die erreicht werden sollen, keinen Maßstab, anhand dessen man messen kann. Auf gemeinsame Ziele könnte man sich zwar einigen, aber das macht sie in keiner Weise "objektiv". Ziele sind immer subjektiv - was zwar nicht heißt, dass sie unabhängig von Gegebenheiten und Bedürfnissen wären, was aber sehr wohl heißt, dass sie - und zwar genau deswegen, weil sie von Bedürfnissen und Gegebenheiten abhängen - nicht unabhängig davon gelten können.
ganimed hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:Deine bisherigen Bemühungen, Dein Kriterium als das Beste, Höchste und einzig Richtige darzustellen, haben zumindest mich nicht überzeugt.
Deine bisherigen Bemühungen, meine Position zu verstehen, können mich auch noch nicht restlos überzeugen.
Okay, kein Problem.
ganimed hat geschrieben:Ich habe nämlich nicht ein Kriterium als das Beste genannt, sondern eine Klasse von Kriterien genannt, die ich für besser und richtiger halte als den Bewusstseinsmaßstab. Länge der Individuallebenszeit, Länge des Artbestehens, Länge der unveränderten Weitergabe bestimmter Genabschnitte, Verbreitungsgrade von Arten oder Genen, es gibt viele Kriterien aus dieser Klasse. Ihnen ist nur gemeinsam, dass sie quantitativ messbar sind und sich aus ihrem evolutiven Wettkampfcharakter ein qualitativer Maßstab ableiten lässt. Meine Aussage ist also: "Lebensdauer einer Art" oder etwas in der Art ist ein viel besseres und begründbareres und herleitbareres und naheliegenderes Kriterium als stines wenig begründbares und willkürliches Bewusstseinskriterium. Findest du allen ernstes diese beiden Kriterien gleichwertig? (vielleicht habe ich dich ja ebenso misverstanden wie du mich).
Gleichwertig in Bezug auf was? Mein Problem ist wohl schlicht, dass ich Deinen Ansatz, hier irgendwie ein objektives Kriterium, das losgelöst von aller Realität ist, ein Gut, das von allem unabhängig gut sein soll, noch nicht mal im Ansatz nachvollziehen kann. Mir ist noch nicht mal klar, was das überhaupt im Ansatz bedeuten
könnte.
Nenne mir Deine Ziele, dann können wir vergleichen, ob die mit meinen Zielen übereinstimmen und dann können wir etwas danach bewerten.
Aber einfach so, mal eben auf die Schnelle, ganz ohne Bewertungsmaßstab bewerten zu können, was besser sei? Das ist für mich nur Absurdistan, da kann ich mich nur am Kopf kratzen.
Wenn wir uns darauf einigten, dass eine Art, die eine insgesamt gesehen längere Lebensdauer hätte, besser sei, dann wäre Art X besser.
Wenn wir uns darauf einigten, dass eine Art, deren Individuen am längsten lebten, besser sei, dann wäre Art Y besser.
Wenn wir uns daruf einigten, dass eine Art, deren Individuen im Durchschnitt am größten würden, besser sei, dann wäre Art Z besser. etc. pp.
Der Punkt ist immer noch, dass Du aus einem mir bisher unerfindlichen Grunde zu meinen scheinst, Bewertungskriterien nach einem mir unbekannten objektiven Bewertungsmaßstab einordnen zu können.
Du müsstest also mal erstens diese Gründe nennen und zweitens den von Dir verwendeten Bewertungsmaßstab. "Länge der Individuallebenszeit, Länge des Artbestehens, Länge der unveränderten Weitergabe bestimmter Genabschnitte, Verbreitungsgrade von Arten oder Genen" sind ja nun unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe, je nachdem, welchen man verwendet, kommen unterschiedliche Ergenisse bei raus.
Wir einigen uns auf einen bestimmten Maßstab und erstellen demnach eine Rangliste der Lebewesen anhand dieses Kriteriums, (oder auch anhand mehrerer Kriterien): kein Problem. Aber einen
objektiv richtigen Maßstab, unabhängig von bestimmten Zielen, der auch noch allen anderen Maßstäben überlegen sein soll: no way.