da haben wir uns missverstanden.Mit "Glaubenssache" meinte ich die These, dass der aufgeklärte, säkulare Atheismus westlicher Prägung nicht unwesentlich christlich geprägt ist. Dass mit dem Christentum zum einen aus einem Weltenherrscher plötzlich ein schwacher Mensch wird und zum anderen eine Abkehr von sakralen Geboten vollzogen wird (Samariter-Geschichte, Sabbatfrage, Ährenraufen usw.), hat für mich einen ganz starken Einfluss auf die abendländische Geistesgeschichte ausgeübt. Ebenso das Bekenntnis, dass nichts geglaubt werden kann, was man mit Vernunft und Wissenschaft verstehen kann. Dieses Bekenntnis hat die Axt an die heiligen Haine gelegt mit ihren Naturgeistern, Schlagwort "der grosse Pan ist tot". Dazu kommen noch Ideen wie Gleichheit aller Menschen (Katholizität) und daraus folgend, dass alle Menschen einen Anspruch auf Zuwendung haben. Hans Maier schrieb dazu sinngemäß: "Natürlich gab es auch in der vorchristlichen Welt Ärzte, aber eben keine Krankenhäuser" (zitiert nach "Welt ohne Christentum, was wäre anders").
Was würde geschehen, wenn all das nicht mehr tradiert würde, in welcher Form und von wem auch immer? Ich kann mir das Ergebnis nicht vorstellen. Mit Form meine ich, dass ich nicht in die Kirche zu gehen brauche, um diese mächtigen Ideen weiterzutragen und mit "wem" meine ich, dass nicht nur Christen diese Ideen weitertragen.
ujmp hat geschrieben:Nein, das ist "Willenssache" oder ganz profan ausgedrückt "Geschmackssache". Schopenhauer nannte das den "Grund des Willens". Bestimmte Vorstellungen lassen sich nicht weiter hinterfragen, sagen wir mal z.B. dass man leben möchte. Wenn ein Mensch erst Mal satt ist und nicht friert, fallen ihm noch viele andere Dinge ein, die er will. Der Grund dafür ist letztlich der eigene Organismus, der in unserem Bewusstsein als Wollen zum Ausdruck kommt. Dass wir zwar tun können, was wir wollen, aber nicht wollen können, was wir wollen, macht das Wollen etwas mysteriös. Diese Erklärung wird daher nicht akzeptiert. Die Menschen vergeistigen das lieber in irgendeinem gezirkelten -ismus.
Ich verstehe. Glaube ich jedenfalls. Also ich kann tun, was ich will ("in die Küche gehen und ein Bier holen"), aber ich kann nicht wollen, was ich will ("in die Küche gehen und ein Bier holen")? Kannst du mir das bitte einmal auseinandersetzen, vielleicht verstehe ich es dann besser.