Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Du leitest das Erleben als eine Funktion des Bewusstseins ab. Davon abgesehen, dass du uns noch nicht gesagt hast, was Wahrnehmung sei (geht es aus dem Bewußtsein hervor, oder konstituiert es Bewußtsein?) - davon wirklich abgesehen, da es eine wichtige Frage ist, hast du nun aber trotzdem schon das "Innen" vom "Außen" getrennt. Du sagst aber auch, dass das Erleben ein Hervorbringen sei, also eine Veräußerung, die Konstition von "Außen". Das Bewußtsein setzt also schon ein Innen und Außen voraus, während Innen und Außen noch gar nicht konstituiert sind?
Objektiv betrachtet:
Innen und Aussen gibt es ab dem Moment, wo es "Etwas" gibt. Ein Etwas "erfährt" sich in dem Augenblick, als getrennt von einem anderen Etwas, in dem es die Wechselwirkung "spürt".
Subjektiv betrachtet:
Auch wenn es noch keine innere Erfahrung in Form eines Bewusstseins gibt, das Teilchen sich also nicht subjektiv erfahren kann, wie wir es tun, so nimmt es dennoch die Information auf, dass auf dieses Teilchen, also auf sein "Selbst", eine Kraft wirkt. Diese Kraft wirkt abstoßend oder anziehend.
Bewusstsein ist reine hochkomplexe Informationsverarbeitung und auf den kleinsten Baustein heruntergebrochen, ist es diese eine Information.
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Meine These hierzu lautet: erst das Erleben entfremdet kontinuierlich, und konstituiert so das Innen und Außen. Geist verdinglicht das Erlebte gemäß dem Satz der Identität (vergl. Fälle von Agnosie). Das Bewußtsein, als vom Erleben verschiedenes Phänomen, kann sich punktuell zu den vom Geist aus dem Erleben abstrahierten Dingen von Innen und/oder Außen in Bezug setzen.
Du schränkst die Realisierung einer Information auf das "Erleben" ein, wie wir Menschen es kennen. Das ist in meinen Augen zu eng gedacht. Auch das kleinste Elementarteilchen setzt sich in Bezug zu seiner Umgebung. Es "erlebt" sich damit als getrennt und unterliegt Regeln, die seine Wechselwirkung mit der Umgebung definieren.
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Ich will dich auf noch mehr aufmerksam machen. Du sprichst von einem Geist-Boson und weisst ja trotzdem, dass all jene Teilchen immer weiter trennbar sind....
Heute geht man davon aus, dass die Elementarteilchen nicht weiter teilbar sind. Davon unabhängig würde das, was ich hierzu geschrieben habe, auch für noch kleinere Teilchen gelten.
Das Grundprinzip ist, dass zunächst irgendetwas "ist" (Materie) und sich von etwas anderem als getrennt erfährt. Das ist die allererste Information, der Beginn von Allem.Myron hat geschrieben:Um zu wissen, wie es ist, du zu sein, müsste ich du sein.
Das ist auf den ersten Blick richtig, tatsächlich aber falsch, denn der Clou daran wäre: in dem Augenblick, wo du ich wärst, könntest du nicht mehr realisieren, dass du du gewesen wärst, da du ja ich bist.
Wenn wir also einen Bodyswitch vornehmen würden - wie es Hollywood es so gerne cineastisch vormacht - würden wir beide es gar nicht merken.
Aber wir sind uns natürlich einig: "Erleben" ist nicht übertragbar.
Myron hat geschrieben:Dissidenkt hat geschrieben:Ich halte es für plausibel, dass Bewusstsein tatsächlich ein graduelles Phänomen und rückverfolgbar bis zum Anbeginn der Evolution ist.
Natürlich gibt es unterschiedliche Komplexitätsgrade des Bewusstseins, die vom primitivsten Bewusstsein bis zum komplexesten Selbstbewusstsein reichen.
Ich gehe weiter und dehne den Begriff "Bewusstsein" bis auf die subatomare Erfahrung eines Elementarteilchens, dass sich als getrennt von anderen Teilchen "erlebt".
Myron hat geschrieben:Und, wie gesagt, jedes noch so schwache und flüchtige Gespür oder Gefühl ist bereits ein Bewusstseinszustand....
Daccord!...
Myron hat geschrieben:Reiz-Reaktions-Verhalten geht jedenfalls nicht grundsätzlich mit Erleben einher, wie mit Sensoren ausgestatte technische Geräte belegen. Solche Dinge (z.B. Bewegungsmelder) haben zwar "Fühler", aber sie fühlen nichts und sind somit keine Erlebnissubjekte.
Das ist eine Frage der Definition. Eine rein physikalische Sicht auf die Welt würde wohl unser Bewusstsein nur als besonders komplexes Erlebnissubjekt definieren. Und wenn ich dich bisher richtig verstanden habe, ist das deine Sicht der Dinge. Nur wo machst du den Schritt zum Bewusstsein fest?
Ich selbst erlebe mich zwar auch als etwas mehr, als einen rein physikalischen Vorgang. Aber die Vorstellung, mein komplexes subjektives Erleben, im Kern auf die Verarbeitung von Information zu reduzieren, scheint mir sehr schlüssig zu Ende gedacht und deshlab in gewisser Weise rund und schön.
Das Blue-Brain-Project verfolgt genau diesen Ansatz und ich hoffe, dass ich noch so alt werde zu Erleben, wohin das führt.
Meine Prognose: Wir werden eine "Maschine" bauen, von der wir nicht sagen können, dass sie
kein Bewusstsein hat. Sie wird sich nicht selbst reproduzieren können und deshalb ist es kein Leben. Sie wird aber intelligenter sein, als der intelligenteste Mensch es sich heute auch nur vorstellen kann. Wir werden sie mit dem gesamten Wissen der Menschheit füttern und sie wird nichts vergessen und alle Informationen jederzeit kombinieren und neue Schlüsse ziehen können.
Myron hat geschrieben:Reine Informationsverarbeitung gibt es auch ohne subjektives Erleben und damit ohne Bewusstsein.
Das ist so wenig zu falsifizieren, wie die These, dass es einen Gott gibt.
Myron hat geschrieben:Außerdem:
[i]"The brain is not a computer,
a ist nicht b, das bedeutet aber nicht, dass a und b nicht ähnliche Eigenschaften haben und nicht ähnlich "erleben". Das Gehirn hat den Computer entwickelt, um mit diesem als Werkzeug ähnliche "Tätigkeiten" durchzuführen, die es sonst selber vollbringt. Man kann nicht von vorneherein ausschliessen, dass dieses Werkzeug ähnliche Eigenschaften entwickelt, wie sein "Schöpfer".
Myron hat geschrieben: and the world is not a piece of tape."
the world is a barely taped bunch of information
