Teh Asphyx hat geschrieben:Nein, Du brauchst kein Wort, um einen Begriff zu haben. Worte sind nur Lautbilder, die mit einem Begriff assoziiert werden, aber sie sind nicht notwendig zur Bildung eines Begriffs.
„Das Unbewusste ist strukturiert wie eine Sprache.“ heißt, dass das Unbewusste ebenso strukturell mit Begriffen arbeitet, aber keine Sprache ist, also keine Wörter o.ä. hat, es ist eine pure Begriffswelt ohne Wörter.
1. Ich glaube, dass es stimmt, dass das Unbewusste in gewisser Weise mit einer Sprache zu vergleichen ist, aber mit einer mit einem eingeschränkten grammatischen Repertoire.
2. Mit dem Unbewussten gibt es ein praktisches Problem: Es ist unbewusst, Du hast also keinen Zugriff darauf.
3. Man braucht nicht unbedingt Worte, um Begriffe zu bilden, Symbole tun es auch.
(Wenn man allerdings nicht in die Diskussion, ob es Unterschiede zwischen Zeichen und Symbolen gibt, einsteigen will und das will ich nicht, dann sehe ich da keinen großen Unterschied. Zeichen, Laute, Gesten und Symbole benennen einen Inhalt, darum ginge es.)
Teh Asphyx hat geschrieben:Ich kann etwas als Entität wahrnehmen und es von seiner Umgebung trennen, Eigenschaften dieser Entität erkennen ohne für all das Wörter zu haben. Ich kann es nur nicht mit jemand anderem kommunizieren, solange ich nicht mit ihm über eine gemeinsame Sprache verfüge.
Der erste Punkt ist in meinen Augen philosophisch umstritten.
Teh Asphyx hat geschrieben:Und Du wirst mir nicht das Gegenteil beweisen können, weil ich ohne Sprache denken kann und das auch eine Grundlage meiner künstlerischen Tätigkeit ist.
Hängt davon ab, was man unter Denken versteht.
Wenn Du darunter verstehst, dass in irgendeiner Weise kognitive Prozesse ablaufen, ja, dann kann man ohne Sprache denken, tut jeder Hund.
Wenn Du darunter verstehst, bewusste Erkenntnisse zu haben, auf die Du wählend und wissend (und nicht nur konditioniert) zurückgreifen kannst, dann würde ich bestreiten, dass das ohne Sprache geht.
ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Ich würde dieses Programm nur nicht „Wissen“ nennen wollen, da Wissen für mich so etwas bedeutet wie bewusste theoretische oder praktische Kenntnisse von etwas zu haben.*
Denn, wo ist die Grenze? Weiß Eisen, dass es zu rosten hat, wenn es an der Luft ist?
Weiß ein Fisch, der auf einen angeborenen Auslösemechanismus 500 mal in Folge reagiert, was er tut?
Das ist dann eine Defintionsfrage, man könnte bewusstes und unbewusstes Wissen unterscheiden. Ich find aber Definitionsprobleme nicht sehr fruchtbar. Nach Schrödinger zeichnet sich Leben dadurch aus, dass es "seiner Umwelt fortwährend negative Entropie
entzieht" (
Was ist Leben, S.103). Eisen rostet einfach, weil es der Tendenz zur Unordnung nichts entgegensetzt. Der Fisch verhindert das. Man kann beides ein Programm nennen, es gibt aber einen qualitativen Unterschied.
Wenn Du das Problem zu einer Definitionsfrage machst (ist ganz sicher eine), aber dann sagst, dass die Dich nicht interessieren, entziehst Du Dich der Diskussion an der Stelle, wo sie überhaupt erst spannend wird.
Ich sehe da (mindestens) drei – auch qualitativ – getrennte Ebenen:
1. Eisen rostet aus meiner Sicht vollkommen unwissend, das ist eine reine chemische Reaktion, die als solche gut und ausreichend zu beschreiben ist und die man mit Füllwörtern wie Wissen, Bewusstsein usw., m.M.n. nur unnötig verkomplizieren würde, nicht zuletzt kann man dabei an Ockham denken.
2. Ein AAM Fisch ist sicher im Tierreich noch ein verhaltensmäßig eingeschränktes Exemplar, aber irgendwann sind Tiere nicht mehr hinreichend gut (mit Blick auf die Prognosen) als „physikalische Systeme“ zu beschreiben, weiter kommt man, wenn man sie als „intentionale Systeme“ behandelt.
Unbewusstes Wissen, das ist so eine Sache. Ein Vogel „weiß“ offensichtlich, wie er ein Nest bauen muss, sonst könnte er es nicht immer wieder tun.
Ich wusste mit 8 wie man Fahrrad fährt, aber ich konnte es nicht erklären.
Implizites Wissen trifft es glaube ich besser, da man ja immerhin wissen kann, dass man die Fähigkeit x zu tun hat. Und implizites Wissen gibt es, ich glaube der Begriff ist sinnvoll.
Ob der Vogel aber wirklich weiß, dass er ein Nest baut, oder ob bei ihm einfach nur ein biologisches Programm abläuft, das weiß ich nicht
3. Über Begriffe zu verfügen, d.h. ein diskursives Wesen (das mit „intentional“ nicht mehr ausreichend beschrieben ist) zu sein, bringt eine neue Qualität ist Spiel. Denn nun tue ich und kann bewusst wissen, was es ist, dass ich tue oder was es ist, dass ich fühle.
Das errichtet eine Metaebene, die mich vom nur tuenden oder fühlenden Wesen schrittweise zu einem machen kann, dass weiß, was es tut, auch wenn es noch nicht genau wissen muss, warum es tut, was es tut.
Ob man diese Stufen nun als graduelle und fließende Übergänge ansieht, oder wirklich eher als qualitativ unterschiedliche Stufen (Grenzen), da kann man unterschiedlicher Auffassung sein.
Ich sehe Phänomene wie Bewusstsein über sich selbst zu besitzen, als ein alles-oder-nichts Phänomen an, daher würde ich von Stufen sprechen.
ujmp hat geschrieben:Ich versuche Bewusstsein als Teil unseres Organsimus zu verstehen. Als Materialist muss ich es irgendwie von der Materie her herleiten. Worauf es mir aber besonders ankam war, dass ein Organismus von Signalen gesteuert wird, die immer gleich sind, ganz gleich wodurch sie ausgelöst werden. Die Wahrnehmung der Farbe Rot (Farbensehen ist nur ein Beispiel) ist m.E. immer dasselbe Signal, ganz gleich wodurch diese Wahrnehmung auf der Retina angeregt wird.
Entscheidender scheint wohl zu sein, wie auf dieses Signal reagiert wird.
Der AAM Fisch reagiert vielleicht auch dasselbe rot (elektromagnetische Wellen, von der und der Frequenz) die jemand, der sich über eine Ampel ärgert, aber der kognitive Inhalt dürfte ein anderer sein.