Libertaer hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Auch der Konsenssuche wird unterstellt willkürlich zu agieren, da ja jede Kultur und Zeit ihre Werte hat, aber es angeblich (m.E. ist schon das diese Unterstellung von Harris nicht richtig) keine universellen Werte gäbe, die verlässlichen Charakter haben.
Harris behauptet exakt das Gegenteil und hält diesen Werterelativismus für einen der größten Fehler der Liberalen.
Ich deute Harris hier so, wie Agent.
Er ist gegen einen Werterelativismus (so wie der Papst
) und schnitzt diesen Werterelativismus so grob, dass ich auch nicht erkennen kann, wer ihn in dieser Weise vertritt.
(Die Kritik gegen einen Werterelativismus müsste m.E. lauten, dass Werterelativisten einem Selbstwiderspruch unterliegen: Sie negieren, dass es bessere und schlechtere Werte gibt, verkennen aber gleichzeitig, dass ihr relativistischer Standpunkt, wenn er moderat, klug und fair ist, gleichzeitig ein sehr hochentwickelter Standpunkt ist, den es gemäß ihrer Ideologie aber nicht geben darf. Zugleich verkennen Werterelativisten oft, dass es eine entwicklungspsychologische Hierarchie von allem Möglichen gibt: Intelligenz, Empathie, Kommunikation usw. in deren Folge dann die höheren Werte erscheinen können, aber nicht müssen.)
Libertaer hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Libertaer hat geschrieben:Aber als Spielverderber hätte ich da doch ganz gerne wenigstens einen Beleg für die Postulierung von 'angeborenen Wünschen' und dafür, wie angeblich aus Zahlen auf ein Sollen geschlossen wird.
Die Frage wollte ich stellen: Was sind die Kriterien anhand derer auf ein Sollen geschlossen wird?
Was macht eine moralische Wahrheit zu einer solchen?
Was ist an der Frage: Wer spricht wo von 'angeborenen Wünschen'? unklar? Ich wüßte gerne, woher du diesen Unfug hast.
Es gibt in letzter Zeit eine breite Front an Forschungen auf dem Gebiet der Biologie, die sich mit Auswirkungen auf unser Bewusstsein beschäftigt, Säuglingsforschung, Primatenforschung, Affektforschung, Hirnforschung und so weiter.
Als Beispiel seien genannt, die berühmtberüchtigten Spiegelneuronen oder die Forschungen von de Waal an Primaten, in denen er zeigen konnte, dass einige Primaten von sich aus teilen, wenn sie das Empfinden haben (könnten) ein anderer Primat würde ungerecht behandelt.
Aus diesen (und anderen) Ergebnissen wird manchmal der m.E. nicht ganz falsche, aber auch nicht ganz richtige Schluss gezogen, alles Wesentliche was man zur Moral braucht, sei angeboren. Empathie über die Spiegelneuronen, ein Verlangen nach Fairnesss ist bei Primaten spontan zu beobachten. Ich finde das interessant, aber oft kommt es zu Schnellschüssen.
Das Spektrum der biologischen Möglichkeiten reicht vom Spaß am Töten über die Kooperation bishin zur echten Fairness und da dieses Spektrum so breit ist, ist nach wie vor vollkommen unklar, welche der Verhaltensoptionen gewählt wird.
M.E. ist das eine Frage, die nicht auf der Ebene der Biologie entschieden wird und so wie ich das zuweilen höre, scheint diesbezüglich unter Biologen kein Konsens zu herrschen.
Speziell bei Harris – dessen Buch ich nun aber auch nicht gelesen habe – ist mir unklar, wie die Begründung für die moralische These, die er unterstellt, man sollte die Absicht verfolgen, das Wohlergehen der bewussten Wesen zu vergrößern, denn nun lautet.
Weil Gott das so will, ist nicht seine.
Weil man das nun mal so wollen soll, ist keine Begründung.
Weil das jedem denkenden Menschen unmittelbar klar sein muss, rekurriert auf Evidenzen, aber ich weiß nicht, ob das nicht ein wenig zu hoch gepokert ist.
Weil es gut ist, wäre zirkulär.
Was da als objektiv verkauft werden soll, ist m.E. eine schon längst bestehende, intersubjektive Vereinbarung, die sich als grobe, aber schwer zu begründende Formel fürs Leben bewährt hat und die darum tradiert wird. Gesagt wurde aber, hier ginge es um eine Naturalisierung, eine Objektivierung und so weiter, das ist ja nun nicht meine Behauptung und ich kann nicht so recht erkennen, wo dieser Ankündigung entsprochen wird, über Banalitäten hinaus.
Darüber hinaus habe ich mir von einer Naturalisierung versprochen, dass sie erklärt, warum wir überhaupt sollen sollten. Daraus, dass soundsoviel Prozent der erwachsenen Männer Hosen tragen, folgt m.E. noch nichts Unmittelbares, was erklärt, warum sie es tun.
Libertaer hat geschrieben:Was die Frage von Dawkins' Position zum 'freien Willen' angeht: Ich kann nur sagen, er eiert rum. Irgendwo sagte er, die Frage des 'freien Willens' sei für ihn keine Frage, die ihn besonders interessiert.
Das hat aber wenig mit der Frage des Verhältnisses von Naturalismus und Determiniertheit zu tun, weil der Naturalismus zwar von einer Determiniertheit ausgeht, diese aber nicht nur genetisch begründet.
Ich hatte ja weitere Begründungen ausdrücklich eingeschlossen.
Man muss Dawkins zugestehen, dass ihn bestimmte Fragen nicht interessieren müssen, dass er aber unklar in der Frage ist, war ja auch mein Befund.
Libertaer hat geschrieben:Ja. Determiniertheit und kein 'freier Wille'. Ich wüßte nicht, wie 'Einsicht und Vernunft' dem Weg allen Fleisches - nämlich kausal verursacht zu sein - entgehen könnten. Feenstaub?
Kompatibilismus. Du gestattest, dass ich diese Diskussion nicht wieder aufwärme, da ich sie mehrfach geführt habe und momentan nur bei wirklich gravierenden Einwänden gegen den Kompatibilismus aus dem Winterschlaf erwachen würde.
Ich kann Dir aber den gut gemeinten (und hoffentlich nicht übergriffigen) Tipp geben, dies mit Agent zu diskutieren, der, soweit ich das beurteilen kann, immer gerne bereit ist, das Thema zu diskutieren und bei weitem der Kompetenteste ist, den ich je zu dem Thema gelesen habe, so gut wie alle Philosophen eingeschlossen.
Libertaer hat geschrieben:Ja. Die wiederum hat nicht nur was mit Genen zu tun.
Ich weiß, das wollte ich auch nicht behaupten.
Libertaer hat geschrieben:Würde er als guter Freund von Dennett nicht 'die Thesen und Begründungen des Kompatibilismus' kennen, müsste man in der Tat an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln. Könntest du dir vorstellen, dass es zu diesem Punkt eine intellektuelle Debatte innerhalb des Naturalismus gibt?
Ja klar, hilfreich ist aber immer, wenn man erkennt, dass jemand an dieser Debatte auch teilnimmt.
Dennetts Kompatibilismus ist übrigens ein etwas sonderbarer.
http://www.philosophieverstaendlich.de/ ... nnett.htmlLibertaer hat geschrieben:Nun, die Lektüre von Harris' Buch über den freien Willen (statt einer Inhaltsangabe) würde zweifellos helfen. Ansonsten empfehle ich
http://www.naturalism.org/freewill.htm.
Danke, ich habe mich relativ ausführlich mit dem Thema beschäftigt und zahlreiche Bücher dazu gelesen. Aber das ist ja eigentlich auch ein anderes Thema.