Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon AgentProvocateur » Mo 26. Mär 2012, 04:22

ganimed hat geschrieben:Die indirekte Ursache von C ist A.

Ja, und für A gibt es die indirekte Ursache (A-1), und für A-1 die indirekte Ursache (A-2) und so weiter und so fort. Bis wir ins Nirgendwo gelangen.

Und nun? Gibt es also demnach überhaupt keine "letztlichen" Ursachen? Oder wie oder was jetzt? Oder läuft das mal wieder nur auf die banale (weil meiner Ansicht nach weithin unbestrittene) Feststellung hinaus, dass Menschen nicht komplett alles unter Kontrolle haben?

ganimed hat geschrieben:Wir können also festhalten, dass man für alle deine Entscheidungen durch ausreichende Anwendung dieses Distributivgesetzes indirekte Ursachen findet, die jeweils extern sind. Man muss ja nur lange genug den Ursachenketten rückwärts folgen. Deine Entscheidungen hängen also von externen Faktoren ab. Nicht einmal du kannst deine Entscheidungen daher als frei bezeichnen.

Entweder gibt es (weiter zurückverfolgbare) Ursachen für etwas oder - wenn nicht - dann ist diejenige Ursache ein (nicht weiter zurück verfolgbarer) Zufall. Tertium non datur, (etwas Drittes gibt es nicht - damit sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft).

Dass aber etwas Verursachtes (bzw. etwas nicht gänzlich ursachenloses) als "unfrei" bezeichnet werden müsse, ist nach wie vor Deine Prämisse, die Du argumentlos hier hineinsteckst und für die Du bisher noch nicht einmal das allerallerallerkleinste Argument vorbringen konntest. Du behauptest das einfach permanent völlig grundlos. Und ignorierst dabei, dass ich diese Prämisse nicht anerkenne.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Wir verändern Kausalketten alleine durch unsere Existenz - wären wir nicht da, verliefe die Kausalkette trivialerweise anders. Und natürlich durch unsere Überlegungen, Entscheidungen und Handlungen.

Solange du behauptest, dass wir die Kausalkette durch Überlegungen, Entscheidungen oder Handlungen ändern, solange hast du es einfach noch nicht begriffen, was Kausalketten sind. Was mich schon sehr wundert. Und du hast mir immer noch nicht an meinem Beispiel mit dem Apfel erklärt, wie du dir eine solche Änderung vorstellst. Kommt es dir selber nicht komisch vor, dass du glaubst, man könne Ursachenketten verändern und dann aber kein einziges Beispiel nennen kannst? Denk da doch lieber nochmal drüber nach.

Wieso kein Beispiel nennen kann? Ich ändere z.B. jetzt gerade Kausalketten, indem ich diesen Beitrag schreibe. Diese Kausalketten wären logischerweise anders, hätte ich den Beitrag nicht geschrieben. *schulterzuck*

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Unter "Willensfreiheit" verstehe ich etwas anderes als unter "Handlungsfreiheit", daher fehlt dabei das Flaschenöffnen, (X will eine Flasche öffnen und kann diese Flasche öffnen -> Handlungsfreiheit) wie oben schon gesagt.

Du hast das Beispiel falsch verstanden. Die Fähigkeit zu Denken zählt ja bei dir deshalb als Voraussetzung für Freiheit, weil durch dieses Denken sich erst der Wille bildet. Ich denke nach und daraufhin erst will ich die Flasche öffnen. Und ich habe mit meinem Beispiel zeigen wollen, dass auch die Fähigkeit des Flaschenöffnens dieselbe Bedeutung haben kann. Dadurch, dass ich diese Fähigkeit habe die Flasche zu öffnen, erst dadurch will ich in mancher Situation die Flasche auch öffnen. Insofern gibt es also gar keinen prinzipiellen Unterschied zwischen den beiden Fähigkeiten. Deshalb werfe ich dir Willkür bei der Auswahl deiner Freiheitsvoraussetzungen vor. Es erscheint logisch unbegründet, wieso das Denken bei dir vorkommt, aber das Flaschenöffnen (oder andere Fähigkeiten) nicht. Definier doch mal bitte zum Spaß die Kriterien, nach denen du entscheidest, was bei dir eine Freiheitsvorraussetzung ist und was nicht.

Wie schon öfter gesagt: ich unterscheide wie folgt:

1. Willensfreiheit (die Fähigkeit, zu erkennen, zu reflektieren, zu entscheiden)
2. Handlungsfreiheit (die Fähigkeit, Entscheidungen in die Tat umzusetzen)

"Flaschenöffnen" wäre demnach Handlungsfreiheit. Und wie auch schon öfter gesagt, halte ich beide Fähigkeiten für unabdingbar, um jemanden (hineichend) "frei" nennen zu können. Jemand, der lediglich Willensfreiheit besäße, wäre also nicht frei, jemand, der lediglich Handlungsfreiheit besäße, wäre auch nicht frei.

Jetzt definier doch mal zum Spaß, was bei Dir eine Freiheitsvorausetzung ist und was nicht. Was nicht, hast Du gesagt: Kausalität und Akausalität schließen Deiner ungebründeten Ansicht nach Freiheit aus. Was bleibt also, wie kann man Deinen Freiheitsbegriff positiv erklären? Und wenn man das nicht kann: wie kann man ihn verstehen, erfassen?

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Was Du mit "Alternativen" oder "Spielraum" hier genau meinst, weiß ich nicht und ich vermute sehr stark, dass Du das auch nicht darstellen kannst.

Nehmen wir die Situation S1. Laut Determinismus wird eine Person in dieser Situation S1 immer gleich handeln, also die Handlung H1 ausführen. Was meine ich nun mit Alternativen und einem Spielraum? Natürlich andere Handlungen wie beispielsweise H2 oder H3. In derselben Situation auch anders handeln können. Und das habe ich dir ja auch nur schätzugsweise zigmal erläutert. Kein Wunder, dass du zu diesem frühen Zeitpunkt nicht wissen kannst, was ich damit genau meine. Trotz Unwissenheit dann aber doch zu vermuten, dass ich es auch nicht darstellen könne, ist schon lustig. Viel traust du mir ja nicht zu.

Aber eine andere Handlung in derselben Situation kann nur durch Zufall erfolgen. Und Zufall schließt meiner Ansicht nach Freiheit aus, (genauer gesagt: Zufall kann keine Freiheit herstellen, kann also keine notwendige Bedingung für Freiheit sein). Denn Zufall und Kontrolle sind Gegensätze und Kontrolle halte ich für eine notwendige Bedingung für Freiheit.

Es mag sein, dass ich mich nun dabei irre, aber ehrlich gesagt bin ich mir inzwischen absolut und vollkommen sicher, dass ich in diesem Punkt völlig recht habe.

Weil ich das nämlich schon so oft so unglaublich viele Leute gefragt habe und bisher noch kein einziger nachvollziehbar darstellen konnte, a) wie und inwiefern Zufall eine notwendige Bedingung für Freiheit sein könnte oder b) was es jenseits von Determinination und Zufall noch geben könnte. Wie auch, Zufall ist ja dasselbe wie [NICHT]-Determination, und Determination und [NICHT]-Determination deckt schlicht alles ab, was es geben kann. Hier gilt wieder: Tertium non datur.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Aber ein Sklave wird von einem anderen dazu gezwungen, etwas zu tun, was er nicht will, bzw. was er nicht täte, würde er nicht dazu gezwungen.

Ein Sklave kann doch denken und reflektieren. Nach deiner Logik wäre er dann doch willensfrei. Er kann durch Denken und Reflektion darauf kommen, dass er 20 Peitschenhiebe bekommt, wenn er jetzt nicht das tut was der Master will. Also will er es tun, weil er rational ist und Peitschenhiebe insgesamt irgendwie doof findet. An diesem Beispiel sieht man eigentlich ganz gut, wie merkwürdig dein Freiheitsbegriff ist. Obwohl das, was wir Menschen wollen, einzig und allein von Ursachen abhängt, uns also durch die Ursachen aufgezwungen wird, nennst du das frei.

Siehe oben: Willensfreiheit und Handlungsfreiheit. Willensfreiheit ist zwar notwendige Voraussetzung für Freiheit, aber ohne Handlungsfreiheit ist derjenige dennoch nicht frei.

Und ich nenne dasjenige, dass ich letztlich will, für das ich mich entscheide, freier als das, was ich letztlich nicht will, auf das ich keinen Bock habe. Ersteres nenne ich nicht Zwang, zweiteres nenne ich Zwang. Und ich bin der absolut festen Überzeugung, dass ich damit das allgemeine Verständnis von 'Zwang' sehr viel besser abbilden kann als Du, der einfach alles gleichermaßen und unterschiedslos zu Zwang erklärt. Klar haben Entscheidungen Ursachen, sind von Umständen abhängig, die man nicht bis ins Letzte unter Kontrolle hat. Wer wollte das ernsthaft bestreiten? Wo ist das Problem? Außer, dass das Deinem unbegründeten und unbegründbaren Dogma widerspricht?

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Alles ist immer so, wie es ist, war immer so, wie es war und wird immer so sein, wie es sein wird. Und das hat absolut null mit Kausalität / Determinismus zu tun: diese Aussage ist immer und ausnahmslos wahr. Denn das ist schlicht eine Tautologie.

Aus S1 ergibt sich H1, immer. Aber dennoch ist das keine Tautologie. Und die Aussage müsste rein logisch auch nicht immer richtig sein. Es könnte ja auch aus S1 einfach mal H2 erfolgen. Deine Argumentation mit Tautologie klappt nur bei den von dir selbst falsch formulierten Sätzen.

Meine Sätze sind richtig formuliert und sie zeigen Dein Problem, nämlich dass Du unter Freiheit etwas verstehst, was sonst niemand darunter versteht: die Fähigkeit, etwas jetzt so verändern zu können, dass es jetzt anders ist, als es jetzt ist. Aber das ist logisch unmöglich.

Falls Du aber meinen solltest, dass die meisten anderen das ebenfalls mit "Freiheit" verbinden, das als notwendige Voraussetzung für Freiheit ansehen, Du also den lanldäufigen Begriff von Freiheit hier vertrittst: dann das mal bitte belegen.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Gilt dennoch - nach Deiner Ansicht - diese schlichte Formel: "Akausalität = Freiheit"?

Nein. Meine fast ebenso schlichte Formel, oft dargelegt, offenbar nie von dir verstanden, lautet: Ohne Akausalität keine Freiheit, mit Akausalität auch keine Freiheit.

Und meine schlichte Formel lautet: es ergibt sehr wohl Sinn, Freiheit in kausalen Abläufen zu sehen, (-> meine Handlungen hängen kausal von meinen Entscheidungen ab, sind darauf zurückzuführen), aber (mE) keinen Sinn, Freiheit akausalen Abläufen zuzuschreiben (-> meine Handlungen erfolgen rein zufällig - bzw., anders gesagt: denjenigen Anteil als "frei" anzusehen, der meine Handlungen zufällig steuert).

Du verstehst immer noch nicht. Es ist nun mal so, dass Du die Formel "kausal != frei" als Dogma hier einfach so, gänzlich ohne das kleinste Argument, einfach so setzt. Und das ist es, was ich bezweifle, ich meine, es ergibt (sehr viel) Sinn, zu unterscheiden zwischen Leuten, die erkennen, unterscheiden und bewerten können, (die bezeichne ich als "willensfrei") und Leuten, die das nicht können.

Und das Problem ist nach wie vor auch, dass Dein Begriff von "Freiheit" entweder enfach leer und daher nicht verständlich, (wenn Du sagst: "sowohl Kausalität als auch Akausalität sind Gegensätze zu Freiheit"), oder aber völlig unplausibel ist, (wenn Du sagst: "Akausalität (z.B. ein Zufallsgenerator im Gehirn) erzeugt Freiheit"). Und beides gleichzeitig kannst Du nicht sagen, entweder das eine oder das andere, da musst Du Dich schon entscheiden.
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon Vollbreit » Mo 26. Mär 2012, 16:53

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Mein Freiheitsbegriff würde nur bedeuten, dass der Mann auch anders hätte entscheiden können in derselben Situation. Dazu hätte er aber die kausalen Dominosteine, die genau umfallen nachdem der Vorderstein umfällt, steuern oder manipulieren müssen.
Damit würdest Du behaupten, dass Freiheit nur dann vorliegen kann, wenn man außerhalb des kausalen Gesetzmäßigkeit steht. Aber wie soll das 1) überhaupt gehen und 2) wer behauptet, dass es so ist?


1) Wie soll das überhaupt gehen? Ja das frage ich mich auch. Ich finde, es geht eben nicht. Ergo: gibt es diese Freiheit nicht.


Da sind wir einer Meinung, die da lautet, dass es eine libertarische Freiheit nicht geben kann.
Wie praktisch, dass sie auch niemand formuliert und einfordert.
Es ist also unnötig, sich gegen sie abzugrenzen.

ganimed hat geschrieben:2) Jeder, intuitiv.
Freiheit verbindet jeder mit Unabhängigkeit, mit Spielraum, mit "auch anders können". Und laut Determinismus gibt es das aber bei unserem Willen, bei unseren Entscheidungen nicht.


Wenn es jeder ist, nenn‘ mir nur 10 Stimmen. Oder nein, drei, eine…

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Aber bei den Kompatibilisten heißt Freiheit eben, innehalten und abwägen zu können, genau in der Art, wie Du es selbst beschrieben hast. Jetzt frage ich Dich, was genau an diesen Freiheitsbegriff, falsch, defizitär, unzureichend ist und was dazu kommen muss, damit dieser Makel behoben ist.


Mich stört beispielsweise das Wort "können". Natürlich halten wir alle mal inne und wägen ab, aber das Wort "können" sollte man eigentlich im Determinismus mit "müssen" austauschen.


„Angesichts der schwierigen Lage, sah ich mich gezwungen, innezuhalten und über die Situation nachzudenken.“
Etwa so? Das impliziert aber, dass ich das, wozu ich mich gezwungen sah, auch kann.

ganimed hat geschrieben: Sobald alle ursächlichen Faktoren im Gehirn zusammenkommen, wird das Innehalten eingeleitet. Nicht eher und nicht später. Es passiert eben genau dann wenn die Ursachen da sind und es passiert eben genau deshalb. Der Mensch sucht sich das Innehalten also nicht aus im Sinne von "er kann, muss aber nicht, er könnte auch anders". Es passiert im Sinne von "er kann nicht anders, sondern er muss innehalten".


Möglich. Aber was ändert das an dem subjektiven Erleben, dass man innehält?
Und wenn Du sagst, dieses subjektive Erleben sei falsch, eine Illusion, was ist dann richtig und warum? Durch die Summe der äußeren Umstände trat eine Situation ein, die mein Gehirn dazu brachte dem illusionären Ich die Botschaft zu suggerieren, das Gefühl zu haben, bewusst innezuhalten.
Das ist ein ziemlicher Dualismus, der obendrein immer wieder daran krankt, dass man den Aspekt der geleugnet werden soll, nämlich das Wollen, Entscheiden, die Freiheit einer ersten Person zwar einerseits leugnet, dann aber im nächsten Schritt genau diese Kompetenzen dem Gehirn zuspricht.
Denn dieses ist es dann, was auch einmal will, entscheidet und damit all das tut und kann, was das Ich nicht können soll. Eine wirklich objektivierende Sprache, die die Ebene der dritten Person nicht verlässt, habe ich noch nicht gehört.

ganimed hat geschrieben:Ein "kann nicht anders, muss" übersetze ich mit Unfreiheit. Wie kann das bei euch Kompatibilisten Freiheit genannt werden?


Einerseits auf die Weise, die ich oben beschrieben habe.
Andererseits, gehen wir mal davon aus, es gäbe eine vollkommen objektive und deskriptive Sprache.
Ob das je möglich ist, vergessen wir mal einen Augenblick.
In dieser Sprache müsste die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren, objektiven und subjektiven, Faktoren wegfallen. (Ich weiß nicht genau, ob Du mir hier zustimmen kannst, aber ich glaube schon, oder?)
Wenn das also der Fall ist, dann gibt es für all das, von dem ich bisher sagen würde, dass dies mein Wille ist, eine objektivierende Entsprechung. Dieser, mein ‚freier Wille‘ wäre also ein Vorgang, der beobachtbar wäre, meinetwegen als Hirnaktivität, Stoffwechselprozess, elektrochemische Konstellation, der die äußere Entsprechung zu der inneren Empfindung ‚mein freier Wille‘ darstellt.
Irgendwann einmal findet dieser Vorgang ein Ende, das was ich als direkte Folge meiner Willensintervention ansehe ist nun vorbei, der Vorgang ist eingeleitet und die Welt läuft weiter kausal ab.
Meinst Du denn, dass der Vorgang meiner gefühlten willentlichen Entscheidung außerhalb der Kausalität stattfindet? Nein, die Kette beobachtbarer Vorgänge reißt nicht ab, sondern läuft ungehindert weiter. Dem allwissenden Beobachter ist klar, bei der Einstellung, den Vorlieben, den finanziellen Möglichkeiten, der Ehefrau, den Angeboten… wird die Urlaubswahl auf Mallorca statt auf Tirol fallen. Dir und mir, die wir nicht allwissend sind, ist das nicht klar.
Aber das was ich als in mir erlebe und der Beobachter nun als objektiven Vorgang beobachten kann, findet ja statt. Das ‚in mir‘ ist Teil der kausalen Ketten der Ereignisse, die die ganze Zeit ablaufen.
Es gibt einen Teil der Welt, den ich willentlich nicht beeinflussen kann, das Wetter, und einen anderen Teil, den ich beeinflussen kann, mein Urlaubsziel.


Ich vermute, der springende Punkt wird sein, dass Du meinst, wenn jemand aufgrund von Ursachen handelt, für deren Entstehen er nicht verantwortlich ist, kann man von Freiheit nicht reden.
Dem steht jedoch die Erfahrung gegenüber, dass ich manche Dinge willentlich beeinflussen kann, simple Dinge, wie z.B. dass ich nun aus der Wanne das Wasser lasse, mir einen Tee koche, zu Bett gehe, eine mail schreibe, mir was zu Essen einkaufe… und dies eben zu unterscheiden ist, von Ereignissen, die ich nicht beeinflussen kann, dass meine Haut von der Sonne dunkler wird, dass ich altere, dass es blutet, wenn ich stürze, dass meine Haare wachsen und ich der Gravitation unterworfen bin.
Diese Differenzierung fällt flach mehr noch diese:
Robert Brandom hat geschrieben: „Kant definiert uns, die Bewohner des Reichs der Freiheit, als Wesen, die im Gegensatz zu den Bewohnern des Reichs der Natur fähig sind, gemäß einer Vorstellung von einer Regel zu handeln. Dieser Abgrenzungsstrategie liegt die Idee zugrunde, dass die zum Reich der Natur gehörenden Wesen, die lediglich nach Regeln, das heißt regelmäßig agieren, Normen nur dadurch anerkennen können, dass sie ihnen gehorchen. Wir rationale Wesen können Normen auch begreifen oder verstehen, wir sind in der Lage Richtigkeitsbeurteilungen gemäß dieser Normen abzugeben.“(Brandom, „Expressive Vernunft“, 1994, dt. 2000, Suhrkamp, S.74f)



ganimed hat geschrieben:Wieso soll ein Argument als kausaler Faktor bei mir nicht mehr wirken, wenn ich bei meiner Entscheidung, diesem Argument zu folgen, keine Wahl habe? Natürlich wirkt das Argument.


Wie tut es das denn?
Das ist ja der Punkt, an dem man ohne den Faktor Bewusstsein, im Sinne der Entwicklung, Einstellung und so weiter nicht mehr auskommt.
Denn der gleiche Satz, der beim einen ein emotionales Erdbeben auslöst, lässt den anderen völlig kalt. Der gleiche Satz, der mich heute kalt lässt, hat mich vielleicht vor 10 Jahren brennend interessiert. Ginge es nur um Amplitude, Schalldruck und dergleichen, wäre das ein leichtes Spiel, aber hier kommt kein Physikalist (oder Biologist) drum herum, zu formulieren, dass die Botschaft, irgendwie auch zu genau dieser Zeit, von genau diesem Menschen mit genau jenem Bewusstseinsstand angenommen werden musste.


ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du sagst, ich bin bei den Brights, weil ich auf die Defizite der Religion aufmerksam machen will und meine, dafür gute Gründe zu haben und ich möchte andere von meiner Position überzeugen, dann wäre das laut MSS völliger Quatsch.


Du hast MSS und die Inkompatibilistische Position noch nicht verstanden wenn du das denkst.


Kannst Du mir sie in wenigen Sätzen erläutern?

ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich kann nicht jemanden überzeugen wollen und zugleich behaupten, er sei unfrei.
Unfrei würde nämlich bedeuten, ich kann erzählen was ich will, ich kann dem Dawkins vorlesen oder „Alle meine Entchen“ vorsingen, der wird, wenn das Hirn es so entscheidet, ein Bright werden, oder eben nicht , völlig egal, was ich tue, oder lasse.

Du verwechselst hier "unfrei" mit "kausal entkoppelt". "Wenn das Hirn entscheidet", sagst du. Aber genau das ist der Punkt, wo es eben doch nicht kausal entkoppelt ist. Wenn ich Dawkins vorlese, entscheidet das Gehirn A. Wenn ich "Alle meine Entchen" vorsinge, dann entscheidet das Gehirn B.


Wie entscheidet das Gehirn denn?
Wird es etwas zum Stellvertreter des Ichs auf neurophysiologischer Basis?
Hört es sich gar Argumente an, wägt es ab?
Dann wäre die Objektivierungsschiene eine Mogelpackung.
Man sagt es gibt kein Ich, was frei entscheidet, es muss das tun, was das Gehirn ihn vorschreibt und weil ich das weiß, werde ich nun mal mit dem Gehirn diskutieren, dass folgt nämlich Argumenten, diskutiert mit mir, wägt verschiedene Positionen ab und ist offen für gute Gründe.
Merkst Du was? Wenn nicht: Es ist exakt die Position, von der Hirnforscher, deren Argumente MSS sieh leiht, sie sei eine fürchterliche Illusion. Es gäbe keine Gründe, nur Elektrochemie, nur Ursachen.
Wenn ein bestimmter Reiz auf Kniesehnen trifft, schnellen die alle nach vorne, wenn ein bestimmtes Informationsignal auf Gehirne trifft, lösen sie einmal Gähnen, ein anderes Mal Achselzucken, mal Empörung, mal Kopfschütteln aus. Man kann das als Resonanz übersetzen, oder wie auch immer, aber letztlich bleibt es ein Phänomen, bei dem man ohne Bewusstseinszuschreibung nicht auskommt, weil nämlich Gehirne entscheiden – und das ist ein bewusster Akt, eben jener, der geleugnet wird.
Hier ein Klassiker: http://www.philosophie.uni-muenchen.de/ ... singer.pdf

ganimed hat geschrieben:Es ist also NICHT völlig egal, was ich tue, sondern zumindest in diesem Beispiel höchst entscheidend. Aber das macht die Entscheidung nicht frei. Die Entscheidung dieses Gehirns in diesem einfachen Fall hing von meinem Vortrag ab. Das nenne ich "abhängig" bzw. "unfrei".


Meinst Du gar nicht von der Vorerfahrung und Einstellung des Hörers?
Man bräuchte also nur den Gotteswahn in die afghanischen Sprachen zu übersetzen dort abzuwerfen und unweigerlich wird aus jedem Taliban ein Atheist?
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon ganimed » Di 27. Mär 2012, 19:46

AgentProvocateur hat geschrieben:Ja, und für A gibt es die indirekte Ursache (A-1), und für A-1 die indirekte Ursache (A-2) und so weiter und so fort. Bis wir ins Nirgendwo gelangen. Und nun? Gibt es also demnach überhaupt keine "letztlichen" Ursachen? Oder wie oder was jetzt? Oder läuft das mal wieder nur auf die banale (weil meiner Ansicht nach weithin unbestrittene) Feststellung hinaus, dass Menschen nicht komplett alles unter Kontrolle haben?

Es läuft darauf hinaus, dass Menschen komplett nichts unter Kontrolle haben. Denn C würde aufgrund von A entschieden (was die Ursachen von A sind, ist irrelevant). Wenn A ein externer Faktor war, B ein interner und C das Ergebnis einer Entscheidung, dann hängt die Entscheidung C von einem externen Faktor A ab. Das wollte ich damit nur zeigen. Alle Entscheidungen des Menschen hängen zu 100% von externen Faktoren ab. Und das nennt natürlich jeder "unfrei".

AgentProvocateur hat geschrieben:Dass aber etwas Verursachtes (bzw. etwas nicht gänzlich ursachenloses) als "unfrei" bezeichnet werden müsse, ist nach wie vor Deine Prämisse, die Du argumentlos hier hineinsteckst und für die Du bisher noch nicht einmal das allerallerallerkleinste Argument vorbringen konntest.

Mein Argument ist das Zauberwort "Abhängigkeit". Wenn ich abhängig von externen Faktoren bin, dann nenne ich das "unfrei". Abhängigkeit wird intuitiv und von einer großen Mehrheit Unfreiheit genannt. Wie wäre es denn mal mit einem Argument von deiner Seite, wieso man Abhängigkeit plötzlich Freiheit nennen sollte? Kannst du allen Ernstes die Assoziation zwischen Abhängigkeit und Unfreiheit anzweifeln?

AgentProvocateur hat geschrieben:Wieso kein Beispiel nennen kann? Ich ändere z.B. jetzt gerade Kausalketten, indem ich diesen Beitrag schreibe. Diese Kausalketten wären logischerweise anders, hätte ich den Beitrag nicht geschrieben. *schulterzuck*

Mit Beispiel geben meinte ich, dass du die Ursachenketten beispielhaft darstellst, also einige aufeinanderfolgende Kettenelemente. In deinem Beispiel fehlt mir also noch die Angabe von zwei Ketten. Einmal die Kette, wie sie gewesen wäre ohne den Beitrag und einmal die Kette, wie sie mit Beitrag verlief. Und dann hätte ich gerne noch gewusst, wie du die Änderung von einer Kette in die andere bewerkstelligt hast.

AgentProvocateur hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Nehmen wir die Situation S1. Laut Determinismus wird eine Person in dieser Situation S1 immer gleich handeln, also die Handlung H1 ausführen. Was meine ich nun mit Alternativen und einem Spielraum? Natürlich andere Handlungen wie beispielsweise H2 oder H3. In derselben Situation auch anders handeln können.

Aber eine andere Handlung in derselben Situation kann nur durch Zufall erfolgen. Und Zufall schließt meiner Ansicht nach Freiheit aus

Meiner Ansicht nach auch. Also stimmen wir beide darin überein, dass mein Freiheitsbegriff leer ist. Das, was ich unter Freiheit verstehe, gibt es im Determinismus (wo es nicht einmal Zufall gibt) nicht. Ich habe aber jedenfalls auf deine Frage geantwortet, was ich denn unter Freiheit verstehe, wie ich meine "Alternativen" und "Spielräume" definiere. Deine Definition von "Spielraum" ist ja, wenn ich recht verstehe, mit der Fähigkeit verknüpft, Kausalketten ändern zu können. Diese Fähigkeit, behaupte ich nach wie vor, haben wir nicht. Ich meine deshalb, dass auch dein Freiheitsbegriff leer ist.

AgentProvocateur hat geschrieben:Falls Du aber meinen solltest, dass die meisten anderen das ebenfalls mit "Freiheit" verbinden, das als notwendige Voraussetzung für Freiheit ansehen, Du also den lanldäufigen Begriff von Freiheit hier vertrittst: dann das mal bitte belegen.

Ich behaupte, zum frei sein muss man einen Spielraum haben und auch anders können. Glaubst du wirklich, dass dies eine nicht mehrheitsfähige Forderung ist? Glaubst du wirklich, dass die Mehrheit die gegenteilige Freiheitsdefinition bevorzugt: frei ist jemand, der keinen Spielraum hat und nicht anders kann.
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon ganimed » Di 27. Mär 2012, 20:50

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:2) Jeder, intuitiv.
Freiheit verbindet jeder mit Unabhängigkeit, mit Spielraum, mit "auch anders können". Und laut Determinismus gibt es das aber bei unserem Willen, bei unseren Entscheidungen nicht.

Wenn es jeder ist, nenn‘ mir nur 10 Stimmen. Oder nein, drei, eine…

Ich nenne 300 Millionen Amerikaner, welche mutmaßlich und zumindest in der überwiegenden Mehrheit die Unabhängigkeitserklärung mit Freiheit assoziieren. Ein Wille, der zu 100% abhängig von externen Faktoren ist, wird demzufolge auch selten jemand als frei bezeichnen. Lediglich die Tatsache, dass der Wille abhängig von externen Faktoren ist, hat sich zugegebenermaßen auch in den USA vermutlich noch nicht sehr weit rumgesprochen.

Vollbreit hat geschrieben:„Angesichts der schwierigen Lage, sah ich mich gezwungen, innezuhalten und über die Situation nachzudenken.“
Etwa so? Das impliziert aber, dass ich das, wozu ich mich gezwungen sah, auch kann.

Auch "kann", ja. Aber auch "muss". Und wenn "muss" dabei ist, dann nennt niemand das Freiheit.

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:...Der Mensch sucht sich das Innehalten also nicht aus im Sinne von "er kann, muss aber nicht, er könnte auch anders". Es passiert im Sinne von "er kann nicht anders, sondern er muss innehalten".
Möglich. Aber was ändert das an dem subjektiven Erleben, dass man innehält?
Innehalten scheint bei dir gleichbedeutend mit Freiheit zu sein. Bei mir bedeutet es eher, dass die kausalen Abläufe im Gehirn subjektiv in einem etwas anderen Licht erlebt werden. Aber das ändert nichts an der Kausalität des Ablaufes, und ändert nichts an der Abhängigkeit von kausalen Faktoren, ändert also auch nichts an der Unfreiheit. Beim Innehalten geschieht immer noch alles in totaler Abhängigkeit von Ursachen. Da kannst du innehalten bis der Arzt kommt.

Vollbreit hat geschrieben:Dem allwissenden Beobachter ist klar, bei der Einstellung, den Vorlieben, den finanziellen Möglichkeiten, der Ehefrau, den Angeboten… wird die Urlaubswahl auf Mallorca statt auf Tirol fallen. Dir und mir, die wir nicht allwissend sind, ist das nicht klar.
Aber das was ich als in mir erlebe und der Beobachter nun als objektiven Vorgang beobachten kann, findet ja statt. Das ‚in mir‘ ist Teil der kausalen Ketten der Ereignisse, die die ganze Zeit ablaufen. Es gibt einen Teil der Welt, den ich willentlich nicht beeinflussen kann, das Wetter, und einen anderen Teil, den ich beeinflussen kann, mein Urlaubsziel.
Ich verstehe deine Argumentation nicht ganz. Was du erlebst und was objektiv passiert findet wirklich statt. Ok. Aber was folgt daraus? Wie du sagst, ist alles Teil kausaler Ketten und genau deshalb, so sage ich dann, ist es abhängig von Vorgänger-Kettengliedern. Und Abhängigkeit nenne ich nunmal Unfreiheit. Und dein Urlaubsziel kannst du willentlich beeinflussen, ja, aber du MUSST es auch willentlich beeinflussen, weil dein Wille ja abhängig von kausalen Faktoren ist. Deine Urlaubszielwahl findet also tatsächlich statt, nur ist sie aber nicht frei!

Vollbreit hat geschrieben:Ich vermute, der springende Punkt wird sein, dass Du meinst, wenn jemand aufgrund von Ursachen handelt, für deren Entstehen er nicht verantwortlich ist, kann man von Freiheit nicht reden.
Genau richtig.
Vollbreit hat geschrieben:Dem steht jedoch die Erfahrung gegenüber, dass ich manche Dinge willentlich beeinflussen kann
Ich verstehe nicht, wieso das "gegenüber" steht. Das ändert doch an meiner Aussage rein gar nichts. Dein Wille ist doch auch nur eine Ursache, aufgrund derer du handelst. Und dein Wille ist entstanden aus kausalen Faktoren, für die du nicht verantwortlich bist. Man kann also auch wenn ein Wille ins Spiel kommt nicht von Freiheit reden. Nur von Willen.

Robert Brandom hat geschrieben: „Kant definiert uns, die Bewohner des Reichs der Freiheit, als Wesen, die im Gegensatz zu den Bewohnern des Reichs der Natur fähig sind, gemäß einer Vorstellung von einer Regel zu handeln. Dieser Abgrenzungsstrategie liegt die Idee zugrunde, dass die zum Reich der Natur gehörenden Wesen, die lediglich nach Regeln, das heißt regelmäßig agieren, Normen nur dadurch anerkennen können, dass sie ihnen gehorchen. Wir rationale Wesen können Normen auch begreifen oder verstehen, wir sind in der Lage Richtigkeitsbeurteilungen gemäß dieser Normen abzugeben.“(Brandom, „Expressive Vernunft“, 1994, dt. 2000, Suhrkamp, S.74f)
Ist ja alles richtig. Aber auch hier kann man jedes "können" durch ein "müssen" ersetzen bzw. ergänzen. Und wenn man muss was man kann, dann ist man zwar ein Könner aber längst nicht frei.

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Wieso soll ein Argument als kausaler Faktor bei mir nicht mehr wirken, wenn ich bei meiner Entscheidung, diesem Argument zu folgen, keine Wahl habe? Natürlich wirkt das Argument.
Wie tut es das denn? Das ist ja der Punkt, an dem man ohne den Faktor Bewusstsein, im Sinne der Entwicklung, Einstellung und so weiter nicht mehr auskommt. Denn der gleiche Satz, der beim einen ein emotionales Erdbeben auslöst, lässt den anderen völlig kalt.
Alles richtig. Das Argument ist nicht der einzige Faktor, sondern es kommen noch Bewusstsein, aktuelle Laune, Hormonspiegel, Einstellungen, Prägungen, Gedächtnisinhalte und Erfahrungen, alles mögliche hinzu. Aber jedenfalls wirkt das Argument in diesem Mix als kausaler Faktor mit. Die anderen Faktoren sind ebenfalls alle kausal an der Entscheidung beteiligt, mal mehr mal weniger. Und wieso sollte man nun die Entscheidung unfrei nennen? Weil sie von kausalen Faktoren abhing, die entweder extern waren oder wiederum auf externe zurückzuführen sind.

Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du sagst, ich bin bei den Brights, weil ich auf die Defizite der Religion aufmerksam machen will und meine, dafür gute Gründe zu haben und ich möchte andere von meiner Position überzeugen, dann wäre das laut MSS völliger Quatsch.
Du hast MSS und die Inkompatibilistische Position noch nicht verstanden wenn du das denkst.
Kannst Du mir sie in wenigen Sätzen erläutern?

Was der Mensch will ist das Ergebnis von kausalen Faktoren. In einer deterministischen Welt ist der Wille sogar NUR das Ergebnis von kausalen Faktoren und sonst nichts. Wenn das was ich will zu 100% abhängig ist, dann ist es unfrei. Kausale Faktoren können "gute Gründe" sein, wieso ich jemanden auf die Defizite der Religion aufmerksam machen will. Und die daraus resultierende Handlung, also das aufmerksam machen, kann wiederum ein kausaler Faktor für andere sein, überzeugt zu werden. Etwas wollen, aufmerksam machen und überzeugen, das alles ist also auch laut MSS und dem Inkompatibilismus kein völliger Quatsch. Es gibt überhaupt keinen Widerspruch zwischen der Aussage "der Wille ist unfrei" und der Aussage "ich will überzeugen".

Vollbreit hat geschrieben:Wie entscheidet das Gehirn denn?
... Es ist exakt die Position, von der Hirnforscher, deren Argumente MSS sieh leiht, sie sei eine fürchterliche Illusion. Es gäbe keine Gründe, nur Elektrochemie, nur Ursachen.
Niemand behauptet, es gäbe keine Gründe. Ich jedenfalls nicht. Für mich ist "Grund" dasselbe wie "Ursache". Machst du da einen Unterschied, und wenn ja, welchen?

Vollbreit hat geschrieben:weil nämlich Gehirne entscheiden – und das ist ein bewusster Akt, eben jener, der geleugnet wird.

Nenn mir mal bitte die Stelle, wo Singer angeblich diesen bewussten Akt leugnet. Ich leugne ihn jedenfalls nicht. Ich leugne nur, dass bei diesem Akt etwas anderes passiert als kausale Abläufe. Ich leugne, dass es einen Spielraum gibt bei diesem bewussten Akt. In Bezug auf Kausalität ist ein bewusster Akt ganz genau so zu bewerten wie ein unbewusster, nämlich in beiden Fällen streng kausal. Und wer kausal ist, der ist abhängig von den Ursachen (und/oder Gründen) und deshalb unfrei.
Ich zweifle, ob es gelingen kann, MSS oder meine Position anzugreifen, ohne uns falsche Dinge unterzuschieben.


Vollbreit hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Es ist also NICHT völlig egal, was ich tue, sondern zumindest in diesem Beispiel höchst entscheidend. Aber das macht die Entscheidung nicht frei. Die Entscheidung dieses Gehirns in diesem einfachen Fall hing von meinem Vortrag ab. Das nenne ich "abhängig" bzw. "unfrei".

Meinst Du gar nicht von der Vorerfahrung und Einstellung des Hörers?
Man bräuchte also nur den Gotteswahn in die afghanischen Sprachen zu übersetzen dort abzuwerfen und unweigerlich wird aus jedem Taliban ein Atheist?

1) Du hast behauptet, dass wenn ich recht hätte, dass dann das Argument keine Rolle spielte und es völlig egal wäre was ich hier bei den Brights schreibe.
2) Ich behaupte, dass es doch eine Rolle spielt, nämlich als kausaler Faktor bei der Entscheidung.
3) Nun fragst du, ob ich wirklich meine, dass das Argument der einzige kausale Faktor sei.
Meine Antwort: nein, natürlich gibt es auch noch weitere Faktoren und die Entscheidung hängt nur zu einem (vielleicht kleinen) Teil vom Argument ab. Aber das ändert nichts daran, dass deine Behauptung unter (1) falsch war. Das Fazit lautet also: auch wenn ich recht habe und wir alle nicht frei wollen und entscheiden können, so macht es dennoch Sinn, bei den Brights mit Argumenten jemanden zu überzeugen zu versuchen. Oder?
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon AgentProvocateur » Di 27. Mär 2012, 22:05

ganimed hat geschrieben:Es läuft darauf hinaus, dass Menschen komplett nichts unter Kontrolle haben. Denn C würde aufgrund von A entschieden (was die Ursachen von A sind, ist irrelevant). Wenn A ein externer Faktor war, B ein interner und C das Ergebnis einer Entscheidung, dann hängt die Entscheidung C von einem externen Faktor A ab. Das wollte ich damit nur zeigen. Alle Entscheidungen des Menschen hängen zu 100% von externen Faktoren ab. Und das nennt natürlich jeder "unfrei".

Ja, wenn jemand nichts unter Kontrolle hätte, wenn alles, was er denken und entscheiden würde, zu 100% von äußeren Faktoren abhängen / durch diese bestimmt würde, dann wäre er wohl kaum frei zu nennen.

Leider aber - für Dich - folgt das nun jedoch nicht aus Determinismus.

Wenn aus A B folgt und aus B C, dann hängt C nicht zu 100% von A ab. Sondern nun mal auch von C, (zu wieviel Prozent auch immer und wie immer man die Prozentzahl hier berechnen könnte). Denn aus A folgt nicht C, aus A folgt B und dann erst C. Wie hier vorausgesetzt.

Es gibt allerdings Vorgänge in dieser Welt, die zu 100% von zu mir externen Faktoren abhängen. Zum Beispiel eine Sonneneruption oder das Aussterben der Dinosaurier. wie schon öfter gesagt. Aber Du willst nicht ernsthaft behaupten, dass dieser Beitrag hier, den ich gerade schreibe, ebensowenig von mir abhängt wie eine Sonneruption vor 10 Millionen Jahren. Oder? Oder kommt jetzt wieder ein "letztlich"? Oder was? Aber das hülfe Dir gar nix, denn de fakto ist es nun mal so, dass es Verläufe in dieser Welt gibt, die von mir abhängen und welche, die nicht von mir abhängen.

"Letztlich" ist es so: es gibt sicher keinen einzigen Weltverlauf, der zu 100% von mir abhängt. Aber daraus folgt nun mal mitnichten, dass alle Weltverläufe von mir zu 100% unabhängig wären.

Weil: wenn dem so wäre, wenn man dieser Argumentation folgte, dann folgte daraus unabdingbar, dass nichts von etwas anderem abhinge, sondern zu 100% von etwas, was wir nicht kennen und nicht kennen können! Aber das willst Du sicher nicht behaupten. Oder? Aber wenn doch: dann mal bitte die Abbruchbedingung für diese Rekursion nennen.

Alles, was bleibt, ist die - von mir unbestrittene - Feststellung: nichts hängt zu 100% von mir ab. Aber deiner Argumentation hilft das nicht viel weiter, nicht? Weil du ja beweisen willst, dass gar nichts! von mir abhängt. Nicht? Und ich meine ja, dass etwas dann berechtigt als freier zu nennen ist, wenn es zu 45% von mir abhängt. Im Vergleich dazu, dass es zu 5% von mir abhinge.

Verdammt, wenn Du doch wenigstens zugeben könntest, dass Dein Freiheitsbegriff beinhaltet, dass etwas nur dann "frei" genannt werden darf, wenn es zu 100% von dem Akteur abhängt und also völlig unabhängig von externen Faktoren ist. Dann wären wir schon ein ganz gewaltiges Stück weiter, denn dann könnten wir uns darauf beschränken, zu fragen, inwiefern das die verbreitete Auffassung von Freiheit ist, inwiefern das plausibel ist.

So aber muss ich leider immer wieder nachfragen, was Deine positive Definition von Freiheit überhaupt beinhaltet. Und das ist furchtbar mühsam.

ganimed hat geschrieben:Mein Argument ist das Zauberwort "Abhängigkeit". Wenn ich abhängig von externen Faktoren bin, dann nenne ich das "unfrei". Abhängigkeit wird intuitiv und von einer großen Mehrheit Unfreiheit genannt. Wie wäre es denn mal mit einem Argument von deiner Seite, wieso man Abhängigkeit plötzlich Freiheit nennen sollte? Kannst du allen Ernstes die Assoziation zwischen Abhängigkeit und Unfreiheit anzweifeln?

Tue ich gar nicht. Vollständige Abhängigkeit von externen Faktoren bedeutete - von mir unbestritten - Unfreiheit. Nur sind nun mal Entscheidungen und Handlungen von Menschen (meist) nicht zu 100% von externen Faktoren abhängig, sondern auch von internen Faktoren. Und eben das ist der Grund, warum ich dabei Freiheit sehe. (Je mehr von internen Faktoren / Überlegungen abhängig, desto mehr Kontrolle, desto mehr Freiheit.)

Na gut, ist nun ein Argumentationstrick von Dir. Daraus, dass man nicht unabhängig von Faktoren ist, folgerst Du, dass alle Faktoren extern seien. Aber, hallo, das folgt auch nicht.

Du müsstest nun behaupten, dass Determinismus jegliche internen Faktoren unwirksam machen würde, dass also aus Determinismus Fatalismus folge, dass überhaupt keine internen Faktoren entstehen könnten, bzw. dass interne Faktoren wegen des Determinismus unweigerlich kausal unwirksam sein müssten. Dergleichen folgt aber mitnichten aus Determinismus, dazu benötigtest Du eine Zusatzannahme, wobei mir aber unklar ist, welche das sein könnte.

ganimed hat geschrieben:Mit Beispiel geben meinte ich, dass du die Ursachenketten beispielhaft darstellst, also einige aufeinanderfolgende Kettenelemente. In deinem Beispiel fehlt mir also noch die Angabe von zwei Ketten. Einmal die Kette, wie sie gewesen wäre ohne den Beitrag und einmal die Kette, wie sie mit Beitrag verlief. Und dann hätte ich gerne noch gewusst, wie du die Änderung von einer Kette in die andere bewerkstelligt hast.

Wäre ich nicht da gewesen, wäre dieser Beitrag hier nicht so geschrieben worden. Ich habe die Kausalkette geändert durch meine Überlegungen und der darauf fußenden Handlung, (diesen Beitrag schreiben). Und zwar - wie gesagt - im Vergleich zu der welt, in der ich nicht existierte. Ist doch wohl logo.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Aber eine andere Handlung in derselben Situation kann nur durch Zufall erfolgen. Und Zufall schließt meiner Ansicht nach Freiheit aus

Meiner Ansicht nach auch. Also stimmen wir beide darin überein, dass mein Freiheitsbegriff leer ist. Das, was ich unter Freiheit verstehe, gibt es im Determinismus (wo es nicht einmal Zufall gibt) nicht.

Du verstehst immer noch nicht. Der Satz "Das, was ich unter Freiheit verstehe, gibt es im Determinismus [...] nicht" ist falsch, zumindest aber absolut und vollkommen irreführend. Das, was Du unter Freiheit verstehst, gibt es niemals, nirgends, das ist logisch per se unmöglich.

Dass Du immer wieder auf Determinusmus abhebst, ist dabei nur ein red herring, eine (absichtliche?!), Irreführung.

Es ist völlig gleich, ob eine Welt determiniert oder in welchem Maße auch immer indeterminiert ist: das, was Du unter Freiheit verstehst, kann niemals realisiert sein.

Weil Du sagst: "Freiheit ist etwas nur dann, wenn es weder determiniert noch [nicht]-determiniert ist".

Die Probleme dabei sind aber, wie schon öfter gesagt: 1. bei einem solchen Begriff von "Freiheit" ist es völlig Banane, ob unsere Welt determiniert ist oder nicht, daher bleibt völlig unklar, wieso Du überhaupt darüber nachdenkst, bzw. eben das behauptest: so oder so ist es ja logisch unmöglich, in Deinem Sinne frei zu sein und 2.: ein leerer (= logisch unmöglicher) Begriff ist nicht zu fassen, nicht zu begreifen, es bleibt völlig offen, was Du damit überhaupt - in einem positiven Sinne - meinst. Ich zumindest kann mir nichts darunter vorstellen.

Wäre so, wie zu sagen: "X ist 'gurks' bedeutet Folgendes: X existiert & X existiert nicht".

An der Stelle streikt dann aber - vielleicht aufgrund meiner Unfähigkeit - leider immer mein Logikmodul. Und ich daher kann nicht verstehen, was mit 'gurks' gemeint ist, noch nicht mal, was damit gemeint sein könnte.

ganimed hat geschrieben:Ich habe aber jedenfalls auf deine Frage geantwortet, was ich denn unter Freiheit verstehe, wie ich meine "Alternativen" und "Spielräume" definiere.

Nein, hast Du a) entweder nicht oder b) ich habe das überlesen.

So oder so wäre es nett, wenn Du das einfach nochmal wiederholen könntest.

ganimed hat geschrieben:Deine Definition von "Spielraum" ist ja, wenn ich recht verstehe, mit der Fähigkeit verknüpft, Kausalketten ändern zu können. Diese Fähigkeit, behaupte ich nach wie vor, haben wir nicht. Ich meine deshalb, dass auch dein Freiheitsbegriff leer ist.

Ich habe, wenn ich mich recht erinnere, nirgends etwas von "Spielraum" gesagt. Oder gesagt, "Kausalketten ändern" sei eine notwendige Voraussetzung für Freiheit.

Sag doch einfach mal genau, was Du darunter verstehst, dann sehen wir weiter.

Und klar kann ich Kausalketten ändern. Wie oben dargelegt. Nämlich im Vergleich zu einer Welt, in der ich nicht existierte. Dort würden die Kausalketten anders verlaufen als in unserer Welt, (in der ich existiere). Das ist aber trivial und keineswegs eine hinreichende Voraussetzung für Freiheit in meinem Sinne. Denn das gilt ja wohl schlicht für jedes Ding in jeder Welt.

ganimed hat geschrieben:Ich behaupte, zum frei sein muss man einen Spielraum haben und auch anders können. Glaubst du wirklich, dass dies eine nicht mehrheitsfähige Forderung ist? Glaubst du wirklich, dass die Mehrheit die gegenteilige Freiheitsdefinition bevorzugt: frei ist jemand, der keinen Spielraum hat und nicht anders kann.

Nö, siehe oben.

Und bitte definiere doch mal "Spielraum" und "anders können", (anders als was?). Dabei musst Du aber bitte auf die Begriffe "Kausalität" und "Determinismus" verzichten, denn Du willst ja zeigen, dass Freiheit und Determismus / Kuasalität sich gegenseitig ausschließen. Daher kannst Du logischerweise nicht so definieren: "Freiheit und Determinusmus / Kausalität schließen sich aus." Das wäre dann nur eine petitio principii.
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon ganimed » Di 27. Mär 2012, 22:53

AgentProvocateur hat geschrieben:Ja, wenn jemand nichts unter Kontrolle hätte, wenn alles, was er denken und entscheiden würde, zu 100% von äußeren Faktoren abhängen / durch diese bestimmt würde, dann wäre er wohl kaum frei zu nennen.

Na also, geht doch. Jetzt muss ich also nur noch zeigen, dass alles, was wir denken und entscheiden zu 100% von äußeren Faktoren abhängt. Und das geht mit dem Distributivgesetz.

AgentProvocateur hat geschrieben:Wenn aus A B folgt und aus B C, dann hängt C nicht zu 100% von A ab. Sondern nun mal auch von C, (zu wieviel Prozent auch immer und wie immer man die Prozentzahl hier berechnen könnte). Denn aus A folgt nicht C, aus A folgt B und dann erst C. Wie hier vorausgesetzt.

C hängt aber doch zu 100% von A ab. Denn C hängt zu 100% von B ab, und B hängt zu 100% von A ab, also hängt laut Distributivgesetz C zu 100% von A ab.
Aus A folgt zwar nicht direkt C, aber eben indirekt. Und C hängt nicht nicht von B ab, C hängt ebenso von B ab wie von A.

AgentProvocateur hat geschrieben:Es gibt allerdings Vorgänge in dieser Welt, die zu 100% von zu mir externen Faktoren abhängen. Zum Beispiel eine Sonneneruption oder das Aussterben der Dinosaurier. wie schon öfter gesagt.

Ok.

AgentProvocateur hat geschrieben:Aber Du willst nicht ernsthaft behaupten, dass dieser Beitrag hier, den ich gerade schreibe, ebensowenig von mir abhängt wie eine Sonneruption vor 10 Millionen Jahren. Oder?

Der Beitrag hängt zu x% von dir ab, wobei das x nahe bei 100 ist. Ich behaupte ja auch nicht, dass C nicht von B abhängt (wobei C jetzt der Beitrag ist und B für alle deine internen Ursachen steht). C ist von B abhängig, aber eben indirekt auch von A, weil nämlich ja B von A abhängt. Ich behaupte also, dass deine inneren Ursachen über meinetwegen viele Indirektionen irgendwann bei äußeren Ursachen landen. Also hängt der Beitrag vollständig und indirekt von externen Faktoren ab.

AgentProvocateur hat geschrieben:Oder kommt jetzt wieder ein "letztlich"? Oder was? Aber das hülfe Dir gar nix, denn de fakto ist es nun mal so, dass es Verläufe in dieser Welt gibt, die von mir abhängen und welche, die nicht von mir abhängen.

Das "letztlich" hilft mir was im Sinne von: wenn man die Ursachenkette nur lange genug gen Anfang abgrast, gelangt man irgendwann immer bei einem äußeren Faktor. Aber dir hilft es nichts, wenn Dinge von dir abhängen, weil sie das zwar tun, aber indirekt hängen sie von äußeren Faktoren ab, denn jeder innere Faktor hängt seinerseits direkt oder indirekt von äußeren Faktoren ab.

AgentProvocateur hat geschrieben:"Letztlich" ist es so: es gibt sicher keinen einzigen Weltverlauf, der zu 100% von mir abhängt. Aber daraus folgt nun mal mitnichten, dass alle Weltverläufe von mir zu 100% unabhängig wären.

Das stimmt. Ich behaupte auch nicht, dass alle Weltverläufe unabhängig von dir wären. Aber das C ist gleichzeitig abhängig von B (dir) und von A (äußeren Faktoren). Und die Entscheidung für C wäre nur dann frei zu nennen, wenn B intern wäre (was es ist) und wenn B nicht seinerseits zu 100% von äußeren Faktoren abhinge (was es aber tut).

AgentProvocateur hat geschrieben:Weil: wenn dem so wäre, wenn man dieser Argumentation folgte, dann folgte daraus unabdingbar, dass nichts von etwas anderem abhinge

Das ist Unsinn. Ich vermute, du hast mich so verstanden, als hinge C von A und NICHT von B ab. Aber wie gesagt: C hängt von A UND von B ab. Da B aber von A abhängt, kann man das "UND von B" weglassen, ohne etwas falsches zu sagen. "C hängt zu 100% von A ab" ist also richtig.

AgentProvocateur hat geschrieben:Wäre ich nicht da gewesen, wäre dieser Beitrag hier nicht so geschrieben worden. Ich habe die Kausalkette geändert durch meine Überlegungen und der darauf fußenden Handlung, (diesen Beitrag schreiben). Und zwar - wie gesagt - im Vergleich zu der welt, in der ich nicht existierte. Ist doch wohl logo.

Die Ursachenkette U1 ist also: die Welt ohne dich ist da -> dein Beitrag wird nicht geschrieben.
Die Ursachenkette U2 ist: die Welt mit dir ist da -> dein Beitrag wird geschrieben.
Du hast die Ursachenkette U1 aber nicht in U2 verwandelt. Weder durch überlegen noch durch sonstwas. Denn der Unterschied ist deine Existenz. Die hast du aber nicht verursacht, oder?
Mit "ich habe die Kausalkette geändert" meinst du vermutlich nur, dass du U2 abgearbeitet, ausgeführt, vollzogen hast. Geändert hast du an U2 aber rein gar nichts, soweit ich sehe. Können wir uns also endlich darauf einigen, dass wir Kausalketten nicht ändern können?
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon AgentProvocateur » Di 27. Mär 2012, 23:24

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Weil: wenn dem so wäre, wenn man dieser Argumentation folgte, dann folgte daraus unabdingbar, dass nichts von etwas anderem abhinge

Das ist Unsinn. Ich vermute, du hast mich so verstanden, als hinge C von A und NICHT von B ab. Aber wie gesagt: C hängt von A UND von B ab. Da B aber von A abhängt, kann man das "UND von B" weglassen, ohne etwas falsches zu sagen. "C hängt zu 100% von A ab" ist also richtig.

Deine Behauptung ist nun: "Nehmen wir an, A sei die einzige Ursache von B und B sei die einzige Ursache von C, dann können wir sagen, dass C zu 100% von A verursacht wurde."

Woraus sich nun aber logischerweise Folgendes ergibt:

1. B ist kausal unwirksam.
2. Wenn wir nicht nur dieses eingeschränkte Beispiel, sondern unsere reale Welt betrachten und annehmen, die sei determiniert, dann folgt daraus logischerweise, dass A - falls A ebenfalls verursacht wurde - nicht die die Ursache von C sein kann, (weil ja auch B zu 0% die Ursache von C sein soll, weil B ja von A verursacht wurde).
3. Und dann stellt sich die Frage, was denn die Ursache von C sei.
4. Und diese Frage müsstest Du schon beantworten können.
5. Oder die Antwort ist: entweder ist nichts die Ursache von etwas oder das, was die Ursache von allem ist, wissen und kennen wir nicht.
6. Also kennen wir überhaupt keine Ursachen von gar nix und dürfen daher auch nix über Ursachen aussagen. Weder ist also B die Ursache von C, noch A die Ursache von B, noch A die Ursache von C - falls A nicht aus dem Nichts hervorgeploppt ist, denn nur etwas, das aus dem Nichts hervorgeploppt ist, also selber keine Ursachen hat, kann demnach eine Ursache sein.
7. Also ist unser sämtliches Gerede über Ursache und Wirkung völlig falsch und muss aufgegeben werden - solange zumindest, bis wir die aus dem Nichts hervorgeploppte Erstursache von allem kennen.

Du willst nicht soweit denken, weil Du meinst, es reiche, zu zeigen, dass niemand die Erstursache von etwas sei. Aber das reicht erstens nicht und zweitens musst Du weiterdenken.

Niemand nimmt doch an, er sei Erstursache. Und niemand nimmt an, jemand sei nur dann frei, wenn er Erstursache sei.

Mich nervt absolut, dass Du a) nicht weiterdenken willst, also erörtern willst, was sich aus Deiner Behauptung logischerweise ergeben muss und b) nervt mich, dass Du grundlos behauptest, Freiheit erfordere notwendigerweise, eine Erstursache zu sein. Ich hätte gerne einen Beleg dafür, dass dies eine verbreitete Auffassung ist. Ansonsten meine ich, dass Du Dir die einfach mal eben schnell ausgedacht hast.

Wie gesagt: für meinen Begriff von Freiheit ist es keineswegs erforderlich, eine Erstursache zu sein, etwas aus dem Nichts, unabhängig von allem erschaffen zu können.

Wenn Du zugeben würdest, dass das aber für Deinen Begriff von Freiheit unabdingbare Voraussetzung sei, dann wären wir einen Schritt weiter.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Wäre ich nicht da gewesen, wäre dieser Beitrag hier nicht so geschrieben worden. Ich habe die Kausalkette geändert durch meine Überlegungen und der darauf fußenden Handlung, (diesen Beitrag schreiben). Und zwar - wie gesagt - im Vergleich zu der welt, in der ich nicht existierte. Ist doch wohl logo.

Die Ursachenkette U1 ist also: die Welt ohne dich ist da -> dein Beitrag wird nicht geschrieben.
Die Ursachenkette U2 ist: die Welt mit dir ist da -> dein Beitrag wird geschrieben.
Du hast die Ursachenkette U1 aber nicht in U2 verwandelt. Weder durch überlegen noch durch sonstwas. Denn der Unterschied ist deine Existenz. Die hast du aber nicht verursacht, oder?

Nein, ich habe mich nicht aus dem Nichts erschaffen, aber der Unterschied ist eben nicht nur meine Existenz, (ein Stein oder ein Baum existieren auch), sondern eben auch mein Erkennen, mein Überlegen und meine darauf folgende Handlungen.

ganimed hat geschrieben:Mit "ich habe die Kausalkette geändert" meinst du vermutlich nur, dass du U2 abgearbeitet, ausgeführt, vollzogen hast. Geändert hast du an U2 aber rein gar nichts, soweit ich sehe.

Soweit ich sehe, habe ich die geändert, und zwar, wie gesagt, im Vergleich zur hypothetischen Welt, in der ich nicht existierte.

Weißt Du, wenn Du auch nur mal ansatzsweise darlegen könntest, was Du mit "ändern" meinst, inwiefern ändern, im Vergleich zu was, dann könntest Du hier vielleicht einen Punkt machen. Aber da Du das selbst nach mehrmaliger Nachfrage nicht kannst, nehme ich erst mal an, dass Du einfach nur von Dir selber nicht begriffenen Unsinn redest.

ganimed hat geschrieben:Können wir uns also endlich darauf einigen, dass wir Kausalketten nicht ändern können?

Inwiefern ändern?

Rede doch einfach mal Klartext, ist das so schwer? In Bezug auf was, im Vergleich wozu ändern? Könntest Du mal ein Beispiel bringen, inwiefern ein Wesen in einer beliebigen logisch möglichen Welt, völig egal, ob determiniert oder indeterminiert, irgendwas in Deinem Sinne intentional (also nicht einfach nur zufällig, unabsichtlich) "ändern" könnte? Wie kann ich mir das konkret vorstellen, was meinst Du eigentlich damit?

Wenn aber nun alles, was Du hier sagen willst, Folgendes ist: "Menschen sind nicht die Erstursache ihrer selbst", dann: na und? Wer behauptet denn auch sowas? Wer hält das aus welchem Grunde für eine notwendige Bedingung, um von "Freiheit" reden zu können?
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 28. Mär 2012, 00:44

Und nochwas. Dies:

ganimed hat geschrieben:Wenn das was ich will zu 100% abhängig ist, dann ist es unfrei.

ist genau der strittige Punkt zwischen Kompatibilisten und Inkompatibilisten. Das kannst Du also nicht einfach mal eben so behaupten, Beweis durch Behauptung giltet nicht, wird nicht anerkannt. Auch wenn Du das immer und immer wieder tust. Es ist aber genau dies, was belegt (plausibel gemacht) werden muss.

Und eine petitio principii (Definition von Freiheit so, dass per definitionem Determinismus und Freiheit einfach so Gegensätze sind) giltet auch nicht.

Unstrittig ist, glaube ich, dies: wenn etwas zu 100% von externen, nicht beeinflussbaren, unkontrollierbaren Faktoren abhängt, dann ist es nicht frei.

Grundlegend strittig ist aber dies: "wenn etwas zu 100% (kausal) abhängig ist, dann ist es nicht frei". Diese Prämisse wird schlicht nicht anerkannt, kann also nicht vorausgesetzt werden. Wieso auch sollte z.B. eine (meine) Handlung, so die (theoretisch) zu xx% von mir abhinge, deswegen ebenso unfrei genannt werden wie ein (mein) Verhalten, das zu 0% von mir abhinge? Und wieso freier, wenn da irgendwo ein x%-iger (oder xx%-iger) akausaler Faktor dabei wäre? Und wieso freier, wenn es eine 0%-ige Abhängigkeit von etwas (mir) gäbe, aber eine 100%-ige (Un)-Abhängigkeit von akausalen Faktoren? Mir zumindest erscheint das nicht als per se plausibel, sogar ganz im Gegenteil erscheint mir das erst mal völlig unplausibel, ich möchte daher gerne noch weitere Argumente dazu sehen, die das (für mich) plausibel machen.

Ein Kompatibilist macht einen Unterschied zwischen externen und internen Faktoren, für ihn sind nicht alle Faktoren unterschiedslos eines.

Und das andere - ewige - Problem ist nun auch, dass Du gleichzeitig sagst, dass etwas, dass zufälllig geschähe, auch nicht frei genannt werden könne. Was ich zwar verstehe und dem ich auch zustimme - nach meinem Begriff von Freiheit wäre das ein unkontrollierbarer Vorgang - was aber mE zusammengenommen ein Problem für Dich darstellt. Denn das bedeutet nun mal schlicht, dass Du gar keinen positiven Begriff von Freiheit hast.

Was zwar an sich noch nicht unbedingt ein Problem darstellt - falls Du irgendwie zeigen könntest, dass das nicht nur Dein Privatverständnis ist, sondern das allgemeine Verständnis von "Freiheit" - dann könntest Du dennoch einen Punkt hier machen. Dann wäre es mein (Privat)-Problem, dass ich ein anderes Verständnis habe.

Aber zeigen müsstest Du das in dem Falle nun mal dennoch - es einfach zu behaupten reicht nicht, dann kann ich einfach so das Gegenteil behaupten. (Wie wenn jemand grundlos behauptet, es gäbe Gott - dann muss ich ihm auch nicht das Gegenteil beweisen, dann reichte es auch, wenn ich einfach sagte: "nö, glaube ich nicht".)
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon Pete » Mi 28. Mär 2012, 06:43

Die Diskussion ist schon sehr weit fortgeschritten und sehr komplex. Deshalb hoffe ich, dass ich keine Wiederholungsschleife aufmache, wenn doch, so bitte seht es mir nach und gebt mir einen Tipp, auf welcher Seite dieses Themas ich das in etwa nachlesen kann.

So weit ich es weiß ist der Wille zwar gebunden und unser erster Impuls wird immer sein diesem zu folgen. Dennoch ist es doch so, dass das Wissen um den gebundenen Willen uns fähig macht diesen zu hinterfragen.
Das mag im Alltag auch mit Übung zwar nur schwer zu intgrieren sein, aber bei weichenstellenden Entscheidungen, wo wir mehrere Tage haben eine Entscheidung zu treffen - da könnte das Wissen um den gebundenen Willen doch dazu führen, dass wir eben diesen Willen hinterfragen und dann gegen ihn entscheiden. Rein auf Vernunft oder auch Gefühlsebene, aber bewusst gegen diesen Willen.

Zu dem lernen wir doch auch von Kleinauf mit diesem Willen umzugehen, ihn zu zügeln, oder auch ihn Durchzuhalten. Als Kinder lernen wir zu verlieren, dass wir nicht alles haben können, was wir wollen, dass wir uns gedulden müssen.

Zu dem kennen wir alle Willenskonflikte. Wir können nicht alles haben. Oft müssen wir uns entscheiden was wir nun machen, obwohl wir am liebsten 3 Dinge auf einmal wollten. Dazu kommen noch Willenskonflikte zwischen verschiedenen Individuen - z.b. in einer Ehe, in einem Verein, in einer Partei, ja in einer Demokratie! Wozu all die ganzen Lobbys, die im Wettstreit miteinander sind.

Und ist der Wille nicht auch eine Antriebskraft für uns. Auch wenn wir etwas nicht erreichen können (vielleicht auch noch nicht) der Antreib für Anstrengung?
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon ganimed » Mi 28. Mär 2012, 20:02

AgentProvocateur hat geschrieben:Deine Behauptung ist nun: "Nehmen wir an, A sei die einzige Ursache von B und B sei die einzige Ursache von C, dann können wir sagen, dass C zu 100% von A verursacht wurde."
Woraus sich nun aber logischerweise Folgendes ergibt:
1. B ist kausal unwirksam.

B ist die einzige Ursache von C, also ist dein (1) nicht richtig. B ist kausal durchaus wirksam. Ohne B wäre C nicht passiert, und ohne B wäre A nicht die indirekte Ursache von C. Alle deine weiteren Folgerungen (2) bis (7) sind Folgefehler und ebenfalls nicht richtig.

AgentProvocateur hat geschrieben:Mich nervt absolut, dass Du a) nicht weiterdenken willst, also erörtern willst, was sich aus Deiner Behauptung logischerweise ergeben muss und b) nervt mich, dass Du grundlos behauptest, Freiheit erfordere notwendigerweise, eine Erstursache zu sein.

Es tut mir leid, wenn (a) und (b) dich nerven. Ich habe zu (a) dargelegt, was daraus folgt: aus der Anwendung des Distributivgesetzes folgt, dass unser Wille zu 100% von äußeren Faktoren indirekt abhängt und wir damit nicht frei sind (wobei du ja auch meinst, dass wenn wir tatsächlich von äußeren Faktoren abhingen, man das nicht frei nennen könnte). Und (b) habe ich begründet, nämlich ohne Erstursache folgt ja genau (a), dass wir per Distribution von äußeren Faktoren abhängen, eben weil jede Ursachenkette sehr lang ist. Ich habe also logisch argumentiert und nachgewiesen, dass im Determinismus genau eine Bedingung erfüllt ist, für die du selber gesagt hast, dass unter dieser Bedingung wir nicht von Freiheit sprechen können.
Ich würde jetzt eigentlich erwarten, dass du vielleicht doch noch einen logischen Fehler in meiner Argumentation findest oder du vielleicht doch noch darlegst, wie wir Ursachenketten ändern können ohne Erstverursachung. Aber stattdessen nur immer wieder zu betonen, wie angeblich unbegründet meine Position sei, nutzt sich möglicherweise eines Tages ein wenig ab.

AgentProvocateur hat geschrieben:Wie gesagt: für meinen Begriff von Freiheit ist es keineswegs erforderlich, eine Erstursache zu sein, etwas aus dem Nichts, unabhängig von allem erschaffen zu können. Wenn Du zugeben würdest, dass das aber für Deinen Begriff von Freiheit unabdingbare Voraussetzung sei, dann wären wir einen Schritt weiter.

Für deinen Begriff braucht man die Erstursache nicht, das stimmt. Und für meinen Begriff benötigt man sie, wobei das ja auf Akausalität hinausläuft und ich schon hundertmal "zugegeben" habe, dass das für meinen Freiheitsbegriff eine notwendige Voraussetzung, aber keine hinreichende ist.
Dein Freiheitsbegriff ist also weniger streng und nicht einmal logisch leer. Nur finde ich ihn halt, wie geschrieben, willkürlich gewählt, entgegen der Intuition und entgegen dem Sprachverständnis.
Nachdem ich weiter darüber nachgedacht habe, gebe ich aber zu, dass mein Einwand mit dem Flaschen öffnen nicht so gelungen war und du ihn erfolgreich mit dem Hinweis auf Handlungsfreiheit entkräften konntest. Nun ein neuer Angriffsversuch: Drogen rauchen. Wieso fehlt bei deiner Aufzählung von Fähigkeiten, die man zur Freiheit benötigt, eigentlich nicht die Einnahme von bewusstseinserweiternden Drogen? Dieser Drogenkonsum löst ja neue Bewusstseinszustände aus, verändert das Denken mitunter recht stark und führt zu anderen Entscheidungen, anderen Ausformungen des Willens. Wieso macht bei dir das Denken frei aber Haschisch nicht?

Zur angeblichen Manipulation der Ursachenkette U2:
AgentProvocateur hat geschrieben:Nein, ich habe mich nicht aus dem Nichts erschaffen, aber der Unterschied ist eben nicht nur meine Existenz, (ein Stein oder ein Baum existieren auch), sondern eben auch mein Erkennen, mein Überlegen und meine darauf folgende Handlungen.

Also das Selbsterschaffen und Existieren können wir dann streichen, weil du dadurch die Ursachenkette nicht verändert hast. Kannst du denn wenigstens erläutern, auf welche Weise dein Erkennen, Überlegen und die Handlungen die Ursachenkette U2 verändert haben?

AgentProvocateur hat geschrieben:Soweit ich sehe, habe ich die geändert, und zwar, wie gesagt, im Vergleich zur hypothetischen Welt, in der ich nicht existierte.

Aber es fehlt noch die Beschreibung, wie du sie geändert hast. Wie sah die Ursachenkette vorher aus, was hast du dann getan und wie sah sie dadurch dann nachher aus, das beschreibe mal bitte.

AgentProvocateur hat geschrieben:Weißt Du, wenn Du auch nur mal ansatzsweise darlegen könntest, was Du mit "ändern" meinst, inwiefern ändern, im Vergleich zu was, dann könntest Du hier vielleicht einen Punkt machen.

Du hast ja selber behauptet, dass du Ursachenketten ändern kannst. Mich würde interessieren, was du denn dabei unter einer Änderung verstanden hast.

Ich wiederhole aber meine Sicht gerne, weil mir diese Frage, ob wir Ursachenketten ändern können, wichtig erscheint. Wir sprechen von einer Ursachenkette, die zu einem deiner letzten Beiträge führte. Wir zählen die letzten Kettenglieder auf, die zu dem Beitrag geführt haben könnten:
K1: Beim Frühstück lockert sich der Deckel vom Salzstreuer
K2: Das Frühstücksei schmeckt versalzen
K3: Du assoziierst den Geschmack mit deinem letzten Besuch am toten Meer
K4: Bei totem Meer denkst du an Ägypten
K5: Du drehst den Kopf zur Weltkarte an der Wand, um dir die geografische Lage von Ägypten vor Augen zu führen
K6: Dein Blick fällt dabei auf den Rechner
K7: Dadurch fällt dir ein, dass du immer noch nicht klar dargelegt hast, was an meiner Position nicht stimmt
K8: Die Motivation, dies nun endlich zu tun, steigt ins Unermessliche
K9: Du setzt dich an den Rechner und tippst drauf los

Dies sei also der letzte Teil der Ursachenkette, die genau zum Beitrag führte. Dies sei die Ursachenkette VOR deiner mirakulösen Änderung. Unter einer Änderung verstehe ich nun die Überführung dieser Ursachenkette in eine andere Kette, die ebenfalls mit K1 beginnt, die aber nicht mit K9 aufhört. Wie kannst du ohne Erstursache und mit Erkennen, Überlegen und Handeln diese Kette abändern?
Ich behaupte ja, dass wir solche Ketten nicht abändern können, wir keinen Spielraum haben und einfach nur diese Ketten unverändert herunterrasseln und prozessieren können. Und genau diesen Mangel an Freiraum empfinde ich intuitiv als unfrei.

AgentProvocateur hat geschrieben:Wieso auch sollte z.B. eine (meine) Handlung, so die (theoretisch) zu xx% von mir abhinge, deswegen ebenso unfrei genannt werden wie ein (mein) Verhalten, das zu 0% von mir abhinge?

Weil ein Gefangener ein Gefangener bleibt, auch wenn die Fesseln, die ihn knebeln, ihm gehören. Wenn mein Wille zu x% von inneren Faktoren abhängt, dann unterstreicht das nur das besitzanzeigende Fürwort "mein". Da würde ich sofort zustimmen, wenn du behaupten würdest, dass je höher dieses x ist, desto mehr ist es mein Wille. Aber Besitz macht nicht frei, denn er ändert doch gar nichts an der Abhängigkeit. Vermindere die Abhängigkeit und erst dann erhöhst du die Freiheit.

AgentProvocateur hat geschrieben:Und das andere - ewige - Problem ist nun auch, dass Du gleichzeitig sagst, dass etwas, dass zufälllig geschähe, auch nicht frei genannt werden könne. ... was aber mE zusammengenommen ein Problem für Dich darstellt. Denn das bedeutet nun mal schlicht, dass Du gar keinen positiven Begriff von Freiheit hast.

Wieso ist das ein Problem? Wo steht denn geschrieben, dass es Freiheit geben muss? Wenn es sie wirklich nicht gäbe, wäre es doch eher das Problem, sie dennoch irgendwo zu suchen, so wie du das tust, und das Etikett "Freiheit" an irgendeinen willkürlich gewählten Umstand zu kleben, der etwas mit "mein" und "rational" zu tun hat, aber rein gar nichts mit "frei" im Sinne von Unabhängigkeit.

AgentProvocateur hat geschrieben:Unstrittig ist, glaube ich, dies: wenn etwas zu 100% von externen, nicht beeinflussbaren, unkontrollierbaren Faktoren abhängt, dann ist es nicht frei.

Das ist zwar unstrittig, aber nur mal so zur Übung: wie würdest du das begründen? Was würdest du jemandem antworten, der dir hier vorwerfen würde, dass man das nicht einfach so als Prämisse voraussetzen kann? Ich würde ja als Begründung angeben, dass eine 100% Abhängigkeit nun einmal Unfreiheit bedeutet. Aber diese Begründung genügt dir selber ja offenbar in keiner Weise. Hast du also eine bessere?
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon ganimed » Mi 28. Mär 2012, 20:28

Pete hat geschrieben:Die Diskussion ist schon sehr weit fortgeschritten und sehr komplex.

Das ist sehr vornehm ausgedrückt. Vielleicht muss man eher sagen, dass sie elend lang, wortreich und festgefahren ist. Wir kommen nach meinem Empfinden nur langsam voran. Da freue ich mich über jeden neuen Impuls!

Pete hat geschrieben:So weit ich es weiß ist der Wille zwar gebunden und unser erster Impuls wird immer sein diesem zu folgen. Dennoch ist es doch so, dass das Wissen um den gebundenen Willen uns fähig macht diesen zu hinterfragen.

Das Wort "gebunden" ist mir zum Beispiel neu in diesem Zusammenhang. Aber es passt gut. Ich muss hinfort nicht immer von 100% Abhängigkeit faseln. Ich meine aber, dass dir das Wissen um den gebundenen Willen und die Fähigkeit zu hinterfragen nichts nützt im Sinne von Ungebundenheit, denn sowohl das Wissen als auch das Hinterfragen sind ihrerseits ja ebenfalls gebunden.
Deine ursprüngliche Erwartung schien zu sein: gebundener Wille führt zu einer bestimmten Handlung A. Nun verändert das Wissen und das Hinterfragen diesen Willen, und es kommt meinetwegen die Handlung B heraus. Und jetzt scheinst du zu sagen: voila, wir Menschen sind doch frei, weil wir statt für A uns auch mal für B entscheiden können. Ich behaupte aber, dass das nur eine Illusion ist. A war nie wirklich auf der Speisekarte. Deine ursprüngliche Erwartung, dass man sich normalerweise für A entscheidet ist pure Fiktion. Es gab keine Änderung der Pläne von A nach B, sondern es gab nur einen gebundenen Prozess (egal ob da Nachdenken, Hinterfragen, Überlegen, von kleinauf Gelerntes oder ein Willenskonflikt dabei ist) bei dem dann B herauskam, weil es herauskommen musste. Abgesehen von dem von dir erfundenen Spielraum zwischen dem angeblichen A und dem tatsächlichen B sehe ich keinen realen Spielraum. Das nenne ich also unfrei.

Pete hat geschrieben:Und ist der Wille nicht auch eine Antriebskraft für uns. Auch wenn wir etwas nicht erreichen können (vielleicht auch noch nicht) der Antreib für Anstrengung?

Willst du damit sagen, dass nur ein freier Wille uns motivieren kann und ein unfreier Wille das nicht kann? Das sehe ich nicht. Ich meine, dass Wille in beiden Fällen die Antriebskraft ist (denn genau als solche ist sie definiert), egal ob es ein freier Wille oder ein von äußeren, kausalen Faktoren abhängiger ist.
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V

Beitragvon AgentProvocateur » Do 29. Mär 2012, 02:15

ganimed hat geschrieben:B ist die einzige Ursache von C, also ist dein (1) nicht richtig. B ist kausal durchaus wirksam. Ohne B wäre C nicht passiert, und ohne B wäre A nicht die indirekte Ursache von C. Alle deine weiteren Folgerungen (2) bis (7) sind Folgefehler und ebenfalls nicht richtig.

Also stimmt Deine Aussage, dass C zu 100% von A abhängig ist, nicht. Eben das wollte ich zeigen.

ganimed hat geschrieben:[...] aus der Anwendung des Distributivgesetzes folgt, dass unser Wille zu 100% von äußeren Faktoren indirekt abhängt und wir damit nicht frei sind [...]

Nein, das stimmt eben nicht. Wobei Du doch oben zugestimmt hast. Jetzt aber plötzlich doch wieder nicht?

C hängt schlicht nicht zu 100% von A ab. Man kann hier B nicht herauskürzen, B einfach vernachlässigen, als unwesentlich abtun. Denn wäre dem so, dann wären alle meine Schlussfolgerungen von oben korrekt, (denn dann müsste man konsequenterweise alles, außer der Erstursache herauskürzen).

Und jetzt ist leider völlig unklar, wie Du dennoch an Deiner Behauptung: "wenn A die einzige Ursache von B ist und B die einzige Ursache von C ist, dann ist A die einzige Ursache von C" festhalten kannst?

Wenn man diesen Satz so formuliert, dann wird es vielleicht klarer, dass er schlicht logisch selbstwidersprüchlich ist. Es kann ja schlicht nicht sein, dass B eine Ursache von C ist und geichzeitig keine Ursache von C sein soll.

Alles, was bleibt, ist, zu sagen, dass B nicht die Erstursache von C ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Und Menschen sind keine Erstverursacher, (weder in einer determinierten Welt, noch in irgend einer mir vorstellbaren logisch möglichen Welt). Nur: es ist leider völlig strittig, dass Erstverursachung eine notwendige Bedingung für Freiheit sein müsse. Ich zumindest meine das mitnichten und ich sehe bisher auch keinen Grund dafür.

ganimed hat geschrieben:Dein Freiheitsbegriff ist also weniger streng und nicht einmal logisch leer. Nur finde ich ihn halt, wie geschrieben, willkürlich gewählt, entgegen der Intuition und entgegen dem Sprachverständnis.

Finde ich nicht. Ich finde, Du musst zeigen, inwiefern Dein Freiheitsbegriff etwas Zusätzliches zu dem Meinigen hinzufügt, von dem man sagen würde: "ja, klar, das muss hinzukommen, um echte Freiheit herstellen zu können". Oder aber, wenn Du meinen solltest - was bisher unklar geblieben ist - wenn Du meinen solltest, dass mein Freiheitsbegriff völlig abstrus sei, was denn statt dessen Freiheit tatsächlich bedeutet, (-> was damit gemeinhin gemeint sei).

Ich halte es für einen extremst großen Nachteil Deiner Position, dass Dir das nicht möglich zu sein scheint.

ganimed hat geschrieben:Kannst du denn wenigstens erläutern, auf welche Weise dein Erkennen, Überlegen und die Handlungen die Ursachenkette U2 verändert haben?

Ja, habe ich doch schon mehrfach getan? Durch mein Erkennen, Reflektieren, Überlegen, Entscheiden und Handeln ist die Kausalkette anders, als sie wäre, wenn man all dies herausnähme?

Kannst Du denn auch erläutern, was Du mit "Kausalkette ändern" meinst? Ändern im Bezug auf was, auf welche hypothetische Kausalkette?

ganimed hat geschrieben:Unter einer Änderung verstehe ich nun die Überführung dieser Ursachenkette in eine andere Kette, die ebenfalls mit K1 beginnt, die aber nicht mit K9 aufhört.

Du willst sagen, dass im Nachhinein betrachtet! immer alles so ablief, wie es ablief? Oder was jetzt? Das gilt aber gleichermaßen und unterschiedlos auch für die Zukunft, (und überhaupt für alle logisch möglichen Abläufe, ganz egal, ob die determiniert sind oder nicht): alles läuft immer so ab, wie es letztlich abläuft und nichts läuft niemals anders ab, als es abläuft. Alles ist immer zu sich selber identisch und niemals zu sich unterschiedlich. Das ist einfach nur trivial, anders ist es gar nicht denkbar.

Aber es ist nicht trivial und sehr wohl ein Unterschied, ob etwas, (die Vergangenheit oder Zukunft), von mir abhing, (abhängen wird), oder nicht. Dass Du diesen Unterschied nicht sehen und nicht bedenken willst, bzw. einfach für völlig irrelevant hältst, halte ich ebenfalls für ein sehr großes Problem Deiner Ansicht, (-> nicht zustimmungsfähig).

Oder willst Du einfach nur das, was Du erst zeigen müsstest, ("Kausalität / Determinismus und Freiheit sind sich ausschließende Gegensätze"), mal wieder unerlaubterweise als Prämisse hier hereinschmuggeln?

Aber das kann ich leider dann nicht gelten lassen, denn würde das gelten, dann könnte man alles und das Gegenteil davon beweisen:

P: es gibt Gott
-----------------
K. also gibt es Gott

Ist zwar ein sehr schöner Gottesbeweis, aber leider gälte dann auch dieser Beweis:

P. es gibt Gott nicht
------------------
K. also gibt es Gott nicht

Beide Konklusionen sind zu 100% korrekt. Wenn jeweils die Prämisse gilt. Jedoch wird wohl eben das strittig sein und aus diesem Grunde werden diese Beweise nur Makulatur sein.

Auf unser Thema bezogen: wenn es unstrittig wäre, dass Kausalität / Determinismus sich ausschließende Gegensätze seien, dann wäre das unstrittig. Aber das ist nun mal nicht unstrittig und also braucht man Argumente dafür, (bzw. muss das plausibel machen), falls man das vertreten will. Aber man darf das, was man zeigen will, nicht einfach voraussetzen.

ganimed hat geschrieben:Wie kannst du ohne Erstursache und mit Erkennen, Überlegen und Handeln diese Kette abändern?
Ich behaupte ja, dass wir solche Ketten nicht abändern können, wir keinen Spielraum haben und einfach nur diese Ketten unverändert herunterrasseln und prozessieren können. Und genau diesen Mangel an Freiraum empfinde ich intuitiv als unfrei.

Was verstehst Du unter "Freiraum", inwiefern soll man eine Kausalkette Deiner Ansicht nach abändern können, (wenn nicht durch Erkennen, Überlegen, Entscheiden und Handeln)? Wie und inwiefern kann man sich das vorstellen, inwiefern wäre jemand freier, der ursachen- und grundlos etwas entschiede und demnach (ohne weitere Überlegung darob und Zustimmung dazu - denn das wäre ja wieder eine Abhängigkeit!) handelte?

ganimed hat geschrieben:Wenn mein Wille zu x% von inneren Faktoren abhängt, dann unterstreicht das nur das besitzanzeigende Fürwort "mein". Da würde ich sofort zustimmen, wenn du behaupten würdest, dass je höher dieses x ist, desto mehr ist es mein Wille. Aber Besitz macht nicht frei, denn er ändert doch gar nichts an der Abhängigkeit. Vermindere die Abhängigkeit und erst dann erhöhst du die Freiheit.

Das ist Dein alter Trugschluss, weil Du nicht unterscheiden willst zwischen internen und externen Faktoren. Was aber mE unabdingbar ist, wenn man den landläufigen Begriff von "Freiheit" erfassen will.

Und an der Stelle kommt mal wieder mein alter Einwand mit dem Tourette-Menschen und dem Roboter mit dem Zufallsgenerator im Prozessor. Mir erscheint es per se völlig unplausibel, dass die wegen dem Zufallselement freier sein sollen als jemand, der im Hinsicht auf seine Ziele überlegen und daraufhin entscheiden kann.

Gut, man kann zwar völlig abstrakt und ohne Bezug zu etwas Konkretem einen solchen Freiheitsbegriff vertreten, das ist nicht völlig unplausibel, ("Freiheit ist, wenn etwas völlig unbeeinflusst von Umständen geschieht"), aber wenn wir nicht einen abgehobenen Freiheitsbegriff betrachten, sondern fragen, wann Personen frei sind und wann weniger frei, dann erscheint mir das seltsam. Und ich glaube nicht, dass Du in dem Falle viel Zustimmung erfahren wirst.

ganimed hat geschrieben:Wo steht denn geschrieben, dass es Freiheit geben muss? Wenn es sie wirklich nicht gäbe, wäre es doch eher das Problem, sie dennoch irgendwo zu suchen, so wie du das tust, und das Etikett "Freiheit" an irgendeinen willkürlich gewählten Umstand zu kleben, der etwas mit "mein" und "rational" zu tun hat, aber rein gar nichts mit "frei" im Sinne von Unabhängigkeit.

Ja, ich verstehe unter "Freiheit einer Person" nicht "Unabhängigkeit von allen Faktoren". Wenn Du aber das darunter verstehst und verstehen willst, dann können wir uns sehr schnell darauf einigen, dass es eine solche Freiheit nicht gibt. Nur sähe ich dann nicht, inwiefern und für was das weiter eine Rolle spielen könnte. Jemand, der frei in diesem Sinne wäre, wäre z.B. wohl kaum verantwortlich für ein Verhalten aufgrund dessen zu machen, denn zu einer Verantwortungszuweisung gehört - zumindest meiner Ansicht nach - unabdingbar eine Kontrollmöglichkeit über seine Handlung. Sprich: nur wenn jemand etwas tut, das seiner Kontrolle unterliegt, kann er dafür verantwortlich gemacht werden. Und wie Akausalität Kontrolle herstellen könnte, ist mir mir mehr als unklar. Ich glaube, dass Akausalität und Kontrolle Gegensätze in sich sind, sich ausschließen. (Was anderes wäre, wenn etwas akausal aus dem Nichts hervorploppte, was man dann dann nachträglich bewerten würde und entweder akzeptieren und umsetzen würde oder ablehnen und ergo nicht umsetzen würde. Aber das wäre dann wieder ein nachgeschalteter Abwägungsprozess, der von etwas abhängig wäre - und also nach Deinem Verständnis automatisch unfrei. Frei in Deinem Sinne wäre ja nur eine Entscheidung und Handlung, die grundlos und unhinterfragt erfolgte. Oder?)

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Unstrittig ist, glaube ich, dies: wenn etwas zu 100% von externen, nicht beeinflussbaren, unkontrollierbaren Faktoren abhängt, dann ist es nicht frei.

Das ist zwar unstrittig, aber nur mal so zur Übung: wie würdest du das begründen? Was würdest du jemandem antworten, der dir hier vorwerfen würde, dass man das nicht einfach so als Prämisse voraussetzen kann? Ich würde ja als Begründung angeben, dass eine 100% Abhängigkeit nun einmal Unfreiheit bedeutet. Aber diese Begründung genügt dir selber ja offenbar in keiner Weise. Hast du also eine bessere?

Nein, ich habe keine bessere. Jede Diskussion kann nur so ablaufen, dass man sich erst mal über unstrittige Prämissen einig werden kann. Und unstrittige Prämissen braucht man nicht zu begründen - man kann schlicht nicht alles begründen, von irgendwas muss man immer ausgehen.

Es gibt aber noch einen zusätzlichen Weg hier zur Klärung: nämlich empirische Untersuchungen darüber, was gemeinhin mit einem bestimmten Begriff gemeint ist. Niemand hat die alleinige Deutungshoheit darüber, niemand kann das einfach so mal eben schnell im Lehnstuhl festlegen. Weder Du noch ich, also sind wir beide darauf angewiesen, dass unsere Argumentation Dritten plausibler erscheint. Nur weil Du oder ich etwas behaupten, ist es natürlich noch lange nicht so. Wenn Du also zeigen und belegen könntest - (und das nicht einfach mal eben schnell einfach nur behaupten würdest) - dass mein Begriff von Freiheit unzureichend sei, in dem Sinne, dass die (zumindest die meisten) Leute sagen würden: "das verstehen wir nicht darunter", dann könntest Du hier sehr wohl einen Punkt machen. Egal, ob Dein Begriff von Freiheit dann leer wäre oder nicht.

Wir könnten dazu auch empirische Untersuchungen heranziehen, z.B. von dort.
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon AgentProvocateur » Do 29. Mär 2012, 03:17

ganimed hat geschrieben:Ich meine, dass Wille in beiden Fällen die Antriebskraft ist (denn genau als solche ist sie definiert), egal ob es ein freier Wille oder ein von äußeren, kausalen Faktoren abhängiger ist.

Von Dir zu zeigen wäre, dass entweder a) Freiheit und Kausalität / Determinismus sich ausschließende Gegensätze seien oder dass b) aus Kausalität / Determinismus unweigerlich folge, dass alle Faktoren äußere Faktoren seien und es ergo keine inneren Faktoren geben könne.

Aber als Prämisse darfst Du nicht voraussetzen, was erst zu zeigen ist. Das ist das Grundgesetz der Logik. Und ich bin viel zu sehr von meinem Logikmodul abhängig / determiniert, als dass ich Unlogik akzeptieren könnte. So frei bin ich nicht.
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon ganimed » Do 29. Mär 2012, 18:39

AgentProvocateur hat geschrieben:Also stimmt Deine Aussage, dass C zu 100% von A abhängig ist, nicht. Eben das wollte ich zeigen.

C ist zu 100% von A abhängig, denn sobald sich an A was ändert, ändert sich was an B (weil B ja zu 100% abhängig von A ist), und sobald sich an B was ändert, ändert sich was an C (weil C ist ja zu 100% abhängig von B).
C hängt also zu 100% von B ab UND C hängt indirekt zu 100% von A ab.
Wenn dein Wille C von einem Gedanken B abhängt, der Gedanke B aber von einem externen Faktor A abhängt, dann kann man mit Fug und Recht sagen, dass dein Wille von externen Faktoren abhängt.

AgentProvocateur hat geschrieben:Und jetzt ist leider völlig unklar, wie Du dennoch an Deiner Behauptung: "wenn A die einzige Ursache von B ist und B die einzige Ursache von C ist, dann ist A die einzige Ursache von C" festhalten kannst?

Ich habe das nicht behauptet, jedenfalls finde ich das in meinen Beiträgen nicht. Aber ich gebe zu, die Sache ist schon ein wenig knifflig zu formulieren. Mathematisch ist eigentlich alles klar, man nimmt das Zeichen für Implikation => und schreibt: wenn A=>B und B=>C dann gilt: A=>C.
Und ich denke, wenn man A=>B mit "B ist vollständig abhängig von A" übersetzt, kommt man in keine sprachlichen Widersprüche.
Wenn alle deine inneren Faktoren (Denkmuster, Erfahrungen, Wissen, Prägungen) das Produkt von äußeren Faktoren sind, wie kannst du dann etwas als frei bezeichnen, was wiederum das Produkt deiner inneren Faktoren ist? Was deine inneren Faktoren hervorzaubern hängt doch ganz offensichtlich davon ab, wie sie von den äußeren Faktoren gebaut wurden. Wo siehst du eine Unabhängigkeit von äußeren Faktoren?

AgentProvocateur hat geschrieben:Ich finde, Du musst zeigen, inwiefern Dein Freiheitsbegriff etwas Zusätzliches zu dem Meinigen hinzufügt, von dem man sagen würde: "ja, klar, das muss hinzukommen, um echte Freiheit herstellen zu können".

Es muss Unabhängigkeit hinzukommen. Nur dann sind deine "eigenen" Entscheidungen auch wirklich deine eigenen. Und ich finde es scheinheilig von dir, überhaupt danach zu fragen. Denn du hast doch selbst zugegeben, dass diese Unabhängigkeit von äußeren Faktoren, wenigstens eine teilweise Unabhängigkeit, unverzichtbar ist. Du schriebst ja: "Unstrittig ist, glaube ich, dies: wenn etwas zu 100% von externen, nicht beeinflussbaren, unkontrollierbaren Faktoren abhängt, dann ist es nicht frei." Ich könnte also mit dem gleichen Recht wie du von dir verlangen, dass du zeigen musst, dass unser Wille nicht zu 100% von externen Faktoren abhängt. Na, dann mache ich das mal: bitte zeigen!

AgentProvocateur hat geschrieben:Ja, habe ich doch schon mehrfach getan? Durch mein Erkennen, Reflektieren, Überlegen, Entscheiden und Handeln ist die Kausalkette anders, als sie wäre, wenn man all dies herausnähme?

Deine Argumentation finde ich albern. Im Grunde läuft es doch darauf hinaus, dass in einer gleichen Situation S1 wir nur eine Option haben, nämlich Handlung H1. Diesem Umstand hast du selber ebenfalls schon zugestimmt. Und wenn man diesen Umstand extrapoliert in eine Abfolge von Situationen S1, S2, ... Sn mit jeweiligen Handlungen H1, H2, .... Hn, dann folgt logisch, dass man auch an dieser Abfolge nichts ändern kann, weil man an jeder einzelnen Station nichts ändern kann. Besonders naiv scheint mir zu sein, dass du behaupten willst, dass eine deiner Handlungen Hx diese Kette geändert hätte. Eben dadurch, dass die Handlung überhaupt erfolgte im Gegensatz zu einer Welt, in der sie nicht erfolgte. Lustig. Dabei vergisst du allerdings die Prämisse: in jeder Situation Sx kannst du nur die Handlung Hx ausführen. Du kannst sie nicht weglassen oder eine andere hinzufügen.

AgentProvocateur hat geschrieben:denn zu einer Verantwortungszuweisung gehört - zumindest meiner Ansicht nach - unabdingbar eine Kontrollmöglichkeit über seine Handlung.

Ich sehe diese Kontrollmöglichkeit nicht. Wie gesagt, kannst du deine Handlungen nicht ändern, nur ausführen. Wo siehst du eine Kontrollmöglichkeit?
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon Vollbreit » Do 29. Mär 2012, 18:46

Pete hat geschrieben:Die Diskussion ist schon sehr weit fortgeschritten und sehr komplex. Deshalb hoffe ich, dass ich keine Wiederholungsschleife aufmache, wenn doch, so bitte seht es mir nach und gebt mir einen Tipp, auf welcher Seite dieses Themas ich das in etwa nachlesen kann.


Neben der bekannten Seite von Beckermann http://www.philosophieverstaendlich.de/freiheit,
gibt es eine ganz nette Serie, die das Thema zusammenfasst und auch den Kompatibilsmus nicht ignoriert:
1) http://www.psyheu.de/3803/willensfreihe ... forschung/
2) http://www.psyheu.de/3854/determinismus ... sfreiheit/
3) http://www.psyheu.de/3958/freiheit-und-determinismus/
4) http://www.psyheu.de/4000/stand-der-wil ... iskussion/
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon AgentProvocateur » Do 29. Mär 2012, 22:55

ganimed hat geschrieben:C ist zu 100% von A abhängig, denn sobald sich an A was ändert, ändert sich was an B (weil B ja zu 100% abhängig von A ist), und sobald sich an B was ändert, ändert sich was an C (weil C ist ja zu 100% abhängig von B).

Das stimmt so nicht. Es ist überhaupt kein Widerspruch zu Determinismus, dass sich A ändert, ohne dass sich B ändert oder sich analog B ändert, ohne dass sich C ändert. Nur umgekehrt entstünde ein Widerspruch. C kann sich nicht ändern, wenn B unverändert bleibt und B kann sich nicht ändern, wenn A unverändert bleibt. Weiß zwar nun nicht, inwiefern das was mit dem Thema zu tun hat, das also nur der Vollständigkeit halber.

ganimed hat geschrieben:C hängt also zu 100% von B ab UND C hängt indirekt zu 100% von A ab.
Wenn dein Wille C von einem Gedanken B abhängt, der Gedanke B aber von einem externen Faktor A abhängt, dann kann man mit Fug und Recht sagen, dass dein Wille von externen Faktoren abhängt.

Aber nicht zu 100% - ansonsten: siehe meine Einwände von oben.

Der Gedanke B hängt - hoffentlich - auch von Erkenntnissen, Erfahrungen, der Intuition, (erkannten) Zusammenhängen, der Logik, der Vernunft, der Abstimmung auf anerkannte Ziele etc. ab. Und tut er das, nenne ich ihn frei. Täte er das nicht - hinge er gar von gar nichts ab, wäre also völlig zusammenhanglos, dann nennte ich das nicht frei. Jemand, der immer nur zusammenhanglose Gedankenblitze hätte, (und sonst keine Gedanken), wäre also meiner Ansicht nach nicht willensfrei, er wäre schlicht verrückt, nicht lebensfähig.

Es stimmt zwar nun, dass ich nicht die Logik, die Vernunft, das Erkennen, meine Bedürfnisse, meine Ziele, meine Gefühle usw. aus dem Nichts geschaffen habe, und dies auch nicht nach Belieben ändern kann, nur vermag ich nicht einzusehen, wieso mich das nun unfrei machen sollte, ("unfrei" im Vergleich zu was oder wem? Unfrei im Vergleich zu dem Verrückten mit den akausalen Gedankenblitzen? Oder zu wem sonst?). Und ich vermag nicht einzusehen, was daran nun eine bahnbrechende Erkenntnis sein soll. Ich halte das für völlig trivial, für gemeinhin überhaupt nicht strittig.

Aber dass ein Gedanke von etwas anderem abhängt, (auch wenn das etwas ist, was man nicht ändern kann), macht mich doch nicht unfrei. Im Gegenzuge würde jedoch mE aus einer völligen Unabhängigkeit aller Gedanken von allem unweigerlich Unfreiheit folgen.

Mag zwar nun sein, dass notwendige Bedingung für Freiheit die richtige Mischung von Kausalität und Akausalität sein solle, also weder das eine zu 100% erfüllt sein dürfe, noch das andere zu 100%, aber wenn so, dann wäre es doch nicht allzu verwegen von mir, zu fragen, wie denn diese Mischung nun sein solle, also was denn nun genau die notwendigen Voraussetzungen für Freiheit sein sollen. Oder? Wäre eine verständliche und nachvollziehbare und zustimmungsfähige Darstellung dessen nicht unglaublich hilfreich für Deine Position? Und umgekehrt: wenn Du das nicht kannst, sagt das nicht auch etwas aus über Deine Position?

ganimed hat geschrieben:Wenn alle deine inneren Faktoren (Denkmuster, Erfahrungen, Wissen, Prägungen) das Produkt von äußeren Faktoren sind, wie kannst du dann etwas als frei bezeichnen, was wiederum das Produkt deiner inneren Faktoren ist? Was deine inneren Faktoren hervorzaubern hängt doch ganz offensichtlich davon ab, wie sie von den äußeren Faktoren gebaut wurden. Wo siehst du eine Unabhängigkeit von äußeren Faktoren?

Ich sehe weder eine Unabhängigkeit von äußeren Faktoren, noch sehe ich die als notwendig für einen verständlichen und akzeptablen Freiheitsbegriff an! Nimm das bitte endlich mal zur Kenntnis! Kann doch nicht so schwer sein: das ist Deine Prämisse, die Du mal bitte belegen könntest! Aber es ist nicht meine Prämisse, es ist im Gegenteil doch so, dass ich eben genau diese Prämisse bezweifele, das ist doch der eigentliche Streitpunkt zwischen uns! Das hier ist wirklich mühsam, wenn Du noch nicht mal Deine und meine Prämissen unterscheiden kannst.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Ich finde, Du musst zeigen, inwiefern Dein Freiheitsbegriff etwas Zusätzliches zu dem Meinigen hinzufügt, von dem man sagen würde: "ja, klar, das muss hinzukommen, um echte Freiheit herstellen zu können".

Es muss Unabhängigkeit hinzukommen. Nur dann sind deine "eigenen" Entscheidungen auch wirklich deine eigenen. Und ich finde es scheinheilig von dir, überhaupt danach zu fragen. Denn du hast doch selbst zugegeben, dass diese Unabhängigkeit von äußeren Faktoren, wenigstens eine teilweise Unabhängigkeit, unverzichtbar ist. Du schriebst ja: "Unstrittig ist, glaube ich, dies: wenn etwas zu 100% von externen, nicht beeinflussbaren, unkontrollierbaren Faktoren abhängt, dann ist es nicht frei." Ich könnte also mit dem gleichen Recht wie du von dir verlangen, dass du zeigen musst, dass unser Wille nicht zu 100% von externen Faktoren abhängt. Na, dann mache ich das mal: bitte zeigen!

Einfachste Logik: wenn X zu 100% von Y abhängt, dann ist alles andere (= NICHT-[Y]) für das Entstehen von X irrelevant. Und könnte daher hypothetisch aus der betrachteten Situation entfernt werden, ohne dass sich an X etwas ändern würde. Da aber, hätte man mich gestern aus der Welt entfernt, dieser Beitrag nicht geschrieben worden wäre, kann es schlicht nicht sein, dass ich keine kausale Rolle dabei gespielt habe, (angenommen: a) die Welt sei determiniert und b) ich wäre komplett ein Teil dieser Welt und nicht etwas darüber Hinausgehendes). Und also kann es nicht sein, dass dieser Beitrag zu 100% auf zu mir externe Faktoren zurückführbar ist. Aber das habe ich doch oben schon gefühlte 1000-mal erklärt.

Und, ja: wenn mein Wille, meine Entscheidungen und Handlungen überhaupt nicht von mir abhingen, dann wären sie komplett unfrei. Aber dergleichen folgt nun mal schlicht nicht aus Determinismus, es folgt nur, dass ich nicht Erstverursacher von etwas bin.

Also: entweder zeigst Du, dass 1. aus Determinismus doch folge, dass Personen keinen kausalen Einfluss auf die Welt haben könnten und man daher berechtigterweise sagen könne, dass sie keinerlei Einfluss auf das Weltgeschehen hätten oder b) Du machst plausibel, dass für Freiheit die Fähigkeit zu einer Erstverursachung notwendige Bedingung sein müsse. (Vielleicht aber habe ich ein 4., 5. 6. etc. hier übersehen? Das könnte sein, falls so, dann bitte mal die darstellen.)

Die 1. kannst Du ganz sicher nicht zeigen, da bin ich mir absolut sicher, versuche das erst gar nicht, das führt zu nichts. Und auf die Begründung für 2. bin ich gespannt.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Ja, habe ich doch schon mehrfach getan? Durch mein Erkennen, Reflektieren, Überlegen, Entscheiden und Handeln ist die Kausalkette anders, als sie wäre, wenn man all dies herausnähme?

Deine Argumentation finde ich albern. Im Grunde läuft es doch darauf hinaus, dass in einer gleichen Situation S1 wir nur eine Option haben, nämlich Handlung H1. Diesem Umstand hast du selber ebenfalls schon zugestimmt. Und wenn man diesen Umstand extrapoliert in eine Abfolge von Situationen S1, S2, ... Sn mit jeweiligen Handlungen H1, H2, .... Hn, dann folgt logisch, dass man auch an dieser Abfolge nichts ändern kann, weil man an jeder einzelnen Station nichts ändern kann. Besonders naiv scheint mir zu sein, dass du behaupten willst, dass eine deiner Handlungen Hx diese Kette geändert hätte. Eben dadurch, dass die Handlung überhaupt erfolgte im Gegensatz zu einer Welt, in der sie nicht erfolgte. Lustig.

Ich habe das schon ein paar Mal gefragt, aber ich frage es nochmal: was meinst Du mit "ändern", was soll in Bezug und im Vergleich zu was geändert werden können?

Nehmen wir mal ein System U. Nennen wir es "Universum". Nun gibt es in diesem System beobachtbare Abläufe. Nun betrachten wir zusätzlich den Teil W (nennen wir diesen Teil "Wesen") von U.

Kann W nun den Ablauf von U verändern?

Ich meine, das ist so gar keine sinnvolle Frage.

Die kann daher nicht beantwortet werden. Man müsste hier dazu sagen, in Bezug auf was bzw. inwiefern, im Vergleich zu was der Ablauf von U verändert werden soll. Der Ablauf von U ist immer so, wie er eben ist. Und nie anders, als er ist. Es ergibt einfach keinen Sinn, zu fragen, ob ein Ablauf anders ist, als er ist, (und auch keinen Sinn, zu fragen, ob ein Ablauf, vorausgesetzt, er sei so, wie er ist, anders sein könne, als er ist. Denn das kann er natürlich laut Voraussetzung nicht.).

ganimed hat geschrieben:Dabei vergisst du allerdings die Prämisse: in jeder Situation Sx kannst du nur die Handlung Hx ausführen. Du kannst sie nicht weglassen oder eine andere hinzufügen.

Aber warum sollte ich auch? Wenn es einen guten Grund für Hx gibt und ich also Hx ausführe, warum sollte ich dann statt dessen Hy ausführen, wenn ich doch vorausetzungsgemäß meine, dass Hy ungünstiger als Hx sei?

Das ist der Punkt, der mir so absurd erscheint. Sagen wir mal, Hx wäre (aus meiner Sicht) vernünftig, reizvoll, lustvoll, gut für mich und für andere. Und Hy wäre (aus meiner Sicht) unvernünftig, eklig, beschissen - und zwar sowohl für mich als auch für andere.

Und Deiner Ansicht nach wäre ich frei, wenn ich in dieser Situation mal Hy statt Hx ausführen würde? Mir erscheint das zwar merkwürdig, aber das ist noch nicht mal mein Haupteinwand hier. Mein Haupteinwand wäre: nur wenn ich das (manchmal, [Zusatzfrage: wie oft müsste eigentlich jemand derartig handeln, um verantwortlich in Deinem Sinne sein zu können?]) täte, dürfte mir von Dritten Verantwortung zugewiesen werden? Das ist es, was mir absolut und völlig absurd erscheint, das verstehe ich noch nicht einmal im Ansatz. (Das andere - dass jemand "Freiheit" mit "Willkür" gleich setzt - verstehe ich zumindest im Ansatz.)

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:denn zu einer Verantwortungszuweisung gehört - zumindest meiner Ansicht nach - unabdingbar eine Kontrollmöglichkeit über seine Handlung.

Ich sehe diese Kontrollmöglichkeit nicht. Wie gesagt, kannst du deine Handlungen nicht ändern, nur ausführen. Wo siehst du eine Kontrollmöglichkeit?

Du müsstest halt nach wie vor erst mal darlegen, was Du eigentlich unter "Kontrolle", was unter "ändern" und was unter "Freiheit" verstehst.

Z.B. ein Thermostat kontrolliert die Raumtemperatur. Es ergibt mE keinen Sinn, zu sagen, "in Wirklichkeit" kontrolliert das Thermostat nicht die Raumtemperatur, "tatsächlich" sei es der Urknall, (oder was auch immer sonst die Erstursache von allem ist), der alles kontrolliere. Das entspräche schlicht nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch von "Kontrolle" und wäre daher nicht richtig. Mal ganz abgesehen davon, dass eine solche Umdefinition von "Kontrolle" im Alltag völlig unbrauchbar und nutzlos wäre.
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Re: Freier Wille? Inkompatibilismus vs. Kompatibilismus

Beitragvon Pete » Fr 30. Mär 2012, 06:09

Vollbreit hat geschrieben:
Pete hat geschrieben:Die Diskussion ist schon sehr weit fortgeschritten und sehr komplex. Deshalb hoffe ich, dass ich keine Wiederholungsschleife aufmache, wenn doch, so bitte seht es mir nach und gebt mir einen Tipp, auf welcher Seite dieses Themas ich das in etwa nachlesen kann.


Neben der bekannten Seite von Beckermann http://www.philosophieverstaendlich.de/freiheit,
gibt es eine ganz nette Serie, die das Thema zusammenfasst und auch den Kompatibilsmus nicht ignoriert:
1) http://www.psyheu.de/3803/willensfreihe ... forschung/
2) http://www.psyheu.de/3854/determinismus ... sfreiheit/
3) http://www.psyheu.de/3958/freiheit-und-determinismus/
4) http://www.psyheu.de/4000/stand-der-wil ... iskussion/



Oh, Danke! Erst mal genug Stoff zum lesen... mal schauen, ob ich mich frei entscheiden kann, welcher These ich dann folge :irre:
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