darwin upheaval hat geschrieben:Ich weiß jetzt nicht genau, was Du mit "hyperphysischer, spiritueller Kausalität sui generis" meinst.
Eben reine Geistes- oder Seelenkräfte.
darwin upheaval hat geschrieben:Geist ist eine Systemeigenschaft und damit an einem materiellen Träger gebunden. Insofern kann "Geist" an sich nichts verursachen, sondern nur das materielle Substrat. Niemand hat je ein Stück "reinen Geist" gesehen.
Dann sind für dich diese beiden Aussagen also bedeutungsgleich:
"Alle raumzeitlichen Ereignisse, die nicht ursachenlos sind, haben ausschließlich natürliche Ursachen."
—
"Alle raumzeitlichen Ereignisse, die nicht ursachenlos sind, haben ausschließlich physische Ursachen."
(?)
darwin upheaval hat geschrieben:Das kommt darauf an, was Du unter "Existenz" verstehst.
Ich fürchte, dass ich dir keine gehaltvolle Definition dieses Grundbegriffs anbieten kann.
"The concept of existence is probably basic and primitive in the sense that it is not possible to produce an informative definition of it in terms that are more clearly understood and that would tell us something important and revealing about what it is for something to exist."(Kim, Jaegwon, and Ernest Sosa, eds.
Metaphysics: An Anthology. Oxford: Blackwell, 1999. p. 3)
Tja, was könnte ich also sagen?
Höchstens so etwas wie dies hier:
Etwas existiert genau dann, wenn es nicht nur etwas Gemeintes ist, wenn es kein in sich nichtiger Scheingegenstand unseres Denkens und Vorstellens ist, wenn es in sich Eigenschaften trägt, deren Besitz davon unabhängig ist, ob er von uns gedacht oder vorgestellt wird.
darwin upheaval hat geschrieben:Der emergentische Materialismus, den ich vertrete, verwehrt Abstrakta einen autonomen ontologischen Status, gesteht ihnen aber eine fiktive Existenz zu. Immer wenn die Zahl 5 gedacht wird, existiert sie ja "irgendwie". Sobald niemand an sie denkt, existiert sie auch nicht.
Für mich sind "fiktiv" und "inexistent" synonym, sodass fiktive Existenz (im streng ontologischen Sinne) gleich Nichtexistenz ist. Bloße Fiktionen verdienen es doch nicht, zu den
Entitäten gezählt werden. Es ist unbestritten, dass Zahlen und andere Arten von Abstrakta
Denkgegenstände sind; doch das allein bedeutet für mich nicht, dass sie auch
Seinsgegenstände sind.
darwin upheaval hat geschrieben:Aber Du hast insofern recht, als dass der Naturalismus eine zu schwache Position ist. Beachte bitte, dass ich vom Materialismus sprach. Ontologisch betrachtet ist dieser eine echte Teilmenge des Naturalismus.
Ja, wobei, wie gesagt, auch der Naturalismus zumindest substanzmaterialistisch ist: Alle Substanzen sind materielle Substanzen. (Substanzen sind per definitionem konkrete Objekte.)
Der Naturalismus verhält sich lediglich gegenüber dem Attributs-/Eigenschaftsdualismus neutral.
darwin upheaval hat geschrieben:Der Naturalismus schließt nur das Immaterielle nicht aus, das Transnaturale schon.
Doch in den Augen vieler Naturalisten sind abstrakte Entitäten eben nicht zu den natürlichen Entitäten zu zählen.
"[O]ne only needs to remember that ontological naturalism rules out at least three venerable positions—theism, Platonism and mind-body dualism. Neither a transcendent creator God, nor abstract entities beyond space and time, nor Cartesian souls, egos or selves are denizens of the spatio-temporal realm."(Glock, Hans-Johann.
What is Analytic Philosophy? Cambridge: Cambridge University Press, 2008. p. 144)
Dabei kommt es allerdings darauf an, von welcher Art von Abstrakta die Rede ist. So können beispielsweise platonische Universalien gewiss nicht als natürlich gelten, da sie die Raumzeitwelt transzendieren.
Ich denke jedoch mittlerweile, dass der ontologische Naturalismus bestimmte Arten von Abstrakta tolerieren kann (wenn man unter einem abstrakten Objekt ein Objekt versteht, das weder physischer noch psychischer Natur ist.) Die Gretchenfrage ist freilich: welche?
Es müssen sicher solche Abstrakta sein, die von Konkreta hinsichtlich ihres Seins und Werdens abhängig sind.
Was der Naturalismus auf jeden Fall ausschließt bzw. ausschließen sollte, sind—siehe oben!—immaterielle Substanzen, d.i. konkrete individuelle Objekte, die immateriell sind.
(Auch wenn man Naturalismus und Materialismus/Physikalismus nicht gleichsetzen will, so wird man doch ständig daran erinnert (ich zumindest), dass "übernatürlich" und "überphysisch" aus etymologischer Sicht praktisch synonym sind.)
darwin upheaval hat geschrieben:Immaterialismus ist nicht gleich Supranaturalismus. Ich kann an die reale Existenz von immateriellen Objekten glauben, ohne damit dem Transnaturalen zu huldigen. Alles Transnaturale ist immateriell, aber nicht alles Immaterielle transnatural!
Wie gesagt,
konkrete immaterielle Objekte wie unkörperliche Bewusstseine/Geister/Seelen kommen im Rahmen einer naturalistischen Ontologie zweifellos nicht infrage, sondern nur bestimmte Arten von
abstrakten immateriellen Objekten.
Und was nicht die natürlichen Dinge, sondern die natürlichen Eigenschaften betrifft, so können zu Letzteren meines Erachtens im Rahmen einer naturalistischen Ontologie auch nichtphysische Eigenschaften gezählt werden, insbesondere (ontologisch irreduzible) psychische Eigenschaften.