Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Sa 20. Sep 2008, 23:06

ostfriese hat geschrieben:Die agnostische Position, dass die Existenz von Gottheiten weder letztgültig zu beweisen noch zu widerlegen ist, kann prinzipiell an keiner Erfahrung scheitern, so lange sie sich jeglicher Aussagen darüber enthält, was man unter "Gottheiten" überhaupt verstehen soll.

schau mal, ein Agnostiker hat gar kein Gottesbild.

Ein Agnostiker kann sehr leicht an der Erfahrung scheitern, sogar zweifach: ein Theist könnte einen Gottesbeweis vorlegen, oder einem Atheisten könnte es gelingen, Gott zu widerlegen. In beiden Fällen wäre der Agnostiker an einer Erfahrung gescheitert. Ich jedenfalls wäre dann kein Agnostiker mehr, sondern, je nach Lage der Dinge, Theist (bzw. Deist) oder Atheist.

Bis das geleistet ist, bleibe ich Agnostiker.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Sa 20. Sep 2008, 23:34

El Schwalmo hat geschrieben:Der Theist hat also die Aufgabe, einen fassbaren etc. Gottesbegriff zu erstellen. Bisher sehe ich nicht, dass so etwas geleistet wurde. Der Atheist müsste aber zeigen, dass das prinzipiell nicht möglich ist. Das sehe ich auch nicht


Hä, wieso denn? Wir hatten doch schon festgestellt, dass die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache zu beweisen, absolut sinnlos ist. Ein Atheist sagt nur, dass ein "Gott" wie auch immer er in der uns vorstellbaren Welt postuliert wird, nicht existert. Das macht er nur, oder muß es leider andauernd machen, weil es immer wieder irgendwelche Spinner gibt, die behaupten, es sei möglich, übernatürliche Kräfte zu postulieren. Die Arbeit des Atheisten wäre erledigt, wenn die Leute nicht ständig behaupten würden es gäbe Übernatürliches im Natürlichen oder irgendwas Denkbares im Undenkbaren.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon ostfriese » Sa 20. Sep 2008, 23:42

Myron hat geschrieben:Freut mich, dass es uns gelungen ist, dich "herbeizuquatschen". ;-)

Ja, auf irgendwelchen unergründlichen Pfaden muss mich die Ahnung erreicht haben, dass sich ein Blick ins Brights-Forum doch mal wieder lohnen könnte... ;-)

Myron hat geschrieben:Die Frage ist, ob logische Möglichkeit eine hinreichende Bedingung für ontologische Möglichkeit ist, d.h. ob jede widerspruchsfreie Aussage einen Sachverhalt repräsentiert, der realiter bestehen kann.

Mich interessiert eher die umgekehrte Frage: ob es nicht auch Welten ohne logische Struktur geben kann. Siehe weiter unten.

Myron hat geschrieben:Ich fürchte, der Übergang von der Klasse der logico-semantisch notwendigen W.en, die analytischer Natur sind, zu den synthetischen W.en a priori, d.h. zu den angeblichen metaphysischen Wahrheiten im traditionellen Sinn, ist fließend.

Für Positivisten vielleicht. Aber wenn man von einer objektiven, beobachterunabhängigen Realität ausgeht, sind synthetische Urteile a priori im Gegensatz zu "logico-semantisch notwendigen W.en" nicht zu verteidigen.

Myron hat geschrieben:Ist ein Satz wie "Alle Ereignisse haben eine Ursache" noch logico-semantisch notwendig oder kann ich ihn getrost verneinen, ohne mich in einer Widersprüchlichkeit bzw. Widersinnigkeit zu verheddern?

Nein zur ersten, ja zur zweiten Frage. Es gibt ja immer zwei Möglichkeiten:
Entweder Du definierst beispielsweise Ereignisse als Ursachenfolgen, dann hast Du eine Wahrheit a priori, aber eben nicht notwendig eine Aussage über die Wirklichkeit, denn Du würdest ja jene eventuell ursachenlosen Zweifelsfälle unter diesem Ereignisbegriff gar nicht erfassen.
Oder Dein Ereignisbegriff ist semantisch unabhängig vom Begriff Ursache, dann hast Du eine Aussage über die Wirklichkeit, aber keine Sicherheit, dass sie wahr ist.

Myron hat geschrieben:Die Beziehung zwischen Denkbarkeit/Vorstellbarkeit und Möglichkeit ist kein einfaches Thema.
Wenn du Lust hast, kannst du dir dazu den folgenden 500-Seiten-Schmöker reinziehen:

Nach den ersten Ausschnitten würde ich sagen: Och, nicht unbedingt... ;-)

Myron hat geschrieben:Da es a priori wahr und damit notwendigerweise wahr ist, dass nicht-(p & ~p), sind p & ~p bzw. Fälle davon undenkbar.

Für uns, sofern wir logisch denken. Aber ich sehe nicht, warum aus logischer Unmöglichkeit ontologische Unmöglichkeit folgen sollte.

Myron hat geschrieben:Nicht nur unsere wirkliche Welt, sondern alle möglichen Welten sind "logisch strukturiert".

Das ist eine kühne Behauptung. Ich nehme zwar an, dass sie wahr ist, wüsste aber nicht, wie man das zirkelfrei begründen soll.

Myron hat geschrieben:Unmögliches ist nur in unmöglichen Welten der Fall. Aber unmögliche Welten sind per se notwendigerweise unwirklich.

Du meinst offenbar: "Logisch Widersprüchliches ist nur in ontologisch unmöglichen Welten der Fall. Aber ontologisch unmögliche Welten sind per se notwendigerweise unwirklich."
Diese Figur steht und fällt mit der Implikation von logischer Widersprüchlichkeit auf ontologische Unmöglichkeit. Und diese Implikation halte ich, wie gesagt, für nicht unproblematisch.

Myron hat geschrieben:Eine Frage am Rande:
Sind unmögliche Situationen wirklich absolut unvorstellbar?

Nein, hab ich meines Wissens auch nicht behauptet. Eschers Bilder sind in der Tat schöne Beispiele.

Wittgenstein hat geschrieben:"Man sagte einmal, dass Gott alles schaffen könne, nur nichts, was den logischen Gesetzen zuwider wäre.—Wir könnten nämlich von einer 'unlogischen' Welt nicht sagen, wie sie aussähe."

Da haben wir jene von mir im ersten Beitrag angesprochene Katze, die sich in den Schwanz beißt: Wittgenstein glaubt, aus der Unmöglichkeit einer (prädikaten)logisch widerspruchsfreien Beschreibung folge die Unmöglichkeit der Existenz; damit setzt er die logische Strukturiertheit (Bedingung für prädikatenlogische Beschreibbarkeit) der Welt bereits voraus, also eben jene Unmöglichkeit einer unlogischen Welt, die er mit seinem Argument begründen zu können hofft.

Myron hat geschrieben:Eine widersprüchliche Sache oder ein widersprüchlicher Sachverhalt würde sowohl Sein als auch Nichtsein in sich vereinigen.

Ja, und? Wissen wir, was genau wir unter "Sein" eigentlich verstehen? Welche Realität hat z.B. das, was wir mit "zusammenbrechenden Wellenfunktionen", "virtuellen Teilchen", "Tunneleffekt", "verschränkten" oder "superponierten" "Quantenzuständen" zu erfassen hoffen?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Sa 20. Sep 2008, 23:46

El Schwalmo hat geschrieben:
ostfriese hat geschrieben:Die agnostische Position, dass die Existenz von Gottheiten weder letztgültig zu beweisen noch zu widerlegen ist, kann prinzipiell an keiner Erfahrung scheitern, so lange sie sich jeglicher Aussagen darüber enthält, was man unter "Gottheiten" überhaupt verstehen soll.

schau mal, ein Agnostiker hat gar kein Gottesbild.

Ein Agnostiker kann sehr leicht an der Erfahrung scheitern, sogar zweifach: ein Theist könnte einen Gottesbeweis vorlegen, oder einem Atheisten könnte es gelingen, Gott zu widerlegen. In beiden Fällen wäre der Agnostiker an einer Erfahrung gescheitert. Ich jedenfalls wäre dann kein Agnostiker mehr, sondern, je nach Lage der Dinge, Theist (bzw. Deist) oder Atheist.

Bis das geleistet ist, bleibe ich Agnostiker.


Du hast es offenbar doch nicht verstanden.

1. Die Existenz einer nicht existenten Sache kann man grundsätzlich nicht widerlegen. Da wird auch niemals jemand kommen, der das für Dich tut. NIEMALS

2. Was man widerlegen kann, sind die Behauptungen, die ständig über die "Existenz" eines "Gottes" aufgestellt werden.

Deshalb bezieht sich der Begriff "Atheist" ja auch nicht auf eine existente "Sache" sondern auf die Behauptungen.

Und mit dem Begriff "atheistisch lebender Agnositker" scheinst Du darauf ja shcon Bezug zu nehmen. Wenn Du aber hier diskutierst und von einem Atheisten verlangst Gott zu widerlegen, als SEI das ETWAS. Dann muß ich davon ausgehen, dass Du davon ein Konzept hast, oder irre ich mich da? Wie kannst Du sonst fordern, dass man einen leeren Begriff widerlegt?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Sa 20. Sep 2008, 23:47

El Schwalmo hat geschrieben:Der Theist hat also die Aufgabe, einen fassbaren etc. Gottesbegriff zu erstellen. Bisher sehe ich nicht, dass so etwas geleistet wurde. Der Atheist müsste aber zeigen, dass das prinzipiell nicht möglich ist. Das sehe ich auch nicht.


"That God is a person, yet one without a body, seems the most elementary claim of theism."

"Das Gott eine Person ist, wenngleich eine ohne einen Körper, scheint die elementarste These des Theismus zu sein."

(Swinburne, Richard. The Coherence of Theism. Oxford: Oxford University Press, 1977. p. 101)

Der maßgeblichste Begriff ist also "immaterielle Person" bzw. "körperlos-stofflose(r) Geist/Seele" bzw. "nichtphysisches Ding mit psychischen Eigenschaften".
Der Theismus steht und fällt mit der Frage, ob Sätze wie

"Alle Dinge mit psychischen Eigenschaften sind physisch"

und

"Alle Personen haben einen Körper"

(logico-semantisch) notwendige Wahrheiten sind oder nicht,
d.h. ob ihre Verneinungen widersprüchlich, widersinnig sind.
Wenn nicht, dann ist das ein Mega-Pluspunkt zugunsten des Theismus und des Supernaturalismus im Allgemeinen.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Sa 20. Sep 2008, 23:51

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Der Theist hat also die Aufgabe, einen fassbaren etc. Gottesbegriff zu erstellen. Bisher sehe ich nicht, dass so etwas geleistet wurde. Der Atheist müsste aber zeigen, dass das prinzipiell nicht möglich ist. Das sehe ich auch nicht

Hä, wieso denn? Wir hatten doch schon festgestellt, dass die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache zu beweisen, absolut sinnlos ist.

ist Dir klar, dass Du soeben die Konklusion in die Prämisse gemogelt hast?

sapere aude hat geschrieben:Ein Atheist sagt nur, dass ein "Gott" wie auch immer er in der uns vortellbaren Welt postuliert wird, nicht existert.

Hier sind wir uns vollkommen einig. Der Atheist sagt das nur. Besser wären Argumente.

sapere aude hat geschrieben:Das macht er nur, oder muß es leider andauernd machen, weil es immer wieder irgendwelche Spinner gibt, die behaupten, es sei möglich übernatürliche Kräfte zu postulieren. Die Arbeit des Atheisten wäre erledigt, wenn die Leute nicht ständig behaupten würden es gäbe Übernatürliches im Natürlichen oder irgendwas Denkbares im Undenkbaren.

Exakt.

Eine Alternative wäre, ein Argument für den atheistischen Standpunkt zu haben, das Nicht-Atheisten überzeugt.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon ostfriese » Sa 20. Sep 2008, 23:52

El Schwalmo hat geschrieben:
ostfriese hat geschrieben:Die agnostische Position, dass die Existenz von Gottheiten weder letztgültig zu beweisen noch zu widerlegen ist, kann prinzipiell an keiner Erfahrung scheitern, so lange sie sich jeglicher Aussagen darüber enthält, was man unter "Gottheiten" überhaupt verstehen soll.

schau mal, ein Agnostiker hat gar kein Gottesbild.

Eben, meine Rede.

El Schwalmo hat geschrieben:Ein Agnostiker kann sehr leicht an der Erfahrung scheitern, sogar zweifach: ein Theist könnte einen Gottesbeweis vorlegen, oder einem Atheisten könnte es gelingen, Gott zu widerlegen.

Dann erklär mir doch mal, wie jemand Dir etwas be- oder widerlegen soll, dem Du nie irgendeine Eigenschaft zugeordnet hast. Du könntest dann jederzeit sagen: "Das habe ich nicht gemeint." Denn Du hast ja buchstäblich überhaupt nichts gemeint.

Nein, eine inhaltsleere Aussage kann nicht an der Erfahrung scheitern.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » So 21. Sep 2008, 00:04

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Ein Agnostiker kann sehr leicht an der Erfahrung scheitern, sogar zweifach: ein Theist könnte einen Gottesbeweis vorlegen, oder einem Atheisten könnte es gelingen, Gott zu widerlegen.

Dann erklär mir doch mal, wie jemand Dir etwas be- oder widerlegen soll, dem Du nie irgendeine Eigenschaft zugeordnet hast. Du könntest dann jederzeit sagen: "Das habe ich nicht gemeint." Denn Du hast ja buchstäblich überhaupt nichts gemeint.

Nein, eine inhaltsleere Aussage kann nicht an der Erfahrung scheitern.

schau mal, ich habe kein Gottesbild. Nun kommt jemand daher und zeigt mir eins. Das vergleiche ich nicht mit dem, was ich gehabt habe, sondern dahingehend, ob es überzeugend ist. Genauso, wie ich anerkenne, dass es schwarze Schwäne gibt (wenn mir jemand erklärt, was ein 'Schwan' ist, und dann ein Tier zeigt, das dieses Kriterium erfüllt und schwarz ist), würde ich anerkennen, dass es einen Gott gibt.

Alternativ würde ich auch einen Beweis anerkennen, dass es keinen Gott geben kann.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » So 21. Sep 2008, 00:06

El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Der Theist hat also die Aufgabe, einen fassbaren etc. Gottesbegriff zu erstellen. Bisher sehe ich nicht, dass so etwas geleistet wurde. Der Atheist müsste aber zeigen, dass das prinzipiell nicht möglich ist. Das sehe ich auch nicht

Hä, wieso denn? Wir hatten doch schon festgestellt, dass die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache zu beweisen, absolut sinnlos ist.

ist Dir klar, dass Du soeben die Konklusion in die Prämisse gemogelt hast?


Wir hatten uns irgendwo weiter oben oder in einem anderen Thread geeinigt, dass man die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache nicht bewiesen kann. Ich gehe in diesem Fall von Nichtexistentem aus, das man zwar bennenen und sich vorstellen kann, wie das unsichtbare rosafarbene Einhorn, das aber eben nicht existiert und dass dies auch nicht bewiesen werden kann, da es nicht existiert. Wir können das aber gern nochmal ausführlich diskutieren.
El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Ein Atheist sagt nur, dass ein "Gott" wie auch immer er in der uns vortellbaren Welt postuliert wird, nicht existert.


Hier sind wir uns vollkommen einig. Der Atheist sagt das nur. Besser wären Argumente.


Reichen Dir die tausenden von Argumenten, z.B. gegen einen angeblichen Gott der Fernsehpredigern heilende Kräfte gibt oder die Welt in sechs Tagen geschaffen hat, nicht?

El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Das macht er nur, oder muß es leider andauernd machen, weil es immer wieder irgendwelche Spinner gibt, die behaupten, es sei möglich übernatürliche Kräfte zu postulieren. Die Arbeit des Atheisten wäre erledigt, wenn die Leute nicht ständig behaupten würden es gäbe Übernatürliches im Natürlichen oder irgendwas Denkbares im Undenkbaren.

Exakt. Eine Alternative wäre, ein Argument für den atheistischen Standpunkt zu haben, das Nicht-Atheisten überzeugt.


Das versuch ich ja schon die ganze Zeit und ich hab das Gefühl es wirkt langsam =)
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » So 21. Sep 2008, 00:09

sapere aude hat geschrieben:Wir hatten doch schon festgestellt, dass die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache zu beweisen, absolut sinnlos ist.


Das stimmt so nicht!
Die Mathematiker können z.B. kinderleicht beweisen, dass die größte natürliche Zahl nicht existiert.
Und wenn x ein Ding mit widersprüchlichen Eigenschaften ist, dann ergibt sich dessen notwendige Nichtexistenz ganz einfach aus dem logischen Nichtwiderspruchsgesetz (hier in seiner prädikatenlogischen Fassung):

Ax~(Fx & ~Fx)

Dies ist nämlich äquivalent zu

~Ex(Fx & ~Fx)
"Es gibt kein x dergestalt, dass x sowohl F als auch nicht-F ist."

Das heißt, aus der Annahme des Daseins eines widersprüchlichen Gegenstandes ergibt sich ein Widerspruch zum Nichtwiderspruchsgesetz. Die Nichtexistenz von widersprüchlichen Gegenständen ist also a priori beweisbar.

Und atheologische Argumente, denen das folgende Schema zugrunde liegt, sind auch alles andere als sinnlos:

Wenn x existiert, dann A.
...
Es ist nicht der Fall, dass A.
Folglich ist es nicht der Fall, dass x existiert.

Ein Argument dieser Form ist folgerichtig, und wenn seine Prämissen wahr sind, dann ist es auch beweiskräftig.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » So 21. Sep 2008, 00:12

Myron hat geschrieben:"Alle Dinge mit psychischen Eigenschaften sind physisch"

als empirisch orientierter Naturwissenschaftler würde mich interessieren, wie man einen derartigen Satz prinzipiell testen könnte.

Ist es beispielsweise möglich, alle Dinge mit psychischen Eigenschaften aufzulisten und zu prüfen, ob sie physisch sind? Benötigt man dazu nicht den 'Gottesstandpunkt'?

Wir können konstatieren, dass alle Versuche, nicht-physische Dinge mit psychischen Eigenschaften nachzuweisen, gescheitert sind. Es gab auch Zeiten, da scheiterten alle Experimente, Verbindungen mit Edelgasen herzustellen. Woher weiß man, dass man alle infrage kommenden Möglichkeiten kennt?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » So 21. Sep 2008, 00:12

El Schwalmo hat geschrieben: Genauso, wie ich anerkenne, dass es schwarze Schwäne gibt (wenn mir jemand erklärt, was ein 'Schwan' ist, und dann ein Tier zeigt, das dieses Kriterium erfüllt und schwarz ist), würde ich anerkennen, dass es einen Gott gibt.


Eben, weil Du es zumindest für möglich hältst, dass jemand kommt und Dir einen "Gott" zeigt. Das bedeutet, dass es für Dich fassbar sein müßte, das bedeutet, dass es natürlich sein müßte, das bedeutet, dass es nichts Übernatürliches ist.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon ostfriese » So 21. Sep 2008, 00:13

El Schwalmo hat geschrieben:schau mal, ich habe kein Gottesbild. Nun kommt jemand daher und zeigt mir eins. Das vergleiche ich nicht mit dem, was ich gehabt habe, sondern dahingehend, ob es überzeugend ist. Genauso, wie ich anerkenne, dass es schwarze Schwäne gibt (wenn mir jemand erklärt, was ein 'Schwan' ist, und dann ein Tier zeigt, das dieses Kriterium erfüllt und schwarz ist), würde ich anerkennen, dass es einen Gott gibt.

Wenn es so einfach wäre, dann müsstest Du als Agnostiker schon langsam ins Grübeln kommen, warum es keinem der Milliarden Theisten gelingen will, Dir einen solchen Kandidaten zu zeigen. Ich als Atheist kann mir das sehr leicht erklären. :^^:

El Schwalmo hat geschrieben:Alternativ würde ich auch einen Beweis anerkennen, dass es keinen Gott geben kann.

:lachtot: Worauf soll der Atheist denn zeigen? Wovon soll überhaupt die Rede sein in diesem Beweis?

Es bleibt dabei: Die Aussage, die Gottesexistenz sei unwiderlegbar, kann nicht an der Erfahrung scheitern, so lange sie sich nicht auf eine konkrete Gottesvorstellung bezieht.
Zuletzt geändert von ostfriese am So 21. Sep 2008, 00:16, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » So 21. Sep 2008, 00:15

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Hä, wieso denn? Wir hatten doch schon festgestellt, dass die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache zu beweisen, absolut sinnlos ist.

ist Dir klar, dass Du soeben die Konklusion in die Prämisse gemogelt hast?

Wir hatten uns irgendwo weiter oben oder in einem anderen Thread geeinigt, dass man die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache nicht bewiesen kann.

eben. Die Frage ist aber, ob eine Sache existiert. Das ist ein anderer Thread.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » So 21. Sep 2008, 00:17

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:schau mal, ich habe kein Gottesbild. Nun kommt jemand daher und zeigt mir eins. Das vergleiche ich nicht mit dem, was ich gehabt habe, sondern dahingehend, ob es überzeugend ist. Genauso, wie ich anerkenne, dass es schwarze Schwäne gibt (wenn mir jemand erklärt, was ein 'Schwan' ist, und dann ein Tier zeigt, das dieses Kriterium erfüllt und schwarz ist), würde ich anerkennen, dass es einen Gott gibt.

Wenn es so einfach wäre, dann müsstest Du als Agnostiker schon langsam ins Grübeln kommen, warum es keinem der Milliarden Theisten gelingen will, Dir einen solchen Kandidaten zu zeigen.

warum wohl lebe ich als Atheist?

Muss das darin ausarten, dass ich vor der Tatsache, dass es einen Gott geben könnte, die Augen verschließen muss? Vergiss nicht, dass Agnostizismus eine epistemische Haltung ist.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » So 21. Sep 2008, 00:18

ostfriese hat geschrieben:Es bleibt dabei: Die Aussage, die Gottesexistenz sei unwiderlegbar, kann nicht an der Erfahrung scheitern, so lange sie sich nicht auf eine konkrete Gottesvorstellung bezieht.

das ist das Problem des Theisten, nicht des Agnostikers.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » So 21. Sep 2008, 00:20

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben: Genauso, wie ich anerkenne, dass es schwarze Schwäne gibt (wenn mir jemand erklärt, was ein 'Schwan' ist, und dann ein Tier zeigt, das dieses Kriterium erfüllt und schwarz ist), würde ich anerkennen, dass es einen Gott gibt.


Eben, weil Du es zumindest für möglich hältst, dass jemand kommt und Dir einen "Gott" zeigt. Das bedeutet, dass es für Dich fassbar sein müßte, das bedeutet, dass es natürlich sein müßte, das bedeutet, dass es nichts Übernatürliches ist.

da ich nichts über die Eigenschaften eines Gottes weiß, kann ich dazu nichts sagen.

BTW, in diesem Fall wäre ein Argument fassbar, nicht der 'Gegenstand', auf den es sich bezieht.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon ostfriese » So 21. Sep 2008, 00:23

El Schwalmo hat geschrieben:
ostfriese hat geschrieben:Es bleibt dabei: Die Aussage, die Gottesexistenz sei unwiderlegbar, kann nicht an der Erfahrung scheitern, so lange sie sich nicht auf eine konkrete Gottesvorstellung bezieht.

das ist das Problem des Theisten, nicht des Agnostikers.

Halten wir fest: Damit räumst Du ein, was Du zuvor bestritten hast.

Edit: Warum die prinzipielle Unwiderlegbarkeit kein Vorzug ist, sondern die Inhaltsleere der agnostischen Position charakterisiert, hatte ich ja weiter oben bereits begründet.
Zuletzt geändert von ostfriese am So 21. Sep 2008, 00:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » So 21. Sep 2008, 00:27

El Schwalmo hat geschrieben:
Eben, weil Du es zumindest für möglich hältst, dass jemand kommt und Dir einen "Gott" zeigt. Das bedeutet, dass es für Dich fassbar sein müßte, das bedeutet, dass es natürlich sein müßte, das bedeutet, dass es nichts Übernatürliches ist.

da ich nichts über die Eigenschaften eines Gottes weiß, kann ich dazu nichts sagen.


hältst du es für möglich dass jemand kommt und dir einen gott zeigt, oder nicht?

El Schwalmo hat geschrieben:BTW, in diesem Fall wäre ein Argument fassbar, nicht der 'Gegenstand', auf den es sich bezieht.


Ich dachte Du bist Naturwissenschaftler?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » So 21. Sep 2008, 00:28

"There are basically two kinds of arguments for the nonexistence of God: arguments for the improbability of God and arguments for the impossibility of God. Briefly, an argument for the improbability of God assumes that God can exist but argues that the weight of the evidence is against God's actual existence; an argument for the impossibility of God argues that the concept of God is logically contradictory and therefore God, like a square circle, cannot exist."

"Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von Argumenten für die Nichtexistenz Gottes: Argumente für die Unwahrscheinlichkeit Gottes und Argumente für die Unmöglichkeit Gottes. Knapp gesagt, ein Argument für die Unwahrscheinlichkeit Gottes nimmt an, dass Gott existieren kann, legt aber dar, dass das Gewicht der Beweise gegen Gottes wirkliche Existenz spricht; und ein Argument für die Unmöglichkeit Gottes legt dar, dass der Gottesbegriff logisch widersprüchlich ist und Gott folglich, wie ein quadratischer Kreis, nicht existieren kann."
[© meine Übers.]

(Martin, Michael, and Rickie Monnier, eds. The Impossibility of God. Amherst, NY: Prometheus, 2003. p. 14)
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