darwin upheaval hat geschrieben:Du versuchst Deine Definition gerade logisch zu erzwingen, aber das geht nicht.
Auch wenn's ein
argumentum ad auctoritatem ist:
"Condition (i), the truth condition [= S knows that p only if p], has not generated any significant degree of discussion. It is overwhelmingly clear that what is false cannot be known. … [T]he truth-condition enjoys nearly universal consent[.]" (
http://plato.stanford.edu/entries/knowledge-analysis)
Das Axiom T:
Kp –> p (Wenn gewusst wird, dass p, dann p) ist Teil aller Standardkalküle der epistemischen Logik!
Und das aus gutem Grund, denn seine Wahrheit ist offensichtlich:
Wenn es nicht der Fall ist, dass p, bzw. wenn die Aussage p nicht wahr ist, dann kann niemand wissen, dass p; denn "Jemand weiß, dass p" ist ja äquivalent zu "Jemand weiß, dass p wahr ist". Folglich sind alle konjunktivischen Sätze der Form "Jemand weiß, dass p wahr ist, und p ist nicht wahr" logische Falschheiten.
Ein Beispiel:
"Peter weiß, dass 'Es regnet am 31.5.2010 in Berlin' wahr ist, und 'Es regnet am 31.5.2010 in Berlin' ist falsch."
Leuchtet es dir denn nicht ein, dass dieser Satz nicht wahr sein kann?!
"Veracity: Whatever is actually known by someone will have to be the case. Where we credit knowledge we must credit truth as well: there is no such thing as a knowledge of falsehoods; that sort of thing would have to be classified as merely putative knowledge.
|- Kxp –> p"(Rescher, Nicholas.
Epistemic Logic: A Survey of the Logic of Knowledge. Pittsburgh, PA: University of Pittsburgh Press, 2005. p. 10)
Fußnote: Es gibt natürlich Wissen über Falschheiten in dem Sinne, dass es Wissen über wahre negative Aussagen gibt. Aber auch bei diesen gilt:
K~p –> ~p (Wenn gewusst wird, dass nicht-p, dann nicht-p/ist nicht-p wahr)darwin upheaval hat geschrieben:Deine Definition lautet, dass Wissen mit dem Grade der Gewissheit bewiesen sein muss.
Nein, sie besagt zunächst nur, dass Wissen als wahrer Glaube die Wahrheit der geglaubten Aussage voraussetzt. Wissen ist grundsätzlich
faktisch.
Selbst wenn man nicht verlangt, dass die Belege für eine Aussage deren Wahrheit
logisch garantieren müssen, damit der Glaube daran als Wissen gelten darf, so müssen die Belege nichtsdestoweniger mit der
faktischen Wahrheit der betreffenden Aussage einhergehen.
Das heißt, selbst wenn logisch mögliche Situationen übrig bleiben, in denen die Belege dieselben sind, aber die betreffende Aussage A falsch ist, kann man nur dann wissen, dass A (wahr ist), wenn man sich in derjenigen
wirklichen Situation befindet, in der A wahr ist.
darwin upheaval hat geschrieben:Du versuchst es außerdem, an Ontologie zu koppeln („Der Glaube an x ist nur dann Wissen, wenn x existiert“).
Ohne Sein gibt es keine Wahrheit, und ohne Wahrheit gibt es kein Wissen.
darwin upheaval hat geschrieben:Beides weise ich mit Mahner/Bunge zurück, deren Definition von Wissen eine explizit erkenntnistheoretische ist und das Element der Fehlbarkeit (und Falschheit) berücksichtigt:
"Das Wissen (oder die Erkenntnis) eines Tiers zu einer bestimmten Zeit ist die Menge aller (i) sensomotorischen Fähigkeiten oder (ii) perzeptiven Fähigkeiten und Wahrnehmungen oder (iii) Begriffe und Aussagen, die es bis dahin gelernt und behalten hat."
(Mahner, M.; Bunge, M. (2000) Philosophische Grundlagen der Biologie. Springer, Berlin, 61ff.)
(i) bezieht sich auf praktisches Wissen (know how). Ich habe nur von theoretischem Wissen (know that), d.h. von Aussagen- oder Tatsachenwissen (propositional or factual knowledge) gesprochen. Es ist fraglich, ob Tiere, die über keine Wortsprache verfügen, solches Aussagenwissen besitzen. Außerdem stellt das bloße Lernen und Behalten von Aussagen doch kein Wissen über das Ausgesagte dar. Ich kann eine frei erfundene Geschichte auswendig lernen, in der kein Satz der Wahrheit entspricht.
darwin upheaval hat geschrieben:"Wir sagen also, dass Wissen weder Wahrheit noch Objektivität voraussetzt: Es kann subjektiv oder objektiv sein, und es kann von vollständiger Wahrheit bis zu absoluter Falschheit reichen sowie von praktischer Nützlichkeit bis Nutzlosigkeit. … Schließlich ist unser faktisches Wissen oft nur teilweise wahr. Irrtum ist der Gegensatz von Wahrheit, nicht von Wissen."
(Mahner, M.; Bunge, M. (2000) Philosophische Grundlagen der Biologie. Springer, Berlin, 61ff.)
Was ist denn "teilweise Wahrheit"?
Der oben beschriebene Wissensbegriff ist für mich nicht logisch nachvollziehbar.
Wer behauptet, es wäre auch dann möglich zu wissen, dass p/dass wahr ist, wenn p falsch ist, hat einen logischen Knoten in seinem Denken.
Wenn man unwahres Wissen zulässt, dann lässt man Wissen zu, dass kein wahrer Glaube ist; und dann frage ich mich, worin dann überhaupt noch der Unterschied zwischen Glauben und Wissen besteht.
Aber nochmal kurz zum Kern der Sache:
"The conceptual distinction to which the ambiguity response appeals is that between fallibilism and infallibilism. Infallibilism, defined as a gloss applicable to various approaches to the analysis of knowledge, can be defined as follows:
Infallibilism:
S's knowing that p requires S's satisfying an evidential or reliability condition C, such that it is not possible for S to satisfy C while p is false.
Infallibilism is the negation of fallibilism:
Fallibilism:
S's knowing that p requires satisfying an evidential or reliability condition C, but C is not such that it is impossible for S to satisfy C while p is false.
Applied to evidentialism, fallibilism is the view that knowledge-giving reasons need not be entailing reasons, whereas infallibilism is the view that knowledge-giving reasons must be entailing reasons."(
http://plato.stanford.edu/entries/knowl ... ement.html)
Die einzige Interpretation, die den fallibilistischen Wissensbegriff in meinen Augen retten könnte, ist die folgende:
Tatsache ist, dass wenn aus den vorliegenden Beweisen (Belegen, Hinweisen, Indizien) für eine Aussage deren Wahrheit nicht mit logischer Notwendigkeit folgt, Irrtumsmöglichkeiten übrig bleiben, d.h. mögliche Situationen, in denen die vorliegenden Beweise dieselben sind, aber die betreffende Aussage falsch ist. Jene Irrtumsmöglichkeiten sind dann zwar objektiv vorhanden, aber es ist dessen ungeachtet epistemologisch legitim, sie zu
ignorieren und in Bezug auf das Fürwahrhalten der betreffenden Aussage von Wissen zu sprechen.
(Unter welchen Bedingungen es legitim ist, verbleibende Irrtumsmöglichkeiten zu ignorieren, ist eine unter den Epistemologen heiß diskutierte Frage.)
"S knows that P iff S's evidence eliminates every possibility in which not-P – Psst! – except for those possibilities that we are properly ignoring."(Lewis, David. "Elusive Knowledge." 1996. In: David Lewis,
Papers in Metaphysics and Epistemology, 418-445. Cambridge: Cambridge University Press, 1999. pp. 425)
Siehe dazu:
http://www.erin.utoronto.ca/~jnagel/333h15.htmDer Lewis'sche Wissensbegriff ist damit allerdings kontextrelativ:
http://plato.stanford.edu/entries/conte ... istemology(Auf all die komplizierten Details können wir hier nicht weiter eingehen.)
darwin upheaval hat geschrieben:Kein Mensch behauptet, dass x zugleich existiere und nicht existiere. "Existenz" ist eine ontologische Kategorie; Wissen dagegen eine erkenntnistheoretische! Da Du beides vermengst, geht Dein Einwand ins Leere.
Das glaube ich nicht.
Wie gesagt, ohne Sein keine Wahrheit und ohne Wahrheit kein Wissen!
Wissen als wahrer Glaube hängt von der Wahrheit der geglaubten (für wahr gehaltenen) Aussage ab; und die Wahrheit der geglaubten Aussage hängt davon ab, dass es etwas in der Welt
gibt, das sie wahr macht – einen sogenannten Wahrmacher (z.B. eine Tatsache).
"We will work, then, with the following theory of the nature of truth:
p (a proposition) is true if and only if there exists a T (some entity in the world) such that T necessitates that p and p is true in virtue of T."(Armstrong, D. M.
Truth and Truthmakers. Cambridge: Cambridge University Press, 2004. p. 17)
Beispiel:
Wenn ich weiß, dass Peter ein Gewicht von 80kg hat, dann ist die Aussage, dass Peter ein Gewicht von 80kg hat, wahr; und wenn die Aussage, dass Peter ein Gewicht von 80kg hat, wahr ist, dann existiert die Tatsache, dass Peter ein Gewicht von 80kg hat, beziehungsweise dann existiert Peters Gewicht von 80kg als Wahrmacher dieser Aussage.