Lumen hat geschrieben:Das ist wieder falsch. Dawkins ist garkein Befürworter von Determinismus.
...
Ihr beide, Vollbreit und Laie, brecht euch keinen Zacken aus der Krone, wenn ihr eingestehen würdet, dass ihr hier falsch lagt.
Hören wir doch Dawkins dazu:
Richard Dawkins hat geschrieben:2 Gelegentlich mißverstehen Kritiker Das egoistische Gen insofern, als sie meinen, es befürworte den Egoismus als ein Prinzip,
nach dem wir leben sollten! Andere glauben – vielleicht,
weil sie nur den Titel des Buches gelesen haben oder nicht über
die ersten beiden Seiten hinausgekommen sind –, ich verträte
die Ansicht, Egoismus und andere häßliche Verhaltensweisen
seien ein unentrinnbarer Teil unserer Natur, gleichgültig, ob
wir das nun schön finden oder nicht. In diesen Fehler kann
man leicht verfallen, wenn man meint (wie viele Leute es
unerklärlicherweise tun), daß „genetisch determiniert“ gleichbedeutend
ist mit schicksalhaft und unabänderlich. De facto
„determinieren“ Gene das Verhalten lediglich im statistischen
Sinne (siehe auch Kapitel 3). Ein guter Vergleich ist die
bekannte Bauernregel „Der Morgen grau, der Abend rot, ist
ein gutes Wetterbot“. Statistisch gesehen mag es eine Tatsache
sein, daß Abendrot schönes Wetter für den nächsten
Tag ankündigt, aber wir würden keine hohe Wette darauf
abschließen. Wie wir genau wissen, wird das Wetter auf sehr
komplexe Weise von vielen verschiedenen Faktoren beeinflußt.
Jede Wettervoraussage kann falsch sein. Es handelt sich lediglich
um eine statistische Vorhersage. In unseren Augen hat
Abendrot nicht zwangsläufig schönes Wetter am nächsten
Tag zur Folge, und ebensowenig sollten wir davon ausgehen,
daß Gene unwiderruflich irgend etwas determinieren. Es gibt
keinen Grund anzunehmen, daß der Einfluß von Genen nicht
leicht von anderen Einflüssen in sein Gegenteil verkehrt
werden könnte.
(S.405)
Das sagt er als Reaktion auf die Kritik.
Das ist zwar verschwurbelt, aber letztlich distanziert er sich von einem schicksalhaften Determinismus zugunsten der Auffassung: „Die Sterne machen geneigt, aber sie zwingen nicht.“ (Sorry, manchmal hab ich so was.)
Im Buch selbst hieß es dann:
Richard Dawkins hat geschrieben:Die These dieses Buches ist, daß wir und alle anderen
Tiere Maschinen sind, die durch Gene geschaffen wurden. Wie
erfolgreiche Chicagoer Gangster haben unsere Gene in einer
Welt intensiven Existenzkampfes überlebt – in einigen Fällen
mehrere Millionen Jahre. Auf Grund dessen können wir ihnen
bestimmte Eigenschaften unterstellen. Ich würde argumentieren,
daß eine vorherrschende Eigenschaft, die wir bei einem
erfolgreichen Gen erwarten müssen, ein skrupelloser Egoismus
ist. Dieser Egoismus des Gens wird gewöhnlich egoistisches
Verhalten des Individuums hervorrufen. Es gibt jedoch,
wie wir sehen werden, besondere Umstände, unter denen ein
Gen seine eigenen egoistischen Ziele am besten dadurch erreichen
kann, daß es einen begrenzten Altruismus auf der Stufe
der Individuen fördert. Die Worte „besonders“ und „begrenzt“
in diesem Satz sind wichtig. So gern wir auch etwas anderes
glauben wollen, universelle Liebe und das Wohlergehen einer
Art als Ganzes sind Begriffe, die evolutionstheoretisch gesehen
einfach keinen Sinn ergeben.
(S.22f)
Das klingt nun recht eindeutig. Vermutlich wirst Du, Lumen, einen erneuten Ausweg suchen, aber jeder andere kann ja einfach lesen, was da steht.
Das steht natürlich im krassen Gegensatz zu dem, was Dawkins in nachträglicher Interpretation zu sich selbst dahinschwurbelt, aber Dawkins ist es gewohnt, die eigenen Widersprüche so darzustellen, als sei er nur mal wieder – von religiösen Nixblickern und anderen Dumpfbacken – falsch verstanden worden.
Es bleiben natürlich eigene Widersprüche
Die direkte Fortsetzung liest sich dann so:
Richard Dawkins hat geschrieben:Dies bringt mich zu der ersten Feststellung, die ich darüber
treffen möchte, was dieses Buch nicht ist. Ich trete nicht für
eine Ethik auf der Grundlage der Evolution ein. Ich berichte
lediglich, wie die Dinge sich entwickelt haben. Ich sage nicht,
wie wir Menschen uns in moralischer Hinsicht verhalten sollen.
Ich betone dies angesichts der Gefahr, daß ich von jenen – allzu
zahlreichen – Leuten falsch verstanden werde, die nicht unterscheiden
können zwischen einer Darstellung dessen, was nach
Überzeugung des Sprechenden oder Schreibenden der Fall ist,
und einem Plädoyer für das, was der Fall sein sollte. Ich selbst
bin der Meinung, daß eine menschliche Gesellschaft, die lediglich
auf dem Gesetz des universellen, rücksichtslosen Gen-
Egoismus beruhte, eine Gesellschaft wäre, in der es sich sehr
unangenehm lebte. Unglücklicherweise jedoch hört etwas, das
wir beklagen, und sei es auch noch so sehr, deshalb nicht auf,
wahr zu sein. Dieses Buch soll vor allem interessant sein. Wenn
der Leser jedoch eine Moral aus ihm ableiten möchte, möge
er es als Warnung lesen: Wenn er – wie ich – eine Gesellschaft
aufbauen möchte, in der die einzelnen großzügig und selbstlos
zugunsten eines gemeinsamen Wohlergehens zusammenarbeiten,
kann er wenig Hilfe von der biologischen Natur erwarten.
Laßt uns versuchen, Großzügigkeit und Selbstlosigkeit zu
lehren, denn wir sind egoistisch geboren. Laßt uns verstehen
lernen, was unsere eigenen egoistischen Gene vorhaben, denn
dann haben wir vielleicht die Chance, ihre Pläne zu durchkreuzen
– etwas, das keine andere Art bisher jemals angestrebt
hat.
(S.23)
Quelle: (Richard Dawkins, Das egoistische Gen, 1989,1994 by Richard Dawkins, dt. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Mai 1996, S.22)
Well, as I told before (das klingt in english doch gleich much more important, doesn’t it?) this is aufgeladen mit einem erheblichen Pathos. Im Dunkeln ist gut Munkeln und da weiß jemand, was unsere Gene vorhaben und Richard Dawkins weiß auch noch obendrein was wahr ist. So ist das mit den Biologen, sie wissen einfach was wahr ist, sie haben diesen unverstellten Blick und sie haben den Mut diese Wahrheiten auszusprechen. Diese lässige Geste (dass etwas nicht aufhört wahr zu sein, auch wenn…), die man auch als Arroganz deuten könnte.
Anyway, vielleicht will uns Mr. Dawkins im Zurückrudern einfach noch verscheißern?
Denkbar? Oder vielleicht sieht es es wirklich nicht?
Denn, wenn das doch gar nicht der Fall ist, mit den Genen, die egoistisch machen, wozu dann der Appell?
Wenn es da so'n paar Gene gibt, deren Rolle eher marginal ist und die Musi spuilt während der Erziehung, na gut, prima, davon gehen eh die meisten aus.
Nicht so Richard Dawkins, der lässt allerhöchstens Raum, für einen begrenzten Altruismus (kein echter) unter besonderen Umständen. Lies es nach.
Dawkins ist damit waschechter Mainstream-Evolutionsbiologe.