Wieso bin ich ich ...

Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Di 18. Sep 2007, 23:44

... und nicht ein anderer ?

Auf diese Frage habe ich ausserhalb religioeser Bezugssysteme noch keine befriedigende Antwort gefunden.
Auch im deutschen Netz gibt es erstaunlich wenig Seiten zu diesem Thema ...

Vielleicht hat hier ja jemand eine Idee oder weiss, dass es sich eventuell um ein klassisches philosophisches Thema handelt ...
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Myron » Mi 19. Sep 2007, 00:13

Geht's Dir um den Begriff der personalen Identität?

Das Problem der personalen Identität in der analytischen Philosophie:
http://www.jp.philo.at/texte/CuypersS1.pdf

http://plato.stanford.edu/entries/identity-personal
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Mi 19. Sep 2007, 00:35

Bin mir nicht ganz sicher ob es mir um die "personale Identität" geht. Habe die Texte jetzt erstmal nur ueberflogen in der kurzen zeit.

Mir geht es darum, dass ich mir ab und zu ueberlege, warum bin ich der der ich bin. Warum existiere ich so wie ich existiere und nicht anders. Warum bin ich ich und warum bin ich nicht mein bester kumpel bzw. umgekehrt ... oder sonst ein anderer ? Oder warum bin ich ein Mensch geworden und nicht eine Schnecke oder ein Elefant ? Hmmm ... ist das nachvollziehbar ? Ist etwas schierig zu beschreiben ...

Als religioeser Mensch ist da schnell eine Erklaerung parat: Gott hat Dich so gemacht wie Du bist weil er es so wollte... oder so aehnlich.
Aber als unglaubiger fehlt mir hier echt eine Begruendung ...

Klar kenne ich Gene und Vererbungslehre, etc ... Das ist alles klar.
Die Frage waere hier: Warum bin ich der Sohn genau dieser Eltern, bzw. Enkel dieser Grosseltern und nicht der von anderen ...

Ich bin echt nicht besonders bewandert in philosophie, desshalb kenne ich jetzt vielleicht grade nicht das passende fachwort ...
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon LinuxBug » Mi 19. Sep 2007, 02:58

okay ganz einfach: wärst du mit den Genen deines besten Kumpels von seinen Eltern geboren (und da aufgewachsen wo auch immer er aufgewachsen ist), würdest du dich jetzt nicht das fragen, was du gerade fragst, sondern würdest das machen, was dein bester Kumpel gerade macht, weil du dann dein bester Kumpel wärst. =)

Die Vorstellung, dass das ICH unabhängig vom Körper leben kann, ist schon irgendwie komisch. Ermöglichen tut dir das dein Gehirn. Mit einem Schneckennervensystem, könntest du dir diese Fragen nicht einmal stellen.

Wenn du dein Gehirn mit dem deines besten Kumpels tauschen könntest, dann hättest du seinen Körper, wüßtest aber auch nicht, was er weiß oder wie es für ihn war, da aufzuwachsen wo auch immer er aufgewachsen ist, etc.

Begründung: Das erlebte ICH ist das, was du von deinen Genen bekommst (Vorraussetzung für Intelligenz, Aussehen, etc) und das was "du" wo daraus machst (wenn "du" in der heutigen Zeit eine umfangreiche Bildung erhältst, wirst du für uns wahrscheinlich klüger sein, als wenn du vor 2000 Jahren gelebt hättest || wärst "du" in einer superreichen Familie geboren, würdest du sicher nicht so sein, wie wenn du in einer ganz armen aufgewachsen wärst) - Hätte also ein "Klon" von dir vor XX Jahren gelebt, wärst es auch nicht du (weil "du" grad vorm Monitor sitzt)
Ich weiß nicht, wieviel Umwelt genau DICH ausmacht oder wieviel eigentlich von den Genen her mitkommt, aber dass DU nicht DU wärst, wäre nicht alles so gekommen, wie es bis jetzt gekommen ist, denn dann wärst du ein anderer.

D.h. übrigens nicht, dass es DICH nicht gibt, sondern bloß, dass dieses Leben hier, dass du jetzt gerade lebst, (mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit, also ich bin mir eigentlich ganz sicher) dein einziges sein wird...

War das verständlich? :suess:
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Mi 19. Sep 2007, 10:26

okay ganz einfach: wärst du mit den Genen deines besten Kumpels von seinen Eltern geboren (und da aufgewachsen wo auch immer er aufgewachsen ist), würdest du dich jetzt nicht das fragen, was du gerade fragst, sondern würdest das machen, was dein bester Kumpel gerade macht, weil du dann dein bester Kumpel wärst. =)


Sowas dachte ich mir auch schon: Ich bin der, der ich bin, weil wenn ich der nicht waere koennte ich mir diese frage vielleicht garnicht stellen.
Diese Logik liesse sich auch auf die Welt anwenden: Unsere Welt existiert so wie sie ist, weil wenn sie so nicht waere wurden wir Menschen vielleicht garnicht existieren und koennten uns diese Frage garnicht stellen ...

Aber irgend wie finde ich das unbefriedigend. Da beisst sich doch die Katze in den Schwanz, oder ?
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Falk » Mi 19. Sep 2007, 11:23

Aber irgend wie finde ich das unbefriedigend. Da beisst sich doch die Katze in den Schwanz, oder ?

Nein. Wenn du es unbefriedigend findest, dann wahrscheinlich deshalb, weil du wie die meisten Menschen an einem intuitiven Dualismus hängst. Denn deine Frage macht überhaupt nur dann Sinn, wenn das Ich irgendwie unabhängig vom Körper wäre. Dann könnte man in der Tat fragen, warum das Ich jetzt gerade in diesem Körper ist, und nicht in irgendeinem anderen. Wenn der Naturalismus aber Recht hat, das Ich also nichts anderes ist als der Körper, dann macht die Frage überhaupt keinen Sinn.
Denn daß dein Körper der ist, der er ist, erklärt sich schlicht aus Genetik und Embryologie (auf den Zeitpunkt der Geburt bezogen; natürlich verändert sich der Körper danach durch andere Ursachen weiter, etwa durch Unfälle, aber auch das sind alles naürliche Phänomene, für deren Erklärung es keine Metaphysik braucht) - die Frage, warum du also als der auf die Welt gekommen bist, als der du auf die Welt gekommen bist, kann die Naturwissenschaft hinreichend beantworten.

Wenn dir das unbefriedigend erscheint, dann liegt das nicht an der Erklärung, sondern an deinen Intuitionen, die mit einem naturalistischen Weltbild offenbar nicht problemlos klar kommen.

Übrigens ergibt sich aus diesen Ausführungen auch die Erkenntnis, das du einen fundamentalen Fehler gemacht hast, den religiöse Menschen sehr gerne machen: Du sagtest, die Religion gäbe eine Antwort auf die Frage, warum du du bist und nicht ein anderer. Das ist falsch. Religion ist keine Antwort auf diese Frage, sondern der Urpsrung der Frage. Denn ohne Dualismus, eben z.B. in christlicher Prägung, stellt sich die Frage überhaupt nicht.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Mi 19. Sep 2007, 12:27

Religion ist keine Antwort auf diese Frage, sondern der Urpsrung der Frage. Denn ohne Dualismus, eben z.B. in christlicher Prägung, stellt sich die Frage überhaupt nicht.


Das ist wirklich ein erstaulicher Gedanke !! Scheinbar bin ich doch viel staerker indoktriniert als mir bisher bewust war.

Dass sich die Frage ohne den Dualismus Koerper / Geist nicht stellt, sehe ich nicht so. Es ist dann keine religioese Frage mehr, sondern eine philosophische Frage: Wieso Existiere ich so wie ich bin ? Sicher laesst sich diese Frage zu einem grossen Teil wissenschaftlich begruenden.

Eine wage Vermutung woher die Frage kommt daemmert mir grade: Vielleicht ist sie darin begruendet, dass unser Gehirn dazu neigt in der Warnehmung Muster zu suchen auch wenn es keine gibt (z.B. Wolken die aussehen wie Tiere). Muster stellen ja eine Ordung im Chaos dar. Und scheinbar mag das Gehirn Ordung. Die Zusammenhaenge wie es zur eigenen Existenz gekommen ist sind jedoch so komplex dass sie dem Gehirn vermutlich chaotisch anuten. Daher sucht es nach einer Ordung findet sie aber nicht vollstaeding, da das Muster zu kompiziert ist um es zu erfassen. Und so entsteht die Frage im Bewustsein.
Kann damit jemand was anfangen ?

Ein interessantes Beispiel fuer die Mustererkennung des Gehirns ist folgender Satz:
Nach eienr Stidue der Uinverstiaet Cmabridge ist es eagl, in wlehcer Reiehnfogle die Bchustebaen in Woeretrn vokrmomen


Religion ist keine Antwort auf diese Frage, sondern der Urpsrung der Frage.

Ich wuerde, um meinen Gedanken von oben fort zu setzten, noch weiter gehen und sagen: Der Ursprung fuer Religiositaet ist eine ausgepraegte Neigung des individuellen Gehirns nach Mustern in der Wahrnehmung zu suchen. Da viele Sachverhalte jedoch zu komplex sind um erfasst werden zu koennen, sind religioese Inhalte ein einfaches Muster um diese Neigung zu befriedigen ...

Nachtrag: Habe grade einen bessernen Begriff als "Mustererkennung" gefunden: Interpretationsfähigkeit - ein Begriff aus der modernen Gehirnforschung.
Zuletzt geändert von ernst.eiswuerfel am So 23. Sep 2007, 20:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Falk » Mi 19. Sep 2007, 14:48

Dass sich die Frage ohne den Dualismus Koerper / Geist nicht stellt, sehe ich nicht so. Es ist dann keine religioese Frage mehr, sondern eine philosophische Frage: Wieso Existiere ich so wie ich bin ?

Nein, das ist falsch. Da ist keine philosophische Frage - die Antwort ergibt sich komplett aus den von mir oben genannten Gebieten: Warum du so zur Welt kamst, wie es der Fall war, erklären Genetik und Embryologie, warum du dich so entwickelt hast, wie du dich entwickelt hast, erklärt sich aus deiner Sozialisation. Was bleibt denn da noch offen, das hier Philosophie notwendig macht? Was bist du denn anderes als das Ergebnis deiner Gene, deiner embryonalen und postnatalen Entwicklung?

Dein Fehler ist immer noch derselbe, nämlich der des Dualismus. Dein Erklärungsansatz ist besser, aber geh noch einen Schritt weiter:
Eine wage Vermutung woher die Frage kommt daemmert mir grade: Vielleicht ist sie darin begruendet, dass unser Gehirn dazu neigt in der Warnehmung Muster zu suchen auch wenn es keine gibt (z.B. Wolken die aussehen wie Tiere). Muster stellen ja eine Ordung im Chaos dar. Und scheinbar mag das Gehirn Ordung. Die Zusammenhaenge wie es zur eigenen Existenz gekommen ist sind jedoch so komplex dass sie dem Gehirn vermutlich chaotisch anuten. Daher sucht es nach einer Ordung findet sie aber nicht vollstaeding, da das Muster zu kompiziert ist um es zu erfassen. Und so entsteht die Frage im Bewustsein.

Nein, so entsteht nicht die Frage im Bewußtsein, sondern so entsteht Bewußtsein. So entsteht ein Selbstmodell (das "Ich"). Wir können uns nicht ohne Selbstmodell denken. Und die Frage entsteht aus der Intuition, daß dieses Selbstmodell etwas vom Körper verschiedenes ist.

Wenn aber das Bewußtsein nichts vom Körper verschiedenes ist, wenn das Selbstmodell nur ein, wie du es nennst, Muster zum Zwecke der einfacheren Datenverarbeitung ist, dann ist die Frage naturwissenschaftlich hinreichend zu beantworten.
Zuletzt geändert von Falk am Mi 19. Sep 2007, 14:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Myron » Mi 19. Sep 2007, 14:49

ernst.eiswuerfel hat geschrieben:Als religioeser Mensch ist da schnell eine Erklaerung parat: Gott hat Dich so gemacht wie Du bist weil er es so wollte... oder so aehnlich.
Aber als unglaubiger fehlt mir hier echt eine Begruendung ...


Platt gesagt, ein Komplex aus mehr oder minder zufälligen bio-psycho-sozialen Faktoren hat eine bestimmte Person entstehen lassen, mit der Du notwendigerweise identisch bist.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon [C]Arrowman » Mi 19. Sep 2007, 14:51

sagt der Uralbär zu dem Gnu: "ich wollt ich wäre du"
sagt das Gnu zu dem Uralbären: "Das fänd ich albern"

Im Ernst, ähnliche fragen habe ich mir auch scohn gestellt. Wie unabhängig ist der Geist vom Körper?
Die Profane antwort. so gut wie gar nicht. Zum einen ist unsere Persönlichkeit von unseren Genen abhängig, zum anderen von den Erfahrungen die wir gemacht haben, hätte ich einige Erfahrungen nicht gemacht wäre ich heute nicht der verbitterte Zyniker, der ich bin. ein weitere Punkt ist das wenn wir empfinden im Körper unbewusst horone freigesetzt werden (geht auch umgekehrt). Das ich muss man als eine Art Virtualisierung betrachten, als ein Betriebssystem das in einem Betriebssystem läuft (z.B. ein Linux das in echtzeit ein vollständiges Windows in einem virtullen PC laufen lässt). DIeses Windows kann zwar auf die systeme des PCs zu greifen, glaubt auch sie zu bedienen, in wirklichkeit macht es aber Linux.

Was ich sage ist, das die "Ich"-Software zwar unabhängig scheint, aber diese Unabhängikeit nur vorgegaukelt ist. Ich hoffe ich habe alle Klarheiten beseitigt.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Myron » Mi 19. Sep 2007, 15:29

ernst.eiswuerfel hat geschrieben:Oder warum bin ich ein Mensch geworden und nicht eine Schnecke oder ein Elefant ?


Ein Mensch zu sein, ist eine Deiner wesentlichen (essenziellen) Eigenschaften, was bedeutet, dass es keine mögliche Welt gibt, in der Du existierst, ohne ein Mensch zu sein. Du könntest also gar kein Elefant oder eine Schnecke sein.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Mi 19. Sep 2007, 15:42

Was ich sage ist, das die "Ich"-Software zwar unabhängig scheint, aber diese Unabhängikeit nur vorgegaukelt ist. Ich hoffe ich habe alle Klarheiten beseitigt.

Das habe ich auch schon gelesen, dass das "Ich" wohl nur eine Art Projektion zu sein scheint. Echt krass die Vorstellung. Aber auch einleuchtend.
Allerdings geht es mir nicht so sehr um das "Ich" als Instanz im Gehirn sondern um den Menschen als Individuum. War wohl nicht so geschickt von mir in den bisherigen Post immer in der Ich-Form zu schreiben.

Nein, das ist falsch. Da ist keine philosophische Frage - die Antwort ergibt sich komplett aus den von mir oben genannten Gebieten: Warum du so zur Welt kamst, wie es der Fall war, erklären Genetik und Embryologie, warum du dich so entwickelt hast, wie du dich entwickelt hast, erklärt sich aus deiner Sozialisation. Was bleibt denn da noch offen, das hier Philosophie notwendig macht? Was bist du denn anderes als das Ergebnis deiner Gene, deiner embryonalen und postnatalen Entwicklung?

Ich glaube schon, dass das eine philosophische Frage ist. Mir geht es auch nicht darum zu erkennen, dass ich aus Genen gemacht bin - das ist trivial.
Was ich interessanter finde ist die Frage nach dem warum grade diese Gene. Wieso grade diese Eltern. Wieso haben die sich ausgerechnet kennengelernt und diese Kinder gezeugt, etc. Da spielt ja auch der Zufall immer eine sehr grosse Rolle.

Platt gesagt, ein Komplex aus mehr oder minder zufälligen bio-psycho-sozialen Faktoren hat eine bestimmte Person entstehen lassen, mit der Du notwendigerweise identisch bist.

Ja, genau. Also scheint der Zufall eine wichtge Komponente zu sein. Also muesste die Frage eigentlich eher lauten "Schicksal oder Zufall?" ...
Wobei ich diese Frage in einem Forum von Atheisten eigentlich nicht stellen brauche ;-)
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Myron » Mi 19. Sep 2007, 16:29

ernst.eiswuerfel hat geschrieben:Ja, genau. Also scheint der Zufall eine wichtge Komponente zu sein. Also muesste die Frage eigentlich eher lauten "Schicksal oder Zufall?" ...


Dass Du so bist, wie Du bist, hat sich auf natürliche Weise mehr oder weniger zufällig so ergeben.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Mi 19. Sep 2007, 16:50

Dass Du so bist, wie Du bist, hat sich auf natürliche Weise mehr oder weniger zufällig so ergeben.

Aber was ist Zufall ? Gibt es ueberhaupt einen richtigen Zufall ?
Grade eben habe ich bei Wikipedia gelesen:
Vom heutigen Standpunkt aus sind die Phänomene der Quantenphysik der einzige Bereich, in dem es „reine“ Zufälle geben könnte.

Das wuerde ja heissen, dass weiniger der Zufall einen Menschen zu dem macht was er im Moment ist, sondern eher eine unglaublich komplexe Verkettung von Ereignissen die zu kompliziert ist als dass man sie erfassen kann - und daher spricht man vereinfachend von Zufall.

Das wuerde ja auch dafuer sprechen, dass der Mensch tendenziell in einem holistischen System lebt ...
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Max » Mi 19. Sep 2007, 16:59

Eine wage Vermutung woher die Frage kommt daemmert mir grade: Vielleicht ist sie darin begruendet, dass unser Gehirn dazu neigt in der Warnehmung Muster zu suchen auch wenn es keine gibt (z.B. Wolken die aussehen wie Tiere). Muster stellen ja eine Ordung im Chaos dar. Und scheinbar mag das Gehirn Ordung. Die Zusammenhaenge wie es zur eigenen Existenz gekommen ist sind jedoch so komplex dass sie dem Gehirn vermutlich chaotisch anuten. Daher sucht es nach einer Ordung findet sie aber nicht vollstaeding, da das Muster zu kompiziert ist um es zu erfassen. Und so entsteht die Frage im Bewustsein.
Kann damit jemand was anfangen ?
Ich finde die Theorie von Daniel Dennett am besten: The Intentional Stance. Es gibt insgesamt drei Blickwinkel, aus denen wir die Natur betrachten können: physikalisch (physical stance), entworfen (design stance) und intentional (intentional stance). Der einzige Grund, warum wir diese drei Betrachtungswinkel besitzen, ist - natürlich -, dass sich diese in der Evolution des Menschen als Vorteil erwiesen haben; sie machen das Denken und Überleben in der Umwelt leichter. Wenn jemand einen entworfenen Gegenstand als solchen erkennt, kann er besser mit ihm umgehen. Er muss nicht mehr wissen, wie oder woraus dieser gemacht wurde oder wie er funktioniert. Das einzige was er wissen muss ist, dass er für einen bestimmten Zweck entworfen wurde und daher für diesen Zweck verwendet werden kann. Wenn man anderen Lebewesen Intentionen zuspricht, sie also als Seelen, geistige, spirituelle Wesen auffast, dann kann man diese fremden Tiere auch besser einschätzen.

Ein interessantes Beispiel fuer die Mustererkennung des Gehirns ist folgender Satz:

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Diese Geschichte ging vor etwa einem Jahr mal quer durch das Internet und auch durch mein Postfach. Allerdings ist das totaler Blödsinn. Wenn die Buchstaben sehr verschachtelt sind, kann man das ursprüngliche Wort nicht mehr erkennen. Außerdem gibt es viele Wörter, die sich ihre Buchstaben mit anderen Wörtern teilen. Sind die Buchstaben verdreht, ist dann nicht nachvollziehbar, welches der in Betracht kommenden Wörter das richtige ist.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Max » Mi 19. Sep 2007, 17:00

ernst.eiswuerfel hat geschrieben:
Dass Du so bist, wie Du bist, hat sich auf natürliche Weise mehr oder weniger zufällig so ergeben.

Aber was ist Zufall ? Gibt es ueberhaupt einen richtigen Zufall ?
Grade eben habe ich bei Wikipedia gelesen:
Vom heutigen Standpunkt aus sind die Phänomene der Quantenphysik der einzige Bereich, in dem es „reine“ Zufälle geben könnte.

Das Wort "Zufall" wird hier anders verwendet; es hat eine deterministische Bedeutung.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon taotne » Mi 19. Sep 2007, 17:02

Das wuerde ja heissen, dass weiniger der Zufall einen Menschen zu dem macht was er im Moment ist, sondern eher eine unglaublich komplexe Verkettung von Ereignissen die zu kompliziert ist als dass man sie erfassen kann - und daher spricht man vereinfachend von Zufall.
Genau das wollte ich gerade als Frage formulieren, aber du hast die Antwort, die ich darauf geben wollte schon gegeben. =)
Grade eben habe ich bei Wikipedia gelesen:
Vom heutigen Standpunkt aus sind die Phänomene der Quantenphysik der einzige Bereich, in dem es „reine“ Zufälle geben könnte.
Da ich gerade eine Fachbereichsarbeit über den "freien Willen" schreibe und mich auch mit Determinismus und Indeterminismus beschäftige, hab ich zu diesem Punkt gerade ein paar Sachen im Kopf. :^^: Einen ontologischen, das heißt "echten" Zufall, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Die Quantenphysik folgt bestimmten Gesetzmäßigkeiten, welche aufgrund von messtechnischen Problemen nur statistischer Natur sein können. Zumal es mindestens eine ernstzunehmende deterministische Interpretation der Quantenmechanik gibt(Bohm'sche Mechanik) halte ich den ontologischen Indeterminismus in quantenphysikalischen Systemen für eher unwahrscheinlich.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Mi 19. Sep 2007, 18:38

Da ich gerade eine Fachbereichsarbeit über den "freien Willen" schreibe

Kennst Du dieses Buch schon ? Das hat mir bei meinen Fach- bzw. Studienarbeiten einiges Gebracht.
http://www.amazon.de/Wissenschaftliches-Arbeiten-Technik-Methodik-WiST-Taschenb%C3%BCcher/dp/3800633582/ref=pd_bbs_sr_1/302-5583291-3859243?ie=UTF8&s=books&qid=1190223412&sr=8-1
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon taotne » Mi 19. Sep 2007, 18:57

ernst.eiswuerfel hat geschrieben:
Da ich gerade eine Fachbereichsarbeit über den "freien Willen" schreibe

Kennst Du dieses Buch schon ? Das hat mir bei meinen Fach- bzw. Studienarbeiten einiges Gebracht.
http://www.amazon.de/Wissenschaftliches-Arbeiten-Technik-Methodik-WiST-Taschenb%C3%BCcher/dp/3800633582/ref=pd_bbs_sr_1/302-5583291-3859243?ie=UTF8&s=books&qid=1190223412&sr=8-1

Nein hab ich noch nicht gekannt, danke für den Link. Da dies aber eine Fachbereichsarbeit für die Matura und nicht fürs Studium ist, mach ich mir in dieser hinsicht nicht so viel Sorgen. Aber danke... für das spätere Studium ist es sicher hilfreich... werd ich mir zulegen. :2thumbs:
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Falk » Mi 19. Sep 2007, 20:16

Das wuerde ja heissen, dass weiniger der Zufall einen Menschen zu dem macht was er im Moment ist, sondern eher eine unglaublich komplexe Verkettung von Ereignissen die zu kompliziert ist als dass man sie erfassen kann - und daher spricht man vereinfachend von Zufall.

Jetzt hast du's! Das versuche ich die ganze Zeit zu sagen. Daß deine Gene eine Rolle dabei spielen, daß du du bist, ist nämlich keinesfalls trivial. Daß die Gene genau das ergeben haben, was sie ergeben haben, ist kein reiner Zufall, sondern in großem Maße (vielleicht komplett) von dieser "komplexen Verkettung von Ereignissen" abhängig. Dennett nennt die Evolution einen algorithmischen Prozeß. Wenn man demnach sämtliche Fakten kennt, die zu deiner Entstehung geführt haben (also alle deine Vorfahren kennt, bis zum Ursprung des Lebens), dann ist 100%ig klar, wieso du der bist, der du bist. Das ist naturwissenschaftlich theoretisch nachprüfbar - natürlich nicht praktisch, dazu fehlen uns die Möglichkeiten, aber alle die Ereignisse dieser "Verkettung" sind natürliche Ereignisse, die prinzipiell untersucht werden könnten.

Vom naturalistischen Standpunkt aus gesehen ist da nichts philosophisch Relevantes.
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