Frage zu Peter Singers Ethik

Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon taotne » Fr 12. Okt 2007, 16:44

Heute wurde im Religionsunterricht über Abtreibung uund ach über Euthanasie gesprochen. Über Umwege kamen wir auch auf Peter Singer zu sprechen. Doch da war die Stunde auch schon wieder aus. Nach der Stunde unterhielt ich mich noch mit einem Mitschüler über Peter Singers Ethik. Dieser stellte ein -wie ich finde- interessantes konstruiertes Beispiel einer verzwickten Situation dar. Ein Selbstmörder, also jemand, der sozusagen kein Lebensinteresse mehr hat, verschanzt sich in einem Haus. Dieses Haus soll aber von einer Abrissfirma abgerissen werden. Wäre es nun aus Sicht der Abrissfirma ethisch unbedenklich dieses Haus mitsamt diesem Mann abzureißen?
Was meint ihr zu diesem Fall? Vielleicht kannst du, Max, der sich bei Singer doch etwas besser auskennt auch einen Kommentar abgeben.

mfg
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*EDIT*
Und noch eine Zusatzfrage:
Wie bewertet Singer bewusstlose Menschen in Hinblick auf das Lebensinteresse? Wäre es in der Zeit, in der ein Mensch bewusstlos ist, moralisch unbedenklich, wenn man diesen Menschen tötet? Gibt es dazu Aussagen von Singer?
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Re: Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon Kurt » Fr 12. Okt 2007, 20:01

ich erlaube mir mal, die erste Frage zu vereinfachen, ohne dass eine böse kapitalistische Firma beteiligt sein muss: "Ist es legitim, jemanden daran zu hindern, sich selbst zu erhängen bzw. ihn nicht zu hindern?" Der Fall mit dem Haus erscheint mit recht unbrauchbar, denn wer nicht aktive Maßnahmen ergreift, sein Leben zu beenden, kann IMO nicht als Selbstmörder gelten.
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Re: Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon taotne » Fr 12. Okt 2007, 20:58

Kurt hat geschrieben:ich erlaube mir mal, die erste Frage zu vereinfachen, ohne dass eine böse kapitalistische Firma beteiligt sein muss: "Ist es legitim, jemanden daran zu hindern, sich selbst zu erhängen bzw. ihn nicht zu hindern?" Der Fall mit dem Haus erscheint mit recht unbrauchbar, denn wer nicht aktive Maßnahmen ergreift, sein Leben zu beenden, kann IMO nicht als Selbstmörder gelten.

Die erste Frage hatte nichts mit einer bösen kapitalistischen Firma zu tun gehabt, jedenfalls war dies sicher nicht die Intention. Ich habe das Beispiel so ziemlich 1:1 übernommen, um so gewährleisten zu können, dass ich die Diskussion unter Umständen, nach Erweiterung meiner Kenntnis von Singers Ethik, weiterführen kann. Ich weiß, dass dieses Beispiel ziemlich konstruiert und unrealistisch ist, hier geht es aber ums Prinzip. Was mir an der Vereinfachung fehlt, ist die Zwickmühle der 3. Person. Bei deinem Beispiel könnte man sagen, dass die Person seinen Willen kundgetan hat, also müsse man diesen respektieren. Dein Einwand bei meinem Beispiel, ab wann man einen Menschen als "Selbstmörder" bzw. als lebensunwilligen Menschen bezeichnen kann ist wohl berechtigt. Um es nicht allzu kompliziert zu machen füge ich hinzu, dass diese Person seinen Willen öffentlich, rational(aus was für Gründen auch immer) und klar kundgetan hat.
Wäre dieses Beispiel äquivalent mit aktiver Sterbehilfe? Die Abrissfirma könnte also ohne Bedenken arbeiten und erfüllt so nebenbei auch noch den Willen des darin-seinenden?
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Re: Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon Falk » Sa 13. Okt 2007, 10:09

Was gerne vergessen wird, wenn utilitaristisch argumentiert wird, ist der Umstand, daß sich Leid und Nutzen nicht nur an der betreffenden Person selbst messen lassen, sondern auch dessen Umfeld beachtet werden muß. D.h. seine Familie und Freunde dürfen nicht einfach ignoriert werden.
Ich meine, darauf würde Singer hier hinweisen.
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Re: Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon Andreas Müller » Sa 13. Okt 2007, 13:04

Es ist legitim, sogar moralisch erforderlich, jemandem am Selbstmord zu hindern, weil über 90% nach einem überstandenen Selbstmordversuch aussagen, dass sie froh sind, sich nicht umgebracht zu haben.
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Re: Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon Kurt » Sa 13. Okt 2007, 13:34

Andreas Müller hat geschrieben:Es ist legitim, sogar moralisch erforderlich, jemandem am Selbstmord zu hindern, weil über 90% nach einem überstandenen Selbstmordversuch aussagen, dass sie froh sind, sich nicht umgebracht zu haben.


Mit solchen Aussagen wäre ich vorsichtig. Es gibt ja Leute, die mit Selbstverstümmelung usw. Aufmerksamkeit und Mitleid erregen wollen. Gescheiterte Selbstmörder zähle ich überwiegend zu dieser Kategorie, sonst hätten sie den Selbstmord so durchgeführt, dass er geklappt hätte.

Ich würde sicherlich auch alles daran setzen, jemanden vom Selbstmord abzuhalten. Ich kann es aber nicht 100%ig rational begründen.
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Re: Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon ernst.eiswuerfel » So 14. Okt 2007, 11:56

Es ist legitim, sogar moralisch erforderlich, jemandem am Selbstmord zu hindern, weil über 90% nach einem überstandenen Selbstmordversuch aussagen, dass sie froh sind, sich nicht umgebracht zu haben.

Stimme ich voll zu. Selbstmörder können auch Menschen sein, die sich in einem psychischen Ausnahmezustand befinden z.B. auch durch Drogen oder psychische / neurologische Erkrankungen hervorgerufen. Daher sollte man jeden Selbstmörder abhalten, genauso wie man einen volltrunkenen daran hindern sollte in Auto zu steigen.
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Re: Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon taotne » So 14. Okt 2007, 14:19

Danke für die Antworten, aber mich würde hier im besonderen die Position von Peter Singer interessieren. Es geht eigentlich um eine Diskussion über seine Ethik. Und da wäre es wichtig zu wissen, was er in diesem Fall vorschlägt. Weiß keiner, wie Singer in diesem Fall reagieren würde?
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Re: Frage zu Peter Singers Ethik

Beitragvon ernst.eiswuerfel » So 14. Okt 2007, 18:08

Ne weiss ich nicht. Hatte noch keine Zeti mich so intensiv damit zu beschäftigen. Würde mich aber auch interessieren.
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