Vorteile des Naturalismus gegenüber dem Glauben

Vorteile des Naturalismus gegenüber dem Glauben

Beitragvon Andreas Müller » Mo 30. Okt 2006, 13:27

Wo sind denn die Vorteile eines naturalistischen Weltbildes gegenüber dem Glauben?


Weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll. Am besten, du liest mal diesen Essay zum Thema durch: http://brights-deutschland.de/sinnlichkeit.html

(Edit von Max: Ich habe das Thema geteilt. Den alten Topic findet man hier.)
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Beitragvon Hans » Mo 30. Okt 2006, 14:41

Max hat geschrieben:Man müsste in prägnanter Art und Weise dieses Bedürfnis nach Glauben darlegen. Daniel Dennett hat dies ja auch bereits getan, zumindest für Amerika.

Muss ich noch lesen. Danke für den Tipp.

Max hat geschrieben:Er meinte, dass die meisten Menschen nicht an Gott glauben, weil sie wirklich gläubig sind, sondern an ihn glauben, weil sie denken, dass man an einen Schöpfer glauben muss, es unmoralisch ist, nicht an ihn zu glauben, es gut ist, an ihn zu glauben, oder einfach, weil alle anderen an Gott glauben.

Ich vermute eher, dass es da ein elementares Bedürfnis gibt nach "etwas Höherem". Es gibt einen tiefsitzenden Wunsch nach Glauben. Ich kann das nicht belegen, aber ich habe so den Verdacht, dass der Glaube eine Erfindung der Evolution ist. Je intelligenter die Vorfahren des Menschen wurden, desto öfter haben sie sich die Sinnfrage gestellt. Vor allem, wenn das Leben schwierig und schmerzhaft war. Warum begehen Tiere keinen Selbstmord? Weil sie gar nicht auf die Idee kommen. Sobald ein Lebewesen aber über sich und seine Zukunft nachdenken kann, fragt es sich, was all die Quälerei soll. Tiere sind Kälte, Hitze, Nässe und Trockenheit ausgesetzt, sie müssen oft hungern, kämpfen und sich vielleicht den Rest ihres Lebens mit Krankheiten, Verletzungen oder Verstümmelungen herumschlagen. Und am Ende ihres Lebens sterben sie nicht, sondern verrecken elend in irgendeiner Ecke - oder werden von einem Raubtier zerfleischt. Primitive Völker haben es nicht sehr viel besser. Der Glaube ist da sehr hilfreich beim Durchhalten.

Ich fürchte, dass der Naturalismus für Menschen, die große Probleme haben, keine Alternative darstellt.

Den vom @Autor verlinkten Essay habe ich mir durchgelesen, aber ich fürchte, dass man damit einen Gläubigen nicht überzeugen kann. Indem man Gott abschafft, nimmt man den Menschen ihren Halt weg. Plötzlich sind sie ganz allein selbst verantwortlich für ihr Leben. Keine Ausreden mehr, kein Hinweis mehr auf "Gottes unergründlichen Ratschluss". Hedonismus klingt ja ganz nett, aber wenn es schwierig wird im Leben, dann gibt einem der Hedonismus keinen Halt und keine Hilfe. Was ist es denn genau, was einen Gläubigen zum Naturalismus "bekehren" könnte? Was wiegt den Verlust auf? Welche Argumente sind denn die schlagkräftigsten bei dieser Missionsarbeit mit umgekehrtem Vorzeichen?

Gruß! Hans

Sorry, wenn ich hier unausgegorenes Zeug labere, ich stehe noch ganz am Anfang und habe keinen zum Diskutieren (lauter Gläubige und/oder Esoteriker...) :wink:

[EDIT] Ach ja, noch was zum Thema: In die Signatur von Max könnte man den Link auf die deutsche Brights-Seite einbauen und das Bild dort als Banner anbieten. Ist nur eine Kleinigkeit, aber manchmal würde ich in anderen Foren schon gerne auf die Brights verlinken und so ein Banner macht halt mehr her.
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Beitragvon Andreas Müller » Mo 30. Okt 2006, 15:03

Ich kann das nicht belegen, aber ich habe so den Verdacht, dass der Glaube eine Erfindung der Evolution ist.


Das glaube ich inzwischen nicht mehr. Ich denke, die Religion ist ein Virus, das sich evolutionäre Mechanismen zur Nutze macht und sich in der menschlichen Psyche einnistet, obwohl die zugehörigen Mechanismen seitens der Natur für einen anderen Zweck bestimmt waren.

Der Glaube wird Kindern in einem Alter eingeimpft, in dem sie alles glauben, was ihnen die Eltern erzählen. An sich ist das sinnvoll, sonst könnten sie in dem Alter nicht überleben, wenn sie da schon alles hinterfragen würden, denn sie sind existenziell von ihren Eltern abhängig (es gibt vielleicht auch Ausnahmen. Ich habe schon als Kind alles hinterfragt, wovon meine genervten Eltern ein Lied singen können). Nun wird dieses an sich sinnvolle Prinzip von Religionen genutzt, indem die Eltern ihren Kindern diesen Schwachsinn als etwas Notwendiges und Sinnvolles einimpfen. Damit wird die Tradition anstatt mit überlebensdienlichen oder sonstig sinnvollen Informationen für die Weitergabe von Müll missbraucht.

Warum begehen Tiere keinen Selbstmord? Weil sie gar nicht auf die Idee kommen.


Menschen haben ebenfalls eine Tötungs-Blockade. Unser Gehirn ist außerdem nicht in der Lage, sich das Ende seiner Existenz vorzustellen (daher auch die "Nahtoderfahrungen"). Deshalb bringen sich nicht so viele Leute um - obwohl es auch sehr gute Gründe gibt, sich nicht umzubringen, denn 97% der Selbstmord-Versucher sind froh, dass der Versuch missglückt ist. An sich ist es aber richtig, dass wir das hinterfragen und umgehen können.

Primitive Völker haben es nicht sehr viel besser.


Die meisten von uns sind zum Glück nicht mehr so primitiv. Wobei auch die Lebensweise von Naturvölkern Vorteile bietet, etwa in Punkto sozialer Zusammenhalt. Trotzdem ziehe ich die Zivilisation vor.

Ich fürchte, dass der Naturalismus für Menschen, die große Probleme haben, keine Alternative darstellt.


Ich denke, die Religion nimmt den Leuten Hoffnung und gibt ihnen keine, denn: Es steckt nichts dahinter. Es wird kein Gott einschreiten und den Menschen helfen. Wir werden nicht in den Himmel kommen. Wir sollten lieber auf Dinge hoffen, die auch eintreten können.

Plötzlich sind sie ganz allein selbst verantwortlich für ihr Leben.


Wir neigen dazu, das zu vergessen, was in unserem Leben das Wichtigste ist: Unsere Mitmenschen. Der Unglaube macht uns nicht alle einsam, er weist uns vielmehr auf unsere echten Freunde hin und lässt uns unsere imaginären Freunde im Himmel vergessen. Menschen sollten sich um Menschen kümmern. Gott wird das ohnehin nicht tun - das sagen inzwischen ja sogar die meisten (Pseudo-)Christen.

Welche Argumente sind denn die schlagkräftigsten bei dieser Missionsarbeit mit umgekehrtem Vorzeichen?


Gute Frage. Ich denke, die Argumente, welche darauf hinauslaufen, dass der Naturalismus das Leben eines jeden verbessern kann. Dass der Naturalismus auch aus rein egoistischen Motiven die bessere Wahl ist.
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Beitragvon Klaus » Mo 30. Okt 2006, 17:27

Ich meine der Autor hat im wesentlichen Recht. es geht nicht um Religionsfreiheit sondern um Freiheit von der Religion. Die Verantwortung für sich selbst und für seine Mitmenschen, ohne Versprechungen auf eine Zukunft, die es eh nicht gibt.
Naturalismus den Menschen nahe zu bringen ist keine Missionsarbeit, es ist Aufklärung. Und um nichts anderes geht es.
Und genau das macht den Religionsgemeinschaften Angst, aufgeklärte Menschen lassen sich eben nicht lenken und leiten, das bedeutet Machtverlust.
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Beitragvon musikdusche » Mo 30. Okt 2006, 20:48

Geht das hier nicht gerade etwas OffTopic?

Ich finde das eigentliche Thema zu wichtig ("Wie kann man die Brights bekannter machen?"), als dass man es hier nun verlaufen lässt....

Gruß - MD
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@ Musikdusche

Beitragvon Klaus » Mo 30. Okt 2006, 20:54

Es geht off topic, ist mir aber tausendmal lieber einen kleinen Umweg zu machen, als im BrightsNet, dann mitten in der Diskussion einer auftaucht und zur Ordnung ruft, wir sind erwachsene Menschen. ich seh das nicht so verbissen.
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Beitragvon gavagai » Di 31. Okt 2006, 20:58

Hans hat geschrieben: Ich kann das nicht belegen, aber ich habe so den Verdacht, dass der Glaube eine Erfindung der Evolution ist.

Der "Autor" hat dir da schon widersprochen, doch ich pflichte dir bei. IMO hat die Abgabe eigener Entscheidungen an "höhere" Instanzen schon einen Überlebensvorteil. Gesunde Angst vor der göttlichen Dunkelheit, vor dem Löwengott, vor Donar dem Gott des Blitzes hat Vorteile.
Mal ganz banal: Bar jeder Naturwissenschaft geht der Gottlose im Gewitter auf Jagd. Der Donar-Gläubige bleibt in der Höhle. Wer wird wohl auf Dauer überleben?
Das heisst aber nicht, dass man diesen evolutionären Glauben nicht mittels Vernunft überwinden kann und soll. Und dass er nicht durch die Religionen pervertiert wurde.
Hans hat geschrieben:Ich fürchte, dass der Naturalismus für Menschen, die große Probleme haben, keine Alternative darstellt.
Fast volle Zustimmung (ich weiß jetzt nicht, was "Autor" dazu schrieb). Eine Alternative ist er schon, nur für die Problembeladenen nicht einsichtig und nicht so einfach annehmbar. Wer sich von Haus schwer tut, liest lieber im Koran oder Bibel nach, was zu tun ist um seine Probleme zu lösen (als dass er/sie selbst nach Lösungen sucht).
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Beitragvon Klaus » Di 31. Okt 2006, 21:21

Der Faulere von den beiden bleibt am Leben. Wer geht schon bei Gewitter auf Jagd? :D
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Beitragvon Andreas Müller » Di 31. Okt 2006, 21:23

Bar jeder Naturwissenschaft geht der Gottlose im Gewitter auf Jagd.


Aber nicht bar jeder Erfahrung. Bedenke auch, dass sich negative Erlebnisse mit Gewittern verbreiten und das Gewitter an sich verängstigend sind. Ich denke nicht, dass ein ungebildeter Ungläubiger bei einem Gewitter Jagen gehen würde.

IMO hat die Abgabe eigener Entscheidungen an "höhere" Instanzen schon einen Überlebensvorteil.


Wenn man den Löwen als gefährliches Raubtier versteht - was nicht unoffensichtlich ist - und sich aus dieser Position heraus gegen ihn wehrt oder vor ihm versteckt, dann ist das alle mal zweckdienlicher als ein furcheinflößender Löwen-Gott.

Auch ein ungebildeter Mensch ist ohne Gott besser dran. Wenn er unbedingt ein verbindliches Regelwerk haben will, soll er die Menschenrechte nehmen.
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Beitragvon gavagai » Di 31. Okt 2006, 22:52

Der Autor hat geschrieben: Bedenke auch, dass sich negative Erlebnisse mit Gewittern verbreiten und das Gewitter an sich verängstigend sind.
Eben. Das stützt die These, dass man so - eine wissenschaftliche Erklärung hat man nicht - nach einer Erklärung sucht und schon ist Donar erfunden.
Der Autor hat geschrieben:Ich denke nicht, dass ein ungebildeter Ungläubiger bei einem Gewitter Jagen gehen würde.
Ja, und er sucht eine Erklärung dafür = Donar. Ich meine eher, du (oder allgemein: viele) stellen sich das so schwarz / weiß vor: hier Gläubiger, dort Ungläubiger. Die Religion entstand nicht von heute auf morgen. Es war IMO ein dumpfes Gefühl, dass dann später zu Legenden ausgeschmückt wurde. Vor 100.000 Jahren gab's keine Atheisten, denke ich. Aber irgendwie gehört die religiöse Erklärung, die märchenhafte Begründung des unverständlichen Geschehens in der Natur zum Menschsein, denn Tiere haben keine Religion. Sie suchen auch nicht nach Erklärungen (was vielleicht die Erklärung ist, warum sie keine Religion haben - trotz Angst vorm Gewitter).
Der Autor hat geschrieben:Auch ein ungebildeter Mensch ist ohne Gott besser dran. Wenn er unbedingt ein verbindliches Regelwerk haben will, soll er die Menschenrechte nehmen.
Einverstanden, aber das stand ja nicht zur Debatte. Ich will ja nicht nachweisen, dass Religion gut sei. Sondern: IMO dass viele Menschen, ja die Mehrheit nach einem Regelwerk giert, sei es die Bibel oder Koran oder Wachtturm oder ein Esoterikbuch. Für sie ist es vorteilhaft, wenn sie sich an was klammern können. Nimm einem Zeugen Jeohovas das Wachtturm Abo weg und er weiß nicht mehr, was tun.
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Beitragvon Andreas Müller » Di 31. Okt 2006, 23:05

die religiöse Erklärung, die märchenhafte Begründung des unverständlichen Geschehens in der Natur zum Menschsein


Ich denke eher, das Wahrnehmen der Welt in Geschichtenform gehört zum Menschsein, nicht speziell das Wahrnehmen in religiösen Geschichten. Ich empfehle zu dem Thema immer gerne "Die Philosophen der Rundwelt" von Terry Pratchett: http://hpd-online.de/node/255

Das stützt die These, dass man so - eine wissenschaftliche Erklärung hat man nicht - nach einer Erklärung sucht und schon ist Donar erfunden


Warum sollte eine solche Erklärung notwendiger Weise religiös sein? Aber gut: Sicherlich ist es so, dass "wir" es inzwischen besser wissen und in der kulturellen Evolution vorangeschritten sind. Ich sage nur, dass Religion kein notwendiger Bestandteil der menschlichen Natur ist, was auch für ungebildete Zeitgenossen gilt.
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Beitragvon gavagai » Mi 1. Nov 2006, 00:11

Der Autor hat geschrieben:Ich denke eher, das Wahrnehmen der Welt in Geschichtenform gehört zum Menschsein, nicht speziell das Wahrnehmen in religiösen Geschichten.
Nun, da sehe ich keinen Widerspruch. Viele der ältesten Geschichten sind Mythen, die entweder pure Religion sind (Bibel, Edda) oder Religion verweben (Ilias, Odysseus). Das sind jetzt nur die schriftlich vorhandenen Stories aus der Urzeit. Und ich meine, dass die mündliche Überlieferung nicht anders (eher noch mythischer und religiöser) aussieht.
Noch ein Punkt: das "Überleben" der Religionen bis in das Altertum zeigt, dass sie evolutionär nicht ausgerottet wurde. Es liegt nahe, dies darauf zurückzuführen, dass sie von Vorteil waren.
Das stützt die These, dass man so - eine wissenschaftliche Erklärung hat man nicht - nach einer Erklärung sucht und schon ist Donar erfunden

Der Autor hat geschrieben:Warum sollte eine solche Erklärung notwendiger Weise religiös sein?
Sie muss nicht notwendigerweise religiös sein. Es wäre auch möglich (zumindest denkbar), dass vor - sagen wir - 50.000 Jahren eine andere Erklärung gefunden wäre. Aber: ich kann mir kaum eine andere vorstellen, als eine natur-religiöse. Und (der stärkere Punkt): die Donar-Erklärung (und ähnliche bei den Griechen und Römern) ist belegt.
Der Autor hat geschrieben: Ich sage nur, dass Religion kein notwendiger Bestandteil der menschlichen Natur ist, was auch für ungebildete Zeitgenossen gilt.
Einverstanden. Ich sehe so ziemlich nix als notwendigen Bestandteil der Natur (im Sinne von: von der Evolution hervorgebracht) an. Wenn's z. B. keine Augen gäbe, ging's auch irgendwie.
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Beitragvon Hans » Mi 1. Nov 2006, 23:50

Klaus hat geschrieben:Ich meine der Autor hat im wesentlichen Recht. es geht nicht um Religionsfreiheit sondern um Freiheit von der Religion.... ...ist keine Missionsarbeit, es ist Aufklärung. Und um nichts anderes geht es.

Aufklärung ist der richtige Begriff. Aber ist die Aufklärung nicht gescheitert? Ich habe mal ein Zitat gefunden:

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude [wage es verständig zu sein]! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
(Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Berlinische Monatsschrift, 1784,2, S. 481-494)


Und wie sieht es heute aus? Die Leute glauben zwar - in der westlichen Welt - nicht mehr so stark an Religionen. Aber dafür an allen möglichen anderen Mist. An Verschwörungstheorien (Mondlandung = Betrug), an Gleichstromlicht, an Granderwasser, an Homöopathie, an Wunderheiler und tausenderlei anderen Mumpitz. Von der Aufklärung haben wir uns doch weit entfernt.

[EDIT] Und das Schlimme daran ist, dass auch akademisch gebildete Menschen auf diesen Esoterik-Betrug hereinfallen.
Zuletzt geändert von Hans am Mi 1. Nov 2006, 23:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Andreas Müller » Mi 1. Nov 2006, 23:54

Naturalisten halten die Unmündigkeit nicht für selbstverschuldet, insofern hat sich die Definition gewandelt.
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Beitragvon Klaus » Do 2. Nov 2006, 00:25

Diese Flucht der Menschen in Esoterik und anderen Mummenschanz hat nicht zwangsläufig etwas mit Intelligenz zu tun, es ist auch Resignation und mangelnde Aufklärung, die Wissenschaften sind den gesellschaftlichen Verhältnissen enteilt, und wenn ich Dawkins und die anderen richtig verstehe geht es genau darum, die Menschen wieder an ein hohes Level von Wissen heranzuführen, die Angst vor der Erkenntnis zu nehmen, die Wissenschaften haben recht. Dawkins holt die Wissenschaftlern aus ihren Elfenbeitürmen heraus, aus ihren Laboren und bringt sie zu den Menschen, das ist eine Weiterentwicklung der Aufklärung, ein nächster Schritt, eine Etappe in meinen Augen.
Das erinnert mich an Diderot und viele andere dieser Zeit.
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Beitragvon Max » So 21. Jan 2007, 19:57

Der Autor hat geschrieben:Naturalisten halten die Unmündigkeit nicht für selbstverschuldet, insofern hat sich die Definition gewandelt.


Auch wenn Unmündigkeit anerzogen ist, halte ich den Begriff "selbstverschuldet" durchaus für legitim. Ein Mörder ist schließlich auch für seine Tat verantwortlich. Dass die (meist sehr schlechten) Bedingungen, unter denen er aufgewachsen ist, ihres geleistet haben, nehmen ihm nicht die Verantwortung für sich selbst.
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Beitragvon Andreas Müller » So 21. Jan 2007, 21:28

Ein Mörder ist schließlich auch für seine Tat verantwortlich.


Niemand ist für irgend etwas verantwortlich. Alles ist determiniert. Und wenn's nicht determiniert ist, dann ist es Zufall (wobei ich nach wie vor denke, dass man die Quantenebene nicht auf die Physik der "großen Dinge" übertragen kann, also alles, was für uns von Belang ist, determiniert wäre). Das ist ja eben der Naturalismus - alles basiert auf Naturgesetzen, auch der Mensch und seine Handlungen sind Ergebnisse von Gesetze, die er nicht beeinflussen kann.

Dass die (meist sehr schlechten) Bedingungen, unter denen er aufgewachsen ist, ihres geleistet haben, nehmen ihm nicht die Verantwortung für sich selbst.


Nein. Diese Bedingungen beeinflussen seinen Charakter. Das heißt nicht, dass er unbedingt zum Mörder werden muss. Das ist eben der gefährliche Punkt, wenn man von Determinismus spricht - zu meinen, man würde die Zukunft kennen. Das ist natürlich nicht so. Er kann sich durchaus entscheiden, anders zu handeln, aber er kann nicht frei entscheiden, sonst bräuchte er einen freien Willen, den es bekanntlich nicht gibt. Auch seine Entscheidung ist wieder determiniert, aber für uns - und für ihn selbst (siehe Hintergrundbewusstsein) nicht immer durchschaubar. Wir tun viele Dinge aus Gründen, die uns bewusst nicht bekannt sind. Die Gründe, die uns bekannt sind, können wir nicht beeinflussen. Es wird nur die Illusion erzeugt, wir würden unsere Handlungen steuern können. Allerdings ist es auch problematisch, was dieses "wir" oder "ich" nun ist. Diese subjektive Instanz ist ein Konstrukt unseres Gehirns (welches auf Naturgesetzen basiert etc.). Man könnte - und der Einfachheit halber tun das auch naturalistische Philosophen - trotzdem von einem subjektiven "Ich" sprechen, allerdings als Ergebnis von natürlichen Prozessen. Dabei ist es klar, dass wir uns wiederum nicht bewusst machen können, dass es keinen freien Willen gibt. Diese Illusion ist sehr effektiv. Logisch erfassen und akzeptieren können wir es jedoch.

Man könnte trotzdem sagen, dass ein Mörder für einen Mord verantwortlich ist. Einfach, weil sein determiniertes Subjekt den Mord begangen hat und niemand sonst. Deshalb kann man dieses Subjekt auch bestrafen, denn das setzt wieder Mechanismen in Gang, die ihn mit etwas Glück davon abhalten, wieder einen Mord zu begehen.

Kannst du mein geliebtes "lol"-Smilie wieder einbauen?
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Beitragvon Max » So 21. Jan 2007, 21:38

Der Autor hat geschrieben:Alles ist determiniert.

Dann ist ein determiniertes Wesen dafür verantwortlich. Dies steht im Gegensatz zum freien, idealistischen Wesen. Es ist in jedem Falle aber das Wesen, das Individuum weiterhin verantwortlich. Ob die Tat vorherbestimmt war, spielt keine Rolle.

Der Autor hat geschrieben:Kannst du mein geliebtes "lol"-Smilie wieder einbauen?

Nur, wenn das Smilie grün ist und dieselbe Größe wie die anderen hat.
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Beitragvon Andreas Müller » So 21. Jan 2007, 21:45

Dann ist ein determiniertes Wesen dafür verantwortlich.


Ich weiß nicht, ob "Verantwortung" wirklich das richtige Wort in diesem Fall wäre. Das ist, als würdest du sagen, ein Roboter ist dafür verantwortlich, dass er funktioniert.

Nur, wenn das Smilie grün ist und dieselbe Größe wie die anderen hat.


Hauptsache ich kriege es wieder. Ich verwende dieses zwinkernde Smilie ständig.
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Beitragvon Max » So 21. Jan 2007, 21:48

Ich weiß nicht, ob "Verantwortung" wirklich das richtige Wort in diesem Fall wäre. Das ist, als würdest du sagen, ein Roboter ist dafür verantwortlich, dass er funktioniert.


Es ist so, als würde ich sagen, dass ein Roboter dafür verantwortlich ist, was er macht. Und das ist er. Dafür, ob er funktioniert, sind die Programmierer und Techniker verantwortlich.
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