ganimed hat geschrieben:Unser Hirn ist doch genau wie eine Abwägungsmaschine aufgebaut.
Gut, ich vermute, dass jener Sachverhalt wieder zurück auf die Grundfragestellung des Determinismus führt, wie sie im Thread "Willensfreiheit bei MSS" und zahlreichen anderen geklärt wird.
So wie Du vom menschlichen Gehirn sprichst will es mir aber so scheinen, als würdest du dem Gehrin einem zweckmäßigen Plan unterstellen wollen. Ich kenne dich nicht gut genug um zu behaupten, dass du wirklich so denken würdest; so wie Du dich formulierst, allerdings, - und auf mehr kann ich nicht zurückgreifen - muss ich folgendes entgegensetzen (ja, ich
muss, das fordert mein Stolz, der sich am liebsten mit vollkommen Fremden im Internet misst!): unser Hirn ist nicht zum Abwägen geschaffen, so wie die Hand nicht zum Greifen und das Auge nicht zum Sehen geschaffen ist (diese Art der historischen Betrachtung ist dir sicherlich bekannt.) Demnach weiss ich nicht recht, wie du die Metapher der "Abwägungsmaschine" konkretisieren und stüzen willst; es gibt die Computermetapher, auf die du gern zurückgreifen kannst: hier ist der "Abwäger" - ich heiße diese höhere Instution in der geistigen Oligarchie "Geschmack" - ein Teil des umfassenderen "Apparates". Außerdem ist es für mich dann viel leichter gegen dich zu argumentieren, weil ich nicht auf deine persönlichen Einwände, sondern nur auf die generellen Schwachpunkte einer solchen Vorstellung eingehen muss - beliebte Argumentationsstrategie für solche, die nicht ernsthaft daran interessiert sind, eine Folgerung aus einer Diskussion zu ziehen.
Ich stehe deiner Annahme nicht grundlegend entgegen, nein, ich selber glaube ja, dass sich jene neuronalen Prozesse abspielen, in sekundenschnelle, fast instantan gänzlich unbewusst; dass am Ende jenes Prozesses uns nur die letzten Entscheidungen ins Bewusstsein dringen... eine wunderbare Sache ist das, die die von Pi[zz]a Hut geäußerte These Engels unterstützt:
„Sätze, die in der Philosophie seit Jahrhunderten aufgestellt, die oft genug längst philosophisch abgetan sind, treten oft genug bei theoretisierenden Naturforschern als funkelneue Weisheit auf und werden sogar eine Zeitlang Mode.“ Deswegen: Nietzsche lesen!und ihn lesen, wie er gelesen sein möchte (das soll man ihm schon zusprechen, hat sich ja immerhin Mühe gemacht damit uns klug machen zu wollen) -->
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1961&kapitel=15&cHash=90a556f8dcals3004#gb_foundganimed hat geschrieben:Hast du da zufällig eine komplette Liste der Sitten von Steinzeitmenschen rumliegen, auf die du dich berufst? Ich kann mir eine so unmenschliche Gemeinschaft auch damals nicht vorstellen, in der jegliche persönlichen Wünsche unterdrückt und unter Strafe gestellt würden. Wieso sollte eine so drakonische, freudlose Ordnung jemals enstanden sein? Die Vermutung, dass damals persönliche Wünsche nicht ausgelebt werden durften halte ich für aus der Luft gegriffen.
Dies ist eine andere Fragestellung, zu der du gern einen neuen Thread eröffnen darfst, wenn du es wünschen solltest.
Dieses B e i s p i e l sollte nur e i n Hinweis darauf sein, dass Vor- und Nachteil keine leichtfertig zu mathemathicerenden Begriffe sind. Du verstehst warum? Genau, weil sich ein kurzzeitiger und immanenter Vorteil einem nachhaltigem und exogenem Nachteil entgegengestellt sieht; und d a s soll die geringe Geistigkeit des jungen Menschen hinbekommen?
Die griechische Tragödie hat diesen Zwispalt tausendfach zum Ausdruck gebracht - Kunst rules! ( ä c h t e Kunst, kein dummer Schnickschnack - ich bestimme übrigens darüber, was Schnickschnack und was nicht)
ganimed hat geschrieben:Sinnloses Handeln der Tiere? In dem Universum, aus dem ich komme, gibt es so etwas nicht. Hast du Beispiele?
Alles Handeln der Tiere ist unmittelbar. Ausnahmen stellen einzig die auf kurze zeitliche Distanz zielgerichteten Handlungen von Tieren mit geringer Bewußtseinsausprägung, wie Rabenvögel und Menschenaffen, dar. Es gibt im Universum kein Tier außer dem Menschen, welches sich einen Sinn schaffen kann, welches, selbst wenn es Menschenkommunikation beherrschte, nachvollziehen könnte, was Worte wie "Sinn" oder "Ziel" bedeuten. Der Mensch ist das erste Tier mit starkem Willen, der, gegen welche Umstände auch immer, ein einmal Gewolltes immer weiter will! Wir könn(t)en versprechen. Und die Wissenschaft soll uns tausendmal zeigen, wo dort, wo der Zufall vermutet wird, eine Kausalität vorliegt, dmait wir immer besser versprechen können und immer weiter in die Zukunft hineinwirken können!
Aber welchen Kurs hat die Wissenschaft eingeschlagen? Sie will uns das Leben leichter machen - hier ist es wieder: welchen Vorteil w i l l man? Es ist die gleiche Problematik, die ich vor einem Jahr schilderte in dem Absatz über Stoicismus und die Entscheidung, entweder nach mehr Lust, oder nach weniger Leiden zu streben. Inwiefern wird diese Entscheidung denn von unserem Geschmack getroffen? Beides kann als Vorteil erkannt werden; und gerade in Zeiten des großen Leides, einem lang andauernden Kireg oder unter der Gefahr einer Pandemie, ist es verdammt noch mal klug, das weniger leiden als seinen Vorteil anzusehen - trotzdem bleibt es eine E n t s c h e i d u n g , ganz gleich, ob bewußt oder unbewußt. Bei jeder Entscheidung liegt immer das gesamte bisherige Leben und jede vorangegangene Entscheidung mit auf der Waage - hier versagt die Mathematik.