Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Mi 17. Sep 2008, 12:36

...folgt daraus, dass es nur natürliche Objekte geben kann?

Meiner Anicht nach stellt El Schwalmo schon die Frage falsch, auch oder gerade wenn die Antwort natürlich lauten muss: Selbstverständlich nicht!

... was wiederum natürlich nicht heißt, dass es übernatürliche Objekte gibt!


El Schwalmo fragte, ob man "aus den Diskursregeln (Anm.: der naturwissenschaftlicher Forschung) eine Ontologie ableiten kann." und möchte hierzu außerdem einen Blogeintrag zur Diskussion stellen.

Was folgt aus der 'Welt für mich' für die 'Welt an sich'?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 17. Sep 2008, 14:13

sapere aude hat geschrieben:...folgt daraus, dass es nur natürliche Objekte geben kann?

Meiner Anicht nach stellt El Schwalmo schon die Frage falsch, auch oder gerade wenn die Antwort natürlich lauten muss: Selbstverständlich nicht!

... was wiederum natürlich nicht heißt, dass es übernatürliche Objekte gibt!

die Frage, die sich nun stellt, ist, über was Du eigentlich diskutieren möchtest.

Setze einfach für 'übernatürliche Objekte' irgendwas in Richtung 'Gott'. Du hast gesagt, dass man diese Frage nicht entscheiden kann. Das ist mein Standpunkt.

Ich habe angefügt, dass es keinen Sinn macht, in wissenschaftlichen Diskursen über übernatürliche Objekte zu diskutieren, eben weil aus dieser Methodik keine Ontologie folgt: aus der Tatsache, dass wir etwas nicht erforschen oder möglicherweise gar nicht darüber sprechen können, folgt nichts über eine Existenz. Wenn ich es richtig sehe, sind wir uns einig.

Mein Punkt hinsichtlich des Blogeintrags war ein anderer: es ging um Diskursstrategien. Card hat sehr deutlich die Defizite vieler Menschen aus meinem Lager dargestellt. Darüber könnte es sich lohnen, zu diskutieren. Wenn man davon ausgeht, dass man die HardLiner beider Seiten nicht überzeugen kann, geht es letztendlich darum, Unentschlossene zu gewinnen. Wie bestimmte 'Argumente' auf interessierte Zuhörer wirken können, hat Card treffend dargestellt.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon folgsam » Mi 17. Sep 2008, 14:38

Das andere Leute diese Defizite eher bei Card und ID sehen, sollte vielleicht noch erwähnt werden:

http://scienceblogs.com/pharyngula/2006 ... gent_d.php
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 17. Sep 2008, 15:28

folgsam hat geschrieben:Das andere Leute diese Defizite eher bei Card und ID sehen, sollte vielleicht noch erwähnt werden:

http://scienceblogs.com/pharyngula/2006 ... gent_d.php

nun könnte man sich noch fragen, was wir eigentlich wollen:

- über meinen Blog-Eintrag disktuieren?

- über Cards Artikel diskutieren?

- über Meyers Kritik diskutieren?

- den Text von Card parallel zu dem lesen, was Myers schreibt?

- einfach sagen, weil es genug Links gibt, brauchen wir nicht mehr zu diskutieren?

Myers ist Partei, Card ist Partei. Ich bin mir nicht sicher, ob Myers Card in die richtige Schublade steckt.

Und vielleicht noch was: mir ging es vor allem um Diskursstrategien und um das, was Card dazu gesagt hat.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Mi 17. Sep 2008, 15:30

El Schwalmo, Deine Frage (ob aus aus der Tatsache, dass wir etwas nicht erforschen oder möglicherweise gar nicht darüber sprechen können, nichts über eine Existenz folgt) kann man sehr wohl entscheiden. Und zwar folgendermaßen:

Was liegt im Rahmen unserer Erkenntnisfähigkeit?

Natürliche Dinge.

Können wir daher von anderen Dingen als natürlichen behaupten, dass sie existieren?

Nein.

Hieße das, dass übernatürliche Dinge nicht existieren?

Ja.

Die Nutzung naturwissenschaftlicher Methoden unterliegt keiner voraussetzungslosen Willkür. Es gibt in dieser Welt für uns keine andere Methode gesicherter objektiver Erkenntnis. Wir können uns das nicht aussuchen.

Und natürlich folgt sehr wohl aus unserer Methode der Rückschluss auf Existenz von Übernatürlichem. Denn wie bereits in einem früheren Beitrag geschrieben, wäre der Behaupter einer übernatürlichen Existenz in der Beweispflicht.

Dies wird ihm aus den obengenannten Gründen natürlich nicht gelingen. Trotzdem diese übernatürliche "Existenz" weiter zu behaupten und sie mit natürlichen Attributen zu versehen, zeugt schon von einigem an beängstigender Wahnhaftigkeit oder frecher Chuzpe.

Darüber hinaus ist die revanchistische Forderung, doch einen Beweis von Nichtexistenz zu liefern, ein Widerspruch in sich und damit noch frecher als die Behauptung der Existenz von Übernatürlichem.

Deshalb ist ID nicht nur unwissenschaftlich, sondern verrückt, da sie als "Erklärung" natürlicher Phänomene etwas postuliert, das es nicht gibt.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 17. Sep 2008, 16:37

sapere aude hat geschrieben:El Schwalmo, Deine Frage (ob aus aus der Tatsache, dass wir etwas nicht erforschen oder möglicherweise gar nicht darüber sprechen können, nichts über eine Existenz folgt) kann man sehr wohl entscheiden. Und zwar folgendermaßen:

Was liegt im Rahmen unserer Erkenntnisfähigkeit?

Natürliche Dinge.

ACK

sapere aude hat geschrieben:Können wir daher von anderen Dingen als natürlichen behaupten, dass sie existieren?

Nein.

Hieße das, dass übernatürliche Dinge nicht existieren?

Ja.

Interessant. Ich sehe aber keine Begründung für diese Behauptung.

sapere aude hat geschrieben:Die Nutzung naturwissenschaftlicher Methoden unterliegt keiner voraussetzungslosen Willkür. Es gibt in dieser Welt für uns keine andere Methode gesicherter objektiver Erkenntnis. Wir können uns das nicht aussuchen.

Das war nicht mein Punkt. Unter Anerkennung der Methode gehe ich davon aus, dass aus der Möglichkeit der Erkennbarkeit nichts über Existenz folgt. Auch wenn wir etwas nicht erkennen können, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert.

sapere aude hat geschrieben:Und natürlich folgt sehr wohl aus unserer Methode der Rückschluss auf Existenz von Übernatürlichem. Denn wie bereits in einem früheren Beitrag geschrieben, wäre der Behaupter einer übernatürlichen Existenz in der Beweispflicht.

Was wäre, falls niemand behauptet, dass etwas existiert? Willst Du auf 'esse est percipi' anspielen?

sapere aude hat geschrieben:Dies wird ihm aus den obengenannten Gründen natürlich nicht gelingen. Trotzdem diese übernatürliche "Existenz" weiter zu behaupten und sie mit natürlichen Attributen zu versehen, zeugt schon von einigem an beängstigender Wahnhaftigkeit oder frecher Chuzpe.

Und? ist das ein Argument gegen Existenz?

sapere aude hat geschrieben:Darüber hinaus ist die revanchistische Forderung, doch einen Beweis von Nichtexistenz zu liefern, ein Widerspruch in sich und damit noch frecher als die Behauptung der Existenz von Übernatürlichem.

Deshalb ist ID nicht nur unwissenschaftlich, sondern verrückt, da sie als "Erklärung" natürlicher Phänomene etwas postuliert, das es nicht gibt.

Wie kommst Du nun eigentlich auf ID? Das hat mit dem, worüber wir gerade reden, gar nichts zu tun.

Thread 1: jemand behauptet, Entität x existiert

Thread 2: jemand behauptet, unsere Erkenntnisfähigkeit reicht nicht aus, die Frage zu entscheiden, ob x existiert

Im ersten Fall hast Du Recht: der, der die These vertritt, ist beweispflichtig.

Im zweiten Fall kannst Du behaupten, dass diese Frage nicht einmal sinnvoll gestellt werden kann. Dann sind wir bei den Diskursregeln. Aber ich sehe nicht, dass Du die Behauptung, dass x nicht existiert, mit dem Anspruch auf Geltung vertreten kannst.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Mi 17. Sep 2008, 17:58

Du hast Deine Haltung zu diesem Statement noch nicht preisgegeben:

sapere aude hat geschrieben:Können wir daher von anderen Dingen als natürlichen behaupten, dass sie existieren?
Nein.


Wenn man von anderen Dingen als natürlichen nicht behaupten kann, dass sie existieren, existieren sie nicht.

Wenn Du von etwas nie sagen kannst, dass es existiert, existiert es selbstverständlich nicht.

Normalerweise gilt dies natürlich nur für Dinge, die wir prinzipiell erkennen könnten, spätestens bis wir vom Gegenteil überzeugt werden.

Bei Dingen, die wir prinzipiell nicht erkennen könnten, selbst wenn wir noch so wollten, können wir auch nicht vom Gegenteil überzeugt werden. Nie. Deshalb existieren sie nicht.

Selbst die Möglichkeit ihrer Existenz ist ausgeschlossen, da Existenzbegriff immer die prinzipielle Erkenntnis beinhaltet. Eine Sache, die man nicht zumindest prinzipiell erkennen kann existiert nicht.

Ein Beispiel: Man kann sich einen "Gott" vorstellen und ihm allerlei Eigenschaften zuschreiben. Diese Eigenschaften sind für uns begreiflich, erkennbar - aber nicht überprüfbar, da das Objekt, dem wir diese Eigenschaften zuschreiben, ja nicht existiert. Damit können wir auch nie vom Gegenteil überzeugt werden.

Der Beweis einer Existenz oder Nichtexistenz setzt immer Existenz voraus! Existenz setzt immer Erkennbarkeit voraus.

Das war nicht mein Punkt. Unter Anerkennung der Methode gehe ich davon aus, dass aus der Möglichkeit der Erkennbarkeit nichts über Existenz folgt. Auch wenn wir etwas nicht erkennen können, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert.


Doch! Man muß natürlich - wie gesagt - die temporäre von der prinzipiellen Erkennbarkeit unterscheiden. Röntgenstrahlen waren vor 300 Jahren nicht erkennbar, aber sie waren es prinzipiell natürlich immer. Übernatürliches ist für uns prinzipiell nicht erkennbar, deshalb existiert es nicht. Der Existenzbegriff umfasst die prinzipielle Erkennbarkeit durch uns.

sapere aude hat geschrieben:Und natürlich folgt sehr wohl aus unserer Methode der Rückschluss auf Existenz von Übernatürlichem. Denn wie bereits in einem früheren Beitrag geschrieben, wäre der Behaupter einer übernatürlichen Existenz in der Beweispflicht.

Was wäre, falls niemand behauptet, dass etwas existiert?


Das hängt nicht an dem Wort.

sapere aude hat geschrieben:Dies wird ihm aus den obengenannten Gründen natürlich nicht gelingen. Trotzdem diese übernatürliche "Existenz" weiter zu behaupten und sie mit natürlichen Attributen zu versehen, zeugt schon von einigem an beängstigender Wahnhaftigkeit oder frecher Chuzpe.

Und? ist das ein Argument gegen Existenz?


Nein, ein kleiner Exkurs zu meinem eigentlichen Nachweis der Nichtexistenz von Übernatürlichem.

Thread 1: jemand behauptet, Entität x existiert

Thread 2: jemand behauptet, unsere Erkenntnisfähigkeit reicht nicht aus, die Frage zu entscheiden, ob x existiert

Im ersten Fall hast Du Recht: der, der die These vertritt, ist beweispflichtig.

Im zweiten Fall kannst Du behaupten, dass diese Frage nicht einmal sinnvoll gestellt werden kann. Dann sind wir bei den Diskursregeln. Aber ich sehe nicht, dass Du die Behauptung, dass x nicht existiert, mit dem Anspruch auf Geltung vertreten kannst.


Wie gesagt, die Diskursregeln sind in diesem Fall nicht verhandelbar. Und die Frage lautet nicht, ob unsere Erkenntnisfähigkeit nicht ausreicht zu einer Entscheidung zu kommen. Wir stehen gar nicht vor irgendeiner Entscheidung. Deshalb ist jede Behauptung, dass Übernatürliches existiere, unzutreffend und jede Forderung dies zu beweisen unsinnig, da per definitionem unmöglich.

Diese Frage offen zu lassen, wie Agnostiker dies tun, ist ebenfalls unsinnig, da prinzipiell nicht Erkennbares nicht erkennbar ist und deshalb nicht exisitert.

Alle Eventualitäten - vor allem die nichtvorhandenen - in irgendwelche philosophischen oder lebenspraktischen Erwägungen mit einzubezeihen, ist unmöglich, schon allein da die Menge der nichtexistenten Dinge größer ist, als die der existenten.

Unser psychisches Problem ist, dass für uns auch Unmögliches prinzipiell denkbar ist. Deshalb gehen wir davon aus, dass es zumindest eine gewisse Restwahrscheinlichkeit für prinzipiell Unmögliches, wie z.B. ein viereckiges Dreieck oder die Existenz von Übernatürlichem gibt, auch wenn sich dies grundsätzlich logisch widerspricht.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 17. Sep 2008, 21:45

sapere aude hat geschrieben:Du hast Deine Haltung zu diesem Statement noch nicht preisgegeben:

sapere aude hat geschrieben:Können wir daher von anderen Dingen als natürlichen behaupten, dass sie existieren?
Nein.

komisch, ich dachte, das sei klar: nein. Aber wir können das auch nicht ausschließen. Und exakt das ist mein Punkt.

Wir können zwar mit Wittgenstein sagen, dass wir von dem, worüber wir nicht sprechen können, schweigen müssen. Aber das ist eine epistemische, keine ontische Aussage.


sapere aude hat geschrieben:Wenn man von anderen Dingen als natürlichen nicht behaupten kann, dass sie existieren, existieren sie nicht.

Wenn Du von etwas nie sagen kannst, dass es existiert, existiert es selbstverständlich nicht.

Wie um alles in der Welt willst Du von etwas wissen, dass Du nie sagen kannst, dass es existiert?

sapere aude hat geschrieben:Normalerweise gilt dies natürlich nur für Dinge, die wir prinzipiell erkennen könnten, spätestens bis wir vom Gegenteil überzeugt werden.

Geschenkt.

sapere aude hat geschrieben:Bei Dingen, die wir prinzipiell nicht erkennen könnten, selbst wenn wir noch so wollten, können wir auch nicht vom Gegenteil überzeugt werden. Nie. Deshalb existieren sie nicht.

Du machst gerade genau das, was ich problematisiere: Du machst aus einer pragmatischen Aussage, einer Diskursregel ('überzeugt werden') eine ontische ('existiert nicht'). Irgendeine Begründung für 'Deshalb' kann ich beim besten Willen nicht finden.

sapere aude hat geschrieben:Selbst die Möglichkeit ihrer Existenz ist ausgeschlossen, da Existenzbegriff immer die prinzipielle Erkenntnis beinhaltet.

Wie um aller Welt willst Du das begründen? Wie willst Du aus einem Begriff auf das Sein schließen?

sapere aude hat geschrieben:Eine Sache, die man nicht zumindest prinzipiell erkennen kann existiert nicht.

Hast Du irgendeine Begründung für diese Aussage?

sapere aude hat geschrieben:Ein Beispiel: Man kann sich einen "Gott" vorstellen und ihm allerlei Eigenschaften zuschreiben. Diese Eigenschaften sind für uns begreiflich, erkennbar - aber nicht überprüfbar, da das Objekt, dem wir diese Eigenschaften zuschreiben, ja nicht existiert. Damit können wir auch nie vom Gegenteil überzeugt werden.

Und? Was sagt das über die Existenz eines Gottes aus, den sich keiner vorstellt?

sapere aude hat geschrieben:Der Beweis einer Existenz oder Nichtexistenz setzt immer Existenz voraus! Existenz setzt immer Erkennbarkeit voraus.

Wie um alles in der Welt willst Du begründen, dass sich das Sein nach den Möglichkeiten unserer Beweismöglichkeiten richtet?

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Das war nicht mein Punkt. Unter Anerkennung der Methode gehe ich davon aus, dass aus der Möglichkeit der Erkennbarkeit nichts über Existenz folgt. Auch wenn wir etwas nicht erkennen können, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert.

Doch! Man muß natürlich - wie gesagt - die temporäre von der prinzipiellen Erkennbarkeit unterscheiden.

Auch das hilft Dir nicht weiter. Wie willst Du vor der Entdeckung der Röntgenstrahlen diesbezüglich prinzipielle von temporärer Erkennbarkeit unterscheiden?

sapere aude hat geschrieben:Röntgenstrahlen waren vor 300 Jahren nicht erkennbar, aber sie waren es prinzipiell natürlich immer. Übernatürliches ist für uns prinzipiell nicht erkennbar, deshalb existiert es nicht. Der Existenzbegriff umfasst die prinzipielle Erkennbarkeit durch uns.

Sorry, ich sehe nicht, wie Du aus dem Begriff auf ein Sein schließen willst.

Was meinst Du eigentlich mit 'prinzipiell nicht erkennbar' im Verhältnis zu potenziell Seiendem? Nochmals: vertrittst Du 'esse est percipi'?

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Und natürlich folgt sehr wohl aus unserer Methode der Rückschluss auf Existenz von Übernatürlichem. Denn wie bereits in einem früheren Beitrag geschrieben, wäre der Behaupter einer übernatürlichen Existenz in der Beweispflicht.

Was wäre, falls niemand behauptet, dass etwas existiert?


Das hängt nicht an dem Wort.

Sondern?

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Dies wird ihm aus den obengenannten Gründen natürlich nicht gelingen. Trotzdem diese übernatürliche "Existenz" weiter zu behaupten und sie mit natürlichen Attributen zu versehen, zeugt schon von einigem an beängstigender Wahnhaftigkeit oder frecher Chuzpe.

Und? ist das ein Argument gegen Existenz?


Nein, ein kleiner Exkurs zu meinem eigentlichen Nachweis der Nichtexistenz von Übernatürlichem.

Sorry, einen Nachweis konnte ich nirgends finden. Du hast das immer nur behauptet, oder behauptet, dass ein Begriff etwas impliziert.

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Thread 1: jemand behauptet, Entität x existiert

Thread 2: jemand behauptet, unsere Erkenntnisfähigkeit reicht nicht aus, die Frage zu entscheiden, ob x existiert

Im ersten Fall hast Du Recht: der, der die These vertritt, ist beweispflichtig.

Im zweiten Fall kannst Du behaupten, dass diese Frage nicht einmal sinnvoll gestellt werden kann. Dann sind wir bei den Diskursregeln. Aber ich sehe nicht, dass Du die Behauptung, dass x nicht existiert, mit dem Anspruch auf Geltung vertreten kannst.

Wie gesagt, die Diskursregeln sind in diesem Fall nicht verhandelbar.

Das schrieb ich doch schon mehrfach.

sapere aude hat geschrieben:Und die Frage lautet nicht, ob unsere Erkenntnisfähigkeit nicht ausreicht zu einer Entscheidung zu kommen. Wir stehen gar nicht vor irgendeiner Entscheidung. Deshalb ist jede Behauptung, dass Übernatürliches existiere, unzutreffend und jede Forderung dies zu beweisen unsinnig, da per definitionem unmöglich.

Es geht nicht um eine Entscheidung in einem konkreten Einzelfall, also die Prüfung, ob etwas, von dem jemand behauptet, es existiere, sondern darum, ob Übernatürliches existieren kann. Dagegen hast Du noch kein Argument gebracht.

Du hast gerade wieder die Diskursregeln formuliert, das Thema war aber, ob aus diesen Diskursregeln eine ontische Aussage abgeleitet werden kann. Ich behaupte, dass das nicht geht. Du hast nur behauptet dass das geht.

sapere aude hat geschrieben:Diese Frage offen zu lassen, wie Agnostiker dies tun, ist ebenfalls unsinnig, da prinzipiell nicht Erkennbares nicht erkennbar ist und deshalb nicht exisitert.

Das prinzipiell nicht Erkennbares nicht erkennbar ist, ist eine Trivialität, in etwa wie 'ein weißes Pferd ist weiß'. Entscheidend ist Dein 'deshalb', und dafür sehe ich nirgends eine Begründung. 'Unsinnig' kannst Du auf zwei Ebenen verwenden: auf der Diskursebene und auf der epistemischen. In der Diskursebene stimme ich Dir zu. Wir reden aber gerade über die epistemische, und exakt das war doch der Punkt.

sapere aude hat geschrieben:Alle Eventualitäten - vor allem die nichtvorhandenen - in irgendwelche philosophischen oder lebenspraktischen Erwägungen mit einzubezeihen, ist unmöglich, schon allein da die Menge der nichtexistenten Dinge größer ist, als die der existenten.

Wenn ich richtig informiert bin, gibt es kein nichtexistentes Ding. Du kannst sagen, dass man Begriffe prägen kann, denen kein Ding entspricht. Aber das ist eher belanglos für unsere Frage.

sapere aude hat geschrieben:Unser psychisches Problem ist, dass für uns auch Unmögliches prinzipiell denkbar ist. Deshalb gehen wir davon aus, dass es zumindest eine gewisse Restwahrscheinlichkeit für prinzipiell Unmögliches, wie z.B. ein viereckiges Dreieck oder die Existenz von Übernatürlichem gibt, auch wenn sich dies grundsätzlich logisch widerspricht.

Auch das Ausweichen auf Mathematik nutzt Dir nichts, denn wir reden über Dinge, nicht über Konstrukte. Mathematik ist ein ganz schlechtes Beispiel, denn die ist menschengemacht. Hier wird eine Welt konstruiert. Und zwar im Sinne es eines 'radikalen Konstruktivismus'. Es ist natürlich zulässig, Modelle von der Welt zu konstruieren, aber die Welt richtet sich nicht nach dem, was wir konstruieren. Im Bereich des Denkens kann ich, wenn ich 'Viereck' definiert habe, exakt angeben, welche 'Vierecke' es geben kann und was nicht möglich ist. Und ich kann das sogar beweisen.

Deine Argumentation erinnert mich an mein KI-Praktikum im Informatik-Studium. Diese Programme gingen von der 'closed world assumption' aus. Wenn Du denen eine Frage gestellt hast, die mit deren Daten und Regeln nicht beantwortbar war, haben die mit 'nein' geantwortet. Korrekt wäre gewesen 'nicht entscheidbar'. Genauso machst Du das auch: Du hast Regeln und Daten. Daraus folgerst Du, welche Klassen von Entitäten es geben könnte und welche nicht. Aber Du kannst diese 'Folgerung' nicht begründen.

Nur als Denkanstoß: in meiner Jugend war Hoimar v. Ditfurth der beste Wissenschaftsautor. Der hat dann irgendwann geschrieben, dass beispielsweise der Pferdehuf die Steppe 'abbildet' (durch die üblichen Evolutionsmechanismen wird das erreicht). In analoger Weise bildet der menschliche Geist 'den Geist' (v. Ditfurth war Christ) ab. Woher willst Du wissen, dass man nicht irgendwann erkennen könnte, dass eine derartige Übernatur real ist? Du kannst zwar sagen, dass das dann keine Übernatur mehr ist (weil sie ja erkannt wurde), dass dieser Geist kein prinzipiell unerkennbares Wesen war und so weiter, aber in diesem Licht sehen Deine oben gebrachten 'Argumente' doch etwas anders aus.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Do 18. Sep 2008, 03:05

"Methodologischer Naturalismus. Den Wissenschaftlern wird manchmal vorgeworfen (oder sie treten selbst entschieden dafür ein), die wissenschaftliche Forschung auf natürliche Phänomene zu beschränken—das heißt, grob gesagt, auf diejenigen Phänomene, die nur materielle Strukturen in Raum und Zeit betreffen oder dadurch erklärt werden können. Zum Beispiel verkündete Stephen Jay Gould immer wieder, dass dies der eigentliche Zuständigkeitsbereich der Wissenschaft sei; des Weiteren behauptete er, dass die eigentliche Domäne der Religion die Werte und die normativen Urteile seien—das heißt, die Ethik. (Diese Position, wenn sie mit einer nonkognitivistischen oder antirealistischen Auffassung von Normen kombiniert wird, bringt mit sich, dass sich der Bereich der Wissenschaft auf alle objektiven Tatsachen erstreckt. Es ist jedoch nicht überzeugend, den religiösen Glauben aller Tatsachenbehauptungen zu berauben.)
Auf der anderen Seite des ideologischen Spektrums beschuldigen die 'wissenschaftlichen Kreationisten' und ihre antidarwinistischen Genossen, die Vertreter der Theorie des 'intelligenten Designs', die Wissenschaftler oft, dass sie vom Naturalismus als einer metaphysischen Festlegung ausgingen und somit methodologisch darauf festgelegt wären, von vornherein die Möglichkeit auszuschließen, dass übernatürliche Entitäten bei der Erklärung natürlicher Phänomene eine Rolle spielen. Aber es ist nicht der Fall, dass die Wissenschaftler den methodologischen Naturalismus einfach a priori annehmen.
Es gibt mindestens drei Überlegungen, die zum methodologischen Naturalismus geführt haben. Erstens, der methodologische Naturalist kann sich auf die—vorläufige, aber gut belegte—These berufen, dass es keine übernatürlichen Ursachen gibt, die zu erforschen sind. (Er oder sie kann beispielsweise auf die lange und ziemlich schäbige Geschichte paranormaler Thesen hinweisen, die sich nach sorgfältiger Untersuchung entweder als wertlos oder als betrügerisch herausgestellt haben.) Diesem Ansatz gemäß ist der methodologische Naturalismus im Grunde weniger eine methodologische Festlegung denn ein (wohlbestätigter) Befund der Wissenschaft, einer, der folgende Regel gebietet: Sucht stets nach natürlichen Ursachen (oder Erklärungen) der Phänomene. Supernaturalistische Hypothesen sollen nur als letzte Möglichkeit in Erwägung gezogen werden. Jemand, der sich an eine solche Regel hält, schließt das Übernatürliche nicht grundsätzlich aus, sondern es ist die Erfahrung, die ihn lehrt, dass es unwahrscheinlich ist, dass supernaturalistische Hypothesen Früchte tragen.
Ein zweiter—und viel problematischerer—Grund für die Annahme des methodologischen Naturalismus ist, dass das Übernatürliche (oder Nichtnatürliche) grundsätzlich nicht wissenschaftlich untersuchbar sei. Warum sollte man davon ausgehen? Ein oft genannter Grund ist der folgende: Zu sagen, dass etwas nichtnatürlich oder übernatürlich ist, heißt, dass es außerhalb der Zeit oder des Raumes, oder von beidem existiert. Aber es besteht keine Möglichkeit, solch ein Ding zu entdecken; es entzieht sich objektiver Messung. (Oft wird angefügt, dass die Quelle religiöser Überzeugungen 'lediglich' die subjektive Erfahrung sei.)
Es ist jedoch wichtig, hier einem Urteil nicht vorzugreifen. Wir sollten nicht unvorsichtigerweise annehmen, dass wir genug über die Kausalität wissen, um dogmatisch die Möglichkeit ausschließen zu können, dass ein irgendwie außerhalb von Raum oder Zeit (oder von beidem) existierender Akteur mit physischer Materie kausal interagiert. Eine solche Annahme ist in der Tat mit ernsthaften Schwierigkeiten verbunden. Aber nehmen wir um des Argumentes willen an, dass Gott in der Welt handelt. Könnten solche Handlungen erkannt und wissenschaftlich untersucht werden?
Man kann festlegen, dass die Wissenschaft nur die Raumzeitwelt und natürliche Ursachen erforschen sollte. Aber ein vernünftigerer Vorschlag ist, dass die Mission der Wissenschaft darin besteht, jedwedes Phänomen zu erklären, das wir entdecken, und insbesondere darin, die Ursachen der Dinge zu entdecken. Was auch immer einen kausalen Einfluss auf die materielle Welt hat, kann im Prinzip entdeckt und gemessen werden. Also wenn übernatürliche Wesen einen solchen derartigen Einfluss ausüben, warum sollte die Wissenschaft davon Abstand nehmen, die Ursachen der so hervorgerufenen Phänomene zu beschreiben? Es gäbe keine Erfolgsgarantie (die gibt es nie); übernatürliche Ursachen könnten schwer zu fassen sein. Aber das ist nicht dasselbe, wie zu sagen, sie könnten grundsätzlich nicht entdeckt werden. Was aus diesem Grund mit Recht gesagt werden kann, ist, dass supernaturalistische Erklärungen bis dato ausgesprochen unergiebig gewesen sind, wenn es darum geht, kausale Mechanismen zutage zu bringen oder experimentelle Testverfahren vorzuschlagen.
Ein drittes Argument, dem man bisweilen begegnet, ist, dass die wissenschaftliche Erforschung der Welt—insbesondere einschließlich jeglicher historischer Studien der Vergangenheit—durch die Zulassung übernatürlicher Eingriffe in die Welt verunmöglicht würde. Das Argument ist, dass auf die Vergangenheit (und die Zukunft) bezugnehmende Schlüsse, ja Schlüsse aller Art von bekannten Wirkungen auf unbeobachtete Ursachen oder von bekannten Ursachen auf unbeobachtete Wirkungen erfordern, dass sich die Natur ordentlich verhält. Die Möglichkeit einer Geschichtswissenschaft—und von Wissenschaft im Allgemeinen—setzt also eine gesetzliche Regelung des Naturgeschehens ohne übernatürliche Eingriffe voraus. Wir können dann aus gutem Grund den Satz als einen methodologischen Grundsatz übernehmen, dass die Natur, zumindest soweit sie in der richtigen Weise innerhalb des Wirkungskreises der wissenschaftlichen Forschung zugänglich gemacht werden kann, frei von übernatürlichen Ursachen ist.
Ein plausibler Einwand gegen dieses Argument gesteht zu, dass wenn in der Natur zu viele Unregelmäßigkeiten aufträten—sagen wir wegen des ständigen Eingreifens launenhafter übernatürlicher Akteure—, die Wissenschaft dann außerstande wäre, Wissen über die Welt zur Verfügung zu stellen. Aber weshalb sollte man dies annehmen? Warum könnte Gott nicht bei seltenen und bedeutsamen Anlässen auf eine Weise eingreifen, die die Ordnung der Natur nicht massiv stört und durch die unsere wissenschaftlichen Methoden somit nicht außer Gefecht gesetzt werden? Außerdem stellt sich die Frage, warum wir davon ausgehen müssen, dass die Handlungen von Akteuren (ob göttlich oder endlich) unberechenbar oder unerklärlich sein müssen.
Vielleicht unterschätzt dieser Einwand die Größe der Schwierigkeit. Es könnte durchaus sein, dass das gelegentliche Wunder die Naturordnung nicht in dem Maße stört, dass dadurch wissenschaftliche Bemühungen um ein Verständnis der Welt vereitelt werden. Aber wenn Wunder möglich sind, wie können wir wissen, dass sie nur vereinzelt auftreten, und mit begrenzten Auswirkungen auf den Lauf der Natur? Müssen nicht die Beweise für eine solche Behauptung selbst die Gültigkeit der wissenschaftlichen Methoden voraussetzen—und somit voraussetzen, dass die Welt nicht chaotischerweise wunderverseucht ist?
Das Eingeständnis, dass Wunder geschehen, scheint bei diesem Gedankengang Anlass zu einem tiefen Skeptizismus hinsichtlich induktiver Schlussfolgerungen zu geben, und zwar über diejenigen Gründe hinaus, die die Philosophen anderweit gefunden haben. Aber weil das Problem genau an diesem Punkt zu einer Version des Problems des radikalen Skeptizismus wird, werden wir es beiseitelegen."


[meine Übers. aus d. Engl.]

(Fales, Evan. "Naturalism and Physicalism." In The Cambridge Companion to Atheism, edited by Michael Martin, 118-134. Cambridge: Cambridge University Press, 2007. pp. 123-5)
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Do 18. Sep 2008, 03:22

sapere aude hat geschrieben:Was liegt im Rahmen unserer Erkenntnisfähigkeit?

Natürliche Dinge.


Die Gleichsetzung der Begriffe "Erkennbarkeit" und "Natürlichkeit" erscheint mir voreilig.
(Wenn du mit "Erkennbarkeit" "(direkte) Wahrnehmbarkeit" meinst, dann hast du wohl recht.)

sapere aude hat geschrieben:Können wir daher von anderen Dingen als natürlichen behaupten, dass sie existieren?

Nein.


Wir können es, und die Mehrheit der Menschen tut es.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Do 18. Sep 2008, 09:31

Myron, vielen Dank für diesen Beitrag!

Epistempologie (cogito) ist von Ontologie (sum) nicht unabhängig. Es sind zwei untrennbare Seiten einer Medaille. Im Rahmen unserer Erkenntnisfähigkeit liegen also nur natürliche Dinge. Da diese die Voraussetzung für unsere Erkenntnisfähigkeit bilden. Und natürlich können wir willkürlich behaupten, dass übernatürliche Dinge existieren. Wir können viele unsinnige Dinge behaupten. Es ging mir natürlich um die fundierte Behauptung. Die glaubwürdige. Die können wir nur über die Existenz natürlicher Dinge machen.

El Schwalmo, Dein Punkt ist, dass wir die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache nicht beweisen können und also deren möglicher Existenz deshalb eine gewisse Wahrscheinlichkeit einräumen müssen?

Natürlich nicht. Dein Punkt ist, dass Übernatürliches existieren könnte, nur durch uns zur Zeit nicht wahrnehmbar ist.

Wie Du allerdings selbst bemerkst, ist Übernatürliches nicht mehr übernatürlich, wenn wir es wahrnehmen können.

Kann also etwas existieren, das durch uns niemals wahrnehmbar sein wird?

Die Voraussetzung einer seriösen Aussage über Existenz ist deren prinzipielle Wahrnehmbarkeit.

Heißt das, dass wir zumindest die Möglichkeit offenhalten müssen, dass etwas Nichtwahrnehmbares, für das es nicht einmal Indizien gibt, existiert?

Nein. Das müssen wir nicht. Da sich, wenn wir an die Grenzen unseres Begriffe gelangen, ein schwarzes Loch auftut, das jeden Sinn und jede Bedeutung "auffrisst". Die Behauptung, etwas Übernatürliches existiere außerhalb von Raum und Zeit, ist also logisch ein leerer Begriff, da Existenz des Raumes und der Zeit bedarf.

Wir können also über Dinge, die unsere Erkenntnisfähigkeit übersteigen, nicht sprechen, da es sich selbstverständlich auch nicht um Dinge handelt, sondern nichts. Das bedeutet, auch die Einräumung einer möglichen Existenz von "Dingen" außerhalb von Raum und Zeit ist unzulässig. Und indem Du schreibst, wir können eine "Existenz" eines möglichen "übernatürlichen Wesens" nicht ausschließen, räumst Du deren mögliche "Existenz" ein.

Ich bin kein Vertreter des "esse est percipi". Es gibt eine "objektive" Welt, die die Voraussetzung für unsere Wahrnehmungsfähigkeit bildet. Diese ist allerdings prinzipiell wahrnehm- und erkennbar. Wie z.B. die australischen Trauerschwäne.

Ein mögliches "übernatürliches Wesen" ist per definitionem nicht wahrnehm- und deshalb auch nicht erkennbar und deshalb nicht existent.

Und Dein KI-Rechner hat berechtigt mit "nein" geantwortet. "Nicht entscheidbar" galt auf Deiner Ebene. Nicht entscheidbar ist aber keine korrekte Entscheidung. Es gibt in dieser Frage für uns kein "nicht entscheidbar", da dies unendliche Möglichkeiten impliziert. Es gibt aber keine mögliche Existenz eines konkreten "übernatürlichen Wesens".

Wenn Du die Möglichkeit der Existenz eines solchen Wesens genauso ausschließen würdest, wie deren Unmöglichkeit, könnten wir uns einigen, ansonsten:

Nenne mir eine Sache, die weder wahrnehm- noch erkennbar ist und doch existiert!
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Do 18. Sep 2008, 11:24

sapere aude hat geschrieben:Myron, vielen Dank für diesen Beitrag!

ich danke auch, denn er bestätigt meine Position.

sapere aude hat geschrieben:Epistempologie (cogito) ist von Ontologie (sum) nicht unabhängig. Es sind zwei untrennbare Seiten einer Medaille.

Natürlich. Das an sich Seiende (wie Du gehe ich davon aus, dass es so etwas ‚gibt‘) setzt unserer Epistemologie Grenzen. Aber zu schließen, dass nur das existiert, was wir erforschen können, folgt daraus nicht.

sapere aude hat geschrieben:Im Rahmen unserer Erkenntnisfähigkeit liegen also nur natürliche Dinge.

Eben.

sapere aude hat geschrieben:Da diese die Voraussetzung für unsere Erkenntnisfähigkeit bilden. Und natürlich können wir willkürlich behaupten, dass übernatürliche Dinge existieren. Wir können viele unsinnige Dinge behaupten. Es ging mir natürlich um die fundierte Behauptung. Die glaubwürdige. Die können wir nur über die Existenz natürlicher Dinge machen.

Und hier genau lag mein Punkt. Es ging um Diskursregeln und das, was aus diesen ontologisch folgt. Du bringst nun eine pragmatische Komponente ins Spiel (‚fundierte Behauptung‘). Auch das ist kein Argument dafür, dass sich das Sein nach uns richten sollte.

sapere aude hat geschrieben:El Schwalmo, Dein Punkt ist, dass wir die Nichtexistenz einer nichtexistenten Sache nicht beweisen können und also deren möglicher Existenz deshalb eine gewisse Wahrscheinlichkeit einräumen müssen?
Natürlich nicht. Dein Punkt ist, dass Übernatürliches existieren könnte, nur durch uns zur Zeit nicht wahrnehmbar ist.

Ja .

sapere aude hat geschrieben:Wie Du allerdings selbst bemerkst, ist Übernatürliches nicht mehr übernatürlich, wenn wir es wahrnehmen können.

Stimmt. Aber bevor wir das tun, können wir einfach nichts darüber aussagen.

sapere aude hat geschrieben:Kann also etwas existieren, das durch uns niemals wahrnehmbar sein wird?

Selbstverständlich. Ich wüsste kein Argument, wie man das ausschließen könnte.

sapere aude hat geschrieben:Die Voraussetzung einer seriösen Aussage über Existenz ist deren prinzipielle Wahrnehmbarkeit.

Nun wirst Du schon forschungsethisch (‚seriöse Aussage‘). Es ging aber um ontische Fragen. Das ist ein vollkommen anderer Thread. Immer bedenken: es ging darum, ob aus den Regeln des rationalen Diskurses eine Ontologie folgt. Genauer: ob sich das ‚Sein des Seienden‘ nach unseren Diskursregeln zu richten hat.

sapere aude hat geschrieben:Heißt das, dass wir zumindest die Möglichkeit offenhalten müssen, dass etwas Nichtwahrnehmbares, für das es nicht einmal Indizien gibt, existiert?

Nein. Das müssen wir nicht. Da sich, wenn wir an die Grenzen unseres Begriffe gelangen, ein schwarzes Loch auftut, das jeden Sinn und jede Bedeutung "auffrisst". Die Behauptung, etwas Übernatürliches existiere außerhalb von Raum und Zeit, ist also logisch ein leerer Begriff, da Existenz des Raumes und der Zeit bedarf.

Nun hast Du doch aufs Deutlichste exakt meinen Standpunkt bestätigt: das Sein braucht sich nicht darum zu kümmern, ob es für uns Menschen erkennbar ist.

sapere aude hat geschrieben:Wir können also über Dinge, die unsere Erkenntnisfähigkeit übersteigen, nicht sprechen,

Warum habe ich Wittgenstein zustimmend zitiert?

sapere aude hat geschrieben:da es sich selbstverständlich auch nicht um Dinge handelt, sondern nichts.

Exakt das können wir gar nicht wissen. Das ‚Sein für mich‘ (also das, worüber wir sprechen können) muss doch nicht das ‚Sein an sich‘ vollständig abbilden. Nur das war mein Punkt.

sapere aude hat geschrieben:Das bedeutet, auch die Einräumung einer möglichen Existenz von "Dingen" außerhalb von Raum und Zeit ist unzulässig.

Eben nicht. Bestenfalls im rationalen Diskurs. Dessen Regeln habe ich ja anerkannt. Aber ich bestreite, dass daraus gültige ontische Aussagen über Bereiche, die so nicht fassbar sind, folgen.

sapere aude hat geschrieben:Und indem Du schreibst, wir können eine "Existenz" eines möglichen "übernatürlichen Wesens" nicht ausschließen, räumst Du deren mögliche "Existenz" ein.

Eben. Der Punkt ist aber die Erkennbarkeit.

sapere aude hat geschrieben:Ich bin kein Vertreter des "esse est percipi". Es gibt eine "objektive" Welt, die die Voraussetzung für unsere Wahrnehmungsfähigkeit bildet. Diese ist allerdings prinzipiell wahrnehm- und erkennbar.

Ein Argument dafür habe ich weder in dem Text von Myron noch in irgendeiner Aussage von Dir finden können. Die Frage ist nicht, ob wir die 'objektive Welt' wahrnehmen können (wenn Stegmüller Recht hat, ist 'Erkennnen' eine dreistellige Relation, A erkennt B als C, wir erkennen daher nie B, sondern konstruieren Modelle, C, das scheint mir nicht 'wahrnehmen' zu sein), sondern ob wir sie vollständig wahrnehmen können. Um die Existenz von etwas ausschließen zu können, müsste das der Fall sein. Ich kenne kein Argument dafür, dass wir die 'Welt an sich' vollständig wahrnehmen können.

sapere aude hat geschrieben:Wie z.B. die australischen Trauerschwäne.

Hübsches Beispiel. Was ist ein ‚Schwan‘? Ein Ding? Ein Konstrukt? Bin ich berechtigt, einen schwarzen Schwan ‚Schwan‘ zu nennen? Was macht ein Lebewesen zu einem ‚Schwan‘? Die Frage ist nicht trivial. In der Systematik geht man davon aus, dass Arten ‚real‘ sind. Alle anderen Taxa sind mehr oder weniger willkürlich.

sapere aude hat geschrieben:Ein mögliches "übernatürliches Wesen" ist per definitionem nicht wahrnehm- und deshalb auch nicht erkennbar und deshalb nicht existent.

Entschuldige, aber ‚per definitionem‘ ist doch die weiße Flagge. Was ist eine Definition anderes als ein Begriff? Du implizierst, dass sich das Sein nach unseren Erkenntnismöglichkeiten richtet. Ich sehe das nicht.

sapere aude hat geschrieben:Und Dein KI-Rechner hat berechtigt mit "nein" geantwortet. "Nicht entscheidbar" galt auf Deiner Ebene. Nicht entscheidbar ist aber keine korrekte Entscheidung. Es gibt in dieser Frage für uns kein "nicht entscheidbar", da dies unendliche Möglichkeiten impliziert. Es gibt aber keine mögliche Existenz eines konkreten "übernatürlichen Wesens".

Dann betrachte mal mich als Gott und das Programm als Mensch. In dessen Datenbasis kommt 'Tag' und 'Zeit' nicht vor. Wenn ich dann frage: ‚Ist heute Mittwoch?‘ sagt es ‚Nein‘. Ist das ein Argument dagegen, dass es für mich ‚Mittwoch‘ ‚gibt‘? Darf ich keinen ‚Mittwoch‘ annehmen, weil das Programm das nicht kann? Muss das ‚Sein des Seienden‘ sich danach richten, dass wir Menschen sonst logische oder Definitionsprobleme bekämen? Das scheint mir eine gewaltige Hybris zu sein.

sapere aude hat geschrieben:Wenn Du die Möglichkeit der Existenz eines solchen Wesens genauso ausschließen würdest, wie deren Unmöglichkeit, könnten wir uns einigen, ansonsten:

Sorry, ich sehe keinen Sinn darin, Einigkeit über die Sache zu stellen. Es ging um die Frage, ob wir aufgrund der Regeln des rationalen Diskurses mögliche Existenz ausschließen können. Ich sage nein, Du sagst ja. Begründet hast Du das nicht.

sapere aude hat geschrieben:Nenne mir eine Sache, die weder wahrnehm- noch erkennbar ist und doch existiert!

Wenn ich nun auf Sophistik aus wäre, würde ich sagen ‚Meine Gedanken für Dich‘. Aber das Fass ‚Qualia‘ möchte ich nicht auch noch aufmachen.

So sage ich halt: warum sollte ich Dir so etwas nennen, wenn ich gar nicht behaupte, dass es so etwas gibt? Mein Punkt war: aus den Regeln des rationalen Diskurses lässt sich nicht zeigen, dass es nicht ‚mehr‘ gibt als das, worüber wir sprechen können. Wenn ich Dir nun so etwas zeigen würde, hätte ich mich selbst widerlegt. Muss ich Dir wirklich diesen Gefallen tun?

Einigen könnten wir uns darauf, dass es keinen Sinn macht, von Entitäten auszugehen, die wir nicht fassen können. Das ist dann genau das, was ich schon immer schrieb: es macht Sinn, die Regeln des rationalen Diskurses zu beachten. Aber selbst wenn das die eigene Position gegenüber Menschen, die diese Regeln infrage stellen, schwerer macht: die könnten vielleicht doch Recht haben. Aber das müssen die in einem rationalen Diskurs zeigen, falls sie Anspruch auf Geltung erheben.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Peter Janotta » Do 18. Sep 2008, 11:58

El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Heißt das, dass wir zumindest die Möglichkeit offenhalten müssen, dass etwas Nichtwahrnehmbares, für das es nicht einmal Indizien gibt, existiert?

Nein. Das müssen wir nicht.

Nun hast Du doch aufs Deutlichste exakt meinen Standpunkt bestätigt: das Sein braucht sich nicht darum zu kümmern, ob es für uns Menschen erkennbar ist.

Die Frage ist doch warum sollte sich der Mensch um das kümmern was prinzipiell nicht erkennbar ist, egal welche Fortschritte man in der Methodik auch finden möge? Welche Rechtfertigung gibt es überhaupt für die Ontologie? Wird dadurch dass etwas prinzipiell nicht erkannt werden kann, der Sache nicht jegliche Relevanz schon abgesprochen?

Für mich ist die "größte aller Fragen": "Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?" eine recht unnütze Frage, da sie prinzipiell nicht beantwortbar scheint. Auch der deistische Gottesglaube vermag diese Frage nicht zu beantworten, denn dieser Glaube setzt ja vorraus, dass da ein Gott also auch "etwas" ist. Wohl mag es sinnvoll sein immer wieder nach neuen Ansätzen zu suchen diese Frage zu beantworten mit dem Ziel die These "Die größte aller Fragen ist nicht beantwortbar" zu falsifizieren, bevor das jedoch geschehen ist, erscheint es mir allerdings wenig sinnvoll sich um die eigentliche Beantwortung der Frage zu kümmern.

El Schwalmo hat geschrieben:Einigen könnten wir uns darauf, dass es keinen Sinn macht, von Entitäten auszugehen, die wir nicht fassen können. Das ist dann genau das, was ich schon immer schrieb: es macht Sinn, die Regeln des rationalen Diskurses zu beachten. Aber selbst wenn das die eigene Position gegenüber Menschen, die diese Regeln infrage stellen, schwerer macht: die könnten vielleicht doch Recht haben. Aber das müssen die in einem rationalen Diskurs zeigen, falls sie Anspruch auf Geltung erheben.


Volle Zustimmung! Aber wieso sollten wir nicht, das was wir erkennen können, als das bezeichnen was ist, solange dies nicht von anderer Seite falsifiziert wird? Nicht als ontologische Position (deren Sinn ich wie oben geschrieben ohnehin in Frage stelle) sondern als pragmatische, um zu verhindern, dass wir uns bei unseren Aussagen nicht in furchtbar komplizierter Sprache verwirren und damit die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnis zusätzlich zu erschweren. Wer einmal begriffen hat, dass sich die Wissenschaft grundsätzlich Modellen bedient, der braucht nicht bei jeder Theorie wieder darauf hingewiesen werden, dass es sich nur um solche handelt. Aufgrund der Pragmatik verwendet die Wissenschaft daher die "Kurzschreibweise", dass etwas so "ist" oder so "funktioniert" anstatt dauernd davon zu reden, dass es dieses Modell gibt, dass mit sämtlichen Messergebnissen in Einklang zu bringen ist. Als praktizierender Wissenschaftler würde ich mich reichlich bedanken, wenn die zahlreichen Publikationen, die man lesen muss, auf Grund "philosophisch einwandfreier Sprache" doppelt so lang und trotzdem nur halb so verständlich wären.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Qubit » Do 18. Sep 2008, 12:20

Peter Janotta hat geschrieben:Für mich ist die "größte aller Fragen": "Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?" eine recht unnütze Frage, da sie prinzipiell nicht beantwortbar scheint.

Eher ein Satz für Psychologen als Philosophen =)
Der Mensch hat die "Gabe" sinnfreie Fragen stellen zu können, meistens, wenn sie (letztlich) selbstbezüglich sind. Wer wäre ich, wenn ich ein anderer wäre? Oder stell dir vor, nicht geboren worden zu sein.
Ein wesentlicher Teil des kritisch-rationalen Diskurses besteht darin, sinnvolle von sinnfreie Vorstellungen zu befreien. Ein nicht leichtes Unternehmen, da der Mensch nicht ausserhalb seinerselbst denken kann. Für viele Grund genug, das (rationale) Denken auszuschalten und sich einer "spiritualistischen Kontemplation" hinzugeben (manchmal gar unter Drogen) ;-)
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Do 18. Sep 2008, 14:59

@Peter Janotta

wir beide scheinen uns einig zu sein.

BTW, antwortest Du noch auf meine PN?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Do 18. Sep 2008, 15:49

El Schwalmo hat geschrieben:Auch wenn wir etwas nicht erkennen können, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert.


Wir sollten die Begriffe "Erkenntnis" und "Wahrnehmung" bzw. "Erfahrung" unterscheiden.
Was erkannt wird, sind weniger Dinge denn Tatsachen.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Do 18. Sep 2008, 16:01

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Auch wenn wir etwas nicht erkennen können, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert.

Wir sollten die Begriffe "Erkenntnis" und "Wahrnehmung" bzw. "Erfahrung" unterscheiden.
Was erkannt wird, sind weniger Dinge denn Tatsachen.

in welchem Zusammenhang steht das mit dem Satz, den Du zitiert hast?

Was folgt aus dem, was wir erkannt haben, über den Rest der 'Welt'?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Do 18. Sep 2008, 16:27

sapere aude hat geschrieben:Bei Dingen, die wir prinzipiell nicht erkennen könnten, selbst wenn wir noch so wollten, können wir auch nicht vom Gegenteil überzeugt werden. Nie. Deshalb existieren sie nicht.

Selbst die Möglichkeit ihrer Existenz ist ausgeschlossen, da Existenzbegriff immer die prinzipielle Erkenntnis beinhaltet. Eine Sache, die man nicht zumindest prinzipiell erkennen kann existiert nicht.


Zwischen Existenz und Wahrnehmbarkeit bzw. Erfahrbarkeit sehe ich keinen logischen Zusammenhang.
Es ist allerdings in der Tat so, dass alles, was existiert, real ist, Eigenschaften besitzt, sodass es diesbezügliche Tatsachen bzw. Wahrheiten gibt. Die generelle Frage ist nun, ob es logisch unerkennbare bzw. unwissbare Tatsachen bzw. Wahrheiten gibt.
Das Prinzip der Erkennbarkeit/Wissbarkeit besagt:

(PE) Ap(p -> <>Kp)
("Für jede Proposition gilt, dass, wenn sie wahr ist, es logisch möglich ist zu wissen, dass sie wahr ist.")

Eine logisch unerkennbare Wahrheit/Tatsache wäre eine, die selbst ein allwissender Geist nicht erkennen/wissen könnte (vorausgesetzt, Allwissenheit ist logisch möglich). So gesehen vermute ich, dass es keine solchen Wahrheiten/Tatsachen gibt. Dass es Wahrheiten gibt, die für uns Menschen aus psychologischen Gründen unerkennbar sind, weil sie über das hinausgehen, was ich "kognitive Artgrenze" nenne, halte ich hingegen für sehr wahrscheinlich.

sapere aude hat geschrieben:Unser psychisches Problem ist, dass für uns auch Unmögliches prinzipiell denkbar ist. Deshalb gehen wir davon aus, dass es zumindest eine gewisse Restwahrscheinlichkeit für prinzipiell Unmögliches, wie z.B. ein viereckiges Dreieck oder die Existenz von Übernatürlichem gibt, auch wenn sich dies grundsätzlich logisch widerspricht.


Nein, es ist absolut unmöglich, dass es etwas gibt, das unter einen logisch widersprüchlichen Begriff fällt.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Do 18. Sep 2008, 16:33

Myron hat geschrieben:Nein, es ist absolut unmöglich, dass es etwas gibt, das unter einen logisch widersprüchlichen Begriff fällt.

ich kenne mich hier nicht so gut aus wie Du, daher frage ich einfach mal aus Interesse.

Logik ist doch die Lehre von Schlussfolgerungen, die sich letztlich im Denken abspielt. Hier erschaffen wir uns eine 'Welt', und können (von ganz wenigen Ausnahmen, Gödel-Sätze soll als Stichwort genügen) entscheiden, was in dieser 'Welt' möglich ist und was nicht.

Entscheidend ist aber, wie diese 'Welt' mit der 'Welt an sich' zusammenhängt ('interpretierte Kalküle'). Ist es wirklich unmöglich, dass es etwas real seiend gibt, das unserer Logik widerspricht?

Was hätte beispielsweise Kant dazu gesagt, dass Raum und Zeit relativ 'sind'? Oder jemand, der den Satz von ausgeschlossenen Dritten vertritt, zu bestimmten Ergebnissen quantenmechanischer Messungen, die sich mit einer dreiwertigen Logik besser beschreiben lassen?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Do 18. Sep 2008, 16:44

El Schwalmo hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Wir sollten die Begriffe "Erkenntnis" und "Wahrnehmung" bzw. "Erfahrung" unterscheiden.
Was erkannt wird, sind weniger Dinge denn Tatsachen.

in welchem Zusammenhang steht das mit dem Satz, den Du zitiert hast?


Ob es unerkennbare/unwissbare Wahrheiten/Tatsachen gibt, ist eine Frage, und ob es unwahrnehmbare/unerfahrbare Dinge gibt oder geben kann, eine andere Frage.
Wen Sapere behauptet, dass es keine übersinnlichen Dinge geben könne, dann widerspreche ich ihm.
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