Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon stine » Di 27. Jan 2009, 07:31

HFRudolph hat geschrieben:@Stine: Schönes Singer-Zitat! (Aber die richtige Quelle?).

Guckst du hier: :student:
AgentProvocateur hat geschrieben:Natürlich kann der Mensch steuern. Inzwischen ist es mir aber nach langen Diskussionen darüber eigentlich ziemlich gleichgültig geworden, wenn sich andere als Marionetten ansehen. Sollen sie doch, wenn es sie glücklich macht. Ich meine hingegen, dass der Mensch zur Freiheit verdammt ist.

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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon stine » Di 27. Jan 2009, 07:45

ganimed hat geschrieben:Neuronen feuern nach biochemischen Regeln. Kein Neuron sagt sich plötzlich: "weißt du was? Heute feuere ich mal wie ich will"
Woher willst du das wissen?
Was ist mit der Chaos-Theorie?
ganimed hat geschrieben:Jeder feuert, sobald irgendwelche Eingangssynapsen irgendwelche Werte überschreiten oder wie auch immer da genau die Mechanismen sind. Und das gilt eben auch für alle bewussten Vorgänge. Auch da wird nur gefeuert und neuronal gemustert. Das ist eben auch ein Ergebnis der Scannerbeobachtungen: auch bewusste Gedanken und Überlegungen sind im Scanner als neuronale Aktivität sichtbar.
Ich verstehe was du meinst, aber wenn bewußte Vorgänge neuronal gesteuert werden, dann werden sie eben "bewußt" gesteuert und sind kein Zufall mehr, egal, welche feinstofflichen Vorgänge das für uns in die Wege leiten.
ganimed hat geschrieben:Wenn man uns Zeit lässt zum bewussten Denken, dann können wir Dinge bewusst steuern, ja. Aber eben nicht frei. Weil wird das bewusste Denken und Überlegen ebenfalls mit Neuronen machen, mit ganz normalen Hirnzellen. Deshalb ist auch das bewusste Denken nur eine Folge von biochemischen Prozessen, die ihre Ursache letztlich in irgendwelchen Eingangssignalen von außen haben.
Und hier sind wir (fast) am selben Punkt angelangt. Hier ist vielleicht die Definition von Myron hilfreich:
Myron hat geschrieben:"Freiheit" in Eislers Wörterbuch.

"FREIHEIT [Lfg. 4,1], f. libertas. der älteste und schönste ausdruck für diesen begrif war der sinnliche freihals, collum liberum, ein hals, der kein joch auf sich trägt"
(Grimmsches Wörterbuch)

Der Freie ist also der nicht Unterjochte, und der frei Handelnde entsprechend derjenige, der sich nicht dem Joch der Fremdbestimmung beugen muss.

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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon Peter Janotta » Di 27. Jan 2009, 10:03

stine hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Neuronen feuern nach biochemischen Regeln. Kein Neuron sagt sich plötzlich: "weißt du was? Heute feuere ich mal wie ich will"
Woher willst du das wissen?
Was ist mit der Chaos-Theorie?

Die Grundmechanismen der neuronalen Signalverarbeitung sind verstanden. Die Chaos-Theorie ist eine deterministische Theorie, d.h. auch die Chaos-Theorie folgt festen Regeln. Die Besonderheit chaotischer Systeme liegt darin, dass sehr ähnliche Anfangsbedingungen zu völlig anderer zeitlicher Entwicklung des Systems führen können.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon HF******* » Di 27. Jan 2009, 10:32

@Peter: eben!

@Stine: Bewusstsein ist doch auch nichts anderes als ein physischer Zustand.

Weil hier ein wenig der Eindruck erweckt werden sollte, dass der Determinismus in philosophischer Hinsicht quasi wertlos sei, möchte ich noch einmal ergänzend zu meinen letzten Ausführungen auf folgendes hinweisen:

Das Verständnis der Welt als deterministisch fördert die Erkenntnis eigenen reaktiven Verhaltens und fördert damit das Bestreben, die Ursachen des eigenen Verhaltens zu erkennen und ggf. Ursachen für eigene Veränderungen in der Zukunft zu setzen (das ist selbstverständlich nicht akausal zu verstehen). Man kann derartige Überlegungen selbstverständlich auch als Indeterminist anstellen. Gerade von indeterministischer Seite wird das „Arbeiten an sich selbst“ nicht selten massiv unterlaufen, indem der Schwerpunkt der Betrachtungen auf die kurzfristigen bewussten Verhaltensweisen gelenkt wird und der Eindruck gefördert wird, dass langfristige Ursachen, kruzfristige Ursachen der Umwelt oder genetische Ursachen durch das Bewusstsein vollständig beherrscht werden können.

Insofern hat die herangehensweise auch eine strafrechtliche Bedeutung, weil man darauf hinwirken sollte, die Menschen am ehesten für das Verhalten zur Verantwortung zu ziehen, dass sie am leichtesten hätten lassen oder tun können und dass die langfristigsten Auswirkungen hat. Umgekehrt kann man auch im Nachhinein einer Straftat am ehesten einen Präventionseffekt erzielen, indem man auf die langfristigigen Lebensänderungen und Verhaltensweisen einwirkt.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon AgentProvocateur » Di 27. Jan 2009, 13:19

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Also nicht ohnmächtiger Spielball des Schicksals zu sein, nur ein unbeteiligter Zuschauer seiner selbst, sondern aktives und gestaltendes Wesen, das seine Zukunft (zum Teil) planen, steuern und bestimmen kann.

Um seine Zukunft selbst bestimmen zu können, müsste man sich im metaphysischen Sinn wenigstens bei einigen Entscheidungen frei bzw. unabhängig von einer äußeren Ursache machen können.

Genau, von äußeren Ursachen darf man nicht ausschließlich determiniert sein, denn dann wäre man meiner Ansicht nach unfrei.

ganimed hat geschrieben:Und das kann ich mir nicht so recht vorstellen. Siehst du hier keinen Widerspruch zur Kausalität?

Nein, denn das bedeutet ja nun nicht, dass man sich auch von inneren Determinanten, also letztlich seiner eigenen Persönlichkeit, frei machen können müsste. Ganz im Gegenteil sogar, denn eine grundlose, willkürliche Entscheidung könnte man wohl kaum einer Person zuordnen und sie wäre deswegen also gar nicht die Entscheidung dieser Person.

Deine Argumentation, wenn ich das richtig sehe, basiert auf dem "Konsequenz-Argument":

(1) Die Gegenwart und Zukunft (einschließlich unserer Entscheidungen) ist eine logische
Konsequenz der Vergangenheit und der geltenden Gesetze.
(2) Menschliche Subjekte können weder die Vergangenheit noch die Gesetze kontrollieren.
(3) Wenn jemand etwas nicht kontrollieren kann, dann kann er auch dessen logische
Konsequenzen nicht kontrollieren.
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
(4) Menschliche Subjekte können ihre gegenwärtigen und zukünftigen Entscheidungen
nicht kontrollieren. (Und deshalb haben sie keine Willensfreiheit.)

Ich halte dieses Argument so für falsch, siehe auch im Link. Das Argument kann nämlich nur zeigen, dass es keine absolute Kontrolle geben kann oder auch, dass es keine Letztverantwortung gibt (das gilt übrigens nicht nur für uns Menschen, sondern auch für jedes hypothetische egal wie allmächtige Wesen). Niemand kann sich selber aus dem Nichts erschaffen, das ist logisch schlicht unmöglich. Aber aus diesem Argument folgt mE jedoch keineswegs, dass man nun Null-Kontrolle, bzw. Null-Verantwortung annehmen müsste. Das ist ein Fehlschluss.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon stine » Di 27. Jan 2009, 14:00

Peter Janotta hat geschrieben:Die Besonderheit chaotischer Systeme liegt darin, dass sehr ähnliche Anfangsbedingungen zu völlig anderer zeitlicher Entwicklung des Systems führen können.
Darin liegt doch die Freiheit, oder nicht?
HFRudolph hat geschrieben:Bewusstsein ist doch auch nichts anderes als ein physischer Zustand.
Ja sicher. Wir nehmen bewußt auf und verarbeiten anhand unserer Erbanlagen und unseres erlernten Wissens. Sicher ist das eine kausale Kette, ja, aber nicht eine zielgerichtete. Wohin das führt hängt davon ab, wie der Input im Gehirn verarbeitet wird. Wir wären wirklich alle nur die Opfer unserer genetisch vererbten Zellstrukturen, wenn einzig eine bestimmte Handlungsweise auf bestimmte Inputs folgen würde. Fleischliche Roboter also.
Aber der Mensch ist komplexer, er kann auch chaotisch reagieren. Trotz besseren Wissens sozusagen.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon Pfeifer » Di 27. Jan 2009, 16:13

Ich kenn jetzt nur die ersten paar Absätze des Threads, finde dabei, dass man die Frage nach der Willensfreiheit recht bündig auf den Punkt bringen kann. Ein Versuch:

Letztlich ist alles das, was man macht, das, was man auch will, wobei hier speziell die Rollen des Un- bzw. Unterbewussten deutlich werden. Der Spruch "Ich will das gar nicht machen" ist inhaltlich falsch, denn würde jemand das nicht machen wollen, würde er etwas anderes machen, sich also auch im Zwangesfall wehren.

Wille ist dabei nicht frei. Das nämlich geht gar nicht. Der Wille ist abhängig, und wie! Zunächst stellt sich die Frage der Absicht: welchen Zweck will der Wille erreichen. Ohne Zweck keine Handeln. Der Zweck ist nicht immer bewusst, sogar häufig maximal unterbewusst, und richtet sich nach allem nur Erdenklichen: Erfahrung, Triebe, Gelüste, Einsicht, Wünschen... Man kann das gar nicht alles einkreisen.

Der Wille macht das, was ich will, denn er ist stets mein eigener Wille und er weiss was ich brauche. Vertraue daher nicht auf Gott, sondern auf deinen Willen, deine innere Stimme, dein Gefühl. Es leitet dich und sagt dir, was dein Wille und somit du willst.

Genaugenommen ist man sogar selbst der Wille da man stets Entscheidungen darüber trifft, was man will, vor allem unbewusst aufgrund von Erfahrungen. Die Frage: "Wer entscheidet über meinen Willen?" wäre somit Quatsch, denn der eigene Wille entscheidet über den eigenen Willen - und diese beiden sind letztlich eins.

:irre:

Tschuldigung, dass ich mich bei meinen Ausführungen nicht auf Euch beziehe. Ich finde die Frage nur, da sie sich auf jeden Menschen gleichermaßen bezieht, recht einfach und verstehe nicht, warum überhaupt soviel darüber diskutiert wird und wurde. Vielleicht kann mir einer von Euch das ja mal erklären? Wäre nett! :^^:
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon HF******* » Di 27. Jan 2009, 16:17

stine hat geschrieben:Darin liegt doch die Freiheit, oder nicht?

Als Einwand gegen Ganimeds Ausführung taugt dann Dein Einwand mit der Chaostheorie nicht.

Pfeifer hat geschrieben:… er ist stets mein eigener Wille und er weiss was ich brauche. Vertraue daher … auf deinen Willen, deine innere Stimme, dein Gefühl. Es leitet dich und sagt dir, was dein Wille und somit du willst.

Wille = Wissen
Wille = innere Stimme
Wille sagt, was wille will

Das ist doch alles falsch - und hat nichts mit dem Thema Willensfreiheit zu tun.

Pfeifer hat geschrieben:… er ist stets mein eigener Wille und er weiss was ich brauche. Vertraue daher … auf deinen Willen, deine innere Stimme, dein Gefühl. Es leitet dich und sagt dir, was dein Wille und somit du willst.

Schon mal darüber nachgedacht, wozu der Verstand da ist?
Dieses ganze intuitive, reaktive verstandslose Verhalten führt doch zu diesem ganzen mangelhaften Menschenverhalten, Gewaltverbrechen, Kriegen etc. Positiv ist das allenfalls bei Personen, die absolut frei sind von jeder negativen Erfahrung oder besser die jede der eigenen emotionalen Erfahrungen rational reflektieren kann. Ansonsten sollte immer der Verstand das letzte Wort haben. So, wie Pfeifer schreibt, kann man ein Musikstück spielen oder an einem Kunstwerk arbeiten. Für sonstige zwischenmenschliche Aktion braucht man den Verstand.

Du kannst auf Dein Gefühl vertrauen, wenn Du es rational reflektieren kannst…

(P.S.: Auch nach der neuen s-Regel wird nach Umlauten (ä, ö, ü, eu, ei) ß nicht zu ss.)
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon ganimed » Di 27. Jan 2009, 21:37

AgentProvocateur hat geschrieben:Deine Argumentation, wenn ich das richtig sehe, basiert auf dem "Konsequenz-Argument":

Stimmt. In diesem Argument finde ich mich wieder.
Der verlinkte Text war für mich übrigens spannend. Ich konnte den meisten Aussagen zustimmen. Eine kleine Herausforderung war es, zu erkennen, wo der Autor von "meiner" Position abweicht. Ich meine, die Stellen gefunden zu haben. War wohl zufällig genau der richtige Schwierigkeitsgrad für mein Weichhirn, um mich anschließend über den "Erfolg" freuen zu können :^^:

Den Text genau zu erläutern, führt hier vermutlich zu weit. Auf mich wirkte es jedenfalls so, als wenn der Autor die ganze Zeit überlegte: wie muss ich den Begriff der "Willensfreiheit" genau definieren, um sie angesichts des Determinismus nicht zu verlieren? So kann man natürlich auch an die Sache heran gehen. Und zwar genau dann, wenn man sich erst über die Konsequenzen Gedanken macht und dann schaut, welche Tatsachen man dann noch anerkennen möchte und welche nicht.

AgentProvocateur hat geschrieben:Genau, von äußeren Ursachen darf man nicht ausschließlich determiniert sein, denn dann wäre man meiner Ansicht nach unfrei.

Man ist aber letztendlich ausschließlich von äußeren Ursachen determiniert. Und der Ausweg des Herrn Grundmann bestand doch darin, dass er einfach postulierte, dass das nichts mache. In Zweifel gezogen hat er es also gar nicht. Er definiert einfach nur "frei" um. Den Charakter einer Person habe sie zwar nicht selber geformt (die Ursachen dafür liegen also außerhalb), aber das findet er offenbar nicht so schlimm und definiert einfach Dinge, die aufgrund dieses Charakters passieren, als frei (weil der Person zuordbar und deshalb moralisch verantwortlich wirksam). So einfach ist das.

Und so einfach lässt sich vielleicht auch der "Streit" zwischen Philosophen und Hirnforschern erklären. Die Hirnforscher schauen zuerst auf die Tatsachen (Neuronen) und folgern dann die Wahrheit (keine Willensfreiheit). Die Philosophen schauen zuerst auf ihre philosophischen Konstrukte (Willensfreiheit, Verantwortlichkeit und Würde) und sträuben sich danach gegen die Tatsachen bzw. schwächen deren Implikationen mit mehr oder minder geglückten Begriffsumdefinitionen ab.

Ich bin ja froh, dass wir uns zumindest darauf einigen konnten, dass im Hirn nichts Indeterministisches abläuft. Zumindest wenn ich unseren Diskurs richtig verstanden habe. Und nur bei der Interpretation wären wir uns noch nicht ganz einig. Damit könnte ich leben und sehe diese Diskussion als eine kleine Beruhigung, dass ich vielleicht zumindest das Problem, welches die Hirnforschung hier aufwirft, so einigermaßen richtig verstanden habe.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon ganimed » Di 27. Jan 2009, 21:55

stine hat geschrieben:Wir nehmen bewußt auf und verarbeiten anhand unserer Erbanlagen und unseres erlernten Wissens. Sicher ist das eine kausale Kette,

Aha! Sie hat es zugegeben, sie hat es zugegeben! :^^:
stine hat geschrieben:ja, aber nicht eine zielgerichtete. Wohin das führt hängt davon ab, wie der Input im Gehirn verarbeitet wird.

Und wie der Input im Gehirn verarbeitet wird, hängt wiederum davon ab, welche Verbindungen da sind bzw. in welchem Zustand das Hirn genau ist. Und das hängt wiederum davon ab, was genetisch veranlagt war und was sich daraus seit dem Embryostadium entwickelt hat. Und das hängt wiederum von den Eingangssignalen ab, was man erlebt hat sozusagen. Das Hirn ist insofern hundertprozentig das Ergebnis äußerer Einflüsse.
stine hat geschrieben:Wir wären wirklich alle nur die Opfer unserer genetisch vererbten Zellstrukturen, wenn einzig eine bestimmte Handlungsweise auf bestimmte Inputs folgen würde. Fleischliche Roboter also.

Genau das sind wir.
stine hat geschrieben:Aber der Mensch ist komplexer, er kann auch chaotisch reagieren. Trotz besseren Wissens sozusagen.

Der Mensch ist eben ein sehr, sehr komplexer fleischlicher Roboter.
Für chaotische Systeme braucht man glaube ich übrigens nicht einmal besonders viel Komplexität. Ein wenig Iteration reicht schon.
Ich habe hier diesen Text dazu gefunden: (http://tastyorange.net/ma_b2.php)
    "Während bei linearen Systemen Veränderungen der Anfangbedingungen nur linear anwachsende Unterschiede in den Endbedingungen zur Folge haben und sich auch nicht iterativ fortsetzen, weisen nichtlineare Systeme genau die umgekehrten Eigenschaften auf. Auch als dynamische Systeme bezeichnet verhalten sie sich sehr empfindlich gegenüber Variationen der Anfangswerte. ...
    Im Gegensatz zu linearen Systemen ist bei dynamischen Systemen eine Vorhersage also nur dann sinnvoll, wenn man die Bedingungen am Anfang möglichst genau kennt. Andernfalls können bereits nach kurzer Zeit extreme Abweichungen in den Berechnungen auftreten. Nach einer gewissen Zeit wird es unmöglich, die Entwicklung eines dynamischen Systems zu berechnen: man spricht hier vom Übergang ins Chaos, obwohl das System natürlich weiterhin den Naturgesetzen unterliegt und die Unmöglichkeit der Berechnung nur dadurch zustande kommt, dass wir die benötigten Parameter nicht mehr exakt erfassen können. Man spricht an dieser Stelle vom deterministischen Chaos."
Also Chaos bedeutet nur: nicht vorhersagbar (weil exakte Anfangsbedingungen unbekannt). Aber bei genau gleichen Anfangswerten immer das gleiche Ergebnis. Also keine Freiheit! Das Ergebnis hängt ganz allein von den Anfangswerten ab.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon AgentProvocateur » Di 27. Jan 2009, 22:24

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Genau, von äußeren Ursachen darf man nicht ausschließlich determiniert sein, denn dann wäre man meiner Ansicht nach unfrei.

Man ist aber letztendlich ausschließlich von äußeren Ursachen determiniert.

Nein, die Entscheidungen und Handlungen eines Menschen werden nicht auschließlich von äußeren Ursachen determiniert, auch nicht "letztlich". Die Bahn einer angestoßenen Billardkugel zum Beispiel wird nur durch äußere Ursachen determinert, ganz einfach deswegen, weil eine Billardkugel keine inneren Zustände besitzt. Ein Mensch ist aber offensichtlich keine Billardkugel, denn er hat nun mal innere Zustände (die Fähigkeit zur Erkenntnis, zur Reflektion, zur Steuerung). Nur wenn man diese leugnet, also behauptet, es gäbe keine dem Menschen zugehörige Zustände; der Mensch (bzw. sein Bewusstsein) sei irgendwie ein Epiphänomen seiner selbst, dann kann man zu Deiner Aussage gelangen. Sonst nicht. Einige Hirnforscher tun genau das zwar, aber man könnte sich schon fragen, ob das denn berechtigt ist. Ich halte das einfach nur für schlechte Philosophie, eine in sich widersprüchliche und daher unplausible, sich selbst aufhebende Sichtweise.

ganimed hat geschrieben:Und so einfach lässt sich vielleicht auch der "Streit" zwischen Philosophen und Hirnforschern erklären. Die Hirnforscher schauen zuerst auf die Tatsachen (Neuronen) und folgern dann die Wahrheit (keine Willensfreiheit).

Die "Wahrheit". Hmm. Natürlich muss man überlegen, was "Freiheit" bedeutet, was es bedeuten kann und wieso. Dabei muss eine gewisse Plausibilität hergestellt werden. Die Gleichung "Freiheit" = "Akausalität" (bzw. genauer gesagt: zu behaupten, Akausalität sei eine notwendige Voraussetzung für Freiheit) erscheint mir jedenfalls höchst unplausibel und durchaus begründungsbedürftig (selbst wenn das intuitiv erst mal richtig erscheint - man nennt das übrigens "intuition pump" - die aber mAn einer näheren Betrachtung nicht stand halten kann).

ganimed hat geschrieben:Ich bin ja froh, dass wir uns zumindest darauf einigen konnten, dass im Hirn nichts Indeterministisches abläuft.

Wenn im Hirn etwas indetermistisch abläuft, dann kann das jedenfalls nichts mit Freiheit zu tun haben, so wie ich sie verstehe.

ganimed hat geschrieben:Zumindest wenn ich unseren Diskurs richtig verstanden habe. Und nur bei der Interpretation wären wir uns noch nicht ganz einig. Damit könnte ich leben und sehe diese Diskussion als eine kleine Beruhigung, dass ich vielleicht zumindest das Problem, welches die Hirnforschung hier aufwirft, so einigermaßen richtig verstanden habe.

Nun, die eigentlich spannende Frage dabei sind ja nicht die Definitionen, sondern die Schlussfolgerungen, die Du aus dieser Erkenntnis nun ziehen würdest.

Ein Mensch kann sich nicht selber voll und ganz aus dem Nichts erschaffen. Na und? Das ist doch höchst banal.

Wenn sich aber keine weiteren Schlussfolgerungen daraus ergeben, dann ist diese Diskussion letztlich uninteressant.

Wenn Du aber tatsächlich annehmen solltest, dass Menschen letztlich wie Billardkugeln nur reagieren auf das, was ihnen von ihrer Umwelt vorgegeben wurde, sie nicht steuerungsfähig sind, sondern nur Spielbälle des Schicksals (das zu erkennen dann - ohne Steuerungsmöglichkeit - gleichgültig wäre) dann könnten sich daraus durchaus einige Implikationen auf das gesellschaftliche Miteinander ergeben. Und wenn nicht, dann ist diese Diskussion nur ein Glasperlenspiel.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon ganimed » Di 27. Jan 2009, 22:58

AgentProvocateur hat geschrieben:Die Bahn einer angestoßenen Billardkugel zum Beispiel wird nur durch äußere Ursachen determinert, ganz einfach deswegen, weil eine Billardkugel keine inneren Zustände besitzt.

Als Embryo wurdest du angestoßen, geprägt, geformt. Erst wachsen alle möglichen Nervenbahnen und dann bleiben nur die übrig, welche auch durch Signale bestätigt und verstärkt werden. Was du erlebst und lernst prägt genau dein Hirn. Nun läufst du mit diesem Hirn auf einer Bahn und erklärst die ursprünglichen Bewegungsimpulse (Erfahrungen, Lernprozesse) zu deinem inneren Zustand. Insofern hat sogar die Billardkugel auch "innere Zustände". Sie hat Bewegungsenergie und eine Richtung. Wenn man sie fragen würde, könnte sie vielleicht sogar antworten: "ich will da jetzt hin und die andere Kugel genau dort treffen. Das will ich aufgrund meiner inneren Zustände." Die Kugel will was und sie macht was. Aber sie ist dabei nicht frei. Die inneren Zustände heißen vielleicht so, sind aber letztendlich doch das Ergebnis von äußeren Faktoren. Oder gibt es etwas, dass wirklich völlig autark nur in deinem Kopf entstanden ist, ohne eine letztendliche Beeinflussung von außen?

AgentProvocateur hat geschrieben:Ein Mensch ist aber offensichtlich keine Billardkugel, denn er hat nun mal innere Zustände (die Möglichkeit zur Erkenntnis, zur Reflektion, zur Steuerung).

Erkenntnis ja, aber keine ursachenlose, also keine freie. Nur was man in dich hineinschüttet kann (und wird) von dir erkannt werden. Ebenso die Reflektion und Steuerung. Alles da, aber eben nicht frei. Die inneren Zustände hängen über eine Kausalkette von äußeren Dingen ab. Und deshalb hängt auch die Reflektion und die Steuerung von äußeren Dingen ab. Wo wolltest du diese Kausalkette jemals durchbrechen?

AgentProvocateur hat geschrieben:Wenn Du aber tatsächlich annehmen solltest, dass Menschen letztlich wie Billardkugeln nur reagieren auf das, was ihnen von ihrer Umwelt vorgegeben wurde, sie nicht steuerungsfähig sind, sondern nur Spielbälle des Schicksals (das zu erkennen dann - ohne Steuerungsmöglichkeit - gleichgültig wäre)

Da ist ein Denkfehler. Wieso ist "das zu erkennen dann - ohne Steuerungsmöglichkeit - gleichgültig"? Du scheinst zu denken, dass die Billardkugel, sobald sie erkennt, dass sie nur einem Bewegungsimpuls folgt, sofort aufhören würde zu rollen. Aber das ist natürlich nicht der Fall. Wenn ich also mit meinem Billardkugelgehirn etwas erkenne, dann hat das selbstverständlich sofort Folgen (über die wir uns in der Tat gerne unterhalten sollten). Und diese Folgen sind natürlich nicht gleichgültig. Gerade weil nicht ich steuere, sondern meine Handlungen ursächlich von vorher erfolgten Hirnänderungen abhängen, sind Hirnänderungen in Form von Erkenntnissen bei mir ja sozusagen noch wichtiger als bei dir "Willensfreien".

AgentProvocateur hat geschrieben:Die Gleichung "Freiheit" = "Akausalität" erscheint mir jedenfalls höchst unplausibel

Das ist die Gleichung, die sich aus der ersten Definition von Willensfreiheit in diesem Wörterbuch ergibt. Es gibt noch zwei weitere Definitionen, sind die dir lieber? Und, wenn ja, wieso?
Wenn ich die Gleichung nach Definition (1) nochmal plausibel machen müsste, würde ich mich zu folgendem Wortschwall hinreißen lassen. Vielleicht kannst du ja noch mal den Finger drauf legen, welcher Teil dir nun besonders unplausibel vorkommt?

Also, wenn meine Handlungen kausal determiniert sind, dann hängen meine Entscheidungen NUR von irgendwelchen Ursachen ab, letztlich nur äußeren Ursachen (wenn man den jeweiligen Kausalketten nur lange genug folgt). Ich selber habe also keine Wahlfreiheit, keine Möglichkeit, etwas zu ändern, also keine Steuerungsmöglichkeit. Und sogar mein Wille ist das Ergebnis von äußeren Ursachen, er ist kausal abhängig und deshalb ebenfalls nicht frei.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 28. Jan 2009, 00:04

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Die Bahn einer angestoßenen Billardkugel zum Beispiel wird nur durch äußere Ursachen determinert, ganz einfach deswegen, weil eine Billardkugel keine inneren Zustände besitzt.

Als Embryo wurdest du angestoßen, geprägt, geformt. Erst wachsen alle möglichen Nervenbahnen und dann bleiben nur die übrig, welche auch durch Signale bestätigt und verstärkt werden. Was du erlebst und lernst prägt genau dein Hirn. Nun läufst du mit diesem Hirn auf einer Bahn und erklärst die ursprünglichen Bewegungsimpulse (Erfahrungen, Lernprozesse) zu deinem inneren Zustand.

Nein. Die ursprünglichen Zustände, die mich hervorgebracht haben, sind nur die ursprünglichen Zustände, die mich hervorgebracht haben. Das ist tautologisch wahr. Und auf diese Zustände hatte ich unbestritten keinen Einfluss. Ich aber bin das Ergebnis dieser Prozesse, (ich bin jedoch auch teilweise das Ergebnis der Prozesse, die ich mir selber zuordne, die ich also bin, ich hatte also in der Vergangenheit durchaus auch Einfluss auf mich selber), ich existiere, ich bin hier, ich kann denken, reflektieren, unterschiedliche Szenarien durchspielen und somit auch meine Zukunft wesentlich durch meine Entscheidungen beeinflussen. Der Fakt, dass ich meine ferne Vergangenheit nicht beeinflussen kann, ist dabei unwesentlich, bzw., wenn er doch wesentlich sein sollte, dann müsstest Du das mal begründen.

ganimed hat geschrieben:Insofern hat sogar die Billardkugel auch "innere Zustände". Sie hat Bewegungsenergie und eine Richtung. Wenn man sie fragen würde, könnte sie vielleicht sogar antworten: "ich will da jetzt hin und die andere Kugel genau dort treffen. Das will ich aufgrund meiner inneren Zustände." Die Kugel will was und sie macht was.

Das ist schlicht anthropozentrischer Unsinn. Die Kugel will nichts, sie kann nichts wollen und daher auch nichts aus eigenem Antrieb machen.

ganimed hat geschrieben:Aber sie ist dabei nicht frei. Die inneren Zustände heißen vielleicht so, sind aber letztendlich doch das Ergebnis von äußeren Faktoren. Oder gibt es etwas, dass wirklich völlig autark nur in deinem Kopf entstanden ist, ohne eine letztendliche Beeinflussung von außen?

Nein, ich meine nicht, dass es etwas gibt, was nur für sich existieren kann. Alle Systeme in unserer Welt unterliegen den Einflüssen anderer Systeme.

Aber auch warum eine solche absolute Unabhängigkeit nun eine grundlegende Voraussetzung für Freiheit sein sollte, müsstest Du begründen, irgendwie plausibel machen. Du kannst das nicht immer wieder unbegründet einfach so voraussetzen.

Völlige Autarkie kann es also mMn nicht geben. Jedoch sehe ich meine Gedanken als meine Gedanken an, meine Wünsche als meine Wünsche, meine Triebe als meine Triebe, meine Reflektionen als meine Reflektionen, meine Überlegungen als meine Überlegungen. Ist mir eigentlich auch ziemlich unklar, wie man das anders sehen kann. Nur weil ich nicht der absolute und letztendliche Urheber von mir selber bin? Tut mir leid, ich sehe da kein Argument.

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Ein Mensch ist aber offensichtlich keine Billardkugel, denn er hat nun mal innere Zustände (die Möglichkeit zur Erkenntnis, zur Reflektion, zur Steuerung).

Erkenntnis ja, aber keine ursachenlose, also keine freie. Nur was man in dich hineinschüttet kann (und wird) von dir erkannt werden. Ebenso die Reflektion und Steuerung. Alles da, aber eben nicht frei. Die inneren Zustände hängen über eine Kausalkette von äußeren Dingen ab. Und deshalb hängt auch die Reflektion und die Steuerung von äußeren Dingen ab. Wo wolltest du diese Kausalkette jemals durchbrechen?

Und ad nauseam: ich will doch diese Kausalkette gar nicht durchbrechen. Was hat das Durchbrechen einer Kausalkette mit Freiheit zu tun und wieso?

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Wenn Du aber tatsächlich annehmen solltest, dass Menschen letztlich wie Billardkugeln nur reagieren auf das, was ihnen von ihrer Umwelt vorgegeben wurde, sie nicht steuerungsfähig sind, sondern nur Spielbälle des Schicksals (das zu erkennen dann - ohne Steuerungsmöglichkeit - gleichgültig wäre)

Da ist ein Denkfehler. Wieso ist "das zu erkennen dann - ohne Steuerungsmöglichkeit - gleichgültig"?

Na gut, Deine Zukunft ist Dir natürlich nicht gleichgültig. Aber wenn Du nur ein unbeteiligter Zuschauer deiner selbst bist, dann wäre es vielleicht besser, wenn Du Dich einfach treiben lässt und nur abwartest, was passiert. Du kannst es ja eh nicht ändern. Von daher ist es egal, was passieren wird, denn alles wird geschehen, wie es geschehen wird und zwar ohne Dein Zutun. Du bist ein Zuschauer im Film Deines Lebens.

ganimed hat geschrieben:Also, wenn meine Handlungen kausal determiniert sind, dann hängen meine Entscheidungen NUR von irgendwelchen Ursachen ab, letztlich nur äußeren Ursachen (wenn man den jeweiligen Kausalketten nur lange genug folgt). Ich selber habe also keine Wahlfreiheit, keine Möglichkeit, etwas zu ändern, also keine Steuerungsmöglichkeit. Und sogar mein Wille ist das Ergebnis von äußeren Ursachen, er ist kausal abhängig und deshalb ebenfalls nicht frei.

Du existierst, Du hast eine Persönlichkeit, Du hast die Fähigkeit zur Erkenntnis, Du hast einen Willen, Du hast die Fähigkeit und also die Möglichkeit dazu, über Dich, Deine Umwelt, Deine Wünsche, Deinen Willen und Deine Zukunft zu reflektieren. Das unterscheidet Dich von der Billardkugel, denn diese kann all dies nicht tun. Und weil ich das von Dir annehme, meine ich, dass Du moralisch verantwortlich für Deine Handlungen bist. Deswegen akzeptiere ich Dich als Subjekt in einem Diskurs, weil ich annehme, dass Du Deine Meinung vertrittst und nicht die Meinung des Urknalls, was genau genommen nämlich etwas für uns Unfassbares wäre und daher unsinnig. Ich nähme es Dir übel, wenn Du mich beleidigtest (und dächte nicht: der kann ja nicht anders, der ist ja nur ein von außen gesteuertes Objekt - denn ich nehme an, dass Du die Fähigkeit dazu hast, Dich zu beherrschen); ich akzeptiere es, wenn Du ein gutes Argument vorbringst - und auch dieses Argument würde ich Dir zuordnen; ich würde annehmen, dass dieses Argument aus Deiner Fähigkeit zum rationalen Diskurs entstanden ist und nicht irgendwie merkwürdigerweise (und für mich notwendigerweise unverständlich) aus dem Urknall.

Dabei ist mir bewusst, dass Du Dich nicht wie Phoenix aus der Asche von Grund auf selber erschaffen hast. Aber mir ist ja auch gar nicht klar, warum überhaupt das eine Rolle dafür spielen sollte, dass ich Dich als autonomes Subjekt akzeptieren kann.

Es kann keine Letztverantwortung geben - aber wieso folgt daraus, dass es überhaupt keine Verantwortung geben kann?

Es kann keine absolute Freiheit geben - aber wieso folgt daraus, dass es überhaupt keine Freiheit geben kann?

Sind denn moralische Verantwortung und Freiheit wirklich binäre Konzepte? Entweder - oder?
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon stine » Mi 28. Jan 2009, 09:02

@AgentProvocateur
@ganimed
Trotz unterschiedlicher Sichtweise habt ihr vermutlich beide recht! :reden:
Wie gesagt:
stine hat geschrieben:Zwischen Input und Output bin ICH! :^^:
LG stine

stine hat geschrieben:"Und was nun das Thema „Freiheit“ betrifft: Wenn wir determiniert sind, uns frei zu fühlen, dann fühlen wir uns eben frei und können und dürfen uns auch so verhalten, als ob wir frei wären – weil wir schließlich auch dazu determiniert sind. In diesem Sinne beantwortet auch Wolf Singer als entschiedener Verfechter des Neuro-Determinismus die Journalisten-Frage, ob man sich auch dann weiterhin für frei hält, wenn man erkannt hat, dass es sich dabei nur um eine Illusion handelt, kurz und knapp mit einem entschiedenen „Ja“ (Singer, 2006, 9)."
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon Pfeifer » Mi 28. Jan 2009, 15:30

Wozu eigentlich dieses ständige Herauspicken und Überbewerten einer einzigen klitzekleinen Eigenschaft des Menschen? Sei es Religion dort, Wille hier - es sind doch ohnehin alles nur versprachlichte Vereinfachungene einer Sache, die es für sich gar nicht gibt!

Es gibt nicht den Willen, der frei oder determiniert ist. Es gibt alles Mögliche und alles zusammen ist ein Mensch, der tut, was er will im Zuge seiner psychischen, körperlichen und weltlichen Abhängigkeiten und Möglichkeiten, die ihrerseits wieder spezifische Auslösungsfaktoren (Abhängigkeiten und Möglichkeiten) haben usw...

Sich nur auf eine Sache zu konzentrieren führt doch letztlich nur dazu, dass man sich in den Wirren der Argumentation verliert. Man wird vermutlich nie heraus bekommen, was der absolute "Wille" letztlich ist, den es nach meinem Gutdünken auch gar nicht geben kann. Es geht letztlich doch auch vielmehr darum, dass man seinen Willen mehr oder weniger stark in bestimmte Richtungen beeinflussen kann - und für das Ergebnis schließlich die Verantwortung übernimmt.

Wille steht nicht für sich allein, sondern hängt ab (und ist letztlich auch integrativer Bestandteil) von den Emotionen. Ihn so weit herauszunehmen führt zu keinem Ergebnis. Vermutlich kann man deshalb auch so leidenschaftlich an ihm rumrätseln.

Letztlich aber sollte man einsehen, dass das, was man tut, auch das ist, was man will. Denn wäre es nicht so, würde man ganz einfach etwas anderes tun.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon stine » Mi 28. Jan 2009, 16:02

Ja, lieber Pfeifer, mit so einfachen Erklärungen kann man die philosophischsten Diskussionen abwürgen.
Ist es das, was du möchtest?
Ich gebe ja zu, dass ich auch oft zur Vereinfachung neige und viel zu lebendig bin, um mich in solcherlei Diskursen wiederzufinden.
Das ändert sich aber bei mir je nach Tageszeit und Menge der bewußtseinserweiternden Getränke. :mg:
Vielleicht schaust du um 23.30 Uhr wieder vorbei?
LG stine
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 28. Jan 2009, 17:50

Pfeifer hat geschrieben:Es geht letztlich doch auch vielmehr darum, dass man seinen Willen mehr oder weniger stark in bestimmte Richtungen beeinflussen kann - und für das Ergebnis schließlich die Verantwortung übernimmt.

Richtig, darum geht es in dieser Diskussion. "Willensfreiheit" ist dabei nur ein Label, eine Bezeichnung. Du kannst es auch "Autonomie" oder "Selbstbestimmung" nennen. Spielt eigentlich keine Rolle, jedoch hat sich nun mal dafür der Begriff "Willensfreiheit" in der Philosophie eingebürgert.

Pfeifer hat geschrieben:Es gibt nicht den Willen, der frei oder determiniert ist.

Inwiefern sind "frei" und "determiniert" sich ausschließende Gegensätze?
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon Pfeifer » Mi 28. Jan 2009, 18:31

AgentProvocateur hat geschrieben: Pfeifer hat geschrieben:Es gibt nicht den Willen, der frei oder determiniert ist.


Inwiefern sind "frei" und "determiniert" sich ausschließende Gegensätze?


Sind sie ja nicht, aber das wird von Philosophen offenbar so gesehen. Die Mischung macht´s. Determiniert sind Triebe, vererbte Verhaltensweisen oder auch andere auf die jeweilige Handlung Einfluss nehmende Faktoren und andere Dinge, die ich sprachlich nicht benennen kann, die aber zum Verständnis auch nicht sonderlich beitragen.
Diese ganzen Faktoren, die man mitbringt, werden nun mit der Umwelt konfrontiert (wie das geht ist vermutlich schon hirnphysiologisch begriffen worden). Je nachdem, was man gerade tut, wahrnimmt oder je nach gegebener Aufmerksamkeit erlebt, entwickelt sich ein bestimmter Drang, etwas Bestimmtes tun zu wollen.
Ob diesem Drang nachgegeben wird hängt dann von bisherig gemachter Erfahrung, Intensität des Drangs und der eigenen Bewertung (wiederum durch sog. Ratio, Vernunft...) der zu erwartenden Konsquenzen ab. Man hat also im Grunde keinen freien Willen, ist aber dennoch ständig selbst bestimmt, da man derjenige ist der entscheidet.

Nur, wer ist ICH? Dazu: Prechts Bestseller "Wer bin ich? Und wenn ja wie viele?". Demnach gibt´s gar kein ICH im eigentlichen Sinn, sondern sieben verschiedene Regionen im Hirn, aber das lies vielleicht selbst, wenn du es nicht schon getan haben solltest.

Letztlich weß ichs aber auch nicht, ist nur ne Vermutung, die ich wissenschaftlich noch nicht zu belegen im Stande war. :up:
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon Pia Hut » Mi 28. Jan 2009, 20:18

Ihr habt jetzt so viel geschrieben, dass ich aufpassen muss, den Faden nicht völlig zu verlieren. Als ich das Thema aufwarf, ahnte ich nur seine Wichtigkeit für mich, über das Lesen eurer Texte ist sie zumindest mir klarer geworden.
An zwei Beispielen will ich mich versuchen noch deutlicher zu positionieren. Ich hoffe ihr ertragt noch mal den Umfang, es ist vorläufig der letzte von mir (denn meine Zwänge haben mich nun wieder).

„Die philosophischen Konsequenzen der Kausalität sind besonders interessant in Verbindung mit der philosophischen Denkrichtung des Determinismus. Dort geht man davon aus, dass jedes Ereignis durch vorhergegangene Ereignisse fest vorbestimmt ist, sich also das Universum als Kausalkette entwickelt. …. Da nun das menschliche Gehirn auch aus Materie besteht, müsste es sich demnach ebenfalls deterministisch verhalten, also in einer Weise, die durch eine Turingmaschine (theoretisch) berechnet und vorherbestimmt werden kann. Das würde aber bedeuten, dass es keinen absolut freien Willen gibt: jeder unserer Gedanken war im Augenblick des Urknalls bereits festgelegt. Des Weiteren würde es auch bedeuten, dass einerseits der Mensch nicht in der Lage ist, Probleme zu lösen, die nicht auch von einer Turingmaschine (oder einem anderen Computer) berechnet werden könnte. ..Und andererseits, dass alles, was Menschen tun, denken und fühlen, von einem Programm simuliert werden könnte, ….Die Grenze zwischen bewusstem, zielgerichtetem Handeln und bloßem mechanischen Abarbeiten eines Regelwerks verschwindet damit völlig.“

Was mir das sagt, ist, dass wenn ich mir die Frage determiniert oder nicht, frei oder nicht vorlege, dass mir dabei mein Unterscheidungsvermögen abhanden kommt (wo liegt noch mal wichtig und wo unwichtig). Ich sehe ein, dass ich sie nicht beantworten kann, und wenn ich in die Geschichte der Menschheit blicke, konnte das noch niemand und mir erscheint es dann fast vermessen zu meinen, das ich das könnte. Mir scheint es, dass die Fragestellung daher einfach keinen Sinn macht. (und Singer verstehe ich im Anfang seines Textes so, dass es die Fragestellung offenbar für besonders „edel“ hält, weil sie die Menschheit wohl schon immer wälzte.)

Was höre ich nun aus der Biologie zum Thema Kausalität:

„Wenn unsere Vorfahren die hinter dem Gebüsch vorblitzenden schwarzen und gelben Streifen (Wirkung) einem Tiger (Ursache) zuschrieben und sich davon machten, waren sie gut beraten. Die schnelle Entscheidung, was wohl Ursache der Beobachtung sein könnte, und die daraus folgende Aktion waren lebenserhaltend.
Die diesem Verhalten zu Grunde liegende Kausalitätserwartung gehört zu den "angeborenen Lehrmeistern" (Konrad Lorenz): Die „Hypothese von der Ursache“ enthält die "Erwartung, dass Gleiches dieselbe Ursache haben werde. Dies ist zunächst nicht mehr als ein Urteil im Voraus. Aber dieses Vorurteil bewährt sich… in einem derartigen Übermaß an Fällen, dass es jedem im Prinzipe andersartigen Urteil oder dem Urteils-Verzicht überlegen ist" (Rupert Riedl, 1981).
Angeborene Lehrmeister haben eine Kehrseite: sie können Denkfallen sein: „Das biologische Wissen enthält ein System vernünftiger Hypothesen, Voraus-Urteile, die uns im Rahmen dessen, wofür sie selektiert wurden, wie mit höchster Weisheit lenken; uns aber an dessen Grenzen vollkommen und niederträchtig in die Irre führen“ (Rupert Riedl). Auf die Kausalitätserwartung geht zurück, dass oftmals vorschnell der Pilot, Kapitän oder Lokführer für ein Unglück verantwortlich gemacht wird.“ aus Wiki, Stichwort Kausalität
Was mir das sagt, ist dass ich wohl um eigene Vorurteile auch nicht herumkommen werde und in Extremsituationen sehr auf diese angewiesen bin. Daher halte ich mich auch nicht lange damit auf, mich ihrer zu schämen, aber das macht mich dennoch nicht zum Parteigänger von Vorurteilen. Denn wenn ich mir ihrer bewusst bin, werden sie zu vorläufigen Voraus-Urteilen, sie sind nicht starr sondern sehr dynamisch. Und das macht mich zu einem Parteigänger vom Lernen und von Erkenntnisfortschritten. Ich muss mir meine, der Kindheit entstammenden, allzu groben Schemata verändern lassen. Zumal wenn mir jemand aufzeigt, wie Vorurteile gegen andere Menschen wirken. Dass ich mit Vorurteilen allzu leicht bereit sein werde, den Piloten für das Versagen des Triebwerks verantwortlich zu machen. Und wenn ich sehe, wie etwas gegen andere Mitglieder meiner Gattung wirkt, dann wirkt es wohl auch gegen mich, denn mir will kein rationeller Grund einfallen, der mich da zur großen Ausnahme machen würde.
Und so käme ich zu einem humanistischen Standpunkt ohne einen einzigen „höheren Wert“ bemühen zu müssen (wüsste aber auch noch weitere Gründe). Und ich gestehe auch, dass sie mich ängstigen, die „höheren Werte“, denn mir will es so scheinen, als wären Viele allzu leicht bereit diesen, weil sie ja so hoch über uns hängen, individuelle Leben zu opfern. Aber man sagt uns „Weibern“ ja auch oft nach, dass uns einfach ein Sinn für diese höheren Werte fehle.
Die guten Absichten eines anderen Menschen gelten mir nichts, wenn er sich der Mühsal des Lernens nicht unterziehen will, damit tut er weder sich noch mir einen Gefallen. Jeder weiß doch auch, dass aus reiner Liebe andere totgeschlagen werden und ich zumindest zweifle nicht daran, dass auch der Täter, sich häufig eines rühmlichen Motivs sicher ist. (Adelt denn das Motiv wirklich so sehr die Tat? dies wäre auch mein Argument gegen das Sortierkriterium „gut und böse“)

Ich halte es für eine Denkfalle nach „Letztursachen“, wie z. B. dem Urknall zu suchen, ebenso wie die Fähigkeiten unseres Hirns grundsätzlich zu hinterfragen, da kommt praktisch nur dabei heraus, dass man dem eigenen Denken misstraut. Es wird ein Verdacht in die Welt gesetzt, dem man das Gegenteil nicht beweisen kann. Und ich halte es nicht nur in der Wissenschaft für unredlich einen Verdacht in die Welt zu setzen, auch im Umgang zwischen Individuen erschien es mir schon oft so, dass Verdächtigungen erheblichen Schaden anrichten können. (Und hierzu fielen mir noch einige Beispiele ein, wie sich hierbei die Empirie missbrauchen lässt) Ich will nicht behaupten, dass der Verdacht immer zu vermeiden wäre, aber deswegen handhabe ich alles, was mir in diese Richtung zu gehen scheint, mit großer Sorgfalt. Jeder Gedanke benötigt auch seinen konkreten Praxisbezug, sonst verlieren wir uns im Denkhimmel der Irrealitäten. Wir leben doch ganz praktisch und wollen es auch weiter tun. Und wenn ich mir die praktischen Konsequenzen meines Wollens konkret vor Augen führe, dann muss ich nicht 100%ig wissen, ob dieser Wille nun auf Genetik oder Umwelt zurückzuführen ist (auch das ein sehr berühmter Streit), wenn er für andere ungemütliche Konsequenzen zeitigt, dann gilt das wohl auch umgekehrt für mich. Und daher bin ich willens den Willen zu modifizieren, sobald ich rationelle Gründe dafür kenne. Und so kann ich auch wollen, was ich will.

Und mich leitet zunächst ein persönliches Vorurteil, wenn ich sage, ich weiß zwar, dass es in den Geisteswissenschaften üblich ist, mit Definitionen zu beginnen, aber meine persönliche Erfahrung sagte mir auch, das dabei an Erkenntnisgewinn für mich bislang sehr wenig herauskam. Das brachte nun mich dazu an dieser Verfahrensweise zu zweifeln. Als erste Frage käme mir da, wo soll ich mir denn meine Definitionen abholen? Man sagte mir, bei Wiki dürfte ich es nicht tun und ich tat es in obigen Zitaten trotzdem, weil man mir nicht erklärte warum und weil mir Gründe einfallen es doch zu tun. Sehr produktiv fürs Denken finde ich es nämlich auch nicht, nur in „erlaubten Bahnen“ zu bleiben. Man muss sich wohl auch wagen mit Denktraditionen zu brechen, sonst besiegelt man auch die Ewigkeit „blöder“ Traditionen.

Und viel hilfreicher scheint es mir, sich an der zunehmenden Konkretisierung einer Fragestellung abzuarbeiten und zwar im Hinblick auf ihren praktischen Nährwert (und meine besondere Skepsis gilt da insbesondere Fragen, die als höherwertig zu gelten scheinen), als mit der Antwort zu beginnen. (Und vielleicht tue ich dem Begriff der „Definition“ damit doch unrecht)

Und hat eigentlich die Chaostheorie irgendwo zu einem praktischen Nährwert geführt? Doch! ich weiß auch, dass ich auf diesem Fachgebiet nur über „gefährliches Halbwissen“ verfüge. Zumal ich mir meiner eigenen physikalischen Begrenztheit als Individuum sehr wohl bewusst bin, was mir meine „Angewiesenheit“ auf andere Individuen wiederum vor Augen führt. Aber wo meine persönlichen Grenzen liegen, werde ich theoretisch nicht bestimmen können und um meiner praktischen Weiterentwicklung willen, werfe ich mir diese Frage gar nicht auf.

Und den Willen (zu welchem Prozentsatz auch immer frei) stören nach meiner Beobachtung immer „Zwänge“, er „empfindet“ sie als Gegensatz zu sich. Nun heben sich die Zwänge in der Realität aber gar nicht auf, indem der Wille sie einfach leugnet, obschon das mancher gerne tut.

Wir werden so groß gezogen, dass man uns mit dem Satz „sei doch vernünftig“ erstmal recht unterschiedslos zur Unterwerfung unter alle Zwänge zwingt. Was wohl auch ganz praktisch Individuen dazu bringen kann, sich gegen die Vernunft zu entscheiden. Und weil die Vernunft all zu oft mit dem Verstand gleichgesetzt wird, richtet sich das eigene Gefühl auch gegen diesen. Durch diese Verwechslung kommt es dann zu einer recht merkwürdigen Zweiteilung in uns selbst, wir meinen uns zwischen „Gefühlsmenschen“ und „Verstandesmenschen“ entscheiden zu müssen und dem „einfachen Gemüt“ gilt der Verstandesmensch offenbar auch noch als der besonders Gefährliche. (wenn ich mich recht erinnere hat dieser logische Fehlschluss mit Adorno auch eine wissenschaftliche Karriere gemacht)

Es bedarf, als erste Voraussetzung, der Mühsal des Denkens, um „Zwänge“ real überwinden zu können. Dabei wirken sich Verallgemeinerung (genauso wie Vereinfachung) auch wenn man zunächst nicht ohne sie auskommt, häufig sehr kontraproduktiv aus, da allzu viel in einen Topf geworfen wird, da ist Natur und Gesellschaft, dann plötzlich dasselbe, weil sie ja kausal einander folgen. Es gilt den einzelnen Zwang sehr genau zu betrachten, ob und wie er sich überwinden lässt.
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Re: Willensfreiheit bei Schmidt-Salomon

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 28. Jan 2009, 20:44

Pfeifer hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Inwiefern sind "frei" und "determiniert" sich ausschließende Gegensätze?

Sind sie ja nicht, aber das wird von Philosophen offenbar so gesehen.

Wo, von wem und warum?

Pfeifer hat geschrieben:Determiniert sind Triebe, vererbte Verhaltensweisen oder auch andere auf die jeweilige Handlung Einfluss nehmende Faktoren und andere Dinge, die ich sprachlich nicht benennen kann, die aber zum Verständnis auch nicht sonderlich beitragen.

Deine anscheinend hier vorgenommene Gleichung "determiniert = äußere Gegebenheiten, die wir nicht beeinflussen können" ist falsch, jedenfalls dann, wenn Du damit im Umkehrschluss implizieren willst: Sachverhalte, die wir beeinflussen können, dürfen nicht determiniert sein.

Pia Hut hat geschrieben:„[...] Da nun das menschliche Gehirn auch aus Materie besteht, müsste es sich demnach ebenfalls deterministisch verhalten, also in einer Weise, die durch eine Turingmaschine (theoretisch) berechnet und vorherbestimmt werden kann. Das würde aber bedeuten, dass es keinen absolut freien Willen gibt: jeder unserer Gedanken war im Augenblick des Urknalls bereits festgelegt. [...]

Woher ist dieses Zitat?

Ich vermisse auch hier die Begründung. So ist es nur ein Dogma. Anscheinend eines, das niemals hinterfragt werden darf.

Vielleicht ist aber auch gerade das das Wesen eines Dogmas: dass derjenige, der es verwendet, noch nicht einmal im Ansatz verstehen kann, dass es nicht so selbstverständlich ist, wie er meint und also nicht einfach unhinterfragt vorausgesetzt werden kann, sondern einer Begründung, einer Herleitung bedarf.
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