Leben für irgendwelche höheren Ziele

Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 1. Apr 2009, 11:07

Gerade wenn man von Motivation spricht - und bei Belangen zielgerichteten Handelns geht es wohl eindeutig darum! - spielt doch der empirische Teil der kognitiven Prozesse die entscheidende Rolle. Ich verweise auf den Thread zur Willensfreiheit und auf alle Studien zum Thema der zerebralen Verarbeitung.
Daraus lässt sich schließen, wie damals schon Kant schloss (Kritik der reinen Vernunft), dass Motivation mithilfe zureichender Methodik auf mathematischen Wege berechenbar ist, im wörtlichsten Sinne genommen also die Wirkungskette bis an ihr Ende vorhersehabr macht. (Nietzsche spricht in diesem Zusammenhang am Anfang des zweiten Abschnittes seiner Genealogie der Moral von diesem Vermögen zur Berechenbarkeit des Menschlichen von einem nicht marginalen Teil der Verantwortlichkeit und demnach aller Willensakte.)
Aufgrund der generellen Möglichkeit zur empirischen Erkenntnis der Motivation und somit deren praktischer Relation zur Mathematik, bin ich dafür, den Begriff der Determinante in diesem Bereich geltend zu machen.

(Was das alles mit den Sozis zu tun haben soll, weiß ich allerdings nicht - "Sozialwissenschaften": wie das schon klingt...)
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon xander1 » Fr 3. Apr 2009, 05:54

Jetzt musst du nur noch die anderen rund 80Mio Menschen in Deutschland überzeugen auch den Begriff Determinante so zu verwenden wie du.
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon HF******* » Fr 3. Apr 2009, 10:34

Ich sehe das demnächst noch mal nach, verwendet nicht Prof. Nida-Rümelin den Begriff ebenfalls im sozialwissenschaftlichen Sinne?
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Fr 3. Apr 2009, 19:41

Hier geht es nicht darum, oder?

Also: hat noch jemand etwas anderes als Nörgelei an meinem Stil anzubringen?
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Pia Hut » So 12. Apr 2009, 16:19

Ja unbedingt,
(Habe endlich kurz Zeit mir den Fortgang der Diskussion anzuschauen. Ja ich weiß Deutschland arbeitet kurz, dummerweise gibt es da auch Abteilungen die im Moment besonders viel zu tun haben.)
Ich bin auch nicht scharf auf eine Stildebatte, selbst wenn ich nicht ganz unschuldig daran bin, aber das war mir zunächst noch nicht so klar und „bereuen“ halte ich auch für ziemlich nutzlos.

Jarl, es gibt viele Sätze bei dir, da komme ich problemlos mit und kann sie auch teilen und dann sind da wieder völlig irritierende Stellen (dass da der Mangel nicht an deinem Stil liegen muss, sondern auch in meiner Auffassungsgabe, ist mir auch klar). Hier einige davon: (und ich kann nur hoffen, dass man es mir nachsieht wenn ich der Form nach aus Zeitmangel nicht ganz sauber zitiere.)
"je weniger differenziert man eine Tat, eine Handlung oder ein Verhalten betrachtet, desto schlechter kann man das böse Motiv dahinter erkennen, was wiederum eine Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten bedeutet." Linux Gegenrede ging dann gegen die Unterstellung, der „bösen Motive“. Du hast darauf geantwortet, dass Nietzsche den Trieb auch nicht als böse auslegen würde. Jetzt rätsle ich etwas, was du dann mit den „bösen Motiven“ sagen willst. Wer sucht denn dann überhaupt nach diesen? Ich halte diese Herangehensweise zur Erklärung der Verhaltensweise anderer Menschen jedenfalls für ziemlich untauglich - wenn man Andere von vorneherein mit einem üblen Verdacht gegen ihre Motive besichtigt, wird man garantiert fündig. (das hat so etwas wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Eine Denkvoraussetzung, die in einen Zirkel führt. In so ziemlich jede Verhaltensweise lassen sich im Hintergrund lauernde unlautere Motive hineininterpretieren)

Ich verstehe mich auch als Amoralist. M.E kann man z.B. allein durch rationelle Überlegungen dahin kommen seinen Mitmenschen nicht übel mitspielen zu wollen, dazu bedarf es keiner Moral. Für mich hat Moral etwas von der Suche nach einem vereinfachenden Regelwerk, das einem das Denken abnehmen soll, zu tun. (seht mir diese Simplifizierung nach. Wenn ich das jetzt umfassend erklären wollte, bedürfte ich einer Menge von Seiten) Aber über den Moralbegriff sind wir uns hier ja sowieso noch nicht einig.

„Sozialistische Erziehung hat seine Vorteile: sie erzieht nicht zum ständigen Wettbewerb.“ Da würde ich zustimmen. Kritisieren würde ich jedoch, dass sie dabei nicht rationell sondern moralisierend gegen „Konkurrierereien“ vorgegangen ist. Sie erzog zur „Selbstlosigkeit“, einer Fiktion und hat damit auch die Notwendigkeit der Heuchelei in die Welt gesetzt. (aber das führt hier wohl zu weit)

Dass man „in dem Augenblick, da man eine Handlung tut, dieselbe gut heißt (ergo: Reue ist dumm)“ sehe ich genauso aber den Fortgang der Überlegung kann ich nicht nachvollziehen. Mir scheint es nicht logisch zu folgern „dass jeder Mensch in dieser Situation in gleicher Weise handeln müsse“. Ich bin mir nämlich bewusst, dass es Situationen gibt, in denen ich mich eher ungeschickter als andere verhalte (einfach dadurch, dass man sich schon rein physikalisch betrachtet nicht überall 100%tig auskennen kann) und in anderen Situationen kann ich aufgrund von persönlichem Wissen und Erfahrung die Folgen meines Handelns besser abschätzen. Und praktisch hat man nicht immer die Wahl nur dann zu handeln, wenn man sich richtig gut auskennt, aber ich wüsste wo ich anderen eher den Vortritt ließe und wo ich schnell selbst aktiv würde, weil ich mich da auf meine Fähigkeiten verlassen kann.
(An solchen Stellen treibt es mich in Debatten dann immer danach ein konkreteres praktisches Beispiel zu suchen. Auch wenn diese oft „hinken“ - siehe mein Kletterbeispiel. Oder wie kann man sonst eine Verallgemeinerung auf ihre Stimmigkeit überprüfen? Und evtl. treibt mich hier auch ein ganz persönliches Vorurteil. Weil ich schon etliche Verallgemeinerungen zu hören bekam, die jedes konkrete Beispiel als Ausnahme von der Regel behaupten, anstatt mal die Regel auf ihre Tauglichkeit in der Praxis zu überprüfen)

Also:
Die Höhe eines Zieles ist dadurch bestimmt, inwiefern dessen Erreichen ein Verschenken der überreichen, überfließenden und natürlichen Anlagen ist.

Diese These klingt in meinen Ohren schon besser als die davor. Aber irgendwas irritiert mich daran noch. Dass sie etwas „prosaisch“ klingt ist es nicht, dass habe ich ja „angeblich“ selber ziemlich drauf….
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon ganimed » Di 14. Apr 2009, 22:06

Pia Hut hat geschrieben:Ich verstehe mich auch als Amoralist. M.E kann man z.B. allein durch rationelle Überlegungen dahin kommen seinen Mitmenschen nicht übel mitspielen zu wollen, dazu bedarf es keiner Moral.

Das finde ich interessant, wenn es auch vielleicht nicht so ganz in Richtung des Thread-Themas führt. Ich kann mir diese rationellen Überlegungen, die zu einem 'moralischen' Handeln führen, so allgemein eigentlich gar nicht vorstellen. Es kommt mir eher so vor, als wäre Moral immer Erziehungs-, Vereinbarungs- und Geschmackssache der jeweiligen Gesellschaft. Wohingegen ja rationelle Überlegungen mir eher universell vorkommen. Oder ist hier die eine rationale Überlegung gemeint: "wenn ich mich gemäß der Moral verhalte, habe ich weniger Ärger" ?

Kurzum, meine von brennender Neugier geprägte Frage ist: welche rationellen Überlegungen sind hier gemeint?
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Pia Hut » Mi 15. Apr 2009, 15:57

Mir hat man immer beizubringen versucht, wie wichtig doch die Moral sei und auch Logik und Vernunft wurden mir sehr nahe gelegt, und an den verschiedensten Stellen bin ich dann auf logische Widersprüche in der Moral gestossen. Da ich mich schon eine Weile damit abkämpfe, fällt es mir jetzt nicht gerade leicht es einfach kurz zu erklären. Für mich führt das auch nicht vom Thema ab, weil ich Moral und „höhere“ Ziele zumindest für sehr eng verwandt halte, was v. a. am Adjektiv liegt (mit „höher“ ist eine besondere Wertigkeit ausgedrückt, und ich bilde mir ein, dass rationelles Urteilen nur im Bemühen um „Wertneutralität“ ginge) Ich bin mir im Moment nicht sicher an welcher Stelle sich da anzufangen lohnt.

Ich denke an Kant und seinem „kategorischen Imperativ“ (KI) herum, der in der Debatte irgendwo Thema war und als eine Art Meilenstein der Moralphilosophie gilt. Von Kant war der KI als oberstes Prinzip der Ethik (bzw. Moral - ich habe ein Probleme damit, die beiden Begriffe klar voneinander abzugrenzen, ich sehe da eher eingebildete Unterschiede, die Ethik gilt irgendwie als Oberbegriff und da sie so fern jeder praktischen Überprüfung ist, scheint sie auch irgendwie unangreifbar.) Bei Kant kam der KI in verschiedenen Formeln vor. Die mit der ich noch am ehesten klar komme, ist die sogenannte Selbstzweckformel „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ Ich bilde mir ein, das könnte man vom Eigeninteresse ausgehend sogar halbwegs logisch ableiten. Leider haftet schon diesem Satz und erst recht den anderen Formeln der KI etwas extrem Universelles an. Der KI soll auch keine inhaltliche Norm, sondern ein generelles Handlungs- und Normenprüfkriterium sein. Kant geht von einem Grundprinzip aus, das im Menschen selbst natürlicherweise vorhanden ist. Das will ich nicht abstreiten, aber wenn man jedes Verhalten so völlig losgelöst von allen bestimmten gesellschaftlichen Umständen in denen Mensch zu handeln gezwungen sind, betrachtet (das macht Kant m.E), landet man fast zwangläufig in einer Art Rassismus. Es übersieht nämlich, dass es gesellschaftliche Rollen gibt, in denen Mensch sehr viel erpressbarer sind als in anderen (z.B. arm und reich) und sich daraus auch ein anderes Handeln ergibt. Aus eigener Abgesichertheit heraus, lässt es sich leichter „edel“ (z. B. großzügig) sein. Was dabei der Rasissmus ist: aus gesellschaftlichen Umständen begründetes Verhalten, wird als die Natur dieses Menschen behandelt und wenn er Pech hat, bekommt er auch noch erklärt, dass es so kein Wunder sei, dass er zu den "Armen" gehört.
so viel zunächst….
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 15. Apr 2009, 16:31

Pia Hut hat geschrieben:Jetzt rätsle ich etwas, was du dann mit den „bösen Motiven“ sagen willst.


Allgmein ist hierzu zu bemerken, dass Nietzsche einerseits mit sienen eigenen Definitionen arbeitet, andererseits aber auch mit den Vorurteilen des Lesers Fürlieb nimmt und mit der Sprache des Alltags in gewisser Weise spielt. Mit dem "bösen Trieb" ist all das gemeint, was man damals als besonders böse zu betrachten geneigt war und zu großen Teilen auch fürderhin noch tut.
Um aber diesem Ausspruch sich etwas nähern zu können, sollte man vorzugsweise den Aufsatz "Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne" lesen.
Es ist - natürlich? - eine Kenntnis von Nietzsches Philosophie bis zur "Fröhlichen Wissenschaft" erforderlich um es wirklich ganzheitlich erfassen zu können und somit kann ich nur einen Abriss darüber liefern, inwiefern das Erkennensvermögen für "den bösen Trieb" im Allgemeinen Aufschluss über das Erkenntnisvermögen liefern soll.

Gemeinhin ist man z.B. nicht geneigt, den Tieren ein "böses Wesen" zuzschreiben, da man sie für ihr Haldungen nicht verantwortlich oder schuldig macht, ihnen die böse Absicht hinter einer bösen Handlung nicht unterstellt. Das selbe geschieht bei der Unterscheidung der Tötung eines Menschen in "Totschlag" und "Mord". Nun sind für Nietzsche die bewußten Motive nicht die wirklich bestimmenden, sondern er sieht sie als Eitelkeit des Menschen, der einen lächerlichen Stolz auf all seine Geisteswerkeuge der bewußten Entscheidung hat. (Hierzu sind die Aphorismen "Vom Kampf der Motive","Nachträgliche Vernünftigkeit" und "Aus dem Reich der Zwecke" aus der Morgenröte zu empfehlen, auch "Das Bewußtsein vom Scheine", "Skeptiker, "Zwei Arten Ursache, die man verwechselt" und "Was heißt erkennen?" aus der FW; später auch aus dem Zarathustra "Vom bleichen Verbrecher", "Vor-Sonnenaufgang" und "Von den Verächtern des Leibes".)
--> http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=19&autorid=443
Allerdings sind die bewußten Motive für Nietzsche trotzdem nicht vernachlässigbar. Sie sind in einem anderen Maße entscheidend für die Menschen, die eine böse Tat miterleben. Dazu empfiehlt sich "Vom 'Genius der Gattung'" aus der FW.
Falls man aber, wie du Pia, nur eingeschränkt Zeit hat, um sich der Lektüre zu widmen, gebe ich das als zusammenfassenden Hinweis auf die Bedeutung der "bösen Triebe":
- das, wessen man sich bewußt wird, ist der geringste Teil der Denkprozesse und oftmals nur ein für den Stolz des Menschen befriedigender Vorwand. Aus diesem Grunde ist es meisthin "dumm", an das Motiv, welches ein Mensch als Grund seiner Tat nennt, zu glauben. Dabei stehen zu beliben, macht die Welt vielleicht in gewisser Weise ansehlicher, da sie damit vernünftiger scheint; aber es ist dann eben die Absage an die wirkliche Welt zugunsten einer "Welt im Innern", einer metaphyischen Welt, in der es z.B. übermäßig vernünftig zugeht und in der es sich recht angenehm leben lässt. (Ich weiß sehr wohl das alle Anschauung intellektual ist und es kein unverfälschstes Bild der wirklichen Welt geben kann - aber aus diesem Grunde ist Wissenschaft ja auch erst interessant.) Als "böse" gilt seither jedes der Sitte widersprechende, individuelle Handeln und Denken; somit seit Einzug des Christentums in Europa auch noch in der heutigen Gesellschaft der "Egoismus", die "Selsbstsucht", mithin glit als "gut" eben die "Gerechtigkeit", das "Mitleiden", das "nicht an sich selber denken", die "Selbstlosigkeit" - inwiefern man an eine solche, moralisch ausgelegte Bestimmung des Menschen als sein "Gutes" glaubt, desto dümmer ist man, wenn man Nietzsches Gedankengang zu folgen gewillt ist. Man führt dadurch nämlich anstelle des tausendfältigen, unbewußten Prozesses bis zur ausgeführten Handlung, eine sehr einfache Formel ein: "ich will es (bewußt), also tue ich es." Ein Fehlschluss, wie es heute auch nicht mehr nur Leute verstehen, die sich auf den Gedanken einlassen, da es ja nicht sehr wenige in diese Richtung deutende Befunde in den Naturwissenschaften gibt. (Warum will man Philosophen nicht mehr glauben? - Weil man feige ist: auf der sicheren Seite stehen, kein Schloss auf Sand bauen will. -- Abe es ist ja nicht jeder mutig geboren...)
Das Dasein ist Unvernünftig!

Pia Hut hat geschrieben:„Sozialistische Erziehung hat seine Vorteile: sie erzieht nicht zum ständigen Wettbewerb.“ Da würde ich zustimmen. Kritisieren würde ich jedoch, dass sie dabei nicht rationell sondern moralisierend gegen „Konkurrierereien“ vorgegangen ist. Sie erzog zur „Selbstlosigkeit“, einer Fiktion und hat damit auch die Notwendigkeit der Heuchelei in die Welt gesetzt. (aber das führt hier wohl zu weit)

Demnach ist "rationell vorgehen" und "morlisierend vorgehen" mehr oder weniger dasselbe. Vernunft hat kein Gewicht. ES ist viel vollbracht, wenn man nach dem Denken anders denkt als vorher - zu unterscheiden ist hier in die Aktivität und Passivität des Erlebenden dieser Veränderung.

Siehst du Pia? es ist wirklich umständlich alles erklären zu versuchen. Ich sollte mich wirklich nicht wundern, wenn man mich nicht versteht, wenn ich derartige Schlussfolgerungen durch meine Worte vorraussetze... aber Explicieren macht so wenig Spaß und ist so klugscheißerisch... da schreibe ich lieber Liebesbriefe.

Pia Hut hat geschrieben:allein durch rationelle Überlegungen dahin kommen seinen Mitmenschen nicht übel mitspielen zu wollen


Das ist Moral. Allemal.
Es muss nicht unbedingt Unterwerfung unter die Sitte deiner Gesellschaft sein, wie es meistens der Fall ist, woraus sich dann eben das herkömmiche Gewissen bildet.
Du strebst also ein intellektuales Gewissen nach Art deines Geschmackes an - ein löbliches Unterfangen; aber du kkanst dabei sehr wohl auch zu anderen Schlüssen kommen. Das zeigt z.B. die Erzählung (es ist nicht wirklich ein Roman) "Denn sie wissen, was sie tun" von Gabriel Barylli, in welchem jemand aus moralischen Gründen zum Mörder wird.

Pia Hut hat geschrieben:dass jeder Mensch in dieser Situation in gleicher Weise handeln müsse“. Ich bin mir nämlich bewusst, dass es Situationen gibt, in denen ich mich eher ungeschickter als andere verhalte


Zu in "dieser Situation" , d.i. "unter bestimmten Zuständen", gehört nicht nur Eine Sache. Deine Fähigkeiten sind sehr wohl auch ein Zustand, wie auch die Stimmung, das Wetter und die Stellung der Sterne.
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 15. Apr 2009, 20:02

Pia Hut hat geschrieben:Kant geht von einem Grundprinzip aus, das im Menschen selbst natürlicherweise vorhanden ist. Das will ich nicht abstreiten, aber wenn man jedes Verhalten so völlig losgelöst von allen bestimmten gesellschaftlichen Umständen, in denen Mensch zu handeln gezwungen sind, betrachtet [...]


Warum willst du denn nicht abstreiten, dass dem Menschen ein Wesen zugrunde liegt?
Das Mensch ist frei in seinen Entscheidungen; es gibt niemals nur eine Möglichkeit zu handeln. Wenn es einem wichtiger ist sittlich zu sein anstatt lebendig oder reich oder angesehen oder weiß-der-kuckuck-was - dann wird ein solches Individuum sich frei für den Tod, die Armut, die Ächtung oder Sonstwas entscheiden. Märtyrertum ist kein Beispiel hierfür - das ist nur ein Beispiel für Menschen, die so schwach sind, dass sie sich einer anderen Macht nur vollständig unterwerfen können.
Den allermeisten ist es aber eben nicht unbedingt wichtig den kategorischen Imperativ Kants in ihren Handlungen zu erfüllen, zumal der KI für Kant der Grund war einen Gott zu postulieren und den schrecklichen Fehler der meisten früheren Philosophen zu tun (nun gut, es gibt ja auch heute noch Nussköpfe wie Spaemann), wie auch die meisten herkömmlichen Denkmoden, dass Daseyn moralisch auszulegen - wie als gäbe es den Menschen, damit er moralisch ist! Wie als hätte es die Evolution dazu gegeben, damit wir mit allen Mitteln "edel" - wie du, Pia, es nennst - sein können! Solcher Schwachsinn! Fort mit den universellen Zwecken aus der Welt - die haben mit der Wahrheit nichts zu schaffen!
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Pia Hut » So 19. Apr 2009, 18:21

Mit dem Wesen, dass ich da nicht abstreiten will, bin ich mir schlicht selbst noch unsicher.

Dass man im Explicieren häufig klugscheißerisch rüberkommt, ist mir auch klar – das Risiko mich damit zu blamieren, nehme ich um des „Wissen wollens“ in Kauf. Ich bin kein Freund von Geschmacksurteilen, die reserviere ich mir auch eher für Liebesbriefe, da meine ich immer unterscheiden zu müssen.

Wenn man, wie Nietzsche in der „fröhlichen Wissenschaft“ aus Nothständen heraus Philosophie betreibt, besteht anscheinend zum Selbstschutz eine gewisse Notwendigkeit den „Schein anzubeten“ und die „Scham besser in Ehren zu halten“. Da wähnt er sich dann als „hellseherisch“ in der Menschenverachtung, anstatt sie als menschliches Allgemeingut von Notständen wiederzuerkennen, aber das „krankhafte“ daran ist Nietzsche ja auch irgendwie bekannt.

Ich wollte mich eigentlich endlich von Nietzsche trennen. Habe nun doch wieder die ersten der anempfohlenen Aufsätze gelesen, ob ich da Spannendes übersehen habe. In „Wahrheit und Lüge“ reißt Nietzsche theoretische Dilemma auf, die gar nicht abzustreiten sind. Nur reicht ein Menschenleben nicht aus sie theoretisch zu lösen und mehr als eines hat man nun mal aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Praktisch kommt man nicht umhin zu unterscheiden und zu entscheiden, will man nicht den eigenen Verstand verlieren.

Ich will gar nicht alles erklären, ich will aber unterscheiden wo Erklärung praktisch Sinn macht und wo nicht und wo reine Geschmacksfragen eher ihren Platz haben, sonst ist ja irgendwie alles realtiv. „Was weiß ein Mensch eigentlich von sich selbst! Verschweigt die Natur ihm nicht das Allermeiste, selbst über seinen Körper…“ Na und? Welchen praktischen Schluss sollte man denn daraus ziehen, soll man jetzt das „Wissen wollen“ bleiben lassen, aus Erschrecken darüber was man alles nicht weiß oder lässt sich im tiefschürfenden Fragestellen der menschliche Hochmut besonders gut bedienen. Oder wie lässt sich das aufgeworfene Rätsel sonst verstehen?

Ich stelle auch nicht in Frage, dass die Sprache, das Werkzeug menschlicher Verständigung kein adäquater Ausdruck aller Realitäten ist. Na und? Über dieses Problem an sich, kann man auch in alle Ewigkeiten brüten, aber wozu? Die Sprache gebiert zwar erhebliche Missverständnisse, aber ein anderes Mittel zur Verständigung besitzen wir nicht, und um diese auszuräumen, meine ich immer ums Explicieren nicht herum zu kommen.

Nietzsche: „Wenn ich die Definition des Säugetiers mache und dann erkläre, nach Besichtigung eines Kamels: „siehe ein Säugetier“, so wird damit die Wahrheit zwar ans Licht gebracht, aber sie ist von begrenztem Werte.“
Ja, jedes Ordnungsschema, das man benutzt, trägt den Haken in sich, dass wenn man später mehr weiß, es sich im Nachhinein als eher unsinnig oder albern ausnehmen kann. Deswegen kann man dennoch nicht auf Ordnungsschemata verzichten und den Begriff der Wahrheit, würde ich deswegen auch nicht eliminieren wollen, nur weil sich das als wahr Gehaltene später als falsch erweisen könnte.

Und jetzt mag ich erst mal keinen Nietzsche mehr lesen. Vielleicht ziehe ich mir noch Gabriel Barylli rein, um deiner für mich sehr universell anmutende Fassung des Begriffs Moral irgendwie näher zu kommen.
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 22. Apr 2009, 15:43

Pia Hut hat geschrieben:Und jetzt mag ich erst mal keinen Nietzsche mehr lesen. Vielleicht ziehe ich mir noch Gabriel Barylli rein, um deiner für mich sehr universell anmutende Fassung des Begriffs Moral irgendwie näher zu kommen.


Nicht nötig. Hatten wir hier nicht einmal ein paar definitionen festgestellt wie :"Moral bezeichnet die Gesamtheit aller Wertschätzungen eines Lebewesens."

Somit brauchst du das Buch wirklich nicht lesen. Musst dir nur vor Augen halten, dass die Nazis durchaus nicht "einfach so" die Welt von den Juden befreien wollten, sondern es Teil ihrer Moral war, dass Juden schlecht sind. Dies alles waren moralische Handlungen, die nicht der verbreiteten Moral der Gesellschaft, in der du lebst, entsprechen, aber dadurch noch lange keine Nicht-Moral sind.
Es gibt nur moralische Handlungen.

Dass Nietzsche nichts für dich bedeutet - nuja, das ist deine Sache.
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Pia Hut » Mo 4. Mai 2009, 14:18

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Hatten wir hier nicht einmal ein paar definitionen festgestellt wie :"Moral bezeichnet die Gesamtheit aller Wertschätzungen eines Lebewesens."


Welche Wirs auch immer das für eine aussagekräftige Bestimmung von Moral halten, ich gehöre offenbar nicht dazu.

Mit Nietzsche kann ich durchaus etwas anfangen, kenne trotzdem Gründe ihn mal nicht lesen zu wollen. Und habe ihn nun doch wieder gelesen, um vielleicht so, der mir widersprüchlich anmutenden Begriffsbestimmung von Moral auf die Spur zu kommen. (Und ja sicher waren auch die Nazis moralisch, ein Grund mehr der Moral zu misstrauen.)

Nietzsche gilt eigentlich als Kritiker der Moral, und darin weiß ich ihn zu schätzen. Hier Beispiele die ich teile: „ich begann unser Vertrauen zur Moral zu untergraben“ (Morgenröthe Vorrede) „in Gegenwart der Moral soll eben, wie Angesichts jeder Autorität, nicht gedacht, noch weniger geredet werden: hier wird - gehorcht!“
Gesetzt, man wollte der Menschheit die höchste ihr mögliche Vernünftigkeit geben: diess hiesse gewiss nicht ihr die höchste ihr mögliche Dauer verbürgen! Oder gesetzt, man dächte an ihr "höchstes Glück" als das Wohin und Worin: meint man dann den höchsten Grad, den allmählich einzelne Menschen erreichen könnten? Oder eine, übrigens gar nicht zu berechnende letztens erreichbare Durchschnitts-Glückseligkeit Aller? Und warum wäre die Moralität gerade der Weg dahin? Ist nicht durch sie, im Grossen gesehen, eine solche Fülle von Unlust-Quellen aufgethan worden, dass man eher urtheilen könnte, mit jeder Verfeinerung der Sittlichkeit sei der Mensch bisher mit sich, mit seinem Nächsten und mit seinem Loose des Daseins unzufriedener geworden? Ist nicht der bisher moralischste Mensch des Glaubens gewesen, der einzig berechtigte Zustand des Menschen im Angesichte der Moral sei die tiefste Unseligkeit?
Dem Individuum, sofern es sein Glück will, soll man keine Vorschriften über den Weg zum Glück geben: denn das individuelle Glück quillt aus eigenen, Jedermann unbekannten Gesetzen, es kann mit Vorschriften von Aussen her nur verhindert, gehemmt werden. - Die Vorschriften, welche man "moralisch" nennt, sind in Wahrheit gegen die Individuen gerichtet und wollen durchaus nicht deren Glück. Ebenso wenig beziehen sich diese Vorschriften auf das "Glück und die Wohlfahrt der Menschheit," - mit welchen Worten strenge Begriffe zu verbinden überhaupt nicht möglich ist, geschweige dass man sie als Leitsterne auf dem dunklen Ozean moralischer Bestrebungen gebrauchen könnte. - Es ist nicht wahr, dass die Moralität, wie das Vorurtheil will, der Entwickelung der Vernunft günstiger sei als die Unmoralität. - Es ist nicht wahr, dass das unbewusste Ziel in der Entwickelung jedes bewussten Wesens (Thier, Mensch, Menschheit u. s. w.) sein "höchstes Glück" sei:
„Die Sitte repräsentirt die Erfahrungen früherer Menschen über das vermeintlich Nützliche und Schädliche, - aber das Gefühl für die Sitte (Sittlichkeit) bezieht sich nicht auf jene Erfahrungen als solche, sondern auf das Alter, die Heiligkeit, die Indiscutabilität der Sitte. Und damit wirkt diess Gefühl dem entgegen, dass man neue Erfahrungen macht und die Sitten corrigirt: das heisst, die Sittlichkeit wirkt der Entstehung neuer und besserer Sitten entgegen: sie verdummt.“

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Es gibt nur moralische Handlungen.


Es macht einen Begriff in seiner Anwendbarkeit m.E. völlig untauglich, wenn man ihn von anderen nicht mehr abgrenzt. Oder anders ausgedrückt: z. B. einen christliche Moralismus zu kritisieren, mutet darüber absurd an, wenn man sowieso alles menschliche Handeln als moralisch deklariert. Ich habe bei Nietzsche gesucht, ob er da Stellen hat, an denen diese Unterscheidung auch verloren geht. In folgendem Zitat trenne ich mich von ihm:

„Aber es ist kein Zweifel, auch zu uns noch redet ein "du sollst", auch wir noch gehorchen einem strengen Gesetze über uns, - und dies ist die letzte Moral, die sich auch uns noch hörbar macht, die auch wir noch zu leben wissen, hier, wenn irgend worin, sind auch wir noch Menschen des Gewissens: dass wir nämlich nicht wieder zurückwollen in Das, was uns als überlebt und morsch gilt, in irgend etwas "Unglaubwürdiges", heisse es nun Gott, Tugend, Wahrheit, Gerechtigkeit, Nächstenliebe; dass wir uns keine Lügenbrücken zu alten Idealen gestatten; dass wir von Grund aus Allem feind sind, was in uns vermitteln und mischen möchte; feind jeder jetzigen Art Glauben und Christlichkeit….

Es ist wohl so, dass jeder seine eigenen Maßstäbe im Kopf hat an denen man misst und daraus auch irgendwie ein „du sollst“ an sich selbst richtet. Aber a) ist es keine Vorschrift, die wir an andere richten und b) unterliegt dieser Maßstab nicht notwendig der Indiscutabilität, wie es der Moral zu Eigen ist. Ein grundlegendes Spezifikum der Moral sehe ich darin, dass der Maßstab des Urteilens selbst nie zur Debatte stehen darf. Ich würde daher auch nicht wie Nietzsche von einer „letzten Moral“ sprechen.

Und noch kurz zu einer Anmerkung, die an Linux gerichtet war „Nebenbei: Ich glaube dir nicht darin, du seiest Amoralist.“

Warum nicht, nur weil er nicht unter den Hut der recht universellen Definition passt? Nach meiner Erfahrung ist das Etikett „Amoralist“ nun wahrlich keines, dass man sich mit Stolz an die Brust klebt. Praktisch wird man nämlich mit einem solchen Etikett nicht selten aus einer Debatte ausgeschlossen - ins moralische Abseits gestellt. Und hin und wieder sagt man sich, dann kann man sich auch gleich selbst so nennen, dann wird einem wenigstens nicht untergejubelt, man würde nicht „Farbe bekennen“ wollen.
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Fr 15. Mai 2009, 18:31

Es sind hunderte Gespräche zur Moral zum laufen gekommen; und hier in diesem Thread, sind wir von den Zielsetzungen abgekommen.
Zu dem ,was du vor so langer Zeit sagtest, Pia, will ich nur meinen, dass ich mit "moralische Handlung" eben nicht die "moralisch gute Handlung" meine, sondern auf das Phänomen hindeuten will, dass man eine moralische Entscheidung trifft indem man handelt. In dem Moment, in dem man eine Tat begeht, heißt man sie gut - später kann man natürlich anders darüber denken, aber dann würde man sie ja auch nicht mehr begehen, wenn man schlecht darüber denkt. Im Gegensatz zur Ethik, so finde ich, ist die Moral das, "was der Fall ist", also auch das, worüber es sich erst zu reden lohnt. (wenn man über Ethik redet, so kann man sich eben auch über Engel unterhalten - Ethiken gibt es nicht wirklich in der Welt.)
Aber ich erkenne jetzt auch meinen Fehler - ich habe "Moralität" mit "Moral" gleichgesetzt; zukünftig werde ich diese Begriffe stärker trennen.
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon xander1 » So 24. Mai 2009, 21:08

Hier noch ein Nietzsche Zitat, dass es mir wert ist hier zu schreiben, weils mal erwähnt werden muss.
"Es ist nicht nötig, nicht einmal erwünscht, Partei für mich zu nehmen: im Gegenteil, eine Dosis Neugierde, wie vor einem fremden Gewächs, mit einem ironischen Widerstande, schiene mir eine unvergleichlich intelligentere Stellung zu mir." - an Carl Fuchs, 29. Juli 1888, KSB 8: 1075
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon karmaqueen » Fr 19. Jun 2009, 09:13

Ich finde, man sollte sich in dieses "ich-will-nach etwas höherem-streben" nicht zu sehr reinsteigern. Ich halte das folgendermaßen: ich versuche alles, was ich anpacke, so gut wie möglich zu machen. Das heißt für mich auch, dass ich auf meine Mitmenschen Rücksicht nehme und ihnen ab und zu etwas gutes tue (was auch immer das ist). Damit bin ich bisher immer gut gefahren. Man sollte einfach im kleinen bei sich und seiner umgebeung beginnen, sein Leben lebenswert zu machen. Dazu braucht es keine höheren Ziele. Vor allem in einer Partnerschaft kann man ein ziel seines Lebens finde, denke ich.
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Fr 19. Jun 2009, 16:15

Falls betreffende Person mit Nick karmaqueen es als beleidigend empfindet, was ich im folgenden sage, soll es ihr freistehen mich bei den Moderatoren zu melden.

Es geht hier doch um die Philosophie - ein philosophisches Verständnis der Welt unterscheidet sich vom herkömmlichen vor allem dadurch, dass man das, was man durch das naive Verständnis anzuschauen gelernt hat, mithilfe der Reflexion dahingehend ändert, dass man hinterher eben nicht mehr so anschaut und denkt wie vorher.
Demnach ist deine Aussage, wenn sie als philosophische Proposition gelten soll, unzuträglich, deswegen, weil hier ein unreflektiertes Verständnis von so gut wie allem, was dieses Thema behandeln soll, vorliegt.
Wir reden ja daürber, was es ausmacht, ein "höheres Ziel anzustreben", und nicht darüber, ob es lohnenswert oder gut oder was auch immer ist, es nicht zu tun.
Zu dem was du sagtest, würde ich die Lektüre von Nietzches Zarathustra "Von der verkleinernden Tugend".
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon xander1 » Sa 20. Jun 2009, 20:31

+hust+
xander1 hat geschrieben:Soll der Mitmensch deiner Ansicht nach lieber nach höheren Zielen streben oder ist es eher Recht wenn der Mitmensch sich nur um seinen Kram schert??

Das war der Eingangspost dieses Themenfadens

Naja es geht also weniger darum ob man selbst nach höheren Zielen streben sollte, sondern eher was schlauer ist bei der Frage ob der Mitmensch zu etwas gebracht werden soll, zu streben.

Ansonsten habe ich an karmaqueens Post nichts auszusetzen, auch wenn es manchem vielleicht zu seicht vorkommt.
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Re: Leben für irgendwelche höheren Ziele

Beitragvon jackle » So 21. Jun 2009, 12:07

karmaqueen hat geschrieben:Ich finde, man sollte sich in dieses "ich-will-nach etwas höherem-streben" nicht zu sehr reinsteigern. Ich halte das folgendermaßen: ich versuche alles, was ich anpacke, so gut wie möglich zu machen. Das heißt für mich auch, dass ich auf meine Mitmenschen Rücksicht nehme und ihnen ab und zu etwas gutes tue (was auch immer das ist). Damit bin ich bisher immer gut gefahren. Man sollte einfach im kleinen bei sich und seiner umgebeung beginnen, sein Leben lebenswert zu machen. Dazu braucht es keine höheren Ziele. Vor allem in einer Partnerschaft kann man ein ziel seines Lebens finde, denke ich.


Ich halte das für eine sehr legitime und meist auch sinnvolle Einstellung. Auch glaube ich, dass der überwiegende Teil der Menschheit (sicherlich deutlich über 90%) gar nicht in der Lage ist, nach etwas Höherem zu streben. Die meisten wollen lediglich, dass es ihnen nicht schlechter geht.

Ein Problem sehe ich vor allem darin, dass es mitunter tatsächlich höhere Ziele gibt. Und da ist es leider so, dass diejenigen, die diese höheren Ziele haben, dabei aber nicht versprechen können bzw. wollen, dass es allen anderen bald viel besser geht, bei denjenigen mit dem lokalen Lebensglück auf schrecklich taube Ohren stoßen.

Stell dir vor, da wohnt eine kleine Gemeinschaft an einem See und lebt vom Fischfang. Und da ist nun einer darunter, der feststellt, dass, wenn man sich so vermehrt wie bislang und immer diese Fische fängt, der See in 20 Jahren keine Fische mehr haben wird. Wenn dieser eine dieses Problem nun ernst nimmt und sein Leben der Lösung des Problems widmet, dann lebt er nicht primär für sich, sondern für "höhere" Ziele. Leider sind solche Leute nicht gern gesehen. Sie stören die private Idylle. Solche Leute vergeuden in aller Regel ihr Leben, weil sie bei den anderen kein Gehör finden. Dafür benennt man 50 Jahre später eine Schule nach ihnen. Das ist dann ihr Verdienst.
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