Was ist ein Baum?

Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon smalonius » Fr 1. Mai 2009, 17:49

Mark hat geschrieben:Ja die Geschichte passt wie pi um den Einheitskreis. Wir erfinden viele lustige schwammige Begriffe und wenn irgendetwas grob auf eine uns geläufige Vorstellung hinausläuft dann bauen wir sofort goldene Kälber.. liegt uns halt im Blut.
Schwammige Begriffe? Schwammige Begriffe gibt's in natürlichen Sprachen. In der Mathematik nicht.

Auch in natürlicher Sprache kann ich sagen: Die e-Funktion ist periodisch im komplexen.

In natürlicher Sprache zu dieser Aussage zu kommen, stelle ich mir aber sehr schwer vor.

El Schwalmo hat geschrieben:die Welt 'ist'. Wir beschreiben sie, in irgendwelchen Sprachen. Das Problem, um das es hier geht, ist, ob man aus der Struktur der Beschreibungssprache etwas über das Beschriebene erfahren kann, das man noch nicht kennt.
Das ist mir ein bißchen zu abstrakt, da wollen mir kaum Beispiele einfallen, deshalb kann ich nicht viel dazu sagen.

Die Welt 'ist'. Die Krähe darin zählt bis drei oder vier. Tut sie das in einer Sprache? Tut sie es intuitiv, weil ihr Zahlverständnis erlernt oder angeboren ist?

Wenn man sich die Struktur des Gehirns ansieht - ein "Apparat", der Beschreibungen produziert - kann man dann etwas über die beschriebene Welt sagen? Unser Gehirn ist zum Teil ein großer Wahrscheinlichkeits-Recorder, eine Korrelationsmaschine.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon quark » Fr 1. Mai 2009, 18:45

smalonius hat geschrieben:ein "Apparat", der Beschreibungen produziert - kann man dann etwas über die beschriebene Welt sagen? Unser Gehirn ist zum Teil ein großer Wahrscheinlichkeits-Recorder, eine Korrelationsmaschine.


Der Gedanke ist der sinnvoller Satz. Keine Gleichung.
Die Welt ist eine Ungleichung. (c) quark
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon xander1 » So 3. Mai 2009, 22:44

Kann mir jemand sagen worum es in dem Thema hier geht? Hier wird so durcheinander geredet.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon El Schwalmo » So 3. Mai 2009, 22:55

xander1 hat geschrieben:Kann mir jemand sagen worum es in dem Thema hier geht? Hier wird so durcheinander geredet.

letztendlich um die Frage, ob man daraus, dass man 'die Welt' mathematisch beschreiben kann, darauf schließen kann, dass die welt 'mathematisch' strukturiert ist.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon xander1 » So 3. Mai 2009, 23:27

Das ist eine Implikation, wenn es eine Implikation in die entgegensetzte Richtung gibt, ist es eine Äquivalenz. Beide Richtungen müssen bewiesen werden. Der Beweis für die eine Richtung funktioniert ähnlich wie der in die andere Richtung. Man kann auch von hinreichender und notwendiger Bedingung sprechen. Vielleicht muss man sich noch ggf. Prämissen dazu holen um über Zwischenschritte zum Ergebnis zu kommen.

Weiterhin kann man die Abbildung als solche anwenden. Reale Welt x bildet ab auf Mathematik y. Ist es eine injektive surjektive biijektive Abbildung. Ist es eine Funktion oder nur eine Abbildung, also ein Graphensystem.

Wenn es eine Bijektive Abbildung ist, kann man davon ausgehen, dass unsere Welt nur Mathematik ist und nichts anderes.

Das sind alles nur Hilfestellungen von mir.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon ujmp » Mo 4. Mai 2009, 07:47

xander1 hat geschrieben:dass unsere Welt nur Mathematik ist und nichts anderes.


Auf etwas anderes als Vorstellungen ist Mathematik nicht anwendbar und sie ist zunächst nicht mehr als eine Denkstruktur. Unser Denken ist zu nichts anderem fähig, als über Bedingtheiten nachzudenken, z.B. Kausalitäten, räumliche und zeitliche Beziehungen oder Erkenntnisgründe. Selbst die aberwitzigsten Fantasmen kommen nicht ohne diese Denkstrukturen aus. Man kann diese einfach "Gründe" nennen (Schopenhauer hat noch einen abstrakt gemeinten "Willen" zugefügt ). Das Interessante an der Welt sind aber nicht Bäume und Spiralen, die auf unsere Denkmuster passen, sondern das Chaos. Das interessante sind die Gelegenheiten, wo unser Bedingtheitsdenken versagt. Die Mathematik kann nichts zur Erklärung der Welt beitragen, sie kann nur zu Exaktheit der Erklärungen beitragen, wobei Exaktheit, nicht Korrektheitheit bedeutet, denn auch eine falsche Erklärung muss präzise ausgedrückt sein um sie zu beurteilen.

Zu behaupten, dass unsere Welt nur Mathematik ist, kommt der Behauptung gleich, dass unsere Welt nur Logik sei. Da hätte ich gleich die Weltformel anzubieten:

Wenn A, dann B.

Ja, aber was "A" und was "B"? - So sagt auch die Mathematik nichts über die Welt aus, sonderen bestenfalls, wie wir sie gerne hätten, damit mit wir mit unserm Denkapparat klarkommen. Vielleicht lohnt es sich doch für die Evolution, noch ein bissel am Subjekt zu schrauben.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon xander1 » Mo 4. Mai 2009, 11:02

Ja das ist unkorrekt ausgedrückt. Die Welt ist nicht Mathematik, kann sie gar nicht, weil Mathematik eine Abstraktion von vorhandenem darstellt und damit bereits etwas verändertes von Realität ist. Also ist die welt nicht Mathematik.

Aber könnte man nicht sagen, dass die Welt sozusagen weitestgehend indirekt nur aus Formeln besteht, nur aus Struktur, aus Wechselwirkungen der Strukturen, nur aus Information, die erst im Zusammenhang eine Semantik erwirkt?

Ist ein Lichtstrahl nur die Information, dass da ein Lichtstrahl ist mit dessen Eigenschaften in der Raumzeit, seiner Lage, seiner Geschwindigkeit ... könnte man so in der Art alles beschreiben?

Im Prinzip ist dieses Thema ein Bereich der Metaphysik. Der Forschungsstand der aktuellen Philosophie sagt dazu meines Wissens nach aus, dass wir Menschen nicht in der Lage sind die Hauptfrage um die es hier in dem Thema geht nach Struktur und Mathematik zu klären. Wer das verstehen will liest bitte das Buch: Grundkurs Metaphysik. Das ist ein ziemlich umfangreiches Buch.

Ist eine naturalistische Weltsicht nicht etwa eine materialistische Weltsicht, aus purer Konsequenz? Ergeben sich nicht aus jeweiligen Weltsichten automatisch andere Herangehensweisen als Mensch in seiner Umwelt? Ergibt sich aus einem anderen Verständnis über die Welt nicht ein anderer Charakter eines Menschen? Ist der vorherschende Geist einer Zeit nicht etwa bestimmend für die Handlungen der Historie?
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon ujmp » Mo 4. Mai 2009, 11:52

xander1 hat geschrieben:
Ist eine naturalistische Weltsicht nicht etwa eine materialistische Weltsicht, aus purer Konsequenz? Ergeben sich nicht aus jeweiligen Weltsichten automatisch andere Herangehensweisen als Mensch in seiner Umwelt? Ergibt sich aus einem anderen Verständnis über die Welt nicht ein anderer Charakter eines Menschen? Ist der vorherschende Geist einer Zeit nicht etwa bestimmend für die Handlungen der Historie?

M.e. ja, ja, ja, ja.

xander1 hat geschrieben:Aber könnte man nicht sagen, dass die Welt sozusagen weitestgehend indirekt nur aus Formeln besteht, nur aus Struktur, aus Wechselwirkungen der Strukturen, nur aus Information, die erst im Zusammenhang eine Semantik erwirkt?


Warum sollte man? Ich sehe mehr Chaos als Struktur. Ich weiß z.B. nicht warum mein Parkplatz heute morgen besetzt war, der sonst immer frei ist.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon Mark » Mo 4. Mai 2009, 13:16

smalonius hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:Ja die Geschichte passt wie pi um den Einheitskreis. Wir erfinden viele lustige schwammige Begriffe und wenn irgendetwas grob auf eine uns geläufige Vorstellung hinausläuft dann bauen wir sofort goldene Kälber.. liegt uns halt im Blut.
Schwammige Begriffe? Schwammige Begriffe gibt's in natürlichen Sprachen. In der Mathematik nicht.

Auch in natürlicher Sprache kann ich sagen: Die e-Funktion ist periodisch im komplexen.

In natürlicher Sprache zu dieser Aussage zu kommen, stelle ich mir aber sehr schwer vor.


Du kannst nicht in eigenen Worten widergeben was mathematische Formeln bedeuten und in Prosa alle Informationen aus den Formeln einfliessen lassen ? Wir mussten das in Physik häufig tun, um zu beweisen, daß wir verstanden haben wie man darauf gekommen ist. Die Zeichen die in der Mathematik verwendet werden sind ja auch nur Abkürzungen für Theoreme, Methoden und Parameter.. man kann sie noch so genau definieren, aber man muss es in Sprache tun, und kann sich im Endeffekt niemals wirklich von dem Problem der Schwammigkeit befreien. Nie GANZ.
Bestes Beispiel : nach unserem intuitiven Verständnis ist die klassische Mechanik vollkommen richtig. Sie ist aber falsch. Woran lag das Problem ?
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon smalonius » Mo 4. Mai 2009, 19:34

xander1 hat geschrieben:Kann mir jemand sagen worum es in dem Thema hier geht? Hier wird so durcheinander geredet.

Es geht darum, den Wald zu sehen, wenn man die Bäume sieht. :mg:

Im Ernst, El Schwalmo hat's dankenswerterweise schon beantwortet.

Vielleicht komme ich später auch noch auf folgende Themen zu sprechen:

- Zahlverständnis bei Tieren
- automatisches Schlußfolgern und Beweisen
- wie interpretiert man "unsinnige" Lösungen physikalischer Gleichungen? (Stichwort: Everetts Viele-Welten-Auslegung, Stringtheorie)

Zur Philosphie der Mathematik kann ich selber nicht viel sagen, höre Meinungen aber gerne.
El Schwalmo hat geschrieben:letztendlich um die Frage, ob man daraus, dass man 'die Welt' mathematisch beschreiben kann, darauf schließen kann, dass die welt 'mathematisch' strukturiert ist.
Wenn du aus dem "darauf schließen" ein "darauf die starke Vermutung aufbauen" machst, sind wir uns einig. :mg:

xander1 hat geschrieben:Weiterhin kann man die Abbildung als solche anwenden. Reale Welt x bildet ab auf Mathematik y. Ist es eine injektive surjektive biijektive Abbildung. Ist es eine Funktion oder nur eine Abbildung, also ein Graphensystem.

Wenn es eine Bijektive Abbildung ist, kann man davon ausgehen, dass unsere Welt nur Mathematik ist und nichts anderes.

Das sind alles nur Hilfestellungen von mir.
Danke. Du kennst die Terminologie besser als ich. :up: Das hab' ich alles längst vergessen.

xander1 hat geschrieben:Die Welt ist nicht Mathematik, kann sie gar nicht, weil Mathematik eine Abstraktion von vorhandenem darstellt und damit bereits etwas verändertes von Realität ist. Also ist die welt nicht Mathematik.

Aber könnte man nicht sagen, dass die Welt sozusagen weitestgehend indirekt nur aus Formeln besteht, nur aus Struktur, aus Wechselwirkungen der Strukturen, nur aus Information, ...
So ungefähr würde ich das auch sagen. Es geht mir darum, was diese Formeln "bedeuten", welche Struktur diese Formeln abbilden.

Überhaupt ist "Struktur" eins meiner Lieblingswörter in diesem Zusammenhang. Weder Baum noch Niere wissen etwas über y = a^x. Und doch taucht die Baum-Struktur an den verschiedensten Stellen auf.

Später noch ein weiteres, "griffiges" Beispiel dafür, wie tief mathematische Struktur mit alltäglichen Dingen verbandelt ist. Erstmal noch etwas über die Frage, was Mathematik denn eigentlich ist?
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon smalonius » Mo 4. Mai 2009, 19:52

Mathematik, entdeckt oder erfunden?

Mathematik war lange Zeit eine eher informelle Angelegenheit. Nur die alten Griechen kümmerten sich um eine formale Grundlage für ihre Geometrie. Erst seit kurzem, noch keine 200 Jahre, bemüht man sich, auch Algebra, Mengenlehre, Logik etc. von Grund auf zu formalisieren.

Heutzutage ist es Mehrheitsmeinung, daß Mathematik eine formale Wissenschaft ist. Eine Minderheit jedoch meint, Mathematik sei eine Naturwissenschaft (was offensichtlich auch mein Standpunkt ist.) Die Frage ist: wird Mathematik entdeckt oder wird sie erfunden?

(Übrigens, im englischen heißt es "maths", genauso wie physics oder athletics, was verschiedene Unterdisziplinen nahelegt.)




Kleiner Exkurs zu empirischer Mathematik, weil's gerade brandaktuell ist:


A New Kind of Science

In jüngster Zeit haben einige (Gregory Chaitin z.B.) von "empirischer Mathematik" gesprochen. Darunter fallen zum Beispiel Fraktale und vor allem Zelluläre Automaten. John von Neumann hat versucht, die Welt als zellulären Automaten zu beschreiben und neun Zustandsvariablen gebraucht. Leider weiß ich nichts genaueres darüber, werd's mir aber eines Tages ansehen. Was ich weiß ist dies: man kann verschiedenste Differentialgleichungen mit Zellulären Automaten nachbilden. Und auf eine Differentialgleichung läuft die mathematische Beschreibung eines Zusammenhängs meist hinaus, in den verschiedensten Disziplinen. Ein Beispiel wäre die Wärmeausbreitung in einem Stab, ein anderes ein Räuber-Beute-System.

Stephen Wolfram nennt das "a new kind of science - NKS".

Man wird in Kürze mehr über NKS hören in den Medien, wenn Wolfram|Alpha in Betrieb geht, was für diesen Monat geplant ist. Wolfram|Alpha ist eine neue Suchmaschine, die aber völlig anders arbeitet als Google und was man sonst noch kennt. Konventionelle Suchmaschinen arbeiten mit Indexen und Katalogen.

Wolfram|Alpha hingegen kann man in natürlicher Sprache nach etwas fragen, dann berechnet das System live die Antwort mittels NKS, statt sie in einem Katalog nachzuschlagen.

Ich wäre geneigt, das als Spinnerei oder bestenfalls als Forschungsprojekt anzusehen, wenn nicht Wolfram dahinter stehen würde, von dem das Softwarepaket Mathematika stammt.

Man wird sehen, was daraus wird - und ob sich daraus neue Sichtweisen auf die Mathematik ergeben.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon ujmp » Mo 4. Mai 2009, 20:57

smalonius hat geschrieben:In jüngster Zeit haben einige (Gregory Chaitin z.B.) von "empirischer Mathematik" gesprochen. Darunter fallen zum Beispiel Fraktale und vor allem Zelluläre Automaten.


Ein Fraktal ist m.E. eine geometrische Darstellung und genau sowenig empirisch, wie ein Kreis.

Aber Zelluläre Automaten sind schon interessanter...
Zuletzt geändert von ujmp am Mo 4. Mai 2009, 21:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon Myron » Mo 4. Mai 2009, 21:03

xander1 hat geschrieben:Ja das ist unkorrekt ausgedrückt. Die Welt ist nicht Mathematik, kann sie gar nicht, weil Mathematik eine Abstraktion von vorhandenem darstellt und damit bereits etwas verändertes von Realität ist. Also ist die welt nicht Mathematik.


Zur Erinnerung: viewtopic.php?f=5&t=2592
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon ujmp » Di 5. Mai 2009, 08:06

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Zelluläre Automaten könnte man auch als eine Art Rorschachtest betrachten. Die scheinbar komplexen Figuren sind dann Interpretationen unseres Geistes. Wir sehen und vermessen nur das, was wir auf Grund des Baues unseres Denkapparates wahrnehmen können und wozu uns in gewisser Weise die angeborene Strukturerwartung zwingt. Ich fände einen Nachweis interessant, dass es sich nicht so verhält.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon smalonius » Di 5. Mai 2009, 20:25

Rohrschach? Ich glaube nicht. Ein Rohrschach-Klecks ist symmetrisch, die Lunge ist es auch, ebenso wie das Katzengesicht.

Ein treffenderes Bespiel für ZA-Strukturen in der Wirklichkeit wäre dies:

Bild

Bild

Aber darum geht's mir nicht. Mir geht's um folgendes.

Zelluläre Automaten sind eine gute Bestätigung für diese zwei Behauptungen:

- aus einfachen Prinzipien entsteht komplexes Verhalten.
- dieses Verhalten kann so komplex sein, daß es sich nicht in geschlossener mathematischer Form lösen läßt. Man muß den ZA laufen lassen, um zu sehen, was dabei herauskomt.

Beide Behauptungen sind sehr stark, wenn man sie auf die physische Wirklichkeit anwendet. Konrad Zuse hat vorgeschlagen, die Welt als Zellurären Automaten zu sehen. Ich bin etwas skeptisch, inwieweit sich dieser Vorschlag mit der Quantenphysik vereinbaren läßt. Reizvoll ist der Vorschlag allemal.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon ujmp » Di 5. Mai 2009, 21:13

Ich glaube es war in der "Gehirn und Geist", da stand vor einiger Zeit ein Artikel über Naturformen, bei denen wir Menschen spontan eine hohe Organisiertheit empfinden. Z.B. Spinnennetze oder ein Ameisen-Marsch, bei dem sich Tausende von Ameisen scheinbar nach Absprache verhalten. Der Witz bei diesen tatsächlich komplexen Formen war immer, dass sie auf ganz simplen Algorithmen beruhen, denen gar keine Vorstellung vom komplexen Endergebnis zugrunde liegt, also so ähnlich wie bei ZA. Daran musste ich gestern Abend denken, als ich ein paar ZA ausprobiert habe.

Der Roscharchtest war mir nur eingefallen, weil ich mich gefragt habe, wo die offensichtliche Strukturiertheit herkommt: aus dem Kopf oder aus der Natur. Ich hätte aber nichts dagegen, wenn die Natur das wäre, was sie zu sein scheint (sicherlich Geschmackssache, aber man wüsste wenigstens woran man ist).

Eine ganz simple Struktur ist z.B. ein Schüttwinkel (deine Abbildung ist schon ausreichend :mg: ).
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon quark » Di 5. Mai 2009, 21:53

ujmp hat geschrieben:weil ich mich gefragt habe, wo die offensichtliche Strukturiertheit herkommt: aus dem Kopf oder aus der Natur.

Dafür müsste man erst Kopf und Natur trennen.
Die Materie ist mathematisch strukturiert. Auch das Unbewusste Leben. Es sollte angenommen werden, dass auch das Bewusstsein mathematisch strukturiert ist.
Es sollte aber klar sein dass, das Bewusstsein durch sich selbst nicht erkennbar sein kann.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon hjrumland » Do 7. Mai 2009, 21:18

smalonius hat geschrieben:Was ist das überhaupt, ein Baum? Ich denke, die Mathematik weiß mehr über das, was einen Baum ausmacht, als ein Botaniker.


Ich bin weder Mathematiker noch Botaniker aber ich habe über 200 Bäume auf meinem Grundstück und ich muß mit ihnen zusammenleben. Als Pragmatiker sehe ich einen Baum nicht als ein Konzept an sondern als ein Lebewesen das praktische Konsequenzen für mich hat.
Hier im US-Staat Florida erfreue ich mich meist des Anblicks und des Schattens meiner Bäume. Wir haben hauptsächlich Eichen von zwei Arten: Quercus virginiana, hier als Southern Live Oak bekannt und Quercus nigra die hier Wassereiche genannt wird. Beide Arten wachsen bis zu 25m hoch und ihre Kronen können sich bis zu 30m Durchmesser ausbreiten.
Warum die Ausmaße? Vom Juni bis November (und manchmal länger) haben wir die Hurrikansaison. Unser Haus liegt in der 160 KMH Zone wo also der Wind die Geschwindigkeit eines ICE erreicht. Bis jetzt sind wir davon verschont worden denn der einzige Sturm der uns so im Vorbeigehen erwischte war nicht einmal ein Tropischer Sturm. Er war aber stark genug um an dem Rande des Grundstücks eine 25m hohe Wassereiche umzuwerfen. Die Wassereichen sind so genannt weil sie eine sehr dichte Krone haben, die sich dazu noch in der oberen Hälfte des Baumes konzentriert. Der Baum ist also kopfschwer. Wenn ein solcher Baum am Rande eines Standes steht wo er auf einer Seite keine Nachbarn hat, die ihm helfen aufrecht stehen zu bleiben, dann fällt er um wenn der Wind zu stark wird.
Wie wirkt sich das auf einen Pragmatiker aus? Zumindestens dreifach. Zunächst sind da die anfänglichen Kosten für die Hurrikanversteifungen des Hauses und für die zusätzliche Windschadenversicherung. Dann kommt der Stress während der Hurrikanwarnungen...kommt er oder geht er an uns vorbei? Und wenn der Wind einen Baum umschmeißt, fällt er auf unser Haus oder nicht? Und schliesslich die Arbeit, einen solchen umgefallenen Baum zu zerschneiden, zu verarbeiten und was übrig bleibt zu verbrennen.
Die Beseitigung der oben erwähnten Wassereiche hat mehrere Wochen gedauert. Die Krone zu zerlegen war nicht sehr schwer und das Laub brannte auch sehr gut. Die Stämme waren eine ander Sache. und die letzten drei Meter des Stammes habe ich da, wo sie gefallen sind, liegengelassen. ...einen 90cm dicken Baumstamm mit einer 60cm Kettensäge zu zerschneiden ist vielleicht nicht unmöglich aber ich habe mich mit dem Baum geeinigt...er blieb also an seinem gewohnten Platz und da er noch viele der Wurzeln hat, breitet er sich wieder aus. Wie ich schon anfangs sagte: ein Baum ist ein Lebewesen und ich muß mit ihm zusammenexistieren.
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon Mark » Fr 8. Mai 2009, 03:05

hjrumland hat geschrieben:... Wie ich schon anfangs sagte: ein Baum ist ein Lebewesen und ich muß mit ihm zusammenexistieren.


Bild

:mg:
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Re: Was ist ein Baum?

Beitragvon hjrumland » Sa 9. Mai 2009, 16:28

Mark hat geschrieben:
hjrumland hat geschrieben:... Wie ich schon anfangs sagte: ein Baum ist ein Lebewesen und ich muß mit ihm zusammenexistieren.


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:mg:

Hmm...ich habe über deine Antwort nachgedacht, kann aber keinen Zusammenhang zu meiner Baumgeschichte finden ausser daß vielleicht der Bieber, der ja bekanntlich Bäume umlegt, sich darüber freut, dass ein grosser Baum vom Sturm umgeworfen wurde...was natürlich an den Haaren herbeigezogen ist.
Bitte, erkläre dich mal ein bischen besser.
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