Werte von Naturalisten

Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon Mark » Di 2. Jun 2009, 01:11

quark hat geschrieben:Lieber Platon,
unsere Realität ist dermaßen verrückt, dass nur psychisch Gestörte oder Indoktrinierte in ihr "klar kommen". Mit "Charakterstärke" (wie auch immer du sie wissenschaftlich begründen willst) hat es nix zu tun.



Eine jede Existenz beruht prinzipiell auf einer Störung. Aber wir halten doch nicht wirklich jeden für beknackt, der idL ist über sich zu behaupten er komme klar im Leben. Nur für einen Lügner ?
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon xander1 » Di 2. Jun 2009, 18:16

quark hat geschrieben:unsere Realität ist dermaßen verrückt, dass nur psychisch Gestörte oder Indoktrinierte in ihr "klar kommen".

Zumindest hatte ich auch irgendwann mal diesen Gedanken, dass man mit einer Störung teilweise die Realität besser sieht, aber mittlerweile denke ich das Gegenteil. Jetzt frage ich mich troztdem wieso du das denkst, bzw. wie du überhaupt darauf kommst. Ich denke das nämlich nicht mehr. Als psychisch gestörter hat man definitiv ein verfälschtes Bild von der Realität. z.B. denkt man als depressiver zu negativ als es angebracht wäre.

Es mag allerdings wenige Situationen geben, wo der Depressive oder Euphorische Typ Mensch das realistischere Bild hat.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon folgsam » Di 2. Jun 2009, 18:24

Da hat mir Don Juan aber was ganz anderes erzählt =)
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon xander1 » Di 14. Jul 2009, 06:10

hier: viewtopic.php?f=5&t=3046#p54457

haben wir noch einen Wert und das dürfte jetzt wirklich mal ein richtiger Brights-Wert sein:

Aufrichtigkeit!
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Di 14. Jul 2009, 17:26

Große Worte von Aufrichtigkeit verlieren und mit fast jedem hier im Forum die Urteile über gut und böse teilen: das ist ekelhaft.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon xander1 » Mi 15. Jul 2009, 08:31

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Große Worte von Aufrichtigkeit verlieren und mit fast jedem hier im Forum die Urteile über gut und böse teilen: das ist ekelhaft.

Ich stelle nur fest und ich verliere keine großen Worte. Ich teile auch nicht mit jedem die Urteile über gut und böse. Im Gegenteil: Ich stelle einfach nur fest was der Konsens ist über gut und böse in den Themen. Was ich denke muss nicht interessieren. Du denkst wieder einseitig.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 15. Jul 2009, 14:05

xander1 hat geschrieben:Ich stelle nur fest und ich verliere keine großen Worte. Ich teile auch nicht mit jedem die Urteile über gut und böse. Im Gegenteil: Ich stelle einfach nur fest was der Konsens ist über gut und böse in den Themen. Was ich denke muss nicht interessieren. Du denkst wieder einseitig.


Abe so tun als wüsstest du, was "das Schlechte" sei. Das ICH ist überall!
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon xander1 » Mi 15. Jul 2009, 17:25

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Abe so tun als wüsstest du, was "das Schlechte" sei. Das ICH ist überall!

Es gibt nicht das universell Schlechte und nicht das universell Gute. Unterstell mal weiter irgendwas wovon du keine Ahnung hast.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon xander1 » Do 16. Jul 2009, 01:09

für alle die vielleicht nicht wissen was mit universell gemeint ist, damit sich niemand eine falsche Meinung von mir bildet:

Wenn ich oder jemand Schmerz empfindet, dann ist das "schlecht". Das hat aber nichts mit dem universell schlechtem zu tun.

Warum schreibe ich das? Damit man sich nicht vorschnell eine falsche Meinung bildet und sich lieber klar ist dass man keine Ahnung hat, auch wenn das Thema einfach wirkt!
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Do 16. Jul 2009, 16:58

Immer diese Unterschlagung der Masochisten und Selbstgeißeler und Asketen und Leute, die meinen, wenn sie einmal Schmerz erfahren zugunsten eines anderen, sei es ein Opfer, welches die Tat gut mache, und ...
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon xander1 » Do 16. Jul 2009, 18:25

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:wenn sie einmal Schmerz erfahren zugunsten eines anderen, sei es ein Opfer, welches die Tat gut mache, und ...

Eine überlegte Aufopferung ist also nichts gutes? Wenn du Leid erfahren müsstest und jemand anders sie für dich aufnimmt, findest du das also nicht gut?
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Fr 17. Jul 2009, 14:06

Schluss mit der Plänkelei! Du weißt ganz genau dass ich auf deine Aüßerung bezüglich "schlecht" und dem Schmerz antwortete. Schmerz ist genauso kein gemeinhin schlechtes - würdest du es nicht merken, wenn dir der Appendix schmerzt, tätest du jämmerlich an dessen eitriger Explosion sterben. Schmerz ist ein, wenn du schon auf die Evolution zurückgreifen musst, arterhaltendes Moment ersten Ranges!

Es gibt Moralen, bei denen ist die beste Tat, jene mit der größten Opferung verbundene - und es gibt Moralen, die fordern häufige Opfer; egal ob für einen selber oder für andere. Den Anderen für das kleine Glück eines gutes Gewissens nötig zu haben aus Unfähigkeit zur Freude am doch so einfachen Leben...

Niemandes einzelnen Leid oder Unleid ist der Maßstab des der Menschheit Frommenden.
Der umschlossene Kreis einer Moral ist nicht unentscheidend - meinst du "den Weg zum Glück", oder "die regelnde Norm", oder "den Weg zur Besserung der Menschheit"?
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon xander1 » Fr 17. Jul 2009, 18:52

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Schluss mit der Plänkelei! Du weißt ganz genau dass ich auf deine Aüßerung bezüglich "schlecht" und dem Schmerz antwortete.

Nein, ehrlich gesagt hatte ich da keinen Bezug gesehen.
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Schmerz ist genauso kein gemeinhin schlechtes - würdest du es nicht merken, wenn dir der Appendix schmerzt, tätest du jämmerlich an dessen eitriger Explosion sterben.

Da erzählst du mal etwas neues. Wie schlau!
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Schmerz ist ein, wenn du schon auf die Evolution zurückgreifen musst, arterhaltendes Moment ersten Ranges!

Schmerz ist nicht nur für die Arterhaltung da. Denk mal nach.
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Es gibt Moralen, bei denen ist die beste Tat, jene mit der größten Opferung verbundene

Immer sind es die anderen, die dumm sind oder falsches machen, aber nicht man selbst. Immer mit dem Finger auf andere Zeigen, und wenn man sie nicht genau benennt können sie auch nicht zurück argumentieren. Du hast dir wieder was feines ausgedacht, um dich mit nackter Abstraktion hervor zu tun. Bravo. Dabei ist das nur gerede, das in einem Forum steht und letztendlich keine Bedeutung in der Realität hat.
Jarl Gullkrølla hat geschrieben: - und es gibt Moralen, die fordern häufige Opfer; egal ob für einen selber oder für andere. Den Anderen für das kleine Glück eines gutes Gewissens nötig zu haben aus Unfähigkeit zur Freude am doch so einfachen Leben...

Bei den Maya, die Menschenopfer gebracht haben und bei Terroristen, aber du musst natürlich die Extrembeispiele nehmen. Die Extrembeispiele sollen herhalten für die Gemäßigten. Wenn ich genauer denke sind es nicht einmal Beispiele. Es ist aus der Luft gegriffen was du schreibst, nackte Behauptungen.
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Niemandes einzelnen Leid oder Unleid ist der Maßstab des der Menschheit Frommenden.

... was zu beweisen wäre. Ich glaube nicht daran.
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Der umschlossene Kreis einer Moral ist nicht unentscheidend - meinst du "den Weg zum Glück", oder "die regelnde Norm", oder "den Weg zur Besserung der Menschheit"?

Du redest mal wieder so komisch, dass man glauben könnte du redest mit dir selbst, anstelle verstehbar zu schreiben bleibst du in deiner Welt.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Fr 17. Jul 2009, 20:27

In Ordnung.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon xander1 » Sa 18. Jul 2009, 11:04

Ich versuche mit Menschen zu reden, die ein wenig oder mehr Ahnung von Philosophie haben und welchen die fast nichts davon wissen und das Problem ist, dass die eine Seite die andere teilweise gar nicht versteht. Um nicht missverstanden zu werden, da das Forum öffentlich ist, grenze ich mich bewusst von möglichen Missverständnissen ab. Daher kam der Text darüber was mit universell nicht gemeint ist.

Ich weiß auch jetzt gar nicht wie du auf die Pharysäer kommst. Was haben die denn mit den Werten der Naturalisten zu tun?

Die Worte, gut böse schlecht, sind abgegriffen. Man kann sie gar nicht mehr abgreifen.

Wenn du immer abstrahierst, gibt es nicht nur die Frage nach dem Verstehen dessen, sondern auch die Frage nach dem Zweck. Du musst doch irgendwas wollen, bewecken, Ziele haben. Und da habe ich den Eindruck, dass du das oft gezielt verbirgst und das besonders seit dem ich mit dir PNs schreibe, von denen ich noch jetzt geschockt bin und entgeistert. Nietzsche war kaum rechts. Er war sogar gegen die Reichsgründung. Ich möchte nicht wieder so eine böse Überraschung erleben, dass hinter deiner Abstraktion sich etwas dunkles verbirgt.

Die Realia von denen du schreibst, kann man natürlich nicht vorgeben, wenn man das will. Das Problem dass ich damit habe, ist dass diese deine Art zu schreiben, dann auch manipulativ sein kann, eine Form des Überredens. Du greifst da schon Fundamente an. Du setzt fast immer nur bei den Fundamenten der Menschen an. Du willst Gesellschaften verändern, aber was hast du davon.

Würdest du gerne Der Imperator in StarWars sein? Diesen Eindruck habe ich jetzt von dir.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Sa 18. Jul 2009, 15:40

Und schon sind wir wieder beim "Willen zur Macht" :-))

Ich kann keine Menschen führen, und natürlich war Nietzsche gegen die Reichsgründung und die damit verbundene "kleine Politik"; er stand da ja eher für Napoleon und dessen Hoffnung auf eine "Herrin Europa über die Welt" ein.

Ich versteh auch gar nicht, weswegen du denkst, ich sei rechts - nein wirklich nicht. Vielleicht sollte ich wirklich lieber meine Bücher schreiben; da kann ich dann ausführlich sein und so schreiben, dass nicht einmal du, mein xandir, mehr merkst, dass ich vollkommen manipulativ bin ;-)

Gut gut! Also - Moral nur noch in Büchern. Und Politik gar nicht.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon Selachoideus » Di 21. Jul 2009, 00:50

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:eine unmoralische Handlung ist nicht denkbar. Ein Naturlaist braucht sich keine Gedanken über die Moral machen, insofern es nicht sein oder ihr Forschungsgebiet ist - er oder sie kann sich gut und gern auch unter das Werte-Vorurteil des Herkommens ordnen


Du willst was sagen?

Ich glaube beim besten Willen nicht an die naturwissenschafliche Ergründung der Moral in irgendeinem Wesen des Menschen, das es nicht gibt: der Mensch hat kein Wesen.


Fakten sind kein Gegenstand des Glaubens. Menschen haben qua Evolution Voreinstellungen. Auch zu bestimmten Formen von Moral, z.B. kein Sex mit den eigenen Kindern.
Tabula rasa glaubte nur Hume, Lorenz nicht.

ich glaube nicht an "genetische Programmierung" oder irgendeine "Information" im Material des Menschen. Information ist ein psych. wenn nicht gar geistiges Phänomenum,


Deswegen gibt es auch keine informativen Bücher.

welches nach anderen Gesetzmäßigkeiten als denen der Materie funktioniert. Materie ist dumm! Materie lebt nicht! Materie hat keine Information! (-->Mühlengleichnis von Leibniz)


Hat Dennett in Süße Träume zerpflückt. Lesen hätte gebildet.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon fritz-ferdinand » Do 20. Aug 2009, 14:39

Es geht hier um die Frage, ob es spezifisch Werte der Naturalistis gibt.

(Um jetzt nicht geschlechterdiskriminierend zu sein verwende ich einen witzigen Vorschlag, den ich mal gehört habe:
männlich: der Doktor,
weiblich: die Doktorin,
Geschlecht egal oder
beide gemeint: das Doktori
:-) Gefällt mir halt!).

Nun, nach meinem Verständnis ist ein Naturalisti jemand, das partout nicht etwas für existent halten will, für das er außer den Worten/Schriften anderer Leute keinerlei Hinweise auf Existenz hat, und auch prinzipiell unfähig ist, sich solche zu verschaffen. Insbesondere nicht mit seinen eigenen Sinnen oder seinen eigenen Überlegungn oder seinen eigenen Empfindungen. Der einzige Wert, den ich daraus ableiten kann, ist der Eigensinn im weitesten Sinne. Und die ständige Reflektion darüber, was ich denn da gerade mache.

Wenn weiterhin ich das richtig sehe, ist Moral etwas, das Menschen eigentümlich ist, und ohne Menschen gibt es keine Moral. Insbesondere ist damit Moral weder zeitlos noch universell.

Um das mal kurz zu verdeutlichen, stelle man sich vor, dass Menschen sich so reichlich fortpflanzen würden, wie etwa bestimmte Muschelarten, die gleich Millionen von Nachkommen freisetzen, wovon "praktisch alle" nicht überleben. Wäre es bei den Menschen ähnlich, würde z.B. das einzelne Leben "praktisch keinen" Wert besitzen. Das kann man jetzt ethisch ausspinnen.

Eine naturalistische Moral herauszuarbeiten, ist tatsächlich eher der Versuch, methodisch dasselbe zu machen wie Religionen, nämlich "ewige und unveränderliche"(d.h. "heilige") Werte festzuklopfen. Andrerseits ist der Versuch, jedwede Vorstellung von gut und böse auf den Misthaufen zu werfen methodisch dasselbe, was eine Antireligion macht.

Ich habe mir - als naturteilhaftiges Lebewesen - für die Findung meiner Lebensprinzipien eine andere Methode ausgedacht, nämlich darauf zu verzichten, a priori festzulegen, was "sein soll", sondern mich zu beobachten und zu bestimmen, nach welchen Prinzipien ich tatsächlich handle (also wie Naturgesetze, aus vielen einzelnen Beobachtungen zu extrahieren). Ich sehe z.B. dass ich bislang keine körperliche Gewalt anwende, also ist ein Prinzip "keine körperliche Gewalt". Ich sehe, dass ich gewohnheitsmäßig höflich bin, aber im Extremfall auch anders kann, also ist ein Prinzip "Normalerweise höflich sein bis auf beanlaßte Ausnahmen". Ich sehe, dass ich außerordentlich gerne Sachen vor mir herschiebe, also ist ein Prinzip "die lange Bank". Das hat, nebenbei, auch den großen Vorteil, dass ich nicht über moralische Prinzipien nachdenken muss, denen ich im Alltag überhaupt nicht begegne.

Wenn ich derart Prinzipien gefunden habe, dann bewerte ich sie moralisch mit meinem Gefühl. "Keine körperliche Gewalt", "Höflichkeit" empfinde ich als gut, "die lange Bank" empfinde ich als schlecht. Genauer gesagt, geht es mir mit diesem oder jenem Prinzip gut, oder habe ich Bauchweh damit.

Dann überlege ich besondere Fälle, wie "körperliche Gewalt, um mich selber gegen Schläge zu wehren", "Höflichkeit gegenüber unverschämten Rotzlöffeln", "lange Bank, um mal abzuschalten" usw. und versuche, die Prinzipien gegen Einwände widerstandsfähig zu machen, damit sie mir Leitlinien sein können, über die ich in entsprechenden Situationen nicht lange nachdenken muss.

So entsteht meine Moral, die jedoch selbstverständlich nur für mich gilt und immer wandelbar ist. Sie ist auch abhängig von meiner Sozialisation, meinen konkreten Erfahrungen und meiner Lebensgeschichte, und natürlich philosophiere ich auch vor mich hin. (Z.B. wäre es mir als antikes Spartani durchaus als ehrbar vorgekommen, viele Feindis umzubringen und behinderte Kinder auszusetzen.)

Mit meiner individuellen Moral gucke ich mich um und versuche mich mit den Moralen anderer Leute zusammen zu bringen, z.B. kann ich mich mit den allermeisten Teilen der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen identifizieren, bei manchen müsste ich noch genauer nachdenken. Und natürlich versuche ich nicht in Morale anderer Leute einzugreifen, solange es denen damit gut geht, und sie mir nicht weh tun, oder das Potential dazu haben.

Im übrigen denke ich tatsächlich ein wenig sozialdarwinistisch, und meine, dass die moralischen Systeme, die es nach langem Bestehen/Entwickeln bis heute geschafft haben, erst mal im Großen und Ganzen als praxistauglich anzusehen sind. Was keinesfalls verhindert, mich im Sinne evolutionärer Entwicklung vehement gegen die Elemente zu sträuben, die mir weh tun. Das sind z.B. Ansinnen, an heilige Göttis oder an heilige Osterhasis oder an heilige Teekannen zu glauben, oder auch nur Achtung vor solchen Glauben zu haben. Achtung vor den Glaubenden zu haben ist eine andere Sache.

Auch wenn es in der Praxis selbstverständlich viel komplexer ist, als es sich hier anhört, ich komme damit durch. Auch noch nach langem Nachdenken.
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Re: Werte von Naturalisten

Beitragvon ujmp » Do 20. Aug 2009, 23:56

fritz-ferdinand hat geschrieben:Nun, nach meinem Verständnis ist ein Naturalisti jemand, das partout nicht etwas für existent halten will, für das er außer den Worten/Schriften anderer Leute keinerlei Hinweise auf Existenz hat, und auch prinzipiell unfähig ist, sich solche zu verschaffen. Insbesondere nicht mit seinen eigenen Sinnen oder seinen eigenen Überlegungn oder seinen eigenen Empfindungen. Der einzige Wert, den ich daraus ableiten kann, ist der Eigensinn im weitesten Sinne. Und die ständige Reflektion darüber, was ich denn da gerade mache.

Nein, Naturlisten glauben auch nur, was in Büchern steht. Der Knackpunkt ist, worauf ein "Glaube" beruht. Ich glaube, dass der Boden unter meinen Füßen mich trägt, weil ich das jeden Tag verifizieren kann. Ich glaube nicht, dass Jesus übers Wasser gegangen ist oder dass es ein Jenseits gibt. Ich glaube an die Wissenschaft als Methode. Sie ist zwar fehlbar, aber nicht annähernd so fehlbar, wie religiöse Glaubenssätze (z.B. "Gebet hilft") .

fritz-ferdinand hat geschrieben:Wenn weiterhin ich das richtig sehe, ist Moral etwas, das Menschen eigentümlich ist, und ohne Menschen gibt es keine Moral. Insbesondere ist damit Moral weder zeitlos noch universell.

Um das mal kurz zu verdeutlichen, stelle man sich vor, dass Menschen sich so reichlich fortpflanzen würden, wie etwa bestimmte Muschelarten, die gleich Millionen von Nachkommen freisetzen, wovon "praktisch alle" nicht überleben. Wäre es bei den Menschen ähnlich, würde z.B. das einzelne Leben "praktisch keinen" Wert besitzen. Das kann man jetzt ethisch ausspinnen..


Es gibt Moral, jeder Mensch hat eine. Es gibt auch die Möglichkeit, sich moralisch einig zu sein. Z.B. verurteilen alle Gesellschaften Diebstahl und Mord. Dass Moral fehlbar ist macht sie ebensowenig wertlos, wie die Wissenschaft.

fritz-ferdinand hat geschrieben:Eine naturalistische Moral herauszuarbeiten, ist tatsächlich eher der Versuch, methodisch dasselbe zu machen wie Religionen, nämlich "ewige und unveränderliche"(d.h. "heilige") Werte festzuklopfen. Andrerseits ist der Versuch, jedwede Vorstellung von gut und böse auf den Misthaufen zu werfen methodisch dasselbe, was eine Antireligion macht.

Das ist religiöse Denke auf den Naturalismus projiziert. Die Behauptung der Religion, sie hätte Moral in die Welt gebracht ist genau so eine Lüge, wie die, dass das schlechte Wetter kommt, weil Kinder nicht aufgegessen haben. Die Moral hat die Religion geschaffen und schafft sie auch wieder ab.
fritz-ferdinand hat geschrieben:Ich habe mir - als naturteilhaftiges Lebewesen - für die Findung meiner Lebensprinzipien eine andere Methode ausgedacht, nämlich darauf zu verzichten, a priori festzulegen, was "sein soll", sondern mich zu beobachten und zu bestimmen, nach welchen Prinzipien ich tatsächlich handle (also wie Naturgesetze, aus vielen einzelnen Beobachtungen zu extrahieren). Ich sehe z.B. dass ich bislang keine körperliche Gewalt anwende, also ist ein Prinzip "keine körperliche Gewalt". Ich sehe, dass ich gewohnheitsmäßig höflich bin, aber im Extremfall auch anders kann, also ist ein Prinzip "Normalerweise höflich sein bis auf beanlaßte Ausnahmen". Ich sehe, dass ich außerordentlich gerne Sachen vor mir herschiebe, also ist ein Prinzip "die lange Bank". Das hat, nebenbei, auch den großen Vorteil, dass ich nicht über moralische Prinzipien nachdenken muss, denen ich im Alltag überhaupt nicht begegne.

Wenn ich derart Prinzipien gefunden habe, dann bewerte ich sie moralisch mit meinem Gefühl. "Keine körperliche Gewalt", "Höflichkeit" empfinde ich als gut, "die lange Bank" empfinde ich als schlecht. Genauer gesagt, geht es mir mit diesem oder jenem Prinzip gut, oder habe ich Bauchweh damit.

Dann überlege ich besondere Fälle, wie "körperliche Gewalt, um mich selber gegen Schläge zu wehren", "Höflichkeit gegenüber unverschämten Rotzlöffeln", "lange Bank, um mal abzuschalten" usw. und versuche, die Prinzipien gegen Einwände widerstandsfähig zu machen, damit sie mir Leitlinien sein können, über die ich in entsprechenden Situationen nicht lange nachdenken muss.

So entsteht meine Moral, die jedoch selbstverständlich nur für mich gilt und immer wandelbar ist. Sie ist auch abhängig von meiner Sozialisation, meinen konkreten Erfahrungen und meiner Lebensgeschichte, und natürlich philosophiere ich auch vor mich hin. (Z.B. wäre es mir als antikes Spartani durchaus als ehrbar vorgekommen, viele Feindis umzubringen und behinderte Kinder auszusetzen.)

Mit meiner individuellen Moral gucke ich mich um und versuche mich mit den Moralen anderer Leute zusammen zu bringen, z.B. kann ich mich mit den allermeisten Teilen der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen identifizieren, bei manchen müsste ich noch genauer nachdenken. Und natürlich versuche ich nicht in Morale anderer Leute einzugreifen, solange es denen damit gut geht, und sie mir nicht weh tun, oder das Potential dazu haben.


Das ist im Prinzip eine naturalistische Moral. Du hast festgelegt, wie es für dich sein soll. In Ordnung, es kann aber nicht schaden, von anderen zu lernen und oft wirst du wohl auch Moral von anderen übernehmen. Es gibt keinen Menschen, der nur Individuum ist, jeder ist auch Gesellschaft (oder Horde).

fritz-ferdinand hat geschrieben:Im übrigen denke ich tatsächlich ein wenig sozialdarwinistisch, und meine, dass die moralischen Systeme, die es nach langem Bestehen/Entwickeln bis heute geschafft haben, erst mal im Großen und Ganzen als praxistauglich anzusehen sind. Was keinesfalls verhindert, mich im Sinne evolutionärer Entwicklung vehement gegen die Elemente zu sträuben, die mir weh tun. Das sind z.B. Ansinnen, an heilige Göttis oder an heilige Osterhasis oder an heilige Teekannen zu glauben, oder auch nur Achtung vor solchen Glauben zu haben. Achtung vor den Glaubenden zu haben ist eine andere Sache.

Auch wenn es in der Praxis selbstverständlich viel komplexer ist, als es sich hier anhört, ich komme damit durch. Auch noch nach langem Nachdenken.


Warum solltest du damit nicht durchkommen, es ist alles ganz natürlich.
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