ostfriese hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Andererseits kann ich etwas wissen, auch wenn ich mir nicht 100%ig sicher bin, dass es der Fall ist.
Nein, das wäre gerade ein Wissensbegriff, den ich ablehne, da er an dem, was wir im Alltag unter 'Wissen' verstehen, vorbei geht.
Also ist es nun dein Wunsch, einen zweiten, pragmatischen Wissensbegriff einzugühren ,der sich vom Anspruch auf Übereinstimmung mit der Realität löst?
Das ist möglich, aber wenig hilfreich, da er sich eben sehr von dem herkömmlichen Verständnis von "etwas wissen" entfernt; wenn du einst ein Buch schreibst, dann darfst du deine Definition von den besprochenen Begrifflichkeiten darin einführen - so aber führt es zu nichts; dann können wir uns zu den Scholastikern begeben und uns über den Inhalt von Begriffen streiten, anstatt das "Wesenhafte", das "Wahre" dahinter auch nut ansatzweise zu erblicken. Die Worte kleistern uns das ganze Dasein zu! Aber allg. Sprachkritik hier nur am Rande, obwohl ja Wittgenstein auch schon genannt wurde.
Jedenfalls muss man ja nicht die Vorstellung von Wahrheit/Wissen/Wirklichkeit auf einen einzigen Begriff bringen; man kann ja sagen: es gibt eben eine Wahrheit, die aus dem Konsens hervorgeht und die unabhängig von jeder empirischen Wirklichkeit existiert; diesem Begriff von Wahrheit, hängt man nun ein Prädikat an, wie z.B. "diskursgenerierte Wahrheit".
Dagegen gibt es eben andere Wahrheiten, ein, die darauf beruht, dass man den Irrtum, der ihr zugrunde liegt, noch nicht erkannt hat.
Dann kann man Wahrheit eben auch anhand ihrer Nützlichkeit bewerten, was ziemlich dumm ist, da dies auf einem mindestens zweifachen Konsens beruht, indem man sicher erst einig werden muss, was nützlich ist, und in bezug auf was eine Sache nützlich ist.
Dann gibt es Wahrheiten "a priori", wie man es z.B. von den Naturgesetzen behaupten könnte (aber auch nur vllt, ohne viel nachdenken,denn sie sind doch irgendwie erst nach der Erfahrung, aber da bin ich mir noch nicht sicher...)
Dann gibt es die sogenannten Fakten, wie sie in den Geschichtswissenschaften auftreten, welche auch eine Art empirische Wahrheit darstellen, von der aus man eben eindeutig sagen kann, ob eine Aussage diesbezüglich wahr oder falsch ist.
Wenn man aber in der Philosophie von Wahrheit spricht, meint man damit sehr selten die Thatsache, dass im Jahre 1945 unserer Zeitrechnung der zweite Weltkreig endete - verstanden, Ostfriese?
"Wahrheit ist das, was der Fall ist." (oder so ähnlich)
"Wir haben uns eine Welt zurecht gemacht, in der wir leben können - mit der Annahme von Körpern, Linien, Flächen, Ursachen und Wirkungen, Bewegung und Ruhe, Gestalt und Inhalt: ohne diese Glaubensartikel hielte es jetzt Keiner aus zu leben! Aber damit sind sie noch nichts Bewiesenes. Das Leben ist kein Argument; unter den Bedingungen des Lebens könnte der Irrthum sein."
Aber auch:
"Grundsatz. - Eine unvermeidliche Hypothese, auf welche die Menschheit immer wieder verfallen muss, ist auf die Dauer doch mächtiger, als der bestgeglaubte Glaube an etwas Unwahres (gleich dem christlichen Glauben). Auf die Dauer: das heisst hier auf hunderttausend Jahre hin."
ach, bei allen Lebensphilisophen findet sich eine unheimliche Sprach-, Wissens- , Bildungs- und Wahrheitsrkritik; ließ sie einfach alle, wenn du Philosophie betreiben willst - aber, bitte, lass Frege einfach links liegen!