Menschennatur

Re: Menschennatur

Beitragvon jackle » Di 30. Jun 2009, 00:05

Aeternitas hat geschrieben: Wieso unterstellen, du redest doch selbst pausenlos von einer notwendigen Familienpolitik


Ach sooooo. Also wenn man aus den Punkten 1 - 5 (siehe oben) den Schluss zieht, da läuft was schief und man dann einen Vorschlag macht, wie man das bessern könnte, dann hat man eine Agenda?

Es wird immer lustiger ... :lachtot:
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Re: Menschennatur

Beitragvon El Schwalmo » Di 30. Jun 2009, 05:14

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Wenn Du etwas länger hier im Forum mitgelesen hättest, müsste Dir klar sein, dass ich mich nie als 'Bright' bezeichnet habe,

Ok, sorry. Welche Sekte?

die der Menschen, die nicht mit ihrem KillFile prahlen und sich dann selber ins Knie schießen.
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Re: Menschennatur

Beitragvon xander1 » Fr 3. Jul 2009, 10:11

@jackle:

Ich finde nach einigem Suchen nichts kritikwürdiges, und gehe voll mit. Ich habe nur eine Kritik: Was interessiert es ob die nächsten Generationen alle dümmer werden? Wenn die Menschheit, die Natur, die Welt keinen Sinn hat außer 42 und alles sowieso in einer Nova oder einem Gammblitz oder Atomkrieg endet, dann muss uns das doch nicht kümmern.

Wieso müssen wir immer unaufhaltsam streben. Die Strebsamkeit ist es doch die zu Dingen wie dem Krieg und der Erschöpfung führen.
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Re: Menschennatur

Beitragvon Mark » Fr 3. Jul 2009, 10:16

xander1 hat geschrieben:Die Strebsamkeit ist es doch die zu Dingen wie dem Krieg und der Erschöpfung führen.


Und das Leben führt zum Tode. Und der Weg führt zu seinem Ziel. Nur Strebsamkeit führt nicht nur zu Krieg und Erschöpfung... Sonst müsste man ja auch sagen Denken führe nur zum Wahnsinn und Sport nur zu Verletzungen. Und wegen dem, zu dem Strebsamkeit sonst noch führt... wegen dem machen wirs.
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Re: Menschennatur

Beitragvon jackle » Fr 3. Jul 2009, 23:23

[
xander1 hat geschrieben:Ich habe nur eine Kritik: Was interessiert es ob die nächsten Generationen alle dümmer werden? Wenn die Menschheit, die Natur, die Welt keinen Sinn hat außer 42 und alles sowieso in einer Nova oder einem Gammblitz oder Atomkrieg endet, dann muss uns das doch nicht kümmern.

Wieso müssen wir immer unaufhaltsam streben. Die Strebsamkeit ist es doch die zu Dingen wie dem Krieg und der Erschöpfung führen.


Das hat zunächst etwas mit Generationengerechtigkeit zu tun. Das Darwinsche Prinzip lautet ja vereinfacht: Den Kindern soll es mal besser gehen. Wenn diejenigen, die sich mit dem Lebensraum leichter tun (z. B. weil sie klüger sind und dann etwas Tolles erfinden) mehr Kinder als die anderen bekommen und ihre Kompetenzen wenigstens zum Teil auf ihren Genen beruhten, dann werden in der nächsten Generation anteilsmäßig mehr Menschen leben, die ihnen in der Hinsicht gleichen. So stellte sich Darwin die Evolution vor. Ein anderes Wort ist wie gesagt: Generationengerechtigkeit. Vermehren sich nur die Dummen (um es mal ganz drastisch zu sagen), dann wirst du in der nächsten Generation kaum Menschen mit Verantwortungsbewusstsein finden, denn allein schon dafür muss man intelligent sein. Mann muss sich vorstellen können, was alles passieren könnte. Wer in einem Chemischen Werk in der Produktion tätig ist, muss sich vorstellen können, was bei Fehlern passieren könnte.

Ich verstehe aber dein Problem. Mersch erwähnt dies auch gegen Ende seines Buches und meint, dies sei ein ungelöstes Problem (immerhin endet das Buch im Titel mit dem Wort „Verschwendung“: Für ihn ist die allgemeine Verschwendung ein großes Problem, die allein schon durch die Gefallen-wollen-Kommunikation entsteht). Er schreibt in etwa: Diejenigen, die erfolgreicher/fitter waren, konnten offenbar mehr Ressourcen erlangen. Wenn die auch mehr Nachkommen hinterlassen, dann hat die nächste Generation mehr starke Ressourcenverbraucher. Hierdurch kommt es zu einer permanenten Steigerung des Ressourcenverbrauchs. Er fordert – meine ich jedenfalls – Simulationsmodelle und sonstige Untersuchungen, um die Frage zu beantworten, wie eine Gesellschaft ohne ständige Steigerung der Verschwendung evolvieren kann.
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Re: Menschennatur

Beitragvon xander1 » Sa 4. Jul 2009, 13:45

@Mark

Ich dachte du kannst zwischen den Zeilen lesen: Strebsamkeit kann zur Erschöpfung führen, besonders in der Leistungsgesellschaft und Krieg wird auch nur deshalb geführt, weil Menschen nach mehr streben, also z.B. Land erobern wollen. Du musst mein Text natürlich mit Absicht falsch verstehen oder gleich vermuten, ich will nur irgendwas bezwecken. Denken kann genauso zum Wahnsinn führen, wenn man nur noch Grübelt, aber nicht beim normalen Menschen, und sicher kann Sport auch zu Verletzungen führen.

Als Kind und Jugentlicher kam von Außen immer die Information, dass man strebsam sein soll und ich wollte es auch und bin es noch heute, nur sehe ich das jetzt kritischer und denke mitlerweile, dass ich auch prima im Leben zurecht gekommen wäre, wenn ich nicht auf das Gymnasium gegangen wäre und mir den Stress angetan hätte, auch wenn ich dadurch heute profitiere, weil ich studiere. Strebsamkeit sollte nicht zu einer Religion werden, wie es bei Scientology der Fall ist (oder bin mir unsicher bei den Juden vielleicht), möglicherweise auch bei den Brights. Erfolg ist nicht das große Ziel, sondern sollte nur Mittel zum Zweck sein.

@jackle:
Könnte man Verschwendung nicht aufteilen in redundante Verschwendung und notwendige Verschwendung? Gibt es in der Systemischen Evolition auch mechanismen, die gegen die Verschwendung arbeiten. Wären Kamele so ein Beispiel, die viele Energiesparfunktionen haben oder gilt das nur für die Fortpflanzung?

Würde hingegen die Evolution ganz anders funktionieren, z.B. basierend auf Approximationsverfahren, so würde sie vielleicht noch verschwenderischer sein. Zumindest sind Approximationsalgorithmen (bin mir unsicher) Ressourcenaufwändiger, als evolutionäre Algorithmen. Direkte Verfahren wären wohl die ressourcenschonensten Verfahren, so wie die Verfolgung eines direkten Algorithmusses, nur dann gibt es keine Weiterentwicklung.

Eigentlich müsste es auch eine eigene Evolution der "Gefallen-Wollen-Kommunikation" geben. Schließlich verändert die sich auch im Laufe der Jahrtausende. Das wäre ein eigenes Thema, zu dem es viel zu erforschen gäbe und worüber man sicherlich auch ein Buch schreiben kann.
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Re: Menschennatur

Beitragvon Aeternitas » Sa 4. Jul 2009, 13:56

xander1 hat geschrieben:Erfolg ist nicht das große Ziel, sondern sollte nur Mittel zum Zweck sein.


Wieso glaubst du das das hier:

xander1 hat geschrieben:weil Menschen nach mehr streben, also z.B. Land erobern wollen.


anders sein sollte?

Um mal ein Beispiel zu nennen: Viele der Nazis haben haben auch kein Krieg gemacht um Erfolg zu haben, sondern weil sie glaubten das dann alles besser bzw. wieder gut wird.
Davon abgesehen Versteh ich aber was du meinst, allerdings sehe Ich nicht das das zu Krieg führt, sondern eher zu so was wie der Finanzkrise, die unter anderem auch dadurch Zustande kam, das es in einigen Kreisen, nur noch auf den Gewinn ankam.
Auch sehe Ich das es wie du es sagst zu Erschöpfung kommt, was allerdings ein bisschen Harmlos klingt.
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Re: Menschennatur

Beitragvon xander1 » Sa 4. Jul 2009, 13:59

Implikation(A,B)+Implikation(B,A)=Äquivalenz(A,B)
hinreichend+notwendig=äquivalent.

Strebsamkeit ist eine notwendige Bedigung.
Strebsamkeit ist keine hinreichende Bedingung.

Deshalb kann man nicht sagen genau dann wenn ein Land strebsam ist, dann wird Krieg herrschen. (=Äquivalenz herrscht nicht vor.)
Deshalb kann man aber sagen, wenn ein Land Krieg führt, dann ist es strebsam. (Implikation)
Genauer müsste man aber in beiden Fällen sagen, dass die Regierung des Landes gemeint ist.

Aeternitas hat geschrieben:Um mal ein Beispiel zu nennen: Viele der Nazis haben haben auch kein Krieg gemacht um Erfolg zu haben, sondern weil sie glaubten das dann alles besser bzw. wieder gut wird.

Weise mir das nach und schreibe, was genau mit "alles wird gut" gemeint ist.... das ist ein merkwürdiger Glaube, ich esse Knäckebrot, weil dann wird alles gut.... ja schon klar.
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Re: Menschennatur

Beitragvon xander1 » Sa 4. Jul 2009, 15:24

@jackle:

Ich habe seit einiger Zeit folgende Erkenntnis:
Wenn du in der Konkurrenz mit einigen stehst, auch wenn du es nicht willst, kann es passieren, dass du zum Omega-Tier wirst. Habe nicht zu viele gute Eigenschaften!

Nach dieser These kann eine gute fitness sogar schädlich sein für den Erfolg, durch Gruppendynamiken. Das widerspricht sogar der Darwinschen Evolutionstheorie.

Irgendwelche Meinungen?
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Re: Menschennatur

Beitragvon El Schwalmo » Sa 4. Jul 2009, 15:59

xander1 hat geschrieben:Habe nicht zu viele gute Eigenschaften!

Nach dieser These kann eine gute fitness sogar schädlich sein für den Erfolg, durch Gruppendynamiken. Das widerspricht sogar der Darwinschen Evolutionstheorie.

entspricht 'nicht zu viele gute Eigenschaften' in Deiner Terminologie 'gute Fitness'?
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Re: Menschennatur

Beitragvon jackle » Sa 4. Jul 2009, 18:00

xander1 hat geschrieben: Ich habe seit einiger Zeit folgende Erkenntnis:
Wenn du in der Konkurrenz mit einigen stehst, auch wenn du es nicht willst, kann es passieren, dass du zum Omega-Tier wirst. Habe nicht zu viele gute Eigenschaften!


Das ist zumindest in vielen sozialen Gemeinschaften feststellbar: Wer der Zeit voraus ist, dem wird das Leben eher schwer gemacht. Der stößt auf Ablehnung, statt Anerkennung. Thomas S. Kuhn hat darüber ganze Abschnitte seines Buches verfasst.

Und auch im Tierreich scheint es wohl vorzukommen, dass Extremwerte bei Merkmalen, die eigentlich sonst selektiert werden, möglicherweise als abnorm (fremdartig) gewertet werden, und dann eher auf Ablehnung stoßen. Man kennt das in menschlichen Gesellschaften eigentlich auch. Beispielsweise sollen Frauen angeblich eher größere Männer präferieren. Ob das dann aber für einen Typ Walujew (ohne Boxerfolge) noch immer im großen Stil gilt, möchte ich etwas bezweifeln.

xander1 hat geschrieben:Nach dieser These kann eine gute fitness sogar schädlich sein für den Erfolg, durch Gruppendynamiken. Das widerspricht sogar der Darwinschen Evolutionstheorie.


Ich sehe das nicht als Widerspruch zur Darwinschen Theorie an, da diese statistisch argumentiert: Höhere Fitness führt statistisch gesehen zu höherem Fortpflanzungserfolg (Fitness und Fortpflanzungserfolg korrelieren). Extremausprägungen spielen dabei eine untergeordnete Rolle.

Es ist aber denkbar, dass die Extremwerte bei einer kritisch niedrigen Populationsgröße und bei erhöhtem Selektionsdruck dann doch wieder verstärkt selektiert werden, wodurch es zu einer beschleunigten Evolution kommt.
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Re: Menschennatur

Beitragvon jackle » Sa 4. Jul 2009, 18:19

xander1 hat geschrieben: Könnte man Verschwendung nicht aufteilen in redundante Verschwendung und notwendige Verschwendung? Gibt es in der Systemischen Evolition auch mechanismen, die gegen die Verschwendung arbeiten. Wären Kamele so ein Beispiel, die viele Energiesparfunktionen haben oder gilt das nur für die Fortpflanzung?


Lebewesen müssen einerseits effizient mit Energie umgehen können, keine Frage. Aber die Gefallen-wollen-Kommunikation scheint doch eher Verschwendung zu provozieren (siehe "Die sexuelle Evolution" von Geoffrey F. Miller). Ein Pfauenmännchen demonstriert den Weibchen seine Fitness nicht durch Effizienz, sondern durch Verschwendung. Es ist in den Augen der Weibchen fit, weil es sich dieses verschwenderische Federkleid leisten kann. Man könnte es so sagen: Die natürliche Selektion wirkt in Richtung Energieeffizienz, die sexuelle Selektion (bei Mersch: Gefallen-wollen-Kommunikation) in Richtung Verschwendung.

Franz Josef Radermacher schreibt im Geleitwort zu Jacques Neiryncks "Der göttliche Ingenieur: Die Evolution der Technik":

"Dies gipfelt in der These, dass die Erfindung von biochemischen Strukturmechanismen bis hin zur Erfindung des Lebens beziehungsweise denkender Wesen, ein besonders effizienter Weg der Natur sein könnte, den Weg in die totale Unordnung immer noch mehr zu beschleunigen.
"
(Franz Josef Radermacher in: Jacques Neiryncks "Der göttliche Ingenieur: Die Evolution der Technik")

xander1 hat geschrieben:Eigentlich müsste es auch eine eigene Evolution der "Gefallen-Wollen-Kommunikation" geben. Schließlich verändert die sich auch im Laufe der Jahrtausende. Das wäre ein eigenes Thema, zu dem es viel zu erforschen gäbe und worüber man sicherlich auch ein Buch schreiben kann.


Gewissermaßen gibt es die ja auch längst. Beispielsweise funktioniert die Gefallen-wollen-Kommunikation im Tierreich meist über fälschungssichere Fitness-Indikatoren. Der Mensch besitzt aber mittlerweile neutrale vertrauenswürdige dritte Stellen. Ein Unternehmen muss also nicht unbedingt dicke Backen machen, um den Kunden von der Leistungsfähigkeit eines Gerätes zu überzeugen. Ein neutraler Testbericht würde es auch tun.

Die Gefallen-wollen-Kommunikation kann in menschlichen Gesellschaften zum Teil recht komplexe Formen annehmen.

Sie ist aber in aller Regel deutlich verschwenderischer als Dominanz. Mersch erklärt das an einem Beispiel so: Dominanz heißt: Mutti kocht mittags für alle Königsberger Klopse. Sie kennt in etwa den Appetit ihrer Familie. Nach dem Essen ist nichts mehr übrig. Gefallen-wollen-Kommunikation heißt: Man wählt 1. die Art der Küche (z. B. italienisch), 2. das Restaurant (z. B. Da Toni) und 3. a la Carte. Da die Restaurants nie wissen, wieviele Gäste kommen und was diese an dem Tag präferieren, ist die Verschwendung naturgemäß groß. Ferner müssen sie um Kunden werben. Also müssen sie für ein angenehmes Ambiente sorgen etc. Mit anderen Worten: Im Vergleich zu „Mutti“ eine riesengroße Verschwendung.
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Re: Menschennatur

Beitragvon El Schwalmo » Sa 4. Jul 2009, 18:21

jackle hat geschrieben:Und auch im Tierreich scheint es wohl vorzukommen, dass Extremwerte bei Merkmalen, die eigentlich sonst selektiert werden, möglicherweise als abnorm (fremdartig) gewertet werden, und dann eher auf Ablehnung stoßen.

hier würde mich ein konkretes Beispiel interessieren.
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Re: Menschennatur

Beitragvon Aeternitas » Sa 4. Jul 2009, 18:30

xander1 hat geschrieben:Nach dieser These kann eine gute fitness sogar schädlich sein für den Erfolg, durch Gruppendynamiken. Das widerspricht sogar der Darwinschen Evolutionstheorie.


Fitness setzt vor allem dingen eine Anpassung voraus, Deswegen heisst es ja auch "Survival of the Fittest" von to fit=passen und nicht des stärksten oder grössten.
Und in dieser Hinsicht Widerspricht das ganz und gar nicht Darwin oder der Evolutionstheorie.
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Re: Menschennatur

Beitragvon jackle » Sa 4. Jul 2009, 19:01

Aeternitas hat geschrieben: Fitness setzt vor allem dingen eine Anpassung voraus, Deswegen heisst es ja auch "Survival of the Fittest" von to fit=passen und nicht des stärksten oder grössten.


Ich denke, Stärkster und Größter war auch nicht gemeint. Fitness heißt Anpassung, und die drückt sich insbesondere in der Fähigkeit aus, Ressourcen zu erlangen. Es könnte nun durch eine Mutation etc. ein Individuum entstehen, das in der Hinsicht allen andern überlegen ist, aber genau deshalb bei den anderen auch auf Ablehnung stößt, z. B. weil es sich zu stark von den anderen unterscheidet. Rein theoretisch könnte seine Anatomie dann 20 Generationen später aber dennoch die durchschnittliche der sich mit der Zeit verändernden Population sein.

Für die Evolutionstheorie ist dies jedoch ohne Belang, da diese statistisch argumentiert.
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Re: Menschennatur

Beitragvon ujmp » Sa 4. Jul 2009, 19:53

Wenn wir sagen, dass der Mensch in irgend einer Sache nicht gut sei, meinen mir eigentlich, dass bestimmte Probleme nicht gelöst sind. Eine religiöse oder platonistische Sichtweise stellt sich den Menschen als etwas statisches vor, "Die Krone der Schöpfung" ,"Das Wesen des Menschen" oder eben "die Natur des Menschen". Das ist aber alles metaphysischer Käse mit Löchern. Den Menschen gibt es nicht, wir sind Teile eines evolutionären Prozesses. Wahrscheinlich sind wir die einzigen Wesen, die sich ihrer negativen Auswirkung auf den eigenen Lebensraum bewusst sind. Das sind Probleme, die wir lösen werden oder eben nicht.

Es ist aber sinnlos "die Natur des Menschen" zu kritisieren. Gut oder schlecht im Vergleich wozu? Man kritisiert auch nicht einen Wolf, der Rehe jagt, bis er satt ist. Er würde nicht diszipliniert hungern, wenn man ihm sagte, er hätte im nächsten Jahr nichts mehr zu fressen, wenn er dieses Jahr die Reh-Population seines Waldes nicht etwas schont. Arten sterben immer wieder aus, seit es Leben gibt. Wo ist das Problem mit dem Menschen? Auch die Waale sind früher oder später dran. Und irgendwann ist alles zu Ende. Die Frage nach der "Natur" ist eine religiöse Frage, die keinen Schritt weiterhilft. Probleme lösen hilft weiter.
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Re: Menschennatur

Beitragvon El Schwalmo » Sa 4. Jul 2009, 20:12

ujmp hat geschrieben:Probleme lösen hilft weiter.

auch das ist nicht so einfach. Denn dazu muss man erst mal klären, was denn eigentlich ein 'Problem' ist.

Ist es beispielsweise ein Problem, dass die Frauen emanzipiert sind, nicht mehr das Heimchen am Herd spielen möchten und so verhindern, dass die Männer die Evolution weiter treiben, weil diese nun ihr Reproduktionsinteresse hintanstellen, womöglich auch noch aufgrund des Unterhaltsrechts?

Muss man dieses Problem, das nach Meinung einiger Menschen den IQ der Industrie-Staaten massiv absenkt, lösen, oder kann man damit leben, dass dann halt eine andere Evolution abläuft?
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Re: Menschennatur

Beitragvon ujmp » Sa 4. Jul 2009, 20:14

jackle hat geschrieben:
Aeternitas hat geschrieben: Fitness setzt vor allem dingen eine Anpassung voraus, Deswegen heisst es ja auch "Survival of the Fittest" von to fit=passen und nicht des stärksten oder grössten.


Ich denke, Stärkster und Größter war auch nicht gemeint. Fitness heißt Anpassung, und die drückt sich insbesondere in der Fähigkeit aus, Ressourcen zu erlangen. Es könnte nun durch eine Mutation etc. ein Individuum entstehen, das in der Hinsicht allen andern überlegen ist, aber genau deshalb bei den anderen auch auf Ablehnung stößt, z. B. weil es sich zu stark von den anderen unterscheidet. Rein theoretisch könnte seine Anatomie dann 20 Generationen später aber dennoch die durchschnittliche der sich mit der Zeit verändernden Population sein.

Für die Evolutionstheorie ist dies jedoch ohne Belang, da diese statistisch argumentiert.


Richtig: fitness bedeutet passend sein, meint aber einzig und allein passend genug, um sich fortzupflanzen. Wenn zwei starke Hirsche um die Weibchen kämpfen, freut sich derweil der schwache Dritte und besteigt heimlich eins ganz ohne Kampf (kam neulich so im Fernsehn). Die Gene eines ganz schwachen, der sich gar nicht auf einen Kampf einlassen würde, sind dann fitter als die eines Artgenossen, der beinahe zu den Stärksten gehört... Eine Kategorie wie "Überlegenheit" ist im ganzen Spiel der Evolution sinnlos.
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Re: Menschennatur

Beitragvon ujmp » Sa 4. Jul 2009, 20:32

El Schwalmo hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Probleme lösen hilft weiter.

auch das ist nicht so einfach. Denn dazu muss man erst mal klären, was denn eigentlich ein 'Problem' ist.

Ist es beispielsweise ein Problem, dass die Frauen emanzipiert sind, nicht mehr das Heimchen am Herd spielen möchten und so verhindern, dass die Männer die Evolution weiter treiben, weil diese nun ihr Reproduktionsinteresse hintanstellen, womöglich auch noch aufgrund des Unterhaltsrechts?

Muss man dieses Problem, das nach Meinung einiger Menschen den IQ der Industrie-Staaten massiv absenkt, lösen, oder kann man damit leben, dass dann halt eine andere Evolution abläuft?


Das ist Evolution, sie fragt nicht, ob wir das so wollen. Wenn wir etwas wollen, müssen wir Probleme lösen, z.B. das Problem der Bevölkerungsentwicklung.
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Re: Menschennatur

Beitragvon jackle » Sa 4. Jul 2009, 20:33

El Schwalmo hat geschrieben: auch das ist nicht so einfach. Denn dazu muss man erst mal klären, was denn eigentlich ein 'Problem' ist.


Eben. Nehmen wir einmal an, man würde in unserem Staat die Gleichberechtigung einführen, und die männliche Wehrpflicht komplett abschaffen (der Dienst an der Waffe wäre dann freiwillig). Prompt würde keiner mehr zur Bundeswehr gehen. Das Land wäre also nicht mehr verteidigungsbereit. Nun könnten die einen sagen: Das ist egal oder sogar gut, während andere darin eine große Gefahr sähen. Man müsste also entscheiden, ob das ein Problem ist oder auch nicht.

Denkbar wäre es nun, dass eine größere Gruppe Menschen in unser Land einwandert und darin alle Juden ermordet. El Schwalmo würde vermutlich sagen: Dies ist noch immer kein Problem, denn das ist jetzt eine andere Evolution, als es sie vielleicht sonst gegeben hätte.

Die Frage ist und bleibt also: Was ist ein Problem? Für mich liegt dann ein Problem vor, wenn erkennbar ist, dass die Rechte anderer Menschen – auch solcher, die aktuell noch nicht geboren sind (d.h. zukünftiger Generationen) – massiv beeinträchtigt werden.

Im konkreten, von El Schwalmo genannten Fall, hieße das: Wenn alle Frauen auf eine ökonomische Autonomität bestehen, die sie aber nicht per Familienarbeit, sondern nur in einem Job erlangen könnten, und dann in der Folge keine oder kaum Kinder in die Welt setzen (wobei die, die es doch noch tun, vorzugsweise arm sind), dann würde dies eine fundamentale Verletzung der Generationengerechtigkeit darstellen, weil hierdurch auf die wenigen Nachkommenden ungeheure, im Grunde unlösbare Aufgaben plus große Armut zukämen. Dies wäre also nicht nur eine andere Evolution, sondern eine menschenrechtsverletzende Evolution.

Das gleiche gilt bei vollständiger Erschöpfung der Ressourcen, massiver Veränderung des Klimas etc. Das ist alles dann kein Problem und kein Verbrechen, wenn man es nicht erkennt, also so ähnlich wie der Wolf, der alle Rehe frisst, aber nicht sieht, dass seine Nachkommen dann im nächsten Jahr nichts mehr zu futtern haben. Wenn man es aber schon jetzt erkennt, und es dennoch aussitzt (wie es El Schwalmo vorschlägt), dann ist das natürlich tatsächlich ein Problem im obigen Sinne. Andere würden sagen: Ein Verbrechen.
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