Menschennatur

Ich habe noch keine konkrete Fragestellung, die suche ich selber noch. Ich versuche mal ein Phänomen zu schildern an dem ich entlang denke.
Es scheint mir so, dass zur Gattung „Mensch“ in der breiten Öffentlichkeit ein negatives Pauschalurteil vorherrscht. Nicht dass die Menschennatur irgendwo groß Thema wäre, aber ein abfälliges Urteil über die „Menschennatur“ ist in vielen Äußerungen unterstellt. Eine recht häufige Taktik des Profilierens ist es z.B. abschätzig über große Teile der eigenen Gattung zu reden – das soll wohl zeigen, dass man sich auskennt, man ist „Realist“ und will damit wohl auch klarstellen, dass man eine rühmliche Ausnahme darstellt. Verteidigt man die menschliche Gattung dagegen, gilt man leicht als naiv bzw. Idealist oder gar als gefährlicher Weltverbesserer.
Auch in objektiv anmutenden Fernsehberichten, wird dieses abfällige Gesamturteil unterfüttert. In Naturdokumentationen gibt es beispielsweise regelmäßig eine Sequenz die mit „aber der Mensch“ beginnt, und dann werden Naturzerstörung so thematisiert, als wären diese unausweichlich mit dem Menschsein verbunden. Diese Sitte verdankt sich wohl dem Anliegen möglichst unpolitisch zu berichten. Vermutlich soll das sogar aufrütteln, aber der Logik nach bewirkt das eher das Gegenteil, ein „Sichabfinden“. Denn wenn das in der Natur unserer Gattung liegen soll, dann wäre es folglich ein aussichtsloser Kampf gegen Naturzerstörung vorgehen zu wollen, ändern könnte man eigentlich nichts, man hätte als Subjekt nur die Option ein Märtyrertum zur Rettung der Natur gegen die Menschheit zu wählen und sich wenigstens als „besserer Mensch“ zu fühlen.
Bei „Durchschnittschristen“ hat man mitunter sogar den Eindruck, dass sie etwas wohlwollender über die Menschennatur urteilen. Aber religiöse „Meinungsmacher“ regen sich über diesen Standpunkt offenbar auf. Unter dem Stichwort „das Gute im Menschen“, dass ich vom Vokabular her bei der Recherche nach christlichen Positionen für geeignet hielt, wurde ich schnell fündig. Hier ein Beispiel aus einer christlichen Internetseite aus der Schweiz.
„Das humanistische Lebensverständnis sagt: Der Mensch ist seinem Wesen nach gut!....... Die Gesamtaussagen der Bibel zeigen: Der Mensch ist im Kern böse, in Schuld verstrickt! Diese Schuld besteht nicht nur in unmoralischen Handlungen, sondern in der Trennung von Gott. Alles, was in unserem Denken, Fühlen, Wollen, Handeln und Streben dem Willen Gottes widerspricht, ist Schuld. Statt auf Gott zu vertrauen, vertraut der Mensch auf sich selbst; …“ http://www.hopenet.ch/cms.cfm/s_page/57740
Steven Pinker, der der Brights-Bewegung zugerechnet wird, scheint demgegenüber in humanistischer Tradition eine wohlwollende Sicht auf die Gattung „Mensch“ aufzeigen zu wollen. siehe z. B. „Edel ist der Mensch, hilfreich und gut“ http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/art141,2048850
Auch bei Michael Schmidt Salomon sehe ich eine gewisse Tendenz in diese Richtung.
Aber macht die Frage nach der Menschennatur überhaupt Sinn? Im Versuch sie mir selbst rationell zu beantworten, bin ich v. a. auf die Beobachtung des Kindes, als noch weniger von der Gesellschaft geformt, daher ursprünglichere Menschennatur, verfallen. Auch bei MSS findet sich diese Beschäftigung mit Kind und Erziehungsproblematik häufig. Aber die Sache hat auch ihre logischen Haken. U. a. wird bereits am Säugling heftig sozialisiert (laut wissenschaftlichen Studien werden z. B. männliche und weibliche Säugling von ihren Müttern bereits nach der Geburt unbewusst deutlich anders behandelt) Außerdem hat man es natürlich auch schon beim Kleinkind mit größeren genetischen Unterschieden zu tun. Das führt einen dann auch zu einer schon recht alten Debatte: ob Umwelt oder Gen die wichtigere Rolle spielen. - eine Debatte mit unterschiedlichen politischen Konjunkturen. Sobald die Gen-Fraktion im Aufwind war, scheint sie etwas faschistoide Züge anzunehmen. Trotzdem ist die Leugnung genetischer Unterschiede auch nicht besonders sachlich, wie es bei der Umwelt-Fraktion mitunter der Fall war. Ist es überhaupt sinnvoll dies als entweder-oder-Frage zu stellen? Ist eine genaue Quantifizierung wie z. B. 30% Gen und 70% Umwelt von besonderem Erkenntniswert?
Es liegt ja kein reines Ursache-Wirkungsverhältnis vor sondern Wechselwirkungen. D.h. genetische Voraussetzungen können auch verkümmern, werden sie nicht durch die Umwelt aktiviert. So werden z. B. Spiegelneuronen, die in der Hirnforschung zunehmend für die menschliche Empathiefähigkeit verantwortlich gemacht werden, nur dadurch aktiviert, dass schon dem Kleinkind das „Spiegeln“ vorgemacht wird, erfolgt dies nicht oder nur gering, bleiben diese Nervenzellen unterentwickelt. (so meine vulgärwissenschaftliche Kurzfassung)
Es ist nicht abzustreiten, dass es Individuen gibt, die sehr viel stärker als andere aus der „Norm“ fallen. Eigenartig ist jedoch, dass daraus immer irgendwie eine Kritik gegen diese Individuen wird, anstatt den Sinn von Normierungen und Gleichbehandlung mal gründlicher unter die Lupe zu nehmen.
Ich tendiere inzwischen dazu, die Frage nach der Menschennatur als ein logisches Unding abzutun. Zumindest in folgender Form: Wozu ist der Mensch fähig? das kommt mir ähnlich eigenartig vor wie: Wozu ist der Verstand fähig? Hiezu ein Nietzsche, der es sonderbar fand „zu verlangen, dass ein Werkzeug seine eigne Trefflichkeit und Tauglichkeit kritisieren solle? dass der Intellekt selbst seinen Werth, seine Kraft, seine Grenzen "erkennen" solle?“
……………….
Es scheint mir so, dass zur Gattung „Mensch“ in der breiten Öffentlichkeit ein negatives Pauschalurteil vorherrscht. Nicht dass die Menschennatur irgendwo groß Thema wäre, aber ein abfälliges Urteil über die „Menschennatur“ ist in vielen Äußerungen unterstellt. Eine recht häufige Taktik des Profilierens ist es z.B. abschätzig über große Teile der eigenen Gattung zu reden – das soll wohl zeigen, dass man sich auskennt, man ist „Realist“ und will damit wohl auch klarstellen, dass man eine rühmliche Ausnahme darstellt. Verteidigt man die menschliche Gattung dagegen, gilt man leicht als naiv bzw. Idealist oder gar als gefährlicher Weltverbesserer.
Auch in objektiv anmutenden Fernsehberichten, wird dieses abfällige Gesamturteil unterfüttert. In Naturdokumentationen gibt es beispielsweise regelmäßig eine Sequenz die mit „aber der Mensch“ beginnt, und dann werden Naturzerstörung so thematisiert, als wären diese unausweichlich mit dem Menschsein verbunden. Diese Sitte verdankt sich wohl dem Anliegen möglichst unpolitisch zu berichten. Vermutlich soll das sogar aufrütteln, aber der Logik nach bewirkt das eher das Gegenteil, ein „Sichabfinden“. Denn wenn das in der Natur unserer Gattung liegen soll, dann wäre es folglich ein aussichtsloser Kampf gegen Naturzerstörung vorgehen zu wollen, ändern könnte man eigentlich nichts, man hätte als Subjekt nur die Option ein Märtyrertum zur Rettung der Natur gegen die Menschheit zu wählen und sich wenigstens als „besserer Mensch“ zu fühlen.
Bei „Durchschnittschristen“ hat man mitunter sogar den Eindruck, dass sie etwas wohlwollender über die Menschennatur urteilen. Aber religiöse „Meinungsmacher“ regen sich über diesen Standpunkt offenbar auf. Unter dem Stichwort „das Gute im Menschen“, dass ich vom Vokabular her bei der Recherche nach christlichen Positionen für geeignet hielt, wurde ich schnell fündig. Hier ein Beispiel aus einer christlichen Internetseite aus der Schweiz.
„Das humanistische Lebensverständnis sagt: Der Mensch ist seinem Wesen nach gut!....... Die Gesamtaussagen der Bibel zeigen: Der Mensch ist im Kern böse, in Schuld verstrickt! Diese Schuld besteht nicht nur in unmoralischen Handlungen, sondern in der Trennung von Gott. Alles, was in unserem Denken, Fühlen, Wollen, Handeln und Streben dem Willen Gottes widerspricht, ist Schuld. Statt auf Gott zu vertrauen, vertraut der Mensch auf sich selbst; …“ http://www.hopenet.ch/cms.cfm/s_page/57740
Steven Pinker, der der Brights-Bewegung zugerechnet wird, scheint demgegenüber in humanistischer Tradition eine wohlwollende Sicht auf die Gattung „Mensch“ aufzeigen zu wollen. siehe z. B. „Edel ist der Mensch, hilfreich und gut“ http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/art141,2048850
Auch bei Michael Schmidt Salomon sehe ich eine gewisse Tendenz in diese Richtung.
Aber macht die Frage nach der Menschennatur überhaupt Sinn? Im Versuch sie mir selbst rationell zu beantworten, bin ich v. a. auf die Beobachtung des Kindes, als noch weniger von der Gesellschaft geformt, daher ursprünglichere Menschennatur, verfallen. Auch bei MSS findet sich diese Beschäftigung mit Kind und Erziehungsproblematik häufig. Aber die Sache hat auch ihre logischen Haken. U. a. wird bereits am Säugling heftig sozialisiert (laut wissenschaftlichen Studien werden z. B. männliche und weibliche Säugling von ihren Müttern bereits nach der Geburt unbewusst deutlich anders behandelt) Außerdem hat man es natürlich auch schon beim Kleinkind mit größeren genetischen Unterschieden zu tun. Das führt einen dann auch zu einer schon recht alten Debatte: ob Umwelt oder Gen die wichtigere Rolle spielen. - eine Debatte mit unterschiedlichen politischen Konjunkturen. Sobald die Gen-Fraktion im Aufwind war, scheint sie etwas faschistoide Züge anzunehmen. Trotzdem ist die Leugnung genetischer Unterschiede auch nicht besonders sachlich, wie es bei der Umwelt-Fraktion mitunter der Fall war. Ist es überhaupt sinnvoll dies als entweder-oder-Frage zu stellen? Ist eine genaue Quantifizierung wie z. B. 30% Gen und 70% Umwelt von besonderem Erkenntniswert?
Es liegt ja kein reines Ursache-Wirkungsverhältnis vor sondern Wechselwirkungen. D.h. genetische Voraussetzungen können auch verkümmern, werden sie nicht durch die Umwelt aktiviert. So werden z. B. Spiegelneuronen, die in der Hirnforschung zunehmend für die menschliche Empathiefähigkeit verantwortlich gemacht werden, nur dadurch aktiviert, dass schon dem Kleinkind das „Spiegeln“ vorgemacht wird, erfolgt dies nicht oder nur gering, bleiben diese Nervenzellen unterentwickelt. (so meine vulgärwissenschaftliche Kurzfassung)
Es ist nicht abzustreiten, dass es Individuen gibt, die sehr viel stärker als andere aus der „Norm“ fallen. Eigenartig ist jedoch, dass daraus immer irgendwie eine Kritik gegen diese Individuen wird, anstatt den Sinn von Normierungen und Gleichbehandlung mal gründlicher unter die Lupe zu nehmen.
Ich tendiere inzwischen dazu, die Frage nach der Menschennatur als ein logisches Unding abzutun. Zumindest in folgender Form: Wozu ist der Mensch fähig? das kommt mir ähnlich eigenartig vor wie: Wozu ist der Verstand fähig? Hiezu ein Nietzsche, der es sonderbar fand „zu verlangen, dass ein Werkzeug seine eigne Trefflichkeit und Tauglichkeit kritisieren solle? dass der Intellekt selbst seinen Werth, seine Kraft, seine Grenzen "erkennen" solle?“
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