Julia hat geschrieben:Würden wir geistig behinderte Frauen ohne ihre Einwilligung in Ställe pferchen, künstlich schwanger halten, ihnen ihre Kinder weg nehmen, sie so züchten, dass sie ein Vielfaches an Milch geben, wofür ihre Körper gar nicht ausgelegt sind und sie dann schlachten, wenn die Milchproduktion nachlässt und du das befürworten würdest, dann können wir noch mal darüber reden, was so schlecht daran ist Tiere zu nutzen.
Ist schon ne Weile her, aber ich bin auf einem Bauernhof groß geworden und da standen immer welche von diesen Kühen rum. Öfter als mir lieb war musste ich die abends von der Weide in den Stall treiben. Aber die kannten den Weg schon und gingen nach meinem Eindruck völlig freiwillig in den Stall. Das Melken tat augenscheinlich auch nicht weh. Das Mehl und das Heu schmeckten vorzüglich, Stroh weniger. Leidende Kühe habe ich immer dann gesehen, wenn sie mal einzeln auf einer Weide waren (Einsamkeit können die gar nicht gut vertragen), wenn sie brünstig sind (muhen dann jede Menge, was zumindest auf mich wie ein gewisses Leiden wirkt) oder wenn sie nicht regelmäßig gemolken werden (vermutlich Schmerzen in den Eutern). Sie in einer Herde zu halten, sie zu besamen und sie zu melken erscheint mir deshalb zunächst relativ vernünftig.
Ich glaube, die Kühe sind so gezüchtet, dass ihr Körper eben gerade dafür ausgelegt ist, so viel Milch zu geben. Ich gebe zu, man kann alles übertreiben und bestimmte Züchtungen scheinen unter den großen Eutern zu leiden. Und natürlich gibt es die bekannten Missstände: grausame Schlachtmethoden, grausame Tiertransporte, ungünstige Massenställe, etc. Aber zu deren Bekämpfung muss man natürlich nicht mit jeder Milchviehnutzung aufhören, sondern eben nur die Missstände abstellen.
Julia hat geschrieben:Es war auch mal eine Frage des Geschmacks ob man sich menschliche Sklaven hält oder nicht ob man Menschenfleisch isst oder nicht. Die Dinge ändern sich.
Gutes Argument eigentlich. Aber aus meiner Bauernhoferfahrung heraus scheint mir dein Geschmack relativ extrem zu sein. Für mich schwer vorstellbar, dass der mal Mainstream wird. Manchmal ändern sich die Dinge eben auch nicht. Mir fällt da die Abstinenzbewegung ein (
http://de.wikipedia.org/wiki/Abstinenzbewegung). Manche Forderungen gehen doch irgendwie zu weit.
Julia hat geschrieben:Tiere werden als Dinge angesehen, als Ware, als etwas das man besitzen und verkaufen kann. Es gibt auch heute noch Menschen in einer ähnlichen Situation, aber das verurteilen wir moralisch und rechtlich. Und warum wir das bei anderen (selbst)bewussten, leidensfähigen Tieren nicht tun, das ist hier die Frage und da helfen keine Ausflüchte in Bakterien- und Pflanzenrechte.
Tiere werden als Tiere angesehen, was auch Warenaspekte beinhaltet aber durchaus auch mehr bedeutet. Ein Mensch hat seine Rechte, weil er, wenn man ihn nicht verkauft, sagt: "na, das wäre ja auch noch schöner gewesen" und dann ein eigenes, selbstbestimmtes Leben als Teil der Menschengesellschaft führt. Wenn man eine Kuh "befreit" und ihr sagt: "geh hin, liebe Kuh und lebe dein Leben als selbstbestimmtes Wesen", dann lungert sie an der Straße herum, muht hilflos angesichts ihres ungemolkenen Euters und wird bei Nacht von einem Auto überfahren. Eine Kuh, die kein selbstbestimmtes Menschenleben führen kann, als eine Art tierischen Menschen mit prinzipiell Menschenrechten auszustatten, kommt mir daher sehr unsinnig vor.
Ich finde, Qualen lindern und Leiden verhindern wo immer man kann, sehr gerne. Aber Rechte aufgrund einer Gleichheit zu fordern, die nicht da ist, lieber nicht. Der richtige Weg für Veränderungen schiene mir daher zu sein, das Quälen von Tieren ohne vernünftigen Grund zu verbieten (mit stärkeren Kontrollen und härteren Strafen). Diese Nicht-Quäl-Gesetze mit zweifelhaften Tier-Rechten zu legitimieren, ist unnötig und geht für meinen Geschmack zu weit.