Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Nanna » Mo 3. Mai 2010, 21:32

Um an die Milch zu kommen müssen die Kälber getötet werden, was bedeutet, dass Milchkonsumenten indirekt die Tötung von Tieren unterstützen, was uns wiederum zu einer der zentralen Fragen bringt, die in diesem Thread aufkamen, nämlich die, ob der Speziezismus (das Entscheiden über das Leben Angehöriger anderer Arten aufgrund des Rechts des Stärkeren, also z.B. Mensch entscheidet über das Leben der Kuh) eine Rechtfertigung hat, da wir ja alle im Grunde nur Tiere sind (oder eben nicht?).
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 4. Mai 2010, 08:57

Nanna hat geschrieben:Um an die Milch zu kommen müssen die Kälber getötet werden
(Hervorhebung durch mich) Das ist Unsinn. Ursprünglich wurden die Kühe einfach nur (weiter) gemolken, auch wenn die Kälber längst keine Milch mehr wollten, wie auch beim Menschen gibt das Muttertier dann noch monatelang, teilweise jahrelang weiter Milch. Nicht mehr und nicht weniger muss gemacht werden. Dass man später dann die Kälber schon sehr früh/möglichst früh/zu früh von den Mutterkühen entfernt hat, um mehr Milch für den Verkauf zu haben ist die zweite Stufe, aber bereits die muss nicht sein. Die dritte Stufe in den hochindustrialisierten Milchgroßbetrieben verfolgt eine Entfernung der Kälber schon nach Stunden bis wenigen Tagen mit zu geringem Teil anschließender sofortiger Schlachtung, dies muss aber keinesfalls sein. Man muss ja seine Milch auch nicht bei Aldi kaufen. Die meisten Kälber werden nach wenigen Monaten => Kalbfleisch oder noch später => Rindfleisch geschlachtet. Diese Schlachtungen sind aber keine Zwangsfolge der Milchindustrie sondern Teil der Fleischindustrie, also keine "Muss-Folge" der Milchproduktion.

Stufe zwei wird durchaus noch auf normalen Bauernhöfen (und nicht Milchfabriken) gemacht, wobei es durchaus schon pervers ist, wenn statt der Muttermilch die Kälber künstliches Pulver-Wasser-Gemisch bekommen.


Nanna hat geschrieben:(das Entscheiden über das Leben Angehöriger anderer Arten aufgrund des Rechts des Stärkeren, also z.B. Mensch entscheidet über das Leben der Kuh) eine Rechtfertigung hat, da wir ja alle im Grunde nur Tiere sind (oder eben nicht?).
Dies ist eigentlich natürlich, macht jedes andere Raubtier auch so. Es stellt sich aber die Frage ob und, wenn ja, wie das Tier der Gattung Mensch es heute halten sollte.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Julia » Di 4. Mai 2010, 11:40

Milch wird hier thematisiert, weil ich jede Gelegenheit nütze um das Thema Veganismus anzusprechen. ;-)

Ob die Kälber getötet werden oder nicht spielt eigentlich auch gar keine Rolle, denn eine Ausbeutung bleibt es ja weiterhin und der antispeziesistische Tierrechtler lehnt den Milchkonsum auch ab, wenn die Kälber und die Kuh, sobald die Milchleistung nachlässt, nicht geschlachtet werden, da er sowohl die (Qual)Zucht als auch die Haltung und Ausbeutung von Tieren ablehnt.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 4. Mai 2010, 11:59

Julia hat geschrieben:Ob die Kälber getötet werden oder nicht spielt eigentlich auch gar keine Rolle
Es spielt dann eine Rolle wenn man falsch argumentiert und wenn man nicht ganz so extrem "puristisch hypervegan" ist. :mg:
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Julia » Di 4. Mai 2010, 12:55

Jemand der Kuhmuttermilch trinkt ist zwar kein extrem puristischer Hyperveganer, aber jemand, der das Leid von leidensfähigen, bewussten Tieren aus Bequemlichkeit (und weil es ihm schmeckt) bewusst in Kauf nimmt.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon ujmp » Di 4. Mai 2010, 13:10

Hyet hat geschrieben:Ich bin definitiv der Meinung, dass wir Menschen Tiere sind. Mein persoenlich groesster Anhaltspunkt sind die Instinke welches jedes Tier besitzt und von welchem wir uns ebenfalls nicht im geringsten freisprechen koennen. Sowieso ist dieses ganze Thema ein Zeichen fuer die Arroganz des Menschen. Wir sind genauso Tiere, wie auch ein Delphin etc und daran ist nichts schlechtes.. Dennoch halte ich ein Menschenleben fuer komplexer und auch wertvoller aber dazu eroeffne ich besser einen eigenen Thread =)

Ich schätze, wenn ich ein Hund wäre, würde ich die Erdenbewohner, die nicht Hunde sind, irgendwie mit einem Wort als Nichthunde bezeichnen, vielleicht "Anknurr" oder "Jamjams". Da fiele dann auch der Mensch drunter. Will sagen, der Unterschied zwischen Mensch und Tier ist ein begrifflicher. M.E. ist es nicht besonders sinnvoll, darüber zu dikutieren, wie man etwas nennen möchte.

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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon ujmp » Di 4. Mai 2010, 13:19

Julia hat geschrieben:Jemand der Kuhmuttermilch trinkt ist zwar kein extrem puristischer Hyperveganer, aber jemand, der das Leid von leidensfähigen, bewussten Tieren aus Bequemlichkeit (und weil es ihm schmeckt) bewusst in Kauf nimmt.

Julia, du bist ja auf dem Gebiet des Veganismus bestens informiert - gibts eigentlich Studien über so etwas wie ein "Ökobilanz" eines Veganerlebens? Es gibt ja Lebenskonzepte, die nicht funktionieren würden, wenn sie jeder mittragen würde. Ein Beispiel wäre, wenn sich alle Menschen aus religiösen Gründen einem Bettlerorden anschließen würden. Was ich mich frage ist, ob es überhaupt möglich ist, dass alle Menschen Vegetarier sind...
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 4. Mai 2010, 14:40

ujmp hat geschrieben:Was ich mich frage ist, ob es überhaupt möglich ist, dass alle Menschen Vegetarier sind...
Vegetarier wohl relativ sicher, warum nicht? Veganer wäre aus medizinischen Gründen eher nicht oder nur temporär möglich oder sinnvoll.

Die Ökobillianz eines Vegetariers schaut prinzipiell viel besser aus (als die eines Fleischverzehrers), ob aber streng veganes Leben gesund ist, weiß nur die Lobby der Nahrungsergänzungsmittelindustrie (denn die wissen was alles (eventuell) gefälscht ist - aber selbst da schaut es nicht nach 100% gesund aus). Und ob ein streng veganes Leben ökologisch ist, ist auch eine andere Sache. Es wäre möglich, dass es ökologischer und ökonomischer ist, das Leder der Kuh die man gegessen hat, für seine Schuhe, Taschen, Gürtel und sonst was zu verwenden, als monokulturell, kunstgedüngtes Sojazeug zu essen welches mit Nahrungsergänzungsmittel angereichert wurde und sind Plastikschuhe, Gürtel und Taschen zuzulegen. Was auf der einen Seite gut ist, muss nicht durchgehend für alles gut sein, es muss aber nicht auch schlecht sein. Auch petrochemisch erstellte Kunststoffe ließen sich ersetzen oder vermeiden, allerdings läuft heute alles auf großindustrielle Fertigung hinaus und die ist ökologisch selten ideal.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon ujmp » Di 4. Mai 2010, 15:13

Schon klar, wie es sein könnte. Aber wie ist es?

(Weitere Beispiele sind "Öko-Dilemmas". Z.B. kann die Ökobilanz eines Apfels, der per Luftfracht aus Südafrika eingeflogen wurde besser sein, als der eines deutschen Apfels, weil dieser in einem Kühlhaus für ziemlich lange Zeit frischgehalten werden musste, was Energie kostet.)

Es geht um Fragen der Art: Was bringt mehr Nahrungsmittel pro Aufwand, eine Wiese für eine Kuh oder die selbe Fläche als Gemüsefeld?
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 4. Mai 2010, 15:50

Die Ökobilanz IST besser, keine Frage. Aber eine gute Ökobilanz muss nicht immer gesamtökologisch gut sein. (Ökobilanz hier auf Input im Vergleich zum Output gesehen)
Du kannst mit weniger Fläche, mit geringerem Wasserverbrauch mehr Menschen versorgen. Grünfutter fressende Tiere haben immer einen "Selbstbedarf", verschlechtern immer die Bilanz.
Nur würden dann einige ökologische Nischen verschwinden müssen (z.B. Heidelandschaft, Almwiesen - beides ist aber nicht wirklich natürlich, im Sinne von ohne menschliches Zutun, entstanden) und in einigen Gegenden könnten keine Landwirtschaft mehr betrieben werden, zumindest nicht mit heimischen und/oder nicht gentechnisch veränderten Produkten. Am Alpenrand z.B. regnet es viel zu viel, hier ist ein Getreideanbau nicht möglich - zumindest nicht mit üblichem und heimischen Getreide. In der Sahelzone ist es eher umgekehrt, es regnet nur so wenig, dass (zumindest traditionell) nur eine extensive Viehwirtschaft möglich ist - allerdings führt eben gerade die wachsende Bevölkerung dies sowieso schon zum Kollaps. Theoretisch würde hier ein sehr extensiver Grünpflanzenanbau eine Lösung sein, aber kein Bauer will einzelne Ähren ernten (man überlasst bzw. überließ es dem Vieh für jeden Bissen ein paar Schritte weiter zu gehen).
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Julia » Di 4. Mai 2010, 18:23

Was ist jetzt eigentlich das medizinische Problem am Veganersein? B12? Der größte Abnehmer von "künstlichem" B12 ist die Futtermittelindustrie. Und das B12, das ich in Tablettenform zu mir nehme stammt genauso von Bakterien, wie das, welches in tierischen Produkten vorkommt. Und im Alter nimmt der Intrinsic-Faktor sowieso ab und eine Supplementierung ist auch für Fleischesser angesagt.
Davon abgesehen gibt es ein Verfahren mit dessen Hilfe man in jedem Lebensmittel, das eine flüssige Phase im Herstellungsprozess durchläuft Vitamin B12 fermentieren kann.

Generell:
http://www.vegan.at/newsundinfo/pressea ... egbar.html

Eine wissenschaftliche Studie zum Thema Umwelt habe ich gerade nicht zur Hand, aber ich kann mal schauen.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Di 4. Mai 2010, 18:46

Ich finde es moralisch verwerflich, wenn nich die Interessen aller Lebewesen respektiert werden. Auch Bakterien haben Neigungen, also putze ich meine Wohnung nicht. Täglich plagt mich das Gewissen, so viele Bakterien mit meiner Magensäure und dem Säurefilm meiner Haut getötet zu haben - da muntert es mich dann immer auf, wenn ich mir vorstelle, wie mein Kot, wenn ich ihn nicht ins Klo, sondern wie die Hunde schlechter Hundebesitzer, auf die Wiese entlasse, dann Nahrung zu tausenden kleiner Lebewesen ist - somit sind die Interessen dann wieder ausgeglichen. Und nur so! Deswegen müssen im Sinne der Moral - die Toiletten verboten werden! Und die Antibiotika!
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon ujmp » Di 4. Mai 2010, 19:13

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Ich finde es moralisch verwerflich, wenn nich die Interessen aller Lebewesen respektiert werden.

Das führt zu der Frage wann das Tier keine Pflanze mehr ist.

Ich bin etwas gespalten. Auf der einen Seite empfinde ich Respekt und Mitgefühl für Tiere. Der Unterschied zwischen Mensch und Tier ist sicher nur graduell. Auf der anderen Seite weiß ich aber, dass Fressen und Gefressenwerden ein Teil der Natur - auch der menschlichen - ist. Die Tiere, denen meine Empathie gilt, kümmern sich selbst überhaupt nicht um mich oder ihre Beute. Die Natur ist so wie sie ist geworden, weil es Fressen und Gefressenwerden gibt. Was nicht besagt, dass ich als Mensch aus diesem Prozess nicht aussteigen könnte...
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon platon » Di 4. Mai 2010, 21:09

Julia hat geschrieben: Und das B12, das ich in Tablettenform zu mir nehme stammt genauso von Bakterien, wie das, welches in tierischen Produkten vorkommt.

Und an die armen ausgebeuteten und gequälten Bakterien, die ihr töten müsst, um an ihr Vitamin B12 zu kommen (im übrigen sind das Hefen, aber trotzdem Lebewesen) denkst Du gar nicht? Ihr Veganer geht aber auch über Leichen...
PS: Erst die moderne Lebensmittelindustrie erlaubt Dir überhaupt vegan zu leben, noch vor 300 Jahren hättest Du damit nur in seltenen Fällen das Erwachsenenstadium erreicht.
Was Du praktizierst, ist eine hoch artifizielle Lebensweise.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon ganimed » Di 4. Mai 2010, 22:30

Julia hat geschrieben:Ob die Kälber getötet werden oder nicht spielt eigentlich auch gar keine Rolle, denn eine Ausbeutung bleibt es ja weiterhin und der antispeziesistische Tierrechtler lehnt den Milchkonsum auch ab, wenn die Kälber und die Kuh, sobald die Milchleistung nachlässt, nicht geschlachtet werden, da er sowohl die (Qual)Zucht als auch die Haltung und Ausbeutung von Tieren ablehnt.

Das Argument "Ausbeutung" lässt mich grübeln. Wieso soll man Tiere nicht ausbeuten? Wobei "Ausbeutung" natürlich negativ geprägt ist. Wie wäre es mit dem Wort "nutzen"? Wieso darf man Tiere nicht nutzen und sie dabei ausbeuten? Das macht mein Arbeitgeber doch auch mit mir? Ich kann nicht erkennen, wieso man prinzipiell dagegen ist. Graduell gibt es sicher Gründe, beispielsweise wenn die Ausbeutung übertrieben wird und gar zu rücksichtslos erscheint. Aber im Prinzip dagegen zu sein erscheint mir etwas übertrieben.

Das Argument "(Qual)Zucht" überzeugt mich spontan auch noch nicht vollständig. Qualen sollte man jedem und alles nach Möglichkeit ersparen, soweit stimme ich zu. Aber ich denke, das wäre in gewissem Maße sicher auch möglich ohne auf Fleischkonsum zu verzichten. Tiere halbwegs artgerecht halten und sie dann irgendwann (später) schlachten und verwerten, das sollte ohne besondere Mehrqualen machbar sein, verglichen mit den Qualen, die ein Tier auch in der freien Natur durchschnittlich erleiden mag.

platon hat geschrieben:PS: Erst die moderne Lebensmittelindustrie erlaubt Dir überhaupt vegan zu leben, noch vor 300 Jahren hättest Du damit nur in seltenen Fällen das Erwachsenenstadium erreicht. Was Du praktizierst, ist eine hoch artifizielle Lebensweise.

Vor 300 Jahren hätte wohl niemand von uns auch nur annähernd so leben können wie wir es jetzt tun. Insofern sind wir alle schon recht artifiziell. Aber es stimmt. Erst seit relativ kurzer Zeit kann man sich überhaupt überlegen, ob man vegan leben möchte. Und je nach Geschmack wird man es vielleicht tun. Es erscheint mir nämlich wirklich nur eine Frage des Geschmacks und des persönlichen Empfindens zu sein. Vielleicht sollte man also auf Kategorien wie Recht und Moral verzichten.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon stine » Mi 5. Mai 2010, 07:26

ujmp hat geschrieben: Die Tiere, denen meine Empathie gilt, kümmern sich selbst überhaupt nicht um mich oder ihre Beute. Die Natur ist so wie sie ist geworden, weil es Fressen und Gefressenwerden gibt. Was nicht besagt, dass ich als Mensch aus diesem Prozess nicht aussteigen könnte...

Wann wäre der Mensch also kein Tier mehr?
Wenn er aus diesem Fressen und Gefressenwerden aussteigt?

:ka: stine
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon ujmp » Mi 5. Mai 2010, 07:29

@stine ... der Gedanke kam mir auch schon.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Julia » Mi 5. Mai 2010, 12:41

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Ich finde es moralisch verwerflich, wenn nich die Interessen aller Lebewesen respektiert werden. Auch Bakterien haben Neigungen, also putze ich meine Wohnung nicht.

Ähm, definiere bitte Interessen und zwar so, dass eine Bakterie welche hat und eine Regenwolke nicht. Für mich ist Bewusstsein eine Voraussetzung dafür Interessen zu haben. Aber vielleicht sprechen wir nicht die gleiche Sprache.

ujmp hat geschrieben:Auf der anderen Seite weiß ich aber, dass Fressen und Gefressenwerden ein Teil der Natur - auch der menschlichen - ist.

Aber niemand argumentiert so, wenn es um Vergewaltigung geht.

ganimed hat geschrieben:Es erscheint mir nämlich wirklich nur eine Frage des Geschmacks und des persönlichen Empfindens zu sein.

Das mag noch so sein, aber wenn es nach mir geht eben nicht mehr allzu lange. Es war auch mal eine Frage des Geschmacks ob man sich menschliche Sklaven hält oder nicht ob man Menschenfleisch isst oder nicht. Die Dinge ändern sich.

ganimed hat geschrieben:Das macht mein Arbeitgeber doch auch mit mir?

Nur, dass du dem zugestimmt hast (natürlich gibt es auch ökonomische Zwänge und so weiter, aber die Situation scheint mir schon eine andere zu sein). Prinzipiell könntest du auch als Selbstversorger versuchen aus der Gesellschaft und ihren Zwängen "auszusteigen", jedenfalls hast du bestimmte Grundrechte, wie das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit.
Würden wir geistig behinderte Frauen ohne ihre Einwilligung in Ställe pferchen, künstlich schwanger halten, ihnen ihre Kinder weg nehmen, sie so züchten, dass sie ein Vielfaches an Milch geben, wofür ihre Körper gar nicht ausgelegt sind und sie dann schlachten, wenn die Milchproduktion nachlässt und du das befürworten würdest, dann können wir noch mal darüber reden, was so schlecht daran ist Tiere zu nutzen. Aber vielleicht würdest du auch nur sagen, dass die Frauen ab und zu mal aus dem Stall gelassen werden sollten, oder dass man ihnen ihre Kinder erst nach einer Woche weg nehmen sollte oder so. Und natürlich kann man versuchen Tiere ein bisschen netter zu behandeln, man kann ihnen nette Musik vorspielen, während sie vergewaltigt werden oder man kann ihnen über den Kopf streicheln, bevor man sie tötet, aber für mich ändert das nichts grundsätzliches. Es bleibt ein Verbrechen.
Tiere werden als Dinge angesehen, als Ware, als etwas das man besitzen und verkaufen kann. Es gibt auch heute noch Menschen in einer ähnlichen Situation, aber das verurteilen wir moralisch und rechtlich. Und warum wir das bei anderen (selbst)bewussten, leidensfähigen Tieren nicht tun, das ist hier die Frage und da helfen keine Ausflüchte in Bakterien- und Pflanzenrechte.

ganimed hat geschrieben:verglichen mit den Qualen, die ein Tier auch in der freien Natur durchschnittlich erleiden mag.

Das Argument der "glücklichen Sklaven" ist übrigens auch nicht neu:
The blacks are immeasurably better off here than in Africa, morally, physically & socially.
(Michael Fellman: The Making of Robert E. Lee, JHU Press, 2003, S. 73)
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Arathas » Mi 5. Mai 2010, 13:08

Du hast ja Recht, Julia. Ich bin moralischerweise voll auf deiner Seite. Aber die Mißstände werden nicht dadurch gelöst werden, dass ein paar Leute zu Veganern werden - das bringt vielleicht etwas in einem Prozentbereich von 0,01 bis 0,2 % auf die deutsche Bevölkerung gerechnet (grobe Schätzung von mir :/ ), aber die Idee, den Fleischkonsum dadurch abzuschaffen, weil immer mehr und mehr Leute Veganer werden, ist (leider) utopisch.

Eine tatsächliche Wendung könnte nur von Regierungsseite her rühren, in Form von Verboten und Sanktionen. Und das halte ich für noch utopischer.

Allerdings finde ich es bemerkenswert, dass du es dennoch ständig versuchst, den Leuten die Realität vor Augen zu halten, und dass du weiterkämpfst für die Rechte von Tieren, auch wenn der Kampf (momentan) völlig aussichtslos sein dürfte. Respekt. :up:

Aber dass es nicht mehr als ein idealistischer Kampf ist, den du da führst, und keiner, den du wirklich gewinnen kannst, ist dir vermutlich auch klar oder sollte es sein. Wofür dir eigentlich noch mehr Respekt gebührt, denn das macht das Kämpfen noch schwerer.
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Re: Wann wäre der Mensch kein Tier mehr?

Beitragvon Julia » Mi 5. Mai 2010, 14:11

Arathas hat geschrieben:Aber die Mißstände werden nicht dadurch gelöst werden, dass ein paar Leute zu Veganern werden - das bringt vielleicht etwas in einem Prozentbereich von 0,01 bis 0,2 % auf die deutsche Bevölkerung gerechnet (grobe Schätzung von mir :/ ), aber die Idee, den Fleischkonsum dadurch abzuschaffen, weil immer mehr und mehr Leute Veganer werden, ist (leider) utopisch.

Korrekt. Ich führe seit geraumer Zeit Diskussionen mit anderen Veganern und Tierrechtlern, in denen ich ihnen genau das klar zu machen versuche.

Trotzdem halte ich unsere Bemühungen nicht für vollkommen utopisch. Es gibt Ideen, die nicht darauf beruhen, dass man träge Menschenmasse zum Veganismus überredet. Siehe zum Beispiel hier:
http://www.vegan.at/warumvegan/tierrech ... eform.html

Aufklärungsarbeit mache ich aber trotzdem gerne, vor allem an Orten wo ich offene Geister erwarte. Außerdem muss ich mich ja auch immer wieder mit anderem Gedankengut konfrontieren um nicht durch geistigen Inzest zu verkümmern. ;)
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