naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon xander1 » Di 14. Jul 2009, 12:08

Dieses Thema stellt sich nicht die Frage nach mehr Ethik, sondern nach welcher Ethik, in welcher Ausprägung, und nach der Existenz von einer Ethikausprägung, bzw. wie man sie verstehen mag. Das ist der Rahmen einer sehr groben Zusammenfassung.

Ich hatte mal im Forum gelesen, dass es im Naturalismus keine objektive Moral gibt, aber das stand da dann nicht mehr. In Wikipedia gibt es einen Abschnitt, der sehr wenig aussagt: http://de.wikipedia.org/wiki/Naturalism ... _und_Ethik

Darin wird ausgesagt, dass für den Naturalismus folgende Ethiken in Frage kommen: Evolutionäre Ethik, eine naturalistische Metaethik (was immer das auch sein soll.)

Ursprünglich wollte ich ein Thema erstellen mit der Frage: Gibt es eine universelle Gerechtigkeit? Ich vermute nein, weil das in die Metaphysik hineinreichen würde. Das soll hier auch thematisiert werden.

Für mich steht fest, dass es im Naturalismus keine festen ethischen Regeln geben wird, wie z.B. in monotheistischen Religionen. Es wird wahrscheinlich nur abstrakte Formulierungen geben, aber das wäre dann wohl auch nichts zum "dran halten", aber das ist auch nicht der Sinn der Sache im Naturalismus, dass man sich an einen Kodex hält oder mit der Gruppe sozusagen verheiratet ist.

Andere Fragen können sein: Welche Formen der Ethik sind sinnvoll. Also z.B. Weltbürger sein oder mehr zum eigenen Land halten, ohne gleich zu sehr damit ins politische gehen zu müssen bzw. ins spezielle. Monotheisten zumindest halten zu ihrer Gemeinde, was ein Vorteil darstellen kann, aber gibt es zu dieser Nächstenliebe-Ethik auch Argumente für eine Fernenliebe-Ethik? Schließlich herschen heute andere Bedingungen vor, als vor 2000 Jahren.
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Di 14. Jul 2009, 17:23

Auf die Schiffe! - Erwägt man, wie auf jeden Einzelnen eine philosophische Gesammt-Rechtfertigung seiner Art, zu leben und zu denken, wirkt - nämlich gleich einer wärmenden, segnenden, befruchtenden, eigens ihm leuchtenden Sonne, wie sie unabhängig von Lob und Tadel, selbstgenugsam, reich, freigebig an Glück und Wohlwollen macht, wie sie unaufhörlich das Böse zum Guten umschafft, alle Kräfte zum Blühen und Reifwerden bringt und das kleine und grosse Unkraut des Grams und der Verdriesslichkeit gar nicht aufkommen lässt: - so ruft man zuletzt verlangend aus: oh dass doch viele solche neue Sonnen noch geschaffen würden! Auch der Böse, auch der Unglückliche, auch der Ausnahme-Mensch soll seine Philosophie, sein gutes Recht, seinen Sonnenschein haben! Nicht Mitleiden mit ihnen thut noth! - diesen Einfall des Hochmuths müssen wir verlernen, so lange auch bisher die Menschheit gerade an ihm gelernt und geübt hat - keine Beichtiger, Seelenbeschwörer und Sündenvergeber haben wir für sie aufzustellen! Sondern eine neue Gerechtigkeit thut noth! Und eine neue Losung! Und neue Philosophen! Auch die moralische Erde ist rund! Auch die moralische Erde hat ihre Antipoden! Auch die Antipoden haben ihr Recht des Daseins! Es giebt noch eine andere Welt zu entdecken - und mehr als eine! Auf die Schiffe, ihr Philosophen!

Friedrich Nietzsche: Die Fröhliche Wissenschaft. Viertes Buch, 289.
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon folgsam » Di 14. Jul 2009, 17:36

Und damit auch keiner auf den falschen Gedanken kommt, sowas könnte von dir stammen, hab ich mal eine Quellenangabe beigefügt.

Es wäre sehr schön, wenn du das in Zukunft selber machen würdest.
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon Mark » Mi 15. Jul 2009, 03:53

Na, das Urheberrecht ist ja erloschen...
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon xander1 » Mi 15. Jul 2009, 09:03

Was Nietzsche zu dem Fall denkt, wäre mir schon klar. Jarl kennt nur Nietzsche, oh je.
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon Mark » Mi 15. Jul 2009, 11:38

Die Frage danach ob es "Gerechtigkeit" gibt ist schon irgendwie süß.

Was sollte das denn dann sein ? etwas transzendentes etwa ?

Man kann sich universeller Methoden bedienen um einen Konsens zu schaffen auf dem sich optimiert viele Menschen gleichermaßen einzulassen bereit sind wie zB die allgemeine Gleichheitsvermutung. Also etwas nutzen was möglichst viele gleichermaßen als "Gerecht" beurteilen. Nur wenige wollen mehr Rechte als andere oder unbedingt weniger..
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon El Schwalmo » Mi 15. Jul 2009, 12:37

Mark hat geschrieben:Die Frage danach ob es "Gerechtigkeit" gibt ist schon irgendwie süß.

Rawls hat ein dickes Buch über die Theorie der Gerechtigkeit geschrieben, das in der Fachwelt durchaus Aufsehen erregte.
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 15. Jul 2009, 14:40

Jaja, Rawls hat entscheident das moderne Rechtsverständnis geprägt; ein Deutschland wie das heutige wäre ohne ihn nie entstanden.

"Gerechtigkeit durch Fairness" - so ein Wort wie Fairness, das hat mich gleich schon wieder skeptisch gestimmt. Fairness ist ein Begriff, der am anschaulichtesten und am umsetzbarsten auf dem Markt ist. Ein Tausch, bei dem beide Güter den selben Wert innehaben. Man kann auch nicht leugnen, dass jene Übertragung des Handels auf das soziale Handeln nicht schon immer auch eine Maxime der Sitten war; so z.B. das Sittengesetz "Auge um Auge", oder das im alten Rom erlassene Gesetz, man könne als Gläubiger ein nach eigenem ermessen großes Stück Fleisch aus seinem Glaübiger herausschneiden, welches dem Wert der Schuld entspreche.

Mich stört jene Art Gerechtigkeit in Rechtsdingen, insofern sie eben so uralt ist -"Ausgleichen", "Fairness"; Rawls nimmt eine alte Idee, und beseelt sie mit einer neuen, den Anforderungen einer modernen Welt entsprechenden Form - doch der Kern bleibt der selbe, der alte, den man doch so ungerecht findet und sich kaum von "auge um auge" wegentfernt hat.
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon Mark » Mi 15. Jul 2009, 15:23

Gerechtigkeit (bzw das Empfinden von Gerechtigkeit durch die praktizierten oder erfahrenen Methoden / Prozesse) evolviert mit allen anderen Memen natürlich mit. Eine Theorie über Gerechtigkeit muss solch klare Offensichtlichkeiten natürlich berücksichtigen. Und es gibt genausowenig eine ideale Form von Gerechtigkeit wie es eine ideale Form für die Menschen gibt. Werte sind eben subjektiv, ein "ideal" oder "perfekt" sollte das jedoch nicht sein.
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon xander1 » Mi 15. Jul 2009, 17:33

@Mark:

Lerne mal richtig zu lesen. Ich habe nicht danach gefragt ob es Gerechtigkeit gibt. Von Transzendentem war auch nicht die Rede. Nicht alles was man nicht versteht ist transzendent. Wenn du schon spottest, dann mach es bitte intelligent, sofern du dazu in der Lage bist.

@all:
Ich frage mal anders. Gibt es Gerechtigkeitsansichten die absolut disjunkt sind und gleichzeitig eine Zeit etabliert waren? Das wäre möglicherweise die Widerlegung einer universellen Gerechtigkeitstheorie.
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon Mark » Mi 15. Jul 2009, 23:30

xander1 hat geschrieben:@Mark:

Lerne mal richtig zu lesen. Ich habe nicht danach gefragt ob es Gerechtigkeit gibt. Von Transzendentem war auch nicht die Rede. Nicht alles was man nicht versteht ist transzendent. Wenn du schon spottest, dann mach es bitte intelligent, sofern du dazu in der Lage bist.


Sorry, ich hatte mich bei Deinem ersten Post tatsächlich verlesen :ops:
Meine mangelnde Intelligenz verursacht normalerweise noch keine Leseschwäche, also sei gnädig, es könnte was ernsteres sein !
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Re: naturalistische und universelle Ethik und Gerechtigkeit

Beitragvon ujmp » Sa 18. Jul 2009, 11:09

Ich find da Hobbes' Leviathan immernoch überzeugend: Es gibt ein Maß an Regeln, die alle Menschen zum eigenen Vorteil einhalten. Mit dem Weltbild ändern sich auch diese Regeln, aber ein großer Teil bleibt unverändert. Dem "Du sollst nicht stehlen" wird doch jeder schon aus purem Egosimus zustimmen, bedeutet es doch "ich soll nicht bestohlen werden". Die Schwäche religiöser Wertesysteme ist eigentlich nicht ihr Inhalt, sondern die Absolutheit, die sie beanspruchen, was sie unfähig macht, sich weiter zu entwickeln. Wo Menschen auf Kooperation angewiesen sind gibt es zwangsläufig - imlizit oder explizit- auch eine Ethik.
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